Hydroxyprolin

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Strukturformel
Struktur mit unspezifizierter Stereochemie
Allgemeines
Name Hydroxyprolin
Andere Namen

4-Hydroxypyrrolidin-2-carbonsäure

Summenformel C5H9NO3
Kurzbeschreibung

farbloser Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 6912-67-0 (unspez.)
ECHA-InfoCard 100.000.084
Eigenschaften
Molare Masse 131,13 g·mol −1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt
  • 270–273 °C [(2S,4R)-4-Hydroxyprolin][1]
  • 238–241 °C [(2S,4S)-4-Hydroxyprolin][2]
Löslichkeit

löslich in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Hydroxyprolin ist eine chirale α-Aminosäure, die chemisch gebunden im Kollagen vorkommt.

Die exakte Bezeichnung der in der Natur vorkommenden Aminosäure lautet L-4-Hydroxyprolin oder (2S,4R)-4-Hydroxypyrrolidin-2-carbonsäure.

Stereoisomerie

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4-Hydroxypyrrolidin-2-carbonsäure existiert in vier Stereoisomeren, in unserer Umwelt spielt nur das (2S,4R)-Isomere als proteinogene Aminosäure eine Rolle. Enantiomer zur natürlichen (2S,4R)-Form ist die (2R,4S)-Form. Die (2S,4S)-Form und die (2R,4R)-Form sind Diastereomere der in Proteinen zu findenden (2S,4R)-4-Hydroxypyrrolidin-2-carbonsäure [Synonym: (2S,4R)-4-Hydroxyprolin].

Wenn in der Literatur und in diesem Artikel von Hydroxyprolin – ohne weitere Zusätze – die Rede ist, ist das natürliche (2S,4R)-Hydroxyprolin [Synonym: L-4-Hydroxyprolin] gemeint. Die anderen drei Isomere sind von geringer Bedeutung.

Isomere von 4-Hydroxypyrrolidin-2-carbonsäure
Name (2S,4R)-4-Hydroxypyrrolidin-2-carbonsäure (2R,4S)-4-Hydroxypyrrolidin-2-carbonsäure (2S,4S)-4-Hydroxypyrrolidin-2-carbonsäure (2R,4R)-4-Hydroxypyrrolidin-2-carbonsäure
Andere Namen L-4-Hydroxyprolin trans-4-Hydroxy-D-proline
Strukturformel
6912-67-0 (unspez.)
EG-Nummer 200-091-9 625-221-5 210-542-1 219-963-5
? (unspez.)
? (unspez.)
825 (unspez.)
Q411237 (unspez.)

Herstellung und Gewinnung

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Nahaufnahme menschlicher Haut: Das Kollagen menschlicher Haut ist reich an peptidisch gebundenem L-Hydroxyprolin.

L-4-Hydroxyprolin entsteht durch Hydroxylierung in der 4-Stellung am Pyrrolidinring von L-Prolin, das in eine Polypeptidkette (Eiweiß) eines Kollagenmoleküls eingebaut ist. Das Enzym Prolylhydroxylase katalysiert dies unter Mitwirkung von Ascorbinsäure (Vitamin C). Hydroxyprolin stabilisiert im Kollagenmolekül den Zusammenhalt der Kollagen-Tripelhelix über einen gauche-Effekt. Die Theorie, dass von Hydroxyprolin ausgehende Wasserstoffbrücken die Tripelhelix stabilisieren, gilt als widerlegt.

Kommerzielle Herstellung

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Die saure Hydrolyse von Kollagen ergibt nach der Neutralisation ein Proteinhydrolysat proteinogener α-Aminosäuren. Daraus gewinnt man bis heute durch Ionenaustausch L-Hydroxyprolin kommerziell.[3]

Hydroxyprolin in Reinform liegt überwiegend als inneres Salz vor. Das Zwitterion entsteht durch Bindung des Protons der Carboxygruppe an das einsame Elektronenpaar des Stickstoffatoms.

Zwitterionen von (2S,4R)-4-Hydroxyprolin(links) bzw. (2R,4S)-4-Hydroxyprolin (rechts)

Im elektrischen Feld wandert das Zwitterion nicht, da es als Ganzes ungeladen ist. Genaugenommen ist dies am isoelektrischen Punkt (einem bestimmten pH-Wert) der Fall, bei dem Hydroxyprolin seine geringste Löslichkeit in Wasser hat. Die beiden anderen Stereoisomeren mit (2S,4S)- bzw. (2R,4R)-Konfiguration bilden also ebenso Zwitterionen.

Physiologische Funktion

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Hydroxyprolin wird nicht direkt genetisch codiert, sondern entsteht als posttranslationale Modifikation. In Kollagen eingebautes L-Prolin wird durch das Enzym Prolyl-4-Hydroxylase und unter Beteiligung von Vitamin C zu L-Hydroxyprolin hydroxyliert. Hydroxyprolin ist erforderlich für dessen mechanische Eigenschaften als Strukturprotein. Die Mangelerkrankung Skorbut resultiert in einer Bindegewebsschwäche mit vermindertem oder fehlendem Gehalt von Hydroxyprolin und Hydroxylysin im Kollagen.

Pathophysiologie

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Bei der Osteodystrophia deformans, einer chronischen Überaktivität der Osteoklasten, wird durch Knochenabbau vermehrt Hydroxyprolin freigesetzt. Das Hydroxyprolin kann im Urin zur Diagnostik bestimmt werden.[4]

Chemie und Verwendung

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(2S,4R)-N-Acetyl-4-hydroxyprolin (INN: Oxaceprol) ist ein Arzneistoff gegen degenerative Gelenkerkrankungen. Für die vielstufige Synthese eines ACE-Hemmers wird (2S,4R)-4-Hydroxyprolin als Ausgangsstoff eingesetzt. Es decarboxyliert thermisch durch Erhitzen in Tetraethylenglykoldimethylether in Gegenwart katalytischer Mengen von Cyclohexen-3-on unter Bildung des cyclischen chiralen Aminoalkohols (R)-3-Hydroxypyrrolidin:[5]

Decarboxylierung von (2S,4R)4-Hydroxyprolin
Decarboxylierung von (2S,4R)4-Hydroxyprolin

Bestimmung des Hydroxyprolingehaltes

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Die quantitative Analyse von Hydroxyprolin dient zur Bestimmung des Bindegewebsanteils in Fleischwaren. Die Qualität von Fleischwaren ist aufschlussreich, da Hydroxyprolin nur in Kollagen und damit maßgeblich in Bindegewebe (Sehnen-, Knochen-, Knorpel- und Hautteilen) vorkommt; ein hoher Gehalt von Hydroxyprolin gilt daher als Indiz für eine erhöhte Verwendung minderwertiger Rohstoffe. Nach Messung des Gesamtstickstoffs nach Kjeldahl kann der BEFFE-Wert berechnet werden.

Die Probe wird dazu mit Salzsäure aufgeschlossen und hydrolysiert, wobei Polypeptide in die Aminosäuren zerlegt werden. Das Fett wird abgetrennt und die Aminosäuren werden mit Chloramin T oxidiert. Das Oxidationsprodukt bildet mit p-Dimethylaminobenzaldehyd ein rotgefärbtes Kondensationsprodukt. Dieses wird fotometrisch bei 558 nm quantitativ nachgewiesen.[6]

Auch die Kopplung der HPLC und der Gaschromatographie mit der Massenspektrometrie eignet sich nach angemessener Probenvorbereitung zur sicheren Bestimmung von Hydroxyprolin, auch neben anderen Aminosäuren in unterschiedlichem Untersuchungsmaterial.[7] [8] [9]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Datenblatt trans-4-Hydroxy-L-proline, 99+% bei Alfa Aesar, abgerufen am 26. Dezember 2019 (Seite nicht mehr abrufbar).
  2. The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage. 2006, ISBN 0-911910-00-X, S. 839.
  3. Y. Izumi u. a.: Herstellung und Verwendung von Aminosäuren. In: Angewandte Chemie. 90(3), 1978, S. 187–194, doi:10.1002/ange.19780900307.
  4. Bernhard Manger, Hendrik Schulze-Koops: Checkliste Rheumatologie. Georg Thieme Verlag, 4. Auflage 2012, ISBN 9783131516848, S. 374.
  5. Sabine Wallbaum, Thomas Mehler, Jürgen Martens: Decarboxylation of α-Amino Acids containing two and three Stereogenic Centers: A Simple One-Step Procedure to Prepare Two Opticall Active β-Amino Alcohols and a Bicyclic Pyrrolidine Derivative. In: Synthetic Communications. 24(10), 1994, S. 1381–1387, doi:10.1080/00397919408011741.
  6. Reinhard Matissek, Gabriele Steiner, Markus Fischer: Lebensmittelanalytik. 4. Auflage. Springer, Berlin 2010, ISBN 978-3-540-92205-6. 
  7. S. Shin, H. M. Jeong, S. E. Chung, T. H. Kim, S. K. Thapa, D. Y. Lee, C. H. Song, J. Y. Lim, S. M. Cho, K. Y. Nam, W. H. Kang, Y. W. Choi, B. S. Shin: Simultaneous analysis of acetylcarnitine, proline, hydroxyproline, citrulline, and arginine as potential plasma biomarkers to evaluate NSAIDs-induced gastric injury by liquid chromatography-tandem mass spectrometry. In: J Pharm Biomed Anal. 165, 20. Feb 2019, S. 101–111. PMID 30522064
  8. L. Konieczna, M. Pyszka, M. Okońska, M. Niedźwiecki, T. Bączek: Bioanalysis of underivatized amino acids in non-invasive exhaled breath condensate samples using liquid chromatography coupled with tandem mass spectrometry. In: J Chromatogr A. 1542, 23. Mar 2018, S. 72–81. PMID 29477235
  9. M. Delport, S. Maas, S. W. van der Merwe, J. B. Laurens: Quantitation of hydroxyproline in bone by gas chromatography-mass spectrometry. In: J Chromatogr B Analyt Technol Biomed Life Sci. 804(2), 25. Mai 2004, S. 345–351. PMID 15081929
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