Spitzbergenvertrag
Durch den am 9. Februar 1920 in Paris unterzeichneten Spitzbergenvertrag (norwegisch Svalbardtraktaten) erhielt Norwegen die Souveränität über den Archipel Spitzbergen inklusive aller Inseln und Felsen zwischen 74 und 81 Grad nördlicher Breite sowie zwischen 10 und 35 Grad östlicher Länge. Das umfasst Hopen etwa 100 km südöstlich der Insel Spitzbergen, die rund 240 km südlich von Spitzbergen liegende Bäreninsel (Bjørnøya) sowie die etwa 100 km nordöstlich von Nordostland (Nordaustlandet) in der Barentssee gelegene Insel Kvitøya. Der Vertrag trat am 14. August 1925 in Kraft.
Hintergrund
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Der bis dahin unbewohnte Archipel wurde 1596 von dem Niederländer Willem Barents entdeckt. In der Folgezeit war Spitzbergen ein staatenloses Gebiet, in dem Menschen unterschiedlicher Nationalitäten insbesondere in den Bereichen Fischerei, Walfang, Bergbau, Forschung und später Tourismus wirtschafteten. Wegen der Staatenlosigkeit war das Gebiet lange Zeit nicht durch Gesetze und andere Ordnungsvorschriften reguliert. So kam es in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu Konflikten hinsichtlich des Walfangs zwischen England, den Niederlanden und Dänemark-Norwegen. Funde von Bodenschätzen zu Beginn des 20. Jahrhunderts verursachten anhaltende Konflikte zwischen Minenarbeitern und Minenbesitzern, was das Erfordernis einer staatlichen Autorität weckte.
Mit dem Spitzbergenvertrag sollte die Entwicklung und friedliche Nutzung Spitzbergens sichergestellt werden. Norwegen ist durch den Vertrag verpflichtet zu gewährleisten, dass Bürger und Unternehmen aller Staaten, die den Spitzbergenvertrag unterzeichnet haben, auf den Inseln Spitzbergens gleichberechtigt wirtschaftlich tätig sein dürfen. Die Fischereirechte innerhalb der 200-Meilen-Zone werden von Norwegen beansprucht. Dem widerspricht vor allem Russland, aber auch die Europäische Union und Island sind der Ansicht, dass der Spitzbergenvertrag auch außerhalb der Hoheitsgewässer und auf dem Festlandsockel gilt.[1]
Vertragsinhalt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Nach Artikel 8 des Spitzbergenvertrags müssen Einkommen durch Steuern auf den Inseln verbleiben, was zur Folge hat, dass die Steuersätze niedrig sind.
Spitzbergen ist eine entmilitarisierte Zone, sodass kein Vertragsstaat dauerhaft Militär auf der Insel stationieren darf. Die Insel wurde in den 1950er Jahren durch die norwegische Regierung zum neutralen Gebiet erklärt, wobei es jedoch der NATO erlaubt ist, einzugreifen, sollte die Entmilitarisierung in irgendeiner Form verletzt werden. Die Wahrung der norwegischen Hoheit über Spitzbergen wird von der Norwegischen Küstenwache kontrolliert, die ein Teil der Norwegischen Seestreitkräfte ist.
Der Spitzbergenvertrag garantiert allen Bürgern der Vertragsstaaten gleiche Rechte auf Arbeit, Handel und Schifffahrt im Gebiet Spitzbergens. Das heißt insbesondere, dass dort jeder Bürger eines Vertragsstaates ohne weitere Bedingungen eine Arbeit annehmen oder eine Firma eröffnen kann. Das erklärt auch den relativ hohen Anteil von Bewohnern nicht-norwegischer Nationalität in Spitzbergen. In Longyearbyen und Ny-Ålesund erreicht sie 23 %. Insgesamt den größten Anteil an Ausländern stellt neben Russland – dessen Bewohner hauptsächlich in der Bergarbeitersiedlung Barentsburg leben – Thailand,[2] das allerdings kein Vertragsstaat des Spitzbergenvertrags ist. Die Ein- und Ausfuhr von Waren in die jeweiligen Länder darf durch Norwegen nicht weiter eingeschränkt werden, als es das für seine eigenen Bürger auch tut. Dadurch gilt Spitzbergen heute als Zollfreigebiet. Auch Reisende auf das norwegische Festland müssen dort bei der Einreise Waren gegebenenfalls verzollen.
Vertragsstaaten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die ursprünglichen Unterzeichnerstaaten neben Norwegen waren Dänemark, Frankreich, Italien, Japan, die Niederlande, Schweden, die Vereinigten Staaten von Amerika und das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Irland (das den Vertrag ebenso für die Dominions Australien, Kanada, Neuseeland, Südafrika sowie für Britisch-Indien unterzeichnete). Inzwischen sind weitere Staaten, darunter Deutschland, Österreich und die Schweiz, dem Spitzbergenvertrag beigetreten.
Die Vertragsstaaten umfassen (einschließlich nicht mehr existierender Staaten):[3] [4]
Vertragsstaat | Datum des Inkrafttretens des Vertrages | Bemerkung |
---|---|---|
Afghanistan Emirat 1921 Afghanistan | 23. November 1925 | |
Agypten 1922 Ägypten | 13. September 1925 | |
Albanien 1928 Albanien | 29. April 1930 | |
Argentinien Argentinien | 6. Mai 1927 | |
Australien Australien | 14. August 1925 | |
Belgien Belgien | 14. August 1925 | |
Bulgarien 1908 Bulgarien | 20. Oktober 1925 | |
Chile Chile | 17. Dezember 1928 | |
Republik China 1912–1949 Republik China | 14. August 1925 | |
Danemark Dänemark | 14. August 1925 | |
Deutsches Reich Deutschland | 16. November 1925 | |
Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR | 7. August 1974 | |
Dominikanische Republik Dominikanische Republik | 3. Februar 1927 | |
Estland Estland | 7. April 1930 | |
Finnland Finnland | 14. August 1925 | |
Dritte Französische Republik Frankreich | 14. August 1925 | |
Zweite Hellenische Republik Griechenland | 21. Oktober 1925 | |
Britisch-Indien Indien | 14. August 1925 | |
Irland 1922 Irland | 14. August 1925 | |
Island Island | 31. Mai 1994 | |
Italien 1861 Königreich Italien | 14. August 1925 | |
Japan 1870Japan Japan | 14. August 1925 | |
Jugoslawien Konigreich 1918 Königreich Jugoslawien | 14. August 1925 | Vertrag wurde von den Nachfolgestaaten bisher nicht bestätigt |
Kanada 1921 Kanada | 14. August 1925 | |
Korea Nord Korea, Nord- | 16. März 2016 | |
Korea Sud Korea, Süd- | 7. September 2012 | |
Lettland Lettland | 13. Juni 2016 | |
Litauen Litauen | 17. Januar 2013 | |
Monaco Monaco | 14. August 1925 | |
Neuseeland Neuseeland | 14. August 1925 | |
Niederlande Niederlande | 14. August 1925 | |
Norwegen Norwegen | 14. August 1925 | |
Osterreich Österreich | 12. März 1930 | |
Polen 1928 Polen | 2. September 1931 | |
Portugal Portugal | 24. Oktober 1927 | |
Rumänien Konigreich Rumänien | 14. August 1925 | |
Russland 1991 Russland | 21. Dezember 1991 | als Rechtsnachfolger der Sowjetunion ab ihrer Auflösung |
Sultanat Nadschd Sultanat Nadschd | 14. August 1925 | als Vorgängerstaat Saudi-Arabiens |
Schweden Schweden | 14. August 1925 | |
Schweiz Schweiz | 14. August 1925 | |
Serbien Serbien | 5. September 2022 | Weitergeltung |
Slowakei Slowakei | 1. Januar 1993 | als Rechtsnachfolger der Tschechoslowakei ab ihrer Auflösung |
Sowjetunion 1923 Sowjetunion | 7. Mai 1935 | |
Spanien 1875 Spanien | 12. November 1925 | |
Sudafrika 1928 Südafrika | 14. August 1925 | |
Tschechien Tschechien | 1. Januar 1993 | als Rechtsnachfolger der Tschechoslowakei ab ihrer Auflösung |
Turkei Türkei | 11. April 2024 | |
Tschechoslowakei 1920 Tschechoslowakei | 9. Juni 1930 | |
Ungarn 1918 Ungarn | 29. Oktober 1927 | |
Venezuela 1905 Venezuela | 8. Februar 1928 | |
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich | 9. Juni 1930 | |
Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten | 14. August 1925 |
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- Vertragstext, gegenwärtige Fassungen:
- SR 0.142.115.981: Vertrag über Spitzbergen (deutsche Übersetzung), Traité concernant le Spitzberg (franz. Originalfassung), Systematische Sammlung des Bundesrechts der Schweiz
- Lovdata LOV-1920年02月09日: Traktat mellem Norge, Amerikas Forente Stater, Danmark, Frankrike, Italia, Japan, Nederlandene, Storbritannia og Irland og de britiske oversjøiske besiddelser og Sverige angående Spitsbergen (norwegisch)
- Vertragstext, historischen Fassungen:
- Gesetz über den Beitritt Deutschlands zum Spitzbergenvertrage vom 24. Juli 1925, ÖNB-ALEX, inkl. des Vertragstextes in französischer, englischer und als Übersetzung in deutscher Sprache
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- ↑ Ragnhild Grønning: Op-Ed: Need debate on the Svalbard Treaty . In: High North News, 10. November 2017 (letzte Änderung: 24. Oktober 2018), abgerufen am 30. November 2019 (englisch).
- ↑ Einwohnerstatistik Svalbards 2015. 9. April 2015, abgerufen am 6. Juni 2015.
- ↑ Text des Spitzbergenvertrags
- ↑ Detailansicht Staatsvertrag auf www.eda.admin.ch, abgerufen am 11. November 2016.