Moll bildet mit Dur ein Begriffspaar und teilt dessen Benennungs- und Bedeutungsgeschichte. Die Gesamtheit aller Dur- und Molltonarten nennt man auch Dur-Moll-System. Dieses löste im 17. und 18. Jahrhundert das System der Kirchentonarten ab.
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Die bis in die Antike zurückreichende Begriffsgeschichte ist nicht dargestellt (vergl. im Ggs. hierzu den unter Literatur aufgeführten ausführlichen Artikel im HmT).
Im deutschsprachigen Raum und in einigen anderen Ländern wird die durch die Spannung der Stimmbänder oder die Saitenspannung von Musikinstrumenten durch Interozeption oder den Tastsinn sinnlich erfahrbare Qualität unterschiedlicher Terzen durch ihren absolut als „weich" oder „hart" wahrgenommenen Spannungszustand beschrieben. Die im Gegensatz zur Durterz als „weicher" wahrgenommene kleine Terz über dem Grundton wird daher auch Mollterz genannt, was im Deutschen zur Charakterisierung des Tongeschlechts mit kleiner Terz als Moll geführt hat.
Im Gegensatz dazu bezieht sich der Sprachgebrauch anderer Länder oftmals auf die als relativ wahrgenommenen Differenzen der beispielsweise bei gleicher Saitenspannung im Verhältnis zur Durterz geringeren Saitenlänge oder der bei identischen Saitenlängen geringeren Saitenspannung der Mollterz,[1] was sich in der Verwendung von Komparativen zur Benennung des Mollgeschlechts, wie französischmode mineur, englischminor, italienischmodo minore, spanischmodo menor (‚kleiner, geringer‘) niederschlägt. Im asiatischen Kulturraum wird zur Benennung unter anderem die Dimensionierung (chinesisch 小调 xiǎodiào ‚kleine Tonart‘) oder Länge (japanisch 短調 tanchō ‚kurze Tonart‘) von Stimmpfeifen herangezogen.
Trotz der in unterschiedlichen Musikkulturen teilweise unterschiedlichen Perspektiven, die sich auch in der Etymologie der jeweiligen musikalischen Terminologie manifestieren, gibt es darüber hinaus in der Wahrnehmung von Tongeschlechtern und den damit verbundenen Tonarten das durchaus als kulturübergreifend anzusehende Phänomen, ihnen auch in geistigen oder körperlichen Dimensionen Eigenschaften zuzuschreiben, die über die pragmatische Ebene der terminologischen Begriffsunterscheidung weit hinausgehen.
Die Bemühung, die Namen von Dur und Moll auch im Schriftbild zu unterscheiden, hat zahlreiche Schreibvarianten hervorgebracht. Die heute bevorzugte Schreibweise im Deutschen ist C-Dur und c-Moll, jedoch sind auch noch diverse alternative Schreibweisen im Gebrauch.
Bei dem aus dem englischsprachigen Raum stammenden und daher als minor zu lesenden Akkordsymbol„m" (wie beim als „Am" dargestellten A-Moll-Akkord) ist zu beachten, dass dieses sich ganz allgemein auf eine Akkordstruktur mit kleiner Terz bezieht (womit natürlich auch ein Mollakkord gemeint sein kann). Daher findet man für einen aus kleinen Terzen generierten Dreiklang, der aufgrund seiner verminderten Quinte als verminderter Akkord bezeichnet wird, neben dem Kürzel „dim" (diminished ‚vermindert‘) in bestimmten harmonischen Zusammenhängen auch die Schreibweise „m−5" oder „m5♭" (kleine Terz, verminderte Quinte).
Dieser Abschnitt behandelt ein komplexes Thema in einer ohne entsprechende Vorkenntnisse nur schwer nachvollziehbaren Darstellungsweise und bedarf einer grundsätzlichen Überarbeitung:
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Während sich der Durdreiklang (Grundton, große Terz und reine Quinte) aus der Obertonreihe ableiten lässt, sind entsprechende Versuche für den Molldreiklang nicht in gleichem Maße schlüssig, weshalb die Erklärung des Molldreiklangs sich zu einem echten Problem, nämlich dem so genannten „Mollproblem" ausweitete.
Laut Paul Hindemith und vielen anderen entsteht der Mollakkord durch Tiefalteration („Trübung") der großen Durterz, die er durch das Unvermögen des Hörers oder Instrumentalisten, bei gleitenden Tonhöhen (Glissando) zwischen Groß- und Kleinterz zu unterscheiden, legitimiert sah:
„Was ist aber der Molldreiklang wirklich? Ich halte ihn, einer auch nicht mehr ganz neuen Theorie folgend, für eine Trübung des Durdreiklangs. Da es nicht einmal möglich ist, kleine und große Terz einwandfrei gegeneinander abzugrenzen, glaube ich nicht an einen polaren Gegensatz der beiden Akkorde. Sie sind die hohe und tiefe, starke und schwache, helle und dunkle, eindringliche und matte Fassung ein und desselben Klanges."
– Paul Hindemith: Unterweisung im Tonsatz. S. 101.[2]
Bei dieser „Trübungstheorie" wird der Mollakkord allerdings zu einem künstlich erzeugten Variantklang degradiert, der mit seinem Schwingungsverhältnis 4:44/5:6 keine Entsprechung in der Naturtonreihe aufweist. Die kleine Terz 6:5 entsteht dabei durch einen chromatischen Halbtonschritt abwärts (e–es in C-Dur/c-Moll), dem so genannten kleinen Chroma 25:24:
{\displaystyle {\frac {5}{4}}:{\frac {25}{24}}={\frac {6}{5}}} aus diesem ergibt sich auch das Verhältnis {\displaystyle {4}:({5}:{\tfrac {25}{24}}):6=4,円:,4円{\tfrac {4}{5}},円:,6円}
Werden die Intervalle eines Molldreiklangs – unabhängig von der jeweiligen Stimmung – als harmonisch-rein aufgefasst (also Prime 1:1, kleine Terz 6:5 und Quinte 3:2), so ergibt sich – analog zum Durdreiklang 4:5:6 – das Schwingungsverhältnis 10:12:15.
{\displaystyle {\frac {1}{1}}:{\frac {6}{5}}:{\frac {3}{2}}} auf einen Nenner gebracht = {\displaystyle {\frac {10}{10}}:{\frac {12}{10}}:{\frac {15}{10}}={\frac {10:12:15}{10}}\quad \ldots \quad 10,円:,12円,円:,15円}
Damit hat der Mollakkord zwar ebenfalls eine Entsprechung in der Obertonreihe, doch ist diese im Gegensatz zum Durakkord in mehrfacher Hinsicht problematisch:
Zum einen wird dieser Molldreiklang durch dazwischenliegende Teiltöne (11, 13, 14) unterbrochen, wodurch ihm ein komplexeres Schwingungsverhältnis als dem Durdreiklang zukommt, und zum anderen hat diese sog. „monistische" (d. h. aus der Obertonreihe abgeleitete) Deutung des Mollakkordes keinen eindeutigen Grundton, da der „Erzeugerton" der Obertonreihe (hier: C) nicht mit der Prim des Dreiklangs (hier: e2 in e-Moll) übereinstimmt.
Nach der FunktionstheorieHugo Riemanns handelt es sich bei diesem e-Moll-Akkord um einen sog. „Leittonwechselklang", eine „Scheinkonsonanz", die sich aus den zwei benachbarten Durakkorden (C-Dur 8:10:12 und G-Dur 12:15:18) zusammensetzt und damit einem bitonalen Konstrukt gleichkommt.[3]
Dies erschien vielen namhaften Musiktheoretikern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts (etwa Moritz Hauptmann,[4]Arthur von Oettingen,[5] Hugo Riemann[6] und Sigfrid Karg-Elert[7]) dem Mollgeschlecht nicht angemessen, da sich sowohl aus dem komplexeren Schwingungsverhältnis, als auch aus dem doppelten Grundton auf einen dissonanten Klang schließen lässt.
Trotz der unterschiedlichen Lehrmeinungen, wie das „Mollproblem" zu lösen sei, bleibt die Intonation des Mollakkordes selbst bis hierhin unberührt und die Ergebnisse der einen Theorie lassen sich in die der anderen umrechnen, wobei aus (rein) mathematischer Sicht dem einfachsten Zahlenverhältnis der Vorzug gebührt:
„Nun ja -- Daß aber noch heute bei sehr vielen Theoretikern der Mollakk. als ein Durakk.(!) mit alterierter(!!) Terz gilt, ist eher zum Weinen als zum Lachen! Ein Handwerker weiß um sein Material besser Bescheid, als diese Leute, die sich schließlich noch für ‚Musikgelehrte‘ halten ... Der Durakkord ist in S-Auffassung [Schwingungsverhältnis] der Komplex von 1 3 5, resp. in enger Grundstellung 4 : 5 : 6. Der Mollakkord ist in S-Auffassung entweder 4 : 44/5(!) : 6 oder 10 : 12 : 15. Im letzten Falle hätte er keine Prime, auf die sich die 12 (d. i. 6 od. 3) beziehen könnte. Nun ist 4 : 44/5 : 6 gleich 20/(削除) 5 (削除ここまで) : 24/(削除) 5 (削除ここまで) : 30/(削除) 5 (削除ここまで), d.i. gekürzt 10 : 12 : 15, d.i. ferner auf Generalzähler 60 gebracht: {\displaystyle {\tfrac {60\ 60\ 60}{6\ :\ 5\ :\ 4}}} gekürzt {\displaystyle {\overleftarrow {6:5:4}}}!"
– Sigfrid Karg-Elert: Polaristische Klang- und Tonalitätslehre. S. 18
Einige Musiktheoretiker (etwa Otakar Hostinský[8] und Josef Achtélik[9]) versuchten dagegen die Schwächen der „monistischen" Moll-Theorie durch zwar einfachere Zahlenproportionen des Mollakkordes auszugleichen, jedoch kann dies nur auf Kosten der harmonisch-reinen Intonation geschehen. Zur Diskussion stand etwa der Komplex aus 6., 7., und 9. Oberton, der scheinbar einem g-Moll-Dreiklang (g–b–d) entspricht. Hierbei wird allerdings aus der reinen Kleinterz 6:5 die so genannte „septimale Kleinterz" 7:6, die mit ihren 266,87 Cent um einen Viertelton (ca. 48,77 Cent) zu klein erscheint. Ein solcher Dreiklang 6:7:9 kann bestenfalls als Teil des Septnonenakkordes 4:5:6:7:9, also eines dissonanten(!), dominantischen(!) Dur(!)-Akkords aufgefasst werden, zudem ergäbe sich als dessen Durparallele (b–d–f) das (unbrauchbare) Schwingungsverhältnis 7:9:101⁄2 = 14:18:21 Hörbeispieli/?.
Noch problematischer ist der 11. Oberton, das sog. „Alphorn-fa". Dieses liegt nun mit 551,318 Cent (für das Intervall 11:8) fast exakt zwischen den Tonstufen f (temperiert 500 Cent) und fis (600 Cent), und liefert damit „neutrale Terzen" 11:9 (weder Dur noch Moll). Ein solcher neutraler Klang ergibt sich aus dem Schwingungsverhältnis 9:11:131⁄2 = 18:22:27 (d–f/fis–a); beim 9., 11., und 15. Oberton (d–f/fis–h), einer Umkehrung des h-Moll-Akkordes, führt er dagegen zu einer verstimmten Wolfsquinte 22:15 (ca. 663 Cent) Hörbeispieli/?.
Die Deutung des Mollakkordes als „Unterklang" mit dem Schwingungsverhältnis {\displaystyle {\tfrac {1}{4\ :\ 5\ :\ 6}}} (für Quinte:Terz:Prime, also in umgekehrter Reihenfolge!) – jener von Hindemith verworfene „polare Gegensatz" – bringt ebenfalls erhebliche Probleme mit sich. Nach dieser Lehre (dem so genannten „harmonischen Dualismus"), der zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahezu ein allgemeingültiger Konsens der Musikwissenschaft war, ist der Bezugston eines Molldreiklangs nicht dessen Prime, sondern seine Quinte, ohne allerdings die entsprechenden Konsequenzen für den musikalischen Satz zu bedenken bzw. zu fordern (etwa die Verdopplung der Quinte statt der gängigen Prime). Ferner wird dem objektiv verifizierbaren physikalischen Phänomen der Obertonreihe eine hypothetische, mathematisch konstruierte, reziprokeUntertonreihe als gleichwertig gegenübergestellt:[10]Moll und Dur in der Untertonreihei/?
Aus diesem resultiert der Mollakkord als intervallgetreue, spiegelsymmetrischeUmkehrung des Durdreiklangs, wobei sich die Durterz – mathematisch betrachtet – als arithmetisches Mittel von Prime a=1:1 und Quinte b=3:2 und umgekehrt die Mollterz als deren harmonisches Mittel erschließt; eine Betrachtungsweise, die bereits Gioseffo Zarlino in „Le Istituzioni harmoniche" (1558) in ähnlicher Weise beschrieben hat:[11]
Zwar stellt der „harmonische Dualismus" damit die angestrebte Gleichberechtigung von Dur und Moll her, doch erschien vielen Kritikern diese Herleitung (insbesondere die Bezeichnung v. Oettingens, Riemanns und Karg-Elerts eines c-Moll-Dreiklangs als „Unter-g" – mit der Chiffre °g, im Gegensatz zu c+ für C-Dur) nicht nur unnötig kompliziert:
„Aber so gelehrt bin ich schon lange nicht mehr angehaucht gewesen, dass ich mich für den Dualismus und die Bezeichnung des Moll-Akkordes entscheiden sollte."
– Max Reger: Brief vom 13. November 1900 an Johannes Schreyer[12]
Dies war vielmehr auch praxisfern und mit den Ergebnissen der Musikpsychologie unvereinbar.
Das „Mollproblem" bleibt damit zwar eines der ungelösten Schismen der Musiktheorie, doch hat es in der musikalischen Praxis kaum eine Bedeutung. Allerdings mag das Nebeneinander der drei verschiedenen Molltonleitern und die künstlich erhöhte Picardische Terz am Ende eines Musikstücks in der weniger stark ausgeprägten Grundton-Empfindung der Mollharmonik seinen Ursprung haben. Insbesondere die Komponisten der Romantik und Spätromantik, also eben die Komponisten jener Zeit, in der das Moll zu einem „Problem" stilisiert wurde, sahen in der latenten Ambivalenz des Mollgeschlechts keinen Nach-, sondern im Gegenteil einen Vorteil. Die heute übliche Harmonielehre (etwa die Hermann Grabners[13] oder Wilhelm Malers[14]) kommt ihnen insofern entgegen, als dass sie sich des spekulativen Überbaus der Riemannschen Funktionstheorie sukzessive entledigte und sich mehr und mehr an den Verhältnissen der temperierten Stimmung orientiert.
In der musikalische Praxis erlaubten und erforderten Molltonarten von jeher eine Reihe harmonisch oder melodisch bedingter Tonhöhenoptionen, die sich nachträglich – und teilweise völlig losgelöst vom musikalischen Denken der historischen oder auch aktuellen Musikpraxis – seitens der zumeist um strenge Systematisierung bemühten, dadurch aber oftmals ahistorisch ausgerichteten Musikwissenschaft in der Konstruktion unterschiedlich strukturierter und unterschiedlich benannter Modelle mit skalarer Darstellungsweise niedergeschlagen haben.
Diese im Verlauf des 19. Jahrhunderts sowohl in die Allgemeine Musiklehre[15] und die Lehrinhalte der Musikpädagogik[16] als auch in den Tonleiterbestand der rezenten Akkord-Skalen-Theorie eingeflossen Modelle, die eine in der Realität der musikalischen Praxis vielgestaltige Handhabung des Tonmaterials in Moll in Form einiger weniger Tonleitern darzustellen versuchen, sind seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts insbesondere seitens der auch an Musikhochschulen zunehmend an Einfluss gewinnenden historisch informierten Tonsatzlehre zunehmend in die Kritik geraten:
„Unsinnig ist die Aufteilung der Elementarlehre in drei Arten Moll, in drei Molltonleitern. Da sie aber noch allgemein gelehrt wird, sollte man zwar keinen Gebrauch von ihr machen, sie aber kennen."
– Diether de la Motte: Harmonielehre. Bärenreiter-Verlag, Kassel 1976, ISBN 3-7618-0540-3.[17]
Diese Molltonleitern und einige der von ihnen ableitbaren Varianten werden nachfolgend dargestellt.
Die natürliche Molltonleiter oder reine Molltonleiter des „reinen" bzw. „äolischen Molls" oder „Naturmolls" ist eine heptatonische Tonleiter mit Halbtonschritten zwischen der zweiten und dritten sowie der fünften und sechsten Stufe und Ganztonschritten zwischen den übrigen.
Die natürliche a-Moll-Tonleiter besteht ausschließlich aus Stammtönen: A, H, C, D, E, F, G, A.