Klassifizierender Raum von O(n)
Der klassifizierende Raum {\displaystyle \operatorname {BO} (n)} der {\displaystyle n}-ten orthogonalen Lie-Gruppe {\displaystyle \operatorname {O} (n)} klassifiziert {\displaystyle \operatorname {O} (n)}-Prinzipalbündel (auch {\displaystyle \operatorname {O} (n)}-Hauptfaserbündel genannt). Das bedeutet, dass ein {\displaystyle \operatorname {O} (n)}-Prinzipalbündel über einem parakompakten topologischen Raum eineindeutig einer Homotopieklasse einer stetigen Abbildung von diesem nach {\displaystyle \operatorname {BO} (n)} entspricht. {\displaystyle \operatorname {BO} (n)} ist selbst der Basisraum (eng. base space) eines {\displaystyle \operatorname {O} (n)}-Prinzipalbündels, woraus sich die Notation ergibt.
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Es gibt eine kanonische Inklusion von reellen Grassmann-Mannigfaltigkeiten gegeben durch {\displaystyle \operatorname {Gr} _{n}(\mathbb {R} ^{k})\hookrightarrow \operatorname {Gr} _{n}(\mathbb {R} ^{k+1}),V\mapsto V\times \{0\}}. Deren direkter Limes ist:[1]
- {\displaystyle \operatorname {BO} (n):=\operatorname {Gr} _{n}(\mathbb {R} ^{\infty }):=\lim _{n\rightarrow \infty }\operatorname {Gr} _{n}(\mathbb {R} ^{k}).}
Da reelle orientierte Graßmann-Mannigfaltigkeiten sich als homogene Räume ausdrücken lassen durch:
- {\displaystyle \operatorname {Gr} _{n}(\mathbb {R} ^{k})=\operatorname {O} (n+k)/(\operatorname {O} (n)\times \operatorname {O} (k))}
überträgt sich die Gruppenstruktur auf {\displaystyle \operatorname {BO} (n)}.
Grundlegender Zusammenhang
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Zur Erklärung des obigen Zusammenhangs ist ein weiterer Raum notwendig: Der totale Raum {\displaystyle \operatorname {EO} (n)} der {\displaystyle n}-ten orthogonalen Lie-Gruppe {\displaystyle \operatorname {O} (n)} ist schwach zusammenziehbar [2] und verfügt über eine Gruppenwirkung von {\displaystyle \operatorname {O} (n)}, wobei der Orbitraum {\displaystyle \operatorname {EO} (n)/\operatorname {O} (n)} genau {\displaystyle \operatorname {BO} (n)} ist. Durch Projektion auf Äquivalenzklassen gibt es daher das spezielle {\displaystyle \operatorname {O} (n)}-Prinzipalbündel {\displaystyle \operatorname {EO} (n)\rightarrow \operatorname {BO} (n),x\mapsto [x]} mit Faser {\displaystyle \operatorname {O} (n)}, welches universelles {\displaystyle \operatorname {O} (n)}-Hauptfaserbündel genannt wird. Jedes {\displaystyle \operatorname {O} (n)}-Hauptfaserbündel auf einem parakompakten topologischen Raum {\displaystyle X} lässt sich nun durch Rückzug von diesem entlang einer stetigen Abbildung {\displaystyle X\rightarrow \operatorname {BO} (n)} erhalten, wobei homotope Abbildungen das gleiche {\displaystyle \operatorname {O} (n)}-Prinzipalbündel erzeugen. Dadurch existiert eine Bijektion:[3] [4] [5]
- {\displaystyle \operatorname {Bund} _{\operatorname {O} (n)}(X):=\left\{\operatorname {O} (n){\text{-Prinzipalbündel über }}X\right\}/\sim _{\mathrm {iso} }\cong [X,\operatorname {BO} (n)].}
Kleinster klassifizierender Raum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Es ist {\displaystyle \operatorname {O} (1)=\mathbb {Z} _{2}}, wobei {\displaystyle \operatorname {BO} (1)=\mathbb {R} P^{\infty }=\lim _{n\rightarrow \infty }\mathbb {R} P^{n}} der unendliche reelle projektive Raum ist und {\displaystyle \operatorname {EO} (1)=S^{\infty }=\lim _{n\rightarrow \infty }S^{n}} die {\displaystyle \infty }-Sphäre ist. Beide entstehen jeweils als direkter/induktiver Limes der kanonischen Inklusionen {\displaystyle \mathbb {R} P^{n}\hookrightarrow \mathbb {R} P^{n+1}} beziehungsweise {\displaystyle S^{n}\hookrightarrow S^{n+1}}. Erstaunlicherweise ist die {\displaystyle \infty }-Sphäre {\displaystyle S^{\infty }} wie oben erwähnt tatsächlich schwach zusammenziehbar und sogar zusammenziehbar,[6] obwohl keine der Sphären {\displaystyle S^{n}} (schwach) zusammenziehbar ist.
Kohomologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Für den Kohomologiering von {\displaystyle \operatorname {BO} (n)} gilt:[7] [8] [9]
- {\displaystyle H^{*}(\operatorname {BO} (n);\mathbb {Z} _{2})=\mathbb {Z} _{2}[w_{1},\ldots ,w_{n}].}
Unendlicher klassifizierender Raum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die kanonische Inklusionen {\displaystyle \operatorname {O} (n)\hookrightarrow \operatorname {O} (n+1)} induzieren kanonische Inklusionen {\displaystyle \operatorname {BO} (n)\hookrightarrow \operatorname {BO} (n+1)} auf ihren jeweiligen klassifizierenden Räumen. Die direkten Limiten dieser beiden Ketten an Inklusionen werden jeweils als:
- {\displaystyle \operatorname {O} :=\lim _{n\rightarrow \infty }\operatorname {O} (n)}
- {\displaystyle \operatorname {BO} :=\lim _{n\rightarrow \infty }\operatorname {BO} (n)}
bezeichnet. {\displaystyle \operatorname {BO} } ist dabei tatsächlich der klassifizierende Raum von {\displaystyle \operatorname {O} }.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- Klassifizierende Räume
- Klassifizierender Raum von U(n)
- Klassifizierender Raum von SO(n)
- Klassifizierender Raum von SU(n)
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- John Milnor, James Stasheff: Characteristic classes. Princeton University Press, 1974, ISBN 978-0-691-08122-9, doi:10.1515/9781400881826 (englisch, ed.ac.uk [PDF]).
- Allen Hatcher: Algebraic topology. Cambridge University Press, Cambridge 2002, ISBN 0-521-79160-X (englisch, cornell.edu).
- Stephen Mitchell: Universal principal bundles and classifying spaces. August 2001 (englisch, mit.edu [PDF]).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- classifying space auf nLab (englisch)
- BO(n) auf nLab (englisch)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- ↑ Mitchell 01, Seite 14
- ↑ Krl. 2.13. Abgerufen am 13. Juni 2023 (englisch).
- ↑ Allen Hatcher: Vector Bundles and K-theory. S. 29, Thrm. 1.16 (cornell.edu [PDF]).
- ↑ Prop. 2.16. Abgerufen am 13. Juni 2023 (englisch).
- ↑ stable unitary group. Abgerufen am 19. Februar 2024 (englisch).
- ↑ Hatcher 02, Aufgabe 16 auf Seite 19 (ohne Beweis)
- ↑ Milnor & Stasheff, Theorem 7.1 auf Seite 83
- ↑ Hatcher 02, Theorem 4D.4.
- ↑ Stiefel-Whitney class. Abgerufen am 18. Februar 2024 (englisch).
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