Luzern (Tolstoi)

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Die Kurzgeschichte Luzern des russischen Autors Lew Nikolajewitsch Tolstoi erschien 1857 und beschreibt die Aufzeichnungen des fiktiven Fürsten D. Nechljudow. Der Name Dmitrij Ivanović Nechljudow ist Tolstois Lesern vertraut, weil er in anderen Werken vorkommt, wie Kindheit, Knabenjahre, Jünglingsjahre , Der Morgen eines Gutsbesitzers , und Auferstehung ; offensichtlich steht in Luzern Nechljudow für Tolstoi selbst.

Darin stellt Tolstoi einerseits positiv die schöne Landschaft um Luzern, andererseits negativ den wachsenden Tourismus der arroganten Engländer und die Abneigung der Einheimischen gegenüber einem Bettler dar.

Das Erlebte wühlte ihn derart auf, dass er sich noch mitten in der Nacht in seinem Zimmer im Hotel Schweizerhof an den Schreibtisch setzte und die Ereignisse als sozialkritischen Reisebericht niederschrieb.[1]

Luzern im Jahre 1857: Der Fürst D. Nechljudow verbringt vom 7. auf den 8. Juli im Hotel Schweizerhof eine Nacht. Für sich übt er leichte Kritik an dem im Jahre 1852 aufgeschütteten Schweizerhofquai, genießt jedoch die wunderschöne Landschaft mit dem Vierwaldstättersee sowie den Bergen, insbesondere der Rigi, deren Gipfel eine der herrlichsten Aussichten der Welt biete. Nach dem Abendessen verlässt er schlecht gelaunt das Hotel, da ihn die wortkargen Engländer in eine traurige Stimmung versetzt haben.

Nach einem unbefriedigenden Spaziergang in den Gassen von Luzern kehrt er ins Hotel zurück. Als er sich dem Hotel nähert, hört er eine reizvolle Musik. Ein schwarzgekleidetes Männchen spielt auf einer Gitarre und singt dazu. Die Herrschaften im Hotel kommen auf die Balkone heraus und die Passanten bleiben stehen, um der schönen Musik zu lauschen. Nach deren Schluss bringt es jedoch keiner der Anwesenden zustande, dem armen Bettler etwas zu geben. Dieser entfernt sich darauf. Fürst D. Nechljudow eilt ihm nach kurzem Überlegen nach, um ihm im Hotel eine Runde zu spendieren.

Im Hotel darf der Fürst zusammen mit dem Bettler jedoch nicht den feinen Speisesaal betreten, sondern muss gegenüber in der Schankstube Platz nehmen. Auch dort werden die beiden vom Personal, von den Touristen auf dem Flur und von den anderen Einheimischen ruppig behandelt. Der Fürst bestellt daher absichtlich den besten Champagner und hört sich ausführlich die Geschichte des Männchens an. Zum Schluss der Geschichte übt der Fürst für sich Kritik am sogenannten liberalen Europa und an den neuen republikanischen Gesetzen der Schweiz. Es ist ihm nicht klar, warum Menschen noch immer so schlecht behandelt werden, als hätten sie einen niedrigeren Stand.

Deutschsprachige Ausgaben

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  • Luzern (Erzählung); aus dem Russischen von Alexander Eliasberg; Lunata, Berlin 2020; ISBN 978-3-7529-9554-1.
  • Luzern. Deutsch von Alexander Eliasberg. S. 230–261 in: Gisela Drohla (Hrsg.): Leo N. Tolstoj. Sämtliche Erzählungen. Zweiter Band. Insel, Frankfurt am Main 1961 (2. Aufl. der Ausgabe in acht Bänden 1982).

Einzelnachweise

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  1. HOTEL SCHWEIZERHOF LUZERN: Leo Tolstoi – DIESES WASSER, DIESE BERGE, DIESER HIMMEL... Abgerufen am 15. März 2023. 
Werke von Lew Tolstoi

Romane: Krieg und Frieden | Krieg und Frieden (Urfassung) | Anna Karenina | Auferstehung

Novellen: Die Kosaken | Wieviel Erde braucht der Mensch? | Der Tod des Iwan Iljitsch | Die Kreutzersonate | Der Teufel | Der gefälschte Coupon | Hadschi Murat | Familienglück

Autobiografie: Kindheit | Knabenjahre | Jünglingsjahre

Philosophische Schriften: Kritik der dogmatischen Religion | Meine Beichte | Worin mein Glaube besteht | Das Himmelreich in euch | Was ist Kunst? | Gegen die moderne Kunst | Über Erziehung und Bildung | Wovon die Menschen leben

Dramen: Die Macht der Finsternis | Der lebende Leichnam | Und das Licht scheinet in der Finsternis (unvollendet)

Erzählungen und Kurzgeschichten: Der Überfall | Der Holzschlag | Sewastopol-Zyklus | Der Schneesturm | Der Morgen eines Gutsbesitzers | Zwei Husaren | Der Degradierte | Luzern | Albert | Drei Tode | Polikuschka | Eine Idylle | Der Gefangene im Kaukasus | Jermak und die Eroberung Sibiriens | Gott sieht die Wahrheit, sagt sie aber nicht sogleich | Die Bärenjagd | Meine Hunde | Der Leinwandmesser | Die beiden Alten | Wo die Liebe ist, da ist auch Gott | Kinderweisheit und Männertorheit | Lass den Funken nicht zur Flamme werden | Die Kerze | Die drei Greise | Der reuige Sünder | Iwan der Narr | Das eigroße Korn | Der erste Branntweinbrenner | Iljas | Der Feind ist zähe, aber Gott ist stark | Die beiden Brüder und das Gold | Der Knecht Jemeljan und die leere Trommel | Der Taufsohn | Volkserzählungen | Russische Bauern | Das Leben | Grausame Vergnügungen | Der Traum des jungen Zaren | Herr und Knecht | Vater Sergej | Krieg und Revolution | Für alle Tage | Das große Verbrechen | Nach dem Ball | König Assarhaddon | Aljoscha der Topf | Die postumen Aufzeichnungen des Starez Fjodor Kusmitsch | Das Göttliche und das Menschliche | Kornej Wasiljew | Drei Fragen | Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen | Macht des Kindes | Der Fremde und der Bauer | Lieder im Dorf | Wer sind die Mörder? | Der Mönchspriester Iliodor | Dankbarer Boden | Allen das Gleiche | Chodynka | Drei Tage auf dem Lande | Wofür? | Was ich im Traume sah | Vater Wassili

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