Schlehdorn
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Schlehdorn |
---|
Schlehdorn im September |
Systematik |
Ordnung:
Rosenartige (Rosales)
Familie:
Rosengewächse (Rosaceae)
Tribus:
Steinobstgewächse (Amygdaleae)
Art:
Schlehdorn
|
Wissenschaftlicher Name |
Prunus spinosa |
L. |
Der Schlehdorn (Prunus spinosa), auch Schwarzdorn, Schlehe, Schlehendorn, Heckendorn oder Sauerpflaume genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Prunus , die zur Tribus der Steinobstgewächse (Amygdaleae) innerhalb der Familie der Rosengewächse (Rosaceae) gehört. Der Schlehdorn eignet sich sehr gut für dichte Hecken, die wegen der vielen stacheligen Triebe weitgehend undurchdringlich sind. Natürlicherweise steht er an lichten Standorten, weswegen er in ganz Europa an Waldrändern und auf Sukzessionsflächen zu finden ist. Seine als Schlehen bezeichneten sauren Früchte werden von Kennern im Spätherbst gerne zu Likören und anderen Alkoholika verarbeitet.
Etymologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Der Name Schlehe (von mittelhochdeutsch slēhe) ist wohl auf die Farbe ihrer Frucht zurückzuführen und leitet sich von dem indogermanischen Wort (S)li ab, was „bläulich" bedeutet. Im Althochdeutschen wurde die Schlehe als sleha bezeichnet. Die slawischen Varianten wie das russische Слива (Sliwa) oder das serbokroatische šljiva (davon abgeleitet: Sliwowitz) bedeuten Zwetschge.[1] Das wissenschaftliche Artepitheton spinosa ist lateinisch und bedeutet „dornig".
Beschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Vegetative Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Der sommergrüne, sparrige und sehr dornenreiche Schlehdorn wächst als Strauch oder als kleiner, oft mehrstämmiger Baum, der bis zu 40 Jahre alt werden kann. Er erreicht gewöhnlich Wuchshöhen von 3 Metern. In seltenen Fällen können Exemplare bis 6 Meter Höhe beobachtet werden. Da die zahlreichen Kurztriebe beinahe im 90°-Winkel von den Langtrieben abstehen, zeigt die Schlehe ein typisch stark verästeltes Erscheinungsbild. Namengebend für die Art sind die Enden der Kurztriebe, die häufig in einem bis zu 20 mm langen, sehr schlanken Dorn auslaufen. Wie bei allen Dornen handelt es sich im botanischen Sinne um Umwandlungen der Seitentriebe.
Flach verzweigte, bizarre Krüppelformen entstehen durch Wildverbiss oder dauerhaft starke Winde und sind insbesondere in den Eichengebüschen der Nordseeküste und den Hängen des Oberrheingrabens anzutreffen.
Die flachwurzelnde Schlehe besitzt eine sehr dunkle, schwärzliche Rinde, die im fortgeschrittenen Alter in schmale Streifen zerreißt. Die Rinde der Triebe ist rotbraun gefärbt und filzig bis fein behaart, später verkahlen sie. Die Zweige zeigen eine rundliche bis kantige Form und sind mit zahlreichen Kurztrieben besetzt.[2]
Die 1,5 bis 2 Millimeter langen, hellbraunen Knospen stehen meist zu dritt über einer Blattnarbe, wobei es sich bei den seitlichen gewöhnlich um Blütenknospen handelt, die rundlicher gestaltet sind als die ovalen bis oval-kugeligen Blattknospen. Am Ende der Kurztriebe kommen Blütenknospen oft ohne Internodien gehäuft vor. Die Blätter sind in der Knospenlage gerollt.[2] Die Knospenschuppen sind meist behaart oder bewimpert und laufen in einer Spitze aus. Langtriebe besitzen keine echte Endknospe.
Die Laubblätter des Schlehdorns stehen an 2 bis 10 Millimeter langen Blattstielen, die leicht behaart sein können, jedoch meist drüsenlos sind.[2] Die Blätter sind wechselständig und häufig büschelig-spiralig angeordnet. Sie fühlen sich relativ weich an. Die Blattspreite entwickelt eine Länge von 2 bis 5 Zentimeter und eine Breite zwischen 1 und 2 Zentimeter. Sie bildet eine verkehrt-eiförmige Form aus, die sich zum Blattgrund hin keilförmig verschmälert und in einer spitzen bis stumpfen Blattspitze ausläuft. Der Blattrand weist eine doppelte, feine Zähnung auf. Junge Blätter bilden an ihrer Blattunterseite zunächst eine flaumige Behaarung aus, verkahlen in der Folge und zeigen dann eine mittelgrüne Färbung. Die Blattoberseite ist unbehaart und von dunkelgrüner Farbe. Linealische, am Rand gezähnte Nebenblätter überragen gewöhnlich den Blattstiel. Am Grund der Blattspreite befinden sich Nektarien.
Generative Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Der Schlehdorn ist protogyn, also vorweiblich.[3] Die weißen Blüten des Schlehdorns erscheinen im März und April – lange vor dem Laubaustrieb. Dadurch lässt sich die Schlehe in diesem Zeitraum leicht vom Weißdorn unterscheiden, dessen Blüten erst nach den Blättern gebildet werden. Die an kurzen, starr abstehenden, meist kahlen Blütenstielen stehenden Blüten sind radiärsymmetrisch, fünfzählig und zwittrig mit doppelter Blütenhülle. Ihr Durchmesser beträgt etwa 1,5 cm. Sie bilden sich an den verdornten Kurztrieben und stehen dort sehr dicht einzeln oder zu je zwei aneinander. Charakteristisch ist ihr leichter Mandelduft. Der Blütenbecher ist glockig. Der Kelch besteht aus fünf eiförmigen Kelchblättchen. Sie werden etwa 1,5 bis 2 mm lang und sind am Rand unregelmäßig fein gezähnt. An der Außenseite ist der Kelch meist unbehaart. Die elliptischen, ganzrandigen, ausladenden und kurz genagelten Kronblätter erreichen eine Länge von etwa 6 bis 8 Millimeter. Sie sind nicht miteinander verwachsen und umgeben die etwa 20, 5 bis 7 Millimeter langen Staubblätter mit gelben oder rötlichen Staubbeuteln. Diese umgeben einen einzigen Griffel.[2] Der mittelständige Fruchtknoten ist weit in den Achsenbecher eingesenkt, der Griffel mit kopfiger Narbe ist etwa so lang wie die Staubblätter.
Die Innenseite des Blütenbechers sondert reichlich Nektar ab, so dass die Schlehe für zahlreiche Insekten im zeitigen Frühjahr eine wertvolle Nahrungsquelle darstellt. Die Schlehe wird von Insekten bestäubt. An einem aufrechten Fruchtstiel entwickelt sich eine kugelige bis schwach ellipsoide, gefurchte Steinfrucht mit einem Durchmesser von 6 bis 18 mm. Die Fruchtfarbe wechselt mit der Reife von grün nach blauschwarz bereift, eine Behaarung wird nicht ausgebildet. Das grüne, feste Fruchtfleisch löst sich nicht vom Steinkern. Der mehr oder weniger spitzige, harte, leicht abgeflachte Steinkern besitzt eine eiförmige bis ellipsoide oder rundliche Gestalt. Er wird etwa 9 Millimeter lang und 6 Millimeter breit, ist leicht texturiert, meist von rauer Struktur und mit netzartigen Adern. Von der Rückenfurche gehen schräg gestellte Kammstriche ab. Das Fruchtfleisch ist zunächst sehr sauer und herb – erst nach Frosteinwirkung wird es schmackhafter. Die Fruchtreife erfolgt ab Oktober bis November. Als Wintersteher bleiben die Früchte den Winter über am Strauch.[2] Tiere, die den Samen der Frucht wieder ausscheiden, übernehmen die Ausbreitung.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 32, bei der „Haferschlehe" 16 oder 48.[4]
Wie bei den meisten Pflanzen der Gattung Prunus enthalten die Samen des Schlehdorns das Blausäure-Glykosid Amygdalin.
Verbreitung und Standort
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die Heimat des Schlehdorns erstreckt sich über Europa, Vorderasien bis zum Kaukasus und Nordafrika. In Nordamerika und Neuseeland gilt er als eingebürgert. Im hohen Norden und auf Island sind keine Bestände belegt. Er vermehrt sich durch Aussaat und durch Wurzelausschläge.
Der Schlehdorn bevorzugt sonnige Standorte an Weg- und Waldrändern und felsigen Hängen oder in Gebüschen, bei eher kalkhaltigen, oft auch steinigen Böden. Als Heckenpflanze ist er weit verbreitet. Man findet ihn häufig in Gesellschaft von Wacholder, Berberitze, Haselnuss, Wildrosen und Weißdornarten. Auf den Dünen an der Ostsee ist er insbesondere mit Weiden vergesellschaftet. Der Schlehdorn besiedelt geeignete Standorte von der Ebene bis in Höhenlagen von 1600 m.
Schlehenbüschegesellschaften gelten als Bindeglied in der Sukzession zum Hainbuchen-, Buchen- oder Eichenwald. Die Schlehe ist in Mitteleuropa eine Charakterart der Ordnung Prunetalia, kommt aber auch in Gesellschaften der Verbände Alno-Ulmion oder Carpinion vor.[4]
Man ordnet den Schlehdorn dem eurasischen Florenelement zu.
Ökologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Wurzelkriechpionier
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Der Schlehdorn gehört zu den Wurzelkriechpionieren. Die weit streichenden Wurzeln treiben Schösslinge, so dass Schlehdorn ideal ist, um dichte Hecken zu bilden. Wo er etabliert ist, entstehen undurchdringliche Gestrüppe, die zahlreichen Tieren Schutz bieten. Auf Pionierstandorten, wie zum Beispiel Trockenhängen, verdrängt er schnell die dort angesiedelte krautige Vegetation. Will man den natürlichen Sukzessionsprozess wegen der Seltenheit von Trockenhangbiotopen aufhalten, so muss der Trockenhang für seine Erhaltung regelmäßig von Schlehen entkusselt werden.[5]
Synökologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Symbiosen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Der Schlehdorn zählt zu den wichtigsten Wildsträuchern für Insekten, da er mit seiner Blüte im zeitigen Frühjahr für zahlreiche Hummel-, Wildbienen- und Schmetterlingsarten nach der Überwinterung eine der wenigen frühen Nektarquellen darstellt.[6]
Von den Früchten des Schlehdorns ernähren sich etwa 20 Vogelarten, zumeist Drosselartige, aber auch Meisen oder Grasmücken, wobei die Samen des Schlehdorns unversehrt wieder ausgeschieden und somit durch die Vögel verbreitet werden.
Parabiosen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Schlehenhecken bieten insbesondere strauchbrütenden Vogelarten ideale Nistmöglichkeiten. Diese nutzt zum Beispiel der selten auftretende Neuntöter, der zuweilen an den Schlehendornen erbeutete Insekten oder Mäuse aufspießt.
An Standorten, die von extremer Trockenheit geprägt sind, wie beispielsweise Steinhalden, wächst die Schlehe oft langsam und bildet eine krüppelige Gestalt aus. Hier kann sie für Tiere und andere Pflanzen eine Schutzfunktion ausüben.[2]
Stellung im Nahrungsnetz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Schlehdornblätter stellen insbesondere für die Raupen des gefährdeten Grauen Laubholz-Dickleibspanners (Lycia pomonaria) und Gebüsch-Grünspanners (Hemithea aestivaria) oder des stark gefährdeten Schwalbenwurz-Kleinspanners (Scopula umbelaria) eine wertvolle Futterpflanze dar. Der vom Aussterben bedrohte Hecken-Wollafter legt vorwiegend im Schlehdorn seine Eier ab. Für die Jungraupen stellen die Schlehdornblätter die erste Nahrung dar. Auch der Segelfalter nutzt den Schlehdorn. Auch mehrere Käferarten sind auf den Schlehdorn als Nahrungsquelle angewiesen. Der selten gewordene Goldglänzende Rosenkäfer knabbert gerne an den Blütenblättern und dem Pollen der Pflanze. Eine Rüsselkäferart, der Schlehen-Blütenstecher (Anthonomus rufus), lebt als einzige mitteleuropäische Käferart ausschließlich auf der Schlehe. Als Blattfresser an Schlehen sind die Blattkäfer Clytra laeviuscula , Smaragdina salicina und Cryptocephalus chrysopus beobachtet worden. Im Holz des Schlehdorns entwickelt sich die Larve des (wärmeliebenden) Bockkäfers Phymatodes rufipes .[7]
Seine langen Dornen schützen den Schlehdorn wirkungsvoll vor dem Fraß größerer Pflanzenfresser (Megaherbivoren).
Krankheiten und Parasiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Der Schlehdorn wird von den Rostpilzen Tranzschelia pruni-spinosae und vermutlich auch Tranzschelia discolor mit Uredien und Telien befallen.[8] Zwei Arten aus der Gattung Taphrina parasitieren zudem auf dem Schlehdorn: Taphrina pruni bildet Narrentaschen an den Früchten, die recht seltene Taphrina insititiae hingegen ruft Verwachsungen an den Trieben hervor.[9]
Systematik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Der Schlehdorn wurde 1753 von Carl von Linné unter der heute gültigen Bezeichnung Prunus spinosa L. in seinem Werk Species Plantarum , Band 1, S. 475 erstbeschrieben.[10] Als Synonyme der im Mittelalter[11] und in der frühen Neuzeit auch Acacia (nostras),[12] Accacia und Acatia genannten Art (womit auch der Saft der Früchte bezeichnet wurde)[13] sind die Bezeichnungen Prunus acacia-germanica Crantz (1763), Prunus praecox Salisb. (1769) und Prunus montana Schur (1866) akzeptiert.[2] Eine alte Bezeichnung des Schlehdorns war lateinisch Prunus sylvestris.[14] Die Schlehe ist hinsichtlich ihrer Merkmalsausprägung eine äußerst variable Art, so dass eine systematische Gliederung auf Schwierigkeiten stößt. Hildemar Scholz und Ilse Scholz unterscheiden mit Bezug auf Vitkoskij zwei Unterarten. Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal wird in der Behaarung des Fruchtstiels und des Fruchtbechers gesehen.[2]
- Prunus spinosa subsp. spinosa, Gewöhnliche Schlehe. Synonyme Bezeichnungen sind Prunus spinosa var. vulgaris Ser. ex DC. (1825) und Prunus spinosa var. typica C. Schneider (1906). Die gewöhnliche Schlehe wächst buschig. Ihre Zweige bilden Dornen sowie eine mäßige Behaarung aus. Die jungen Blätter sind behaart, später verkahlen sie. Die Fruchtstiele und Fruchtbecher sind unbehaart. Ihre Vorkommen sind weit verbreitet. In Südmähren existiert eine Varietät (var. dulcescens Domin), die kleine, süße Früchte hervorbringt.
- Prunus spinosa subsp. dasyphylla (Schur) Domin (1945), Filzige Schlehe. Als Basionym gilt Prunus spinosa var. dasyphylla Schur (1866). Die Filzige Schlehe wächst als dorniger Strauch oder kleiner Baum. Ihre Zweige weisen eine Behaarung auf. Die Blätter entwickeln zumindest an der Unterseite eine dauerhafte Behaarung. Fruchtstiel und Fruchtbecher sind behaart. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Süd- und Südwesteuropa über Nordwestafrika, die Türkei, den Kaukasus bis in den Nordwestiran. Im pannonischen Gebiet markiert Südmähren die Verbreitungsgrenze.
- Die systematische Einordnung der Haber- oder Haferschlehe, auch Krieche,[15] Große Schlehe oder Süße Schlehe genannt, wird unterschiedlich vorgenommen. Zum einen wurde sie von Karel Domin und Werneck als Prunus spinosa subsp. fruticans (Weihe) Nyman (1878) oder Prunus spinosa var. macrocarpa als Abkömmling einer alten Kultursippe, die Prunus spinosa nahesteht, gedeutet und deshalb als Varietät oder Unterart von Prunus spinosa gewertet, zum anderen interpretiert Mang sie unter der Bezeichnung Prunus x fruticans Weihe als Bastard zwischen Prunus domestica subsp. insititia (der Kriechen-Pflaume oder Pflaumenschlehe) und Prunus spinosa. Die Sippe ist schwierig von der echten Schlehe zu unterscheiden.
Die Haferschlehe wächst als zwei bis drei Meter hoher baumartiger Strauch. Eine Dornenbildung ist nur vereinzelt an älteren Zweigen zu finden. Die meist behaarten Blätter sind mit einer Breite von zwei bis drei Zentimetern und einer Länge von etwa fünf Zentimetern etwas breiter als bei der Schlehe. Laub- und Blütenaustrieb erfolgen gleichzeitig. Die Blüten stehen einzeln oder zu zweit und verteilen sich locker über die Zweige. Die kugelige Frucht misst circa 12 bis 25 Millimeter im Durchmesser, ist schwarz- bis blaugrau gefärbt und enthält einen fast kugeligen und glatten Steinkern. Der Geschmack des Fruchtfleischs wird als schwach herbsauer angegeben. Die Haferschlehe ist im Gebiet zerstreut verbreitet. Es ist unklar, ob es sich dabei um Verwilderungen handelt, da sie als Obstgehölz und Pfropfunterlage verwendet wird.[2] [16]
Nutzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Steinzeit bis Mittelalter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Zahlreiche Funde von Schlehenkernen in neolithischen Feuchtbodensiedlungen zeigen, dass der Schlehdorn spätestens während der Jungsteinzeit in Mitteleuropa eingebürgert ist. Im Pfahlbaudorf Sipplingen am Bodensee gibt es dendrochronologisch auf 3300 v. Chr. datierte durchlochte Schlehenkerne, die offenbar als Schmuckkette getragen wurden.[17] Auch Pflanzenreste in Kugelamphoren-Keramik oder Abdrücke der Schlehenkerne an neolithischen Tongefäßen zeugen von der Schlehennutzung in Mitteleuropa seit dieser Zeit.[2]
Im Mittelalter gab es Tinte, die aus färbenden Pflanzenrinden gewonnen wurde, bevorzugt wurde Schlehenrinde verwendet. Dazu wurde die vom Zweig gelöste Rinde in Wasser eingelegt. Nach drei Tagen wurde das Wasser aufgekocht und erneut über die Rinde gegossen. Dieser Vorgang wurde wiederholt, bis die Schlehenrinde vollkommen ausgelaugt und alle Farbpigmente gelöst waren. Danach wurde die Flüssigkeit mit Rotwein versetzt und eingekocht. Die resultierende rotbraune Dornrindentinte war lichtecht und wasserfest und wurde in mittelalterlichen Skriptorien verwendet.[18]
Aus der Schlehenrinde gewonnene rote Farbe wurde außerdem eingesetzt, um die Haltbarkeit von Käse zu verbessern. Schlehenblätter dienten als Tabakersatz. Die Dornen der Schlehe verwendeten Wursthersteller als Sperrhölzchen.[2]
Brauchtum in der Frühen Neuzeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die Schlehe zählte in der Frühen Neuzeit zu den Pflanzen, mit deren Hilfe sich Ernte und Wetter vorhersagen ließen. So wurden die Tage, die zwischen dem Erblühen der Schlehe und dem 23. April – dem Georgitag – lagen, gezählt, um den genauen Erntetermin der Getreideernte um den Jakobitag (25. Juli) zu bestimmen. Ein gehäuftes Auftreten von Schlehen bedeutete einen besonders strengen Winter, so der Volksglaube. Dem dornenreichen Gehölz wurde auch eine starke Schutzwirkung gegen Hexen zugeschrieben. Deshalb wurden Weiden und Höfe oftmals mit Schlehen umpflanzt.
Schlehen oder Schlehenblüten werden gelegentlich in Wappen verwendet. Zahlreiche Legenden befassen sich mit dem frühblühenden, auffällig reinweißen Blütenschmuck der Schlehe. In Posen wird berichtet, dass der Kreuzdorn der Schlehe unterstellte, ihre Zweige für die Dornenkrone Jesu bereitgestellt zu haben. Um die Unschuld der Schlehe zu offenbaren, schüttete Gott des Nachts unzählige weiße Blüten über dem Strauch aus.[19]
Historische Heilkunde
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die Blüten, Rinde und Früchte sollen adstringierend (zusammenziehend), harntreibend, schwach abführend, fiebersenkend, magenstärkend und entzündungshemmend wirken. Ein Blütenaufguss wurde besonders bei Kindern mit Durchfallerkrankungen, bei Blasen- und Nierenproblemen sowie Magenbeschwerden eingesetzt.[20] Schlehenelixier galt als geeignetes Stärkungsmittel nach Infektionskrankheiten.[21] Als besonders wirksam galt Schlehdorn, wenn er etwa zwischen dem 15. August und 15. September (im Frauendreißiger) gesammelt wurde.[22]
Nahrungsmittel und Getränke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die als Schlehen bezeichneten Früchte des Schlehdorns sind häufig ab September reif, werden aber zumeist erst nach dem ersten Frost geerntet. Durch die Frosteinwirkung (Naturfrost oder Tiefkühlkälte) wird ein Teil der bitter schmeckenden und adstringierend wirkenden Gerbstoffe in den Früchten enzymatisch abgebaut.[23] Dabei verringert sich der Gerbstoffgehalt im Fruchtsaft von ca. 10 g/l auf unter 5 g/l.[24] Ein vollständiger Abbau der Gerbstoffe ist hingegen unerwünscht, da sie wesentlich zum Geschmack der Produkte beitragen.
Die derart gereiften Früchte werden beispielsweise zur Herstellung von Fruchtsaft und Obstwein sowie Marmelade und als Zusatz zu Likör (Schlehenlikör bzw. „Sloe Gin", „Schlehenfeuer"), für „Schlehenbrand", „Schlehengeist" oder Pacharán verwendet.[20] Produkte aus Schlehenfrüchten besitzen typischerweise eine natürliche, intensive Rotfärbung.
Schlehenwein ist ein Fruchtwein, der nur auf den Früchten des Schlehdorns basiert.[25] In manchen Gegenden werden die Früchte auch in geringen Mengen dem Apfelwein zugesetzt, wodurch dieser aufgrund der Gerbstoffe in den Schlehenfrüchten einen etwas weinähnlicheren Charakter erhält.[26]
Ingenieurbiologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Ingenieurbiologische Bedeutung erlangt die Schlehe durch ihr weitreichendes Wurzelwerk, ihre Ausbreitungsfreude und Windbeständigkeit. Sie eignet sich deshalb besonders zur Befestigung von Hängen und Böschungen.[27] Auch als Schneeschutzgehölz und Verkehrsbegleitgrün kommt der Schlehe einige Bedeutung zu.[28] Die sparrigen Äste des Schlehdorns werden zur Konzentrierung der Salzsole in Gradierwerken, zum Beispiel in Bad Kissingen, Bad Salzuflen, Bad Orb oder Bad Wilsnack verbaut.[2]
Holz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Das zerstreutporige, leicht glänzende Holz der Schlehe zeichnet sich durch große Härte aus. Es besitzt einen rötlichen Splint und einen braunroten Kern. Es wird zum Schnitzen und zur Herstellung von Peitschenstielen und Spazierstöcken verwendet.[27] [2]
Bilder
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]-
Blühender Schlehdorn, typischerweise am Waldrand
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Blühender Schlehdorn, geschnitten als Formgehölz
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Unreife Früchte im Juni
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Reife Schlehen in großer Zahl
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Angeschnittene reife Früchte mit Kern
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Winterfutter für Drosseln
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- Kurt Harz: Bäume und Sträucher, Blätter, Blüten, Früchte der heimischen Arten. 12. Auflage, illustriert von Hellmut Hoffmann und Marlene Gemke. BLV-Taschenbuch, München 2005, ISBN 3-405-15107-4.
- Marilena Idžojtić: Dendrology. Academic Press, 2019, ISBN 978-0-444-64175-5, S. 511.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- Schlehdorn. auf FloraWeb.de
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Prunus spinosa L. In: Info Flora , dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora.
- Verbreitungskarte weltweit. (Memento vom 23. Februar 2002 im Internet Archive )
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben)
- Blausäure-Glykoside in den Samenkernen der Schlehe (Memento vom 26. November 2024 im Internet Archive ) In: giftpflanzen.com
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- ↑ Duden, das Herkunftswörterbuch. 1. Auflage. Dudenverlag, Mannheim 2014.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m Hildemar Scholz, Ilse Scholz: Prunus. In: H. Scholz (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Band IV, Teil 2B: Spermatophyta: Angiospermae: Dicotyledones 2(3). 2. Auflage. Parey, Berlin/Hamburg 1994, ISBN 3-8263-2533-8, S. 495–500.
- ↑ A. R. Clapham, T. G. Tutin, D. M. Moore: Flora of the British Isles. Third Edition, Cambridge Univ. Press, 1987, ISBN 0-521-30985-9, S. 231.
- ↑ a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 575.
- ↑ Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. Ein botanisch-ökologischer Exkursionsbegleiter zu den wichtigsten Arten. 6., völlig neu bearbeitete Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2005, ISBN 3-494-01397-7, S. 384.
- ↑ Schmetterlingspflanzen. (Memento vom 3. Februar 2004 im Internet Archive ) auf: br-online.de, Bayerischer Rundfunk.
- ↑ BUND Schleswig Holstein (Memento vom 7. Oktober 2007 im Internet Archive ; PDF; 243 kB).
- ↑ Peter Zwetko: Die Rostpilze Österreichs. Supplement und Wirt-Parasit-Verzeichnis zur 2. Auflage des Catalogus Florae Austriae, III. Teil, Heft 1, Uredinales. (PDF; 1,8 MB).
- ↑ Svengunnar Ryman, Ingmar Holmåsen: Pilze. Bernhard Thalacker Verlag, Braunschweig 1992, ISBN 3-87815-043-1.
- ↑ Species Plantarum. Bd. 1, Lars Salvius, Stockholm 1753, S. 475 (online).
- ↑ Vgl. etwa Ute Obhof: Rezeptionszeugnisse des „Gart der Gesundheit" von Johann Wonnecke in der Martinus-Bibliothek in Mainz – ein wegweisender Druck von Peter Schöffer. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018, S. 25–38, hier: S. 34 (Accacia „schlechen safft").
- ↑ Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 133 (Acacia: Acatia A. nostras [...]).
- ↑ Otto Beßler: Prinzipien der Drogenkunde im Mittelalter. Aussage und Inhalt des Circa instans und Mainzer Gart. Mathematisch-naturwissenschaftliche Habilitationsschrift, Halle an der Saale 1959, S. 153.
- ↑ Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 152.
- ↑ Heinrich Marzell, Heinz Paul: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen. Band III, Stuttgart/Wiesbaden 1977, S. 1117 (Nachdruck: Köln 2000).
- ↑ W. Rothmaler: Exkursionsflora von Deutschland. 20. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/Berlin 2011, ISBN 978-3-8274-1606-3, S. 478.
- ↑ Martin Kolb: Kulturwandel oder Kulturbruch? Betrachtungen zum Übergang von der Pfyner zur Horgener Kultur. In: Barbara Fritsch, Margot Maute, Irenäus Matuschik, Johannes Müller, Claus Wolf (Hrsg.): Tradition und Innovation. Prähistorische Archäologie als historische Wissenschaft. Festschrift für Christian Strahm (= Internationale Archäologie – Studia honoraria. Bd. 3). 1998, ISBN 3-89646-383-7, S. 129–141.
- ↑ Heinz Roosen-Runge: Die Tinte des Theophilus. In: Josef A. Schmoll gen. Eisenwerth, Marcell Restle, Herbert Weiermann (Hrsg.): Festschrift Luitpold Dussler. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1972, Seiten 87–112
- ↑ Christliche Vorstellung bei kath. Domradio (Köln), abgerufen am 6. Oktober 2020.
- ↑ a b Info zur Schlehe bei Plants for a Future.
- ↑ Manfred Boksch: Das praktische Buch der Heilpflanzen. BLV-Verlag, ISBN 3-405-14937-1, S. 228 f.
- ↑ Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 133 (zum Einsammeln von Maria Himmelfahrt bis zum Maria Namensfest).
- ↑ Bärbel Schermer: Die große Teubner Küchenpraxis. Gräfe und Unzer, 2008, S. 141.
- ↑ Paul Arauner: Weine und Säfte, Liköre und Schnäpse selbstgemacht. Falken, Niedernhausen 1985, ISBN 3-8068-0702-7.
- ↑ Information zum Schlehenwein (Memento vom 22. Mai 2008 im Internet Archive )
- ↑ Landesverband der Gartenbauvereine: Merkinfo zur Schlehe. (Memento vom 8. Juli 2024 im Internet Archive ) In: gartenbauvereine.org, Bayerischer Landesverband für Gartenbau und Landespflege e. V., abgerufen am 18. Februar 2025.
- ↑ a b G. K. F. Stinglwagner, I. Haseder, R. Erlbeck: Das Kosmos Wald- und Forstlexikon. Kosmos, 2005, ISBN 3-440-10375-7, S. 668.
- ↑ Julius Kühn-Institut: u. a. Eigenschaften der Schlehe (Memento vom 13. Mai 2021 im Internet Archive ; PDF; 58 kB) In: feuerbrand.julius-kuehn.de, abgerufen am 18. Februar 2025.