S3 (Gruppe)
Die symmetrische Gruppe {\displaystyle S_{3}} bezeichnet im mathematischen Teilgebiet der Gruppentheorie eine bestimmte Gruppe mit 6 Elementen. Sie lässt sich beschreiben als Gruppe der sechs Permutationen einer dreielementigen Menge. Alternative Bezeichnungen sind {\displaystyle {\mathfrak {S}}_{3}} und {\displaystyle \mathop {\mathrm {Sym} } \nolimits _{3}}. Sie ist isomorph mit der Dïedergruppe {\displaystyle D_{3}} , der Gruppe der Kongruenzabbildungen des gleichseitigen Dreiecks auf sich.
Einführung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Betrachtet man die Kongruenzabbildungen, die ein gleichseitiges Dreieck in sich selbst überführen, so findet man 6 Möglichkeiten:[1]
- die identische Abbildung {\displaystyle e},
- die Drehung {\displaystyle d} um 120° um den Mittelpunkt des Dreiecks,
- die Drehung {\displaystyle d^{2}} um 240° um den Mittelpunkt des Dreiecks,
- die drei Spiegelungen {\displaystyle s_{1},s_{2}} und {\displaystyle s_{3}} an den drei Mittelsenkrechten des Dreiecks.
Diese Kongruenzabbildungen lassen sich durch Hintereinanderausführung kombinieren, wodurch man wieder eine Kongruenzabbildung erhält. Man schreibt einfach zwei Kongruenzabbildungen (oft ohne Verknüpfungszeichen, oder mit {\displaystyle \cdot } oder {\displaystyle \circ }) nebeneinander und meint damit, dass
- zuerst die rechtsstehende und dann die linksstehende
Kongruenzabbildung auszuführen ist.[2] Die Schreibweise {\displaystyle d^{2}} macht bereits deutlich, dass die Drehung um 240° gleich der zweifachen Hintereinanderausführung der Drehung um 120° ist.
Man erhält auf diese Weise die sechselementige Gruppe {\displaystyle S_{3}=\left\{e,d,d^{2},s_{1},s_{2},s_{3}\right\}} aller Kongruenzabbildungen des gleichseitigen Dreiecks auf sich. Trägt man alle so gebildeten Verknüpfungen in eine Verknüpfungstafel ein, so erhält man
{\displaystyle \cdot } | {\displaystyle e} | {\displaystyle d} | {\displaystyle d^{2}} | {\displaystyle s_{1}} | {\displaystyle s_{2}} | {\displaystyle s_{3}} |
---|---|---|---|---|---|---|
{\displaystyle e} | {\displaystyle e} | {\displaystyle d} | {\displaystyle d^{2}} | {\displaystyle s_{1}} | {\displaystyle s_{2}} | {\displaystyle s_{3}} |
{\displaystyle d} | {\displaystyle d} | {\displaystyle d^{2}} | {\displaystyle e} | {\displaystyle s_{3}} | {\displaystyle s_{1}} | {\displaystyle s_{2}} |
{\displaystyle d^{2}} | {\displaystyle d^{2}} | {\displaystyle e} | {\displaystyle d} | {\displaystyle s_{2}} | {\displaystyle s_{3}} | {\displaystyle s_{1}} |
{\displaystyle s_{1}} | {\displaystyle s_{1}} | {\displaystyle s_{2}} | {\displaystyle s_{3}} | {\displaystyle e} | {\displaystyle d} | {\displaystyle d^{2}} |
{\displaystyle s_{2}} | {\displaystyle s_{2}} | {\displaystyle s_{3}} | {\displaystyle s_{1}} | {\displaystyle d^{2}} | {\displaystyle e} | {\displaystyle d} |
{\displaystyle s_{3}} | {\displaystyle s_{3}} | {\displaystyle s_{1}} | {\displaystyle s_{2}} | {\displaystyle d} | {\displaystyle d^{2}} | {\displaystyle e} |
Will man das Produkt {\displaystyle ba}[2] für zwei Elemente {\displaystyle a,b} aus {\displaystyle S_{3}} ausrechnen, so suche man in der Verknüpfungstafel zuerst die mit {\displaystyle a} gekennzeichnete Spalte, dann die mit {\displaystyle b} gekennzeichnete Zeile auf; am Schnittpunkt dieser Spalte und Zeile steht das Produkt.
Verallgemeinert man diese Konstruktion, indem man das gleichseitige Dreieck durch ein regelmäßiges {\displaystyle n}-Eck ersetzt, so kommt man zum Begriff der Diedergruppe. Daher wird die hier besprochene Gruppe {\displaystyle S_{3}} auch mit {\displaystyle D_{3}} bezeichnet.
Elemente der S3 als Permutationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Eine Kongruenzabbildung des gleichseitigen Dreiecks ist bereits dadurch eindeutig festgelegt, wie die mit 1, 2 und 3 bezeichneten Ecken aufeinander abgebildet werden. Jedes Element der {\displaystyle S_{3}} kann daher als Permutation der Menge {\displaystyle \{1,2,3\}} aufgefasst werden. Im Folgenden ist zuerst die Zweizeilenform angegeben, dahinter die Zyklenschreibweise [3] der Elemente sowie deren Ordnungen:
{\displaystyle {\begin{array}{rcccll}e&=&{\begin{pmatrix}1&2&3\1円&2&3\end{pmatrix}}&=&(1)&\qquad \mathrm {ord} \left(e\right)=1\\\\d&=&{\begin{pmatrix}1&2&3\2円&3&1\end{pmatrix}}&=&(1~2~3)&\qquad \mathrm {ord} \left(d\right)=3\\\\d^{2}&=&{\begin{pmatrix}1&2&3\3円&1&2\end{pmatrix}}&=&(1~3~2)&\qquad \mathrm {ord} \left(d^{2}\right)=3\\\\s_{1}&=&{\begin{pmatrix}1&2&3\1円&3&2\end{pmatrix}}&=&(2~3)&\qquad \mathrm {ord} \left(s_{1}\right)=2\\\\s_{2}&=&{\begin{pmatrix}1&2&3\3円&2&1\end{pmatrix}}&=&(1~3)&\qquad \mathrm {ord} \left(s_{2}\right)=2\\\\s_{3}&=&{\begin{pmatrix}1&2&3\2円&1&3\end{pmatrix}}&=&(1~2)&\qquad \mathrm {ord} \left(s_{3}\right)=2\end{array}}}
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Keine abelsche Gruppe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die Gruppe {\displaystyle S_{3}} ist keine abelsche Gruppe, wie obiger Verknüpfungstafel entnommen werden kann (sie ist nicht symmetrisch zur Hauptdiagonale); beispielsweise gilt {\displaystyle s_{2}s_{1}=d^{2}\neq d=s_{1}s_{2}}. Sie ist bis auf Isomorphie die kleinste nicht-abelsche Gruppe, das heißt, jede nicht-abelsche Gruppe ist entweder isomorph zu {\displaystyle S_{3}} oder hat mehr Elemente.
Untergruppen und Normalteiler
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die Untergruppen neben den trivialen Untergruppen {\displaystyle \{e\}} und {\displaystyle S_{3}} selbst sind:
- {\displaystyle A_{3}:=\left\{e,d,d^{2}\right\}\cong \mathbb {Z} /3\mathbb {Z} }. Diese Untergruppe (die Gruppe der Drehungen) ist ein Normalteiler und wird auch als alternierende Gruppe vom Grad 3 bezeichnet.
- {\displaystyle \{e,s_{1}\}\cong \{e,s_{2}\}\cong \{e,s_{3}\}\cong \mathbb {Z} /2\mathbb {Z} }. Diese Untergruppen (die Gruppen der Spiegelungen) sind keine Normalteiler; beispielsweise ist {\displaystyle d\{e,s_{1}\}d^{-1},円=,円d\{e,s_{1}\}d^{2},円=,円\{e,s_{2}\}}.
- Das Zentrum von {\displaystyle S_{3}} ist trivial (besteht nur aus {\displaystyle \{e\}}). Somit kommutiert ein von {\displaystyle e} verschiedenes Element nur mit Potenzen seiner selbst.
Erzeuger und Relationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Man kann Gruppen auch dadurch beschreiben, dass man ein Erzeugendensystem und Relationen, die die Erzeuger erfüllen müssen, angibt. Erzeuger und Relationen notiert man, durch das Zeichen {\displaystyle \mid } getrennt, in spitzen Klammern. Die Gruppe ist dann die von den Erzeugern erzeugte freie Gruppe modulo dem von den Relationen erzeugten Normalteiler. In diesem Sinne ist:[4]
{\displaystyle S_{3}=\langle d,s\mid d^{3},s^{2},dsds\rangle }
Irreduzible Darstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Bis auf Äquivalenz hat die {\displaystyle S_{3}} drei irreduzible Darstellungen, zwei eindimensionale und eine zweidimensionale.[5] Zur Angabe dieser Darstellungen genügt es, die Bilder von {\displaystyle d} und {\displaystyle s_{1}} anzugeben, denn diese Elemente erzeugen die Gruppe.
- Die triviale Darstellung: {\displaystyle S_{3}\rightarrow \mathbb {C} :,円,円d\mapsto 1,s_{1}\mapsto 1}
- Die Signum-Abbildung: {\displaystyle S_{3}\rightarrow \mathbb {C} :,円,円d\mapsto 1,s_{1}\mapsto -1}
- Die zweidimensionale Darstellung: {\displaystyle S_{3}\rightarrow M_{2}(\mathbb {C} ):,円,円d\mapsto {\begin{bmatrix}e^{2\pi i/3}&0\0円&e^{-2\pi i/3}\end{bmatrix}},s_{1}\mapsto {\begin{bmatrix}0&1\1円&0\end{bmatrix}}}.
Zwar erhält man eine andere zweidimensionale Darstellung, wenn man {\displaystyle s_{1}} durch {\displaystyle s_{2}} ersetzt, aber diese ist äquivalent zur angegebenen. Diese Überlegungen führen zu folgender Charaktertafel:[6]
{\displaystyle S_{3}} | {\displaystyle 1} | {\displaystyle 3} | {\displaystyle 2} |
---|---|---|---|
{\displaystyle 1} | {\displaystyle (1,2)} | {\displaystyle (1,2,3)} | |
{\displaystyle \chi _{1}} | {\displaystyle 1} | {\displaystyle 1} | {\displaystyle 1} |
{\displaystyle \chi _{2}} | {\displaystyle 1} | {\displaystyle -1} | {\displaystyle 1} |
{\displaystyle \chi _{3}} | {\displaystyle 2} | {\displaystyle 0} | {\displaystyle -1} |
Weitere Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Allgemeine lineare Gruppe über ℤ/2
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die allgemeine lineare Gruppe 2-ten Grades über dem Restklassenkörper {\displaystyle \mathbb {Z} /2=\mathbb {F} _{2}=\{0,1\}}, {\displaystyle GL(2,\mathbb {F} _{2})=\left\{{\begin{bmatrix}1&0\0円&1\end{bmatrix}},{\begin{bmatrix}1&1\0円&1\end{bmatrix}},{\begin{bmatrix}1&0\1円&1\end{bmatrix}},{\begin{bmatrix}0&1\1円&0\end{bmatrix}},{\begin{bmatrix}1&1\1円&0\end{bmatrix}},{\begin{bmatrix}0&1\1円&1\end{bmatrix}}\right\}} ist isomorph zu {\displaystyle S_{3}}.
Transformationengruppe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die gebrochen linearen Funktionen {\displaystyle s_{1},s_{2}} mit Koeffizienten aus einem beliebigen Körper {\displaystyle K} und den Zuordnungen[7]
erzeugen mit der Hintereinanderausführung als Gruppenverknüpfung eine Gruppe {\displaystyle G}, die isomorph zur {\displaystyle S_{3}} ist. Die übrigen 4 Gruppenmitglieder sind:
Die Verknüpfungstafel ist wie oben.
Die 6 Gruppenmitglieder {\displaystyle s\in G} unterscheiden sich bei einer Einsetzung von Elementen {\displaystyle x\in K\!\setminus \!\{0,1\}}
- {\displaystyle s_{K}:x\mapsto s_{K}(x):=s(x)}
auch in den Wertetabellen, wenn {\displaystyle K} wenigstens 5 Elemente hat.
Automorphismengruppe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die {\displaystyle S_{3}} ist isomorph zur Automorphismengruppe der Kleinschen Vierergruppe. Das ergibt sich leicht aus der Beobachtung, dass jede Permutation der drei Elemente der Ordnung 2 der Kleinschen Vierergruppe einen Automorphismus definiert.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- Applet der TU München zur Visualisierung von {\displaystyle S_{3}}
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- ↑ Arno Mitschka: Elemente der Gruppentheorie. Studienbücher Mathematik, 1975, ISBN 3-451-16528-7, Abschnitt II.5
- ↑ a b Diese Reihenfolge kommt von der Operatorenperspektive, wie sie bei der Hintereinanderschaltung von Abbildungen (so auch bei den Permutationen) vorherrscht. Für die pure Gruppentheorie ist die Reihenfolge unerheblich.
- ↑ K. Meyberg: Algebra, Teil I. Carl Hanser Verlag, 1980, ISBN 3-446-13079-9, Beispiel 2.4.2.c
- ↑ K. Meyberg: Algebra, Teil I. Carl Hanser Verlag, 1980, ISBN 3-446-13079-9, Beispiel 2.7.18.c
- ↑ J. P. Serre: Darstellungen endlicher Gruppen. Vieweg, 1972, ISBN 3-528-03556-0, §5.3
- ↑ Kurt Meyberg: Algebra II. Carl Hanser Verlag, 1976, ISBN 3-446-12172-2, Beispiel 9.7.1 b
- ↑ Ist {\displaystyle K} der Körper der komplexen Zahlen, genauer: die riemannsche Zahlenkugel, dann handelt es sich um Möbiustransformationen.