Rudolf Dittrich (Sänger)
Rudolf Dittrich (* 12. Februar 1903 in Prositz, heute Ortsteil von Stauchitz; † 1990 in Dresden-Bühlau) war ein deutscher Kammersänger.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Der in der Gegend von Riesa in eine Bauernfamilie hineingeborene und mit harter Landarbeit in Coschütz bei Dresden aufgewachsene Rudolf Dittrich soll bereits früh sein musikalisches Talent haben erkennen lassen.[1] 1916, also bereits als 13-Jähriger, trat er auf Geheiß des Vaters in das Lehrerseminar Dresden-Plauen ein.[2] 1923 legte er seine Prüfung erfolgreich ab und fand eine Anstellung im Schuldienst.[2] Die für ihre musikalische Prägung gerühmte Ausbildungsstätte[3] [2] sowie Besuche in der Dresdner Semperoper, vor allem der Aufführungen von Smetanas Verkaufter Braut mit Richard Tauber,[2] verstärkten seine Lust aufs Singen, weshalb er seine Stimme mithilfe des tschechischen Baritons Hans Pokorny perfektionierte.[2] [4] [5] [1] [3]
An Silvester 1928 sang er dem Heldentenor der Staatsoper Dresden, Kurt Taucher (auch: Curt Taucher), vor. Sichtlich beeindruckt arrangierte dieser ein Vorsingen bei Generalmusikdirektor Fritz Busch.[2] Vorbereitet hatte er dafür die Cavatine aus Faust .[6] Busch, der schon im Frack war, weil er gleich traditionell die „Palmsonntags-Neunte"[Anmerkung 1] dirigieren sollte[2] (in der Dittrich später selbst für den Tenorpart zuständig sein würde[7] ), gebot ihm rasch Einhalt, weil ihn die ersten Töne schon überzeugten, er ließ sich seinen Eindruck lediglich noch durch Anstimmen des Hohen C bestätigen.[6]
Mitten in der Spielzeit 1928/29, nämlich im März 1929, griff der Quereinsteiger ins Operngeschehen ein, trotz der erst ab dem 1. April einsetzenden Gehaltszahlung.[4] [2] Aus dem im geschlossenen Klassenzimmer arbeitenden Pädagogen wurde somit über die Zwischenstation des lyrischen Tenors ein Heldentenor auf der weiten Bühne der Staatsoper Dresden, die mit einem Ensemble von Welt-Reputation, bestehend aus Marta Fuchs, Friedrich Plaschke, Ivar Andresen, Kurt Böhme, Paul Schöffler, Max Lorenz, Erna Berger und nun auch Rudolf Dittrich, aufwarten konnte.[4] Er begann mit kleinen Partien wie dem Ersten Gefangenen im Fidelio (1929)[2] und stieß über den Max im Freischütz (1930)[2] [7] und Don José in Carmen [1] zu den großen Partien des jugendlichen Heldenfachs vor.[5] Später bekam er die großen Partien der Wagner-Opern anvertraut, so zur Osterzeit 1932 erstmals Parsifal .[2] Zeitgenössische Opern lagen ihm ebenso am Herzen wie die unvergänglichen Klassiker. Er sang in Maschinist Hopkins , in Münchhausen und 1940 in Heinrich Sutermeisters Romeo und Julia an der Seite von Maria Cebotari und unter der Regie von Karl Böhm.[8] [6] [2] Sein Lieblingsstück blieb trotz allem das Tenorsolo in Beethovens Neunter Sinfonie . Oft gab er es außerhalb Dresdens unter berühmten Dirigenten wie Furtwängler, Knappertsbusch, Clemens Krauss und Willem Mengelberg zum Besten.[5] [1] Eine besondere Adelung erfuhr er bereits im Einstiegsjahr 1929 durch Richard Strauss, der ihn für seine Aufführungen der eigenen Werke Salome und Die ägyptische Helena auserwählt hatte.[5] [2] Gastspiele gab Dittrich in Berlin, Hamburg, Wien, München, Barcelona und Genf, um nur die berühmtesten Opernstädte zu nennen.[5] [1] [2]
In den 1940er Jahren führte die Überdosierung eines Medikamentes zu einer Schädigung der Stimmbänder, infolge derer er langsam Abschied von der Opernbühne nehmen musste.[Anmerkung 2] 1948 sang er nur noch den Narraboth in der Salome -Aufführung in der notdürftigen Kulturscheune Bühlau und den Tamino in der ersten Mozart-Inszenierung im neugeschaffenen Kleinen Haus.[8] Bis dahin belief sich sein Repertoire auf insgesamt 76 Partien.[2] [3] Generalintendant Martin Hellberg setzte den verhinderten Opernstar 1949 als Vortragsmeister, Gesangstrainer und Opernreferenten ein,[4] [5] seine Spezialisierung auf die Nachwuchsförderung ab 1954 verdankt er Generalmusikdirektor Franz Konwitschny und Operndirektor Alfred Eichhorn.[5] Mitte der 1950er Jahre wurde er auch Studienleiter.[Anmerkung 3]
Seine Treue zur Heimatstadt äußerte sich auch darin, dass er statt Berufungen nach Wien oder München zu folgen[6] lieber die Arbeiteroper Sachsenwerk Dresden-Niedersedlitz mitbegründete und ihr als Berater zur Seite stand.[7] [8] [3] [2] Im hohen Alter noch ließ sich der 1967 zum Ehrenmitglied der Dresdner Staatsoper Ernannte[1] keine Premiere entgehen, und wenn er über das bloße Interesse hinaus etwas zu bemängeln oder vorzuschlagen hatte, fand er stets dankbare offene Ohren.[3] [2]
Dankbar für ihre gute Ausbildung waren Theo Adam (sein Schüler von 1946 bis 1949), mit dem ihn anschließend eine Freundschaft verband,[2] Gerhard Stolze,[9] Gisela Schröter,[10] [11] Marianne Fischer-Kupfer,[12] Hajo Müller,[13] Wilfried Krug,[14] [15] Nelly Ailakowa [16] und viele andere. Auch die Stadt Dresden erwies sich kurz nach seinem Tod noch einmal als dankbar, als im Ortsteil Nickern eine Straße nach ihm benannt wurde.[17]
Dittrich fand seine letzte Ruhe auf dem Friedhof Bühlau.
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- ↑ Unter diesem Begriff ist nicht die Palmsonntags-Kantate Himmelskönig, sei willkommen von Bach zu verstehen, sondern Beethovens 9. Sinfonie . Seit Hofkapellmeister Richard Wagner dem damals noch umstrittenen Werk an Palmsonntag 1846 zu einem durchschlagenden Erfolg verhalf, wurde die Wiederholung des Ereignisses zur Dresdner Tradition. Siehe klassik-heute.com und newsropa.de.
- ↑ Der Krankheitsverlauf war wohl progressiv, darauf weisen die vielen verschiedenen Zeitangaben hin. (Genaue Quellenangaben siehe unter Einzelnachweise.) Die Union schrieb am 2. April 1954: 1942 nahm ein tragischer Unglücksfall der Stimme ihre kostbare Eigenart. Die Sächsischen Neuesten Nachrichten am 19. April 1964: Ein Unfall setzte gegen Schluß des letzten Krieges seiner auf der Höhe stehenden Sängerlaufbahn ein plötzliches Ende. Das Sächsische Tageblatt am 11. Februar 1983: Nach 1945 [...] (mußte) durch den Unglücksfall einer medikamentösen Überdosierung [...] diese glanzvolle Karriere frühzeitig abgebrochen werden. Der Morgen am selben Tag: [...] gehörte nach 1945 noch mehrere Jahre zu den Kräften der ersten Stunde, bis seine glanzvolle Karriere durch eine falsche medikamentöse Behandlung zerstört wurde. Und Horst Seeger im Opern-Lexikon (Henschelverlag, Berlin 1978): [...] mußte sich 1950 infolge einer Stimmband-Verätzung zurückziehen [...].
- ↑ Das genaue Jahr wird von derselben Zeitung (Die Union, siehe Einzelnachweise) unterschiedlich angegeben: 1955 bzw. 1957.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- ↑ a b c d e f Gottfried Schmiedel: Dresdner Operngeschichte (14): Rudolf Dittrich – Sänger und Gesangslehrer. In: Sächsische Neueste Nachrichten , [Ende] Dezember 1976.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r Hans Böhm: „Junger Mann, Sie sind engagiert!" – Rudolf Dittrich zum „80.". In: Sächsisches Tageblatt , 11. Februar 1983.
- ↑ a b c d e H[ans] B[öhm]: Ein Gruß zum „80." Dem Dresdner Sänger und Theaterpraktiker Rudolf Dittrich. In: Der Morgen , 11. Februar 1983.
- ↑ a b c d Kammersänger Rudolf Dittrich 25 Jahre bei der Oper. In: Sächsisches Tageblatt, 1. April 1954.
- ↑ a b c d e f g Anonymus: 25jähriges Bühnenjubiläum von Rudolf Dittrich. In: Die Union , 2. April 1954.
- ↑ a b c d H[ans] B[öhm]: In Treue zur Staatsoper. Kammersänger Rudolf Dittrich 30 Jahre Mitglied der Staatstheater. In: Die Union, 2. April 1959.
- ↑ a b c H[ans] B[öhm]: Ein Leben für die Dresdner Oper. Zum 60. Geburtstag von Kammersänger Rudolf Dittrich. In: Die Union, 13. Februar 1963.
- ↑ a b c -dl-: Von Tamino bis Narraboth. Kammersänger Dittrich 35 Jahre an der Staatsoper. In: Sächsische Neueste Nachrichten, 19. April 1964.
- ↑ Zum Tod von Gerhard Stolze
- ↑ Todesfälle/Todestage: Gisela Schröter (Memento des Originals vom 23. Mai 2012 im Internet Archive ) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.der-neue-merker.eu
- ↑ Bayreuther Festspiele, Personen: Gisela Schröter
- ↑ Marianne Fischer-Kupfer bei Operissimo auf der Basis des Großen Sängerlexikons Vorlage:Operissimo/Wartung/Verwendung von Parameter 2
- ↑ Hajo Müller bei Operissimo auf der Basis des Großen Sängerlexikons Vorlage:Operissimo/Wartung/Verwendung von Parameter 2
- ↑ In Memoriam: Wilfried Krug. (Memento des Originals vom 17. Januar 2012 im Internet Archive ) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.der-neue-merker.eu
- ↑ Bayreuther Festspiele, Personen: Wilfried Krug
- ↑ Nelly Ailakowa bei Operissimo auf der Basis des Großen Sängerlexikons Vorlage:Operissimo/Wartung/Verwendung von Parameter 2
- ↑ Straßen und Plätze in Nickern (Memento vom 3. Januar 2023 im Internet Archive )
Personendaten | |
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NAME | Dittrich, Rudolf |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Kammersänger |
GEBURTSDATUM | 12. Februar 1903 |
GEBURTSORT | Prositz (Stauchitz), heute Ortsteil von Stauchitz |
STERBEDATUM | 1990 |
STERBEORT | Dresden |