Royal Philharmonic Society
Die Royal Philharmonic Society (RPS) ist eine britische Konzertgesellschaft für klassische Orchestermusik. Sie wurde 1813 in London unter dem Namen Philharmonic Society of London (auch Philharmonic Society oder London Philharmonic Society genannt) gegründet und ist eine der ältesten Musikgesellschaften dieser Art. Im viktorianischen Zeitalter war sie prägend für die Musikgeschichte.
Ziele waren die Förderung der bestmöglichen Darbietung der Instrumentalmusik, vorrangig durch regelmäßige öffentliche Konzerte in London innerhalb der Konzertsaisons. Sie vergab Kompositionsaufträge und führte die ihr gewidmeten Kompositionen auf, von denen eine Vielzahl nach ihrer Erstaufführung heute zum Weltrepertoire gehören. Vorsitzender ist seit Juli 2010 John Gilhooly.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die Gesellschaft wurde am 24. Januar 1813 von 30 Berufsmusikern unter der Federführung von Charles Neate, Johann Baptist Cramer, Philip Antony Corri und Henry Dance gegründet.[1]
Die Gründungsmitglieder waren: die Komponisten Thomas Attwood, Henry Rowley Bishop, William Horsley, Vincent Novello, William Shield und Samuel Webbe; die Pianisten Ludwig Berger, Johann Baptist Cramer, George Eugène Griffin, Charles Neate und der Pianist und Komponist Muzio Clementi; die Violinisten Benjamin Blake, Franz Cramer, William Dance, Johann Peter Salomon, Giovanni Battista Viotti, Felix Janiewicz; die Streicher R. H. Potter (Viola), William Sherrington (Viola), Charles Jane Ashley (Cello) und die Kontrabassisten Henry Hill und Joseph Moralt; der Flötist Andrew Ashe; die Sänger James Bartleman (Bass), Thomas Simpson Cooke (Bass), William Knyvett sowie Philip Antony Corri, Graeff und die Dirigenten William Ayrton und George Smart.[2] Dazu kamen 25 assoziierte Mitglieder.
Die Musiker entschieden gemeinsam darüber, wer den Mitgliedsstatus erhält, welche Musik aufgeführt wird und wer von ihnen hierfür die musikalische Leitung hat, was auch dazu führte, dass sich mehrere Mitglieder gleichzeitig Direktoren nannten. Dieses Konzept war vorbildhaft z. B. für die 1842 gegründete Philharmonic Symphony Society of New York, die nach den Statuten für ihre eigene Gesellschaft angefragt hatte.[3]
Das erste Konzert fand am 8. März 1813 statt unter der Leitung von Johann Peter Salomon mit Muzio Clementi als Pianist und Nicolas Mori als erste Geige; dargebracht wurden Sinfonien von Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven, dazu kleinere Stücke und Kammermusik von Luigi Cherubini, Antonio Sacchini, Luigi Boccherini und Mozart.[4] Seitdem haben viele herausragende Komponisten und Künstler an den Konzerten mitgewirkt.
1813–1912
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Aufführungsorte des Orchesters der Gesellschaft waren von 1813 bis 1830 die Argyll Rooms (teilweise 1830 durch Feuer zerstört), danach bis 1869 die Hanover Square Rooms (Hanover Square Concert Room) mit 800 Sitzplätzen. 1869 siedelte man in die größere St. James’s Hall um und blieb dort bis 28. Februar 1894. Es folgte von 1894 bis 1941 die Queen’s Hall . Sie wurde 1893 erbaut und galt als Aufführungsstätte mit „perfekter Akustik", der Saal hatte mehrere Balkone und umfasste 2.400 Sitzplätze. Sie wurde 1941 zerbombt.
Seit 1912
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Seit der 100. Konzertsaison 1912 steht sie unter der unmittelbaren Schirmherrschaft des Königshauses und nennt sich fortan Royal Philharmonic Society.
Die Gesellschaft unterhält heute kein eigenes Orchester mehr, auch weil sich durch die neuen großen Orchestergründungen des Thomas Beecham, 1932 das London Philharmonic Orchestra und 1947 Royal Philharmonic Orchestra, die Konzertlandschaft in London verändert hatte. Sie ist ein gemeinnütziger Verein (UK charity No. 213693) und ist offen für Mitglieder, Fördermitglieder und Institutionen. Ihr Schwerpunkt liegt heute bei der Musikförderung.
Eine Vorgängergesellschaft im 18. Jahrhundert
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Christopher Hogwood schreibt 1992 in seiner Händelbiographie, dass Mitglieder der Philharmonic Society im Februar 1732 im Orchester spielten, als die Knaben der Chapelle Royal zusammen mit anderen Chören mehrere Aufführungen der History of Hester (Oratorium Esther) von Georg Friedrich Händel sangen. Erläuternd dazu lautet eine diesbezügliche Notiz in einer Aufführungspartitur, dass sich nur Leute von Stand in dieser Gesellschaft befanden. Danach dürfte es sich um eine Liebhabergesellschaft gehandelt haben.[5]
Dirigenten und Musikdirektoren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Eine Konzertsaison umfasste laut Satzung anfänglich acht Konzerte, deren Programme erhalten sind.[6] Die Besonderheit lag darin, dass für jede Konzertsaison eine Reihe von Musikdirektoren benannt wurde; für die erste Saison 1813 waren dies: William Ayrton (1777–1858), Henry Bishop (1786–1855), Muzio Clementi, Philip Antony Corri (1784–1832), Johann Baptist Cramer (1771–1858), Franz Cramer (1772–1848) und William Dance (1755–1840).[7]
Seit Beginn gab es zahlreiche Musikdirektoren, Dirigenten und Gastdirigenten, für die Zeit von 1813 bis 1845: Luigi Cherubini, Charles Gounod, Ferdinand Hiller, Felix Mendelssohn Bartholdy, Hector Berlioz, Louis Spohr, Carl Maria von Weber.[8]
Erst ab 1845 wurden ordentliche Dirigenten ernannt: zuerst von 1846 bis 1854 Michele Costa, 1855 Richard Wagner, von 1867 bis 1883 William George Cusins, 1884 Frederic Hymen Cowen, von 1885 bis 1887 Arthur Sullivan, von 1888 bis 1892 und von 1900 bis 1908 erneut Cowen, von 1893 bis 1900 Alexander Mackenzie. Ab 1908 folgten u. a. Arthur Nikisch.
Repertoire
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Zur Zeit der Gründung waren Mischkonzerte aus Orchestermusik, Kammermusik, Opernfragmenten und Instrumental- und Gesangssoli üblich mit einem sich daraus ergebenden Virtuosenkult; älteres Repertoire, zum Beispiel die Musik Händels, bevorzugten die ebenfalls in London berühmten Ancient Concerts. Dagegen widmete sich die Philharmonic Society bevorzugt zeitgenössischen Kompositionen der Klassik und Romantik unter der Leitung eines Dirigenten. Von ihren Anfängen an beherrschten die Namen Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven und Luigi Cherubini die Programme, die Bedeutung der Konzerte lag dabei im hohen Niveau der Aufführung. Die Klangqualität führte zum Verdienst, dass die großen Orchesterwerke der Klassiker weithin bekannt wurden. Ab 1830 bildeten sich neue Konzert-Typen heraus, die letztlich zu den Popular Concerts (Pops) und den Promenade Series, den Proms führten, die im gleichen Konzerthaus wie die der Philharmonic Society, der Queen’s Hall, stattfanden.