Euler-Rodrigues-Formel
In der Mathematik und Mechanik dient die Euler-Rodrigues Formel nach Leonhard Euler und Olinde Rodrigues der Beschreibung einer Drehung in drei Dimensionen. Mit vier Euler-Parametern {\displaystyle a,b,c,d}, für die {\displaystyle a^{2}+b^{2}+c^{2}+d^{2}=1} gilt, definiert
- {\displaystyle Q:={\begin{pmatrix}a^{2}+b^{2}-c^{2}-d^{2}&2(bc-ad)&2(bd+ac)\2円(bc+ad)&a^{2}+c^{2}-b^{2}-d^{2}&2(cd-ab)\2円(bd-ac)&2(cd+ab)&a^{2}+d^{2}-b^{2}-c^{2}\end{pmatrix}}}
eine Drehmatrix. Diese Formel basiert auf der Rodrigues-Formel, benutzt aber eine andere Parametrisierung.
Benutzt wird die Formel in Flugsimulatoren und Computerspielen.
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Symmetrie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die Parameter ( {\displaystyle a,b,c,d} ) und ( {\displaystyle -a,-b,-c,-d} ) beschreiben dieselbe Rotation, was daran liegt, dass sie in der Q-Matrix immer paarweise miteinander multipliziert werden und so die Minus-Zeichen neutralisiert werden. Von dieser Symmetrie abgesehen, definieren vier Parameter die Drehmatrix in eindeutiger Weise.
Vektorformulierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Aus den Parametern {\displaystyle b,c,d} kann ein Vektor {\displaystyle {\vec {\varphi }}=(b,c,d)^{\top }} gebildet werden. Darin bezeichnet das hochgestellte {\displaystyle \top } die transponierte Matrix, sodass {\displaystyle {\vec {\varphi }}} ein Spaltenvektor ist. Dann gilt für alle {\displaystyle {\vec {x}}}:
- {\displaystyle Q{\vec {x}}={\vec {x}}+2a{\vec {\varphi }}\times {\vec {x}}+2{\vec {\varphi }}\times ({\vec {\varphi }}\times {\vec {x}}).}
So motiviert sich die Bezeichnung für {\displaystyle a} als skalarer Parameter und {\displaystyle b,c,d} als Vektorparameter. Mit der Kreuzproduktmatrix
- {\displaystyle [{\vec {\varphi }}]_{\times }={\begin{pmatrix}0&-d&c\\d&0&-b\\-c&b&0\end{pmatrix}}}
zeigt sich
- {\displaystyle Q=E_{3}+2a[{\vec {\varphi }}]_{\times }+2[{\vec {\varphi }}]_{\times }[{\vec {\varphi }}]_{\times }=(2a^{2}-1)E_{3}+2a[{\vec {\varphi }}]_{\times }+2{\vec {\varphi }}{\vec {\varphi }}^{\top }}
Darin ist {\displaystyle E_{3}} die Einheitsmatrix. Diese entsteht bei {\displaystyle {\vec {\varphi }}={\vec {0}}} mit den Euler-Parametern {\displaystyle (a,b,c,d)=(\pm 1,0,0,0)}. Bei 180°-Drehungen ist {\displaystyle a=0} und {\displaystyle |{\vec {\varphi }}|=1}.
Drehwinkel und Drehachse
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Jede Drehung in drei Dimensionen ist eindeutig bestimmt durch einen Drehwinkel {\displaystyle \phi } und eine Drehachse, die durch einen Einheitsvektor {\displaystyle {\vec {e}}=(e_{x},e_{y},e_{z})^{\top }} mit {\displaystyle e_{x}^{2}+e_{y}^{2}+e_{z}^{2}=1} definiert wird. Dann lauten die Euler-Parameter der Drehung:
- {\displaystyle a=\cos(\phi /2)}
- {\displaystyle b=\sin(\phi /2)e_{x}}
- {\displaystyle c=\sin(\phi /2)e_{y}}
- {\displaystyle d=\sin(\phi /2)e_{z}}
Wenn {\displaystyle \phi } um eine volle 360°-Drehung zunimmt, entstehen die Euler-Parameter {\displaystyle (-a,-b,-c,-d)}, die – wie oben bereits bemerkt – dieselbe Drehung repräsentieren.
Der Vektorparameter lautet hier also {\displaystyle {\vec {\varphi }}=\sin(\varphi /2){\hat {e}}}. Mit diesen Parametern und den Doppelwinkelfunktionen entsteht die Rodrigues-Formel für die Drehmatrix:
- {\displaystyle Q=E_{3}+\sin(\varphi )[{\hat {e}}]_{\times }+(1-\cos \phi )[{\hat {e}}]_{\times }[{\hat {e}}]_{\times }}
Parameter einer Drehmatrix
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Ist die Drehmatrix {\displaystyle Q} gegeben und sind die Euler-Parameter gesucht, dann werden sie wie folgt gewonnen[1] . Hat {\displaystyle Q} nur positive Diagonalelemente, dann ist
- {\displaystyle \operatorname {Sp} (Q)=3a^{2}-b^{2}-c^{2}-d^{2}=4a^{2}-1\quad \rightarrow \quad a=\pm {\frac {1}{2}}{\sqrt {\operatorname {Sp} (Q)+1}}}
Die restlichen Parameter entstehen aus
- {\displaystyle q_{i}={\frac {Q_{kj}-Q_{jk}}{4a}}}
mit
i 1 2 3 qi b c d j 2 3 1 k 3 1 2
Sind teilweise negative Diagonalelemente vorhanden, dann sei {\displaystyle Q_{ii}} das größte Diagonalelement und
- {\displaystyle q_{i}={\frac {1}{2}}{\sqrt {1+2Q_{ii}-\operatorname {Sp} (Q)}}}
Mit diesem Wert und {\displaystyle j,k} aus obiger Tabelle ermittelt sich
- {\displaystyle a=\pm {\frac {Q_{kj}-Q_{jk}}{4q_{i}}},\quad q_{j}={\frac {Q_{ji}+Q_{ij}}{4q_{i}}},\quad q_{k}={\frac {Q_{ki}+Q_{ik}}{4q_{i}}}}
Berechnung der Drehmatrix einmal mit {\displaystyle a} und einmal mit {\displaystyle -a} und Vergleich mit der gegebenen Drehmatrix liefert schließlich das Vorzeichen von {\displaystyle a}.
Verknüpfung zweier Rotationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die Verknüpfung zweier Rotationen ergibt wieder eine Rotation. Aus Euler-Parametern {\displaystyle a_{1},b_{1},c_{1},d_{1}} für die erste Drehung {\displaystyle Q_{1}} und {\displaystyle a_{2},b_{2},c_{2},d_{2}} für die zweite Drehung {\displaystyle Q_{2}} ergibt sich die kombinierte Drehung {\displaystyle Q_{2}Q_{1}} aus erster Drehung und anschließender zweiter Drehung aus den Euler-Parametern
- {\displaystyle a=a_{1}a_{2}-b_{1}b_{2}-c_{1}c_{2}-d_{1}d_{2}}
- {\displaystyle b=a_{1}b_{2}+b_{1}a_{2}-c_{1}d_{2}+d_{1}c_{2}}
- {\displaystyle c=a_{1}c_{2}+c_{1}a_{2}-d_{1}b_{2}+b_{1}d_{2}}
- {\displaystyle d=a_{1}d_{2}+d_{1}a_{2}-b_{1}c_{2}+c_{1}b_{2}}.
Auch hier gilt wieder {\displaystyle a^{2}+b^{2}+c^{2}+d^{2}=1}, was durch Einsetzen bestätigt werden kann. Letztere Identität hat über
- {\displaystyle a^{2}+b^{2}+c^{2}+d^{2}=1=(a_{1}^{2}+b_{1}^{2}+c_{1}^{2}+d_{1}^{2})(a_{2}^{2}+b_{2}^{2}+c_{2}^{2}+d_{2}^{2})}
einen direkten Bezug zum Euler’schen Vier-Quadrate-Satz und den Quaternionen.
Verbindung mit anderen Konstrukten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Quaternionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die Euler-Parameter können als Komponenten einer Einheitsquaternion angesehen werden. Der Parameter {\displaystyle a} ist ihr reeller Anteil und {\displaystyle b,c,d} ihr imaginärer. Mit den Einheitsquaternionen {\displaystyle q_{1,2}=a_{1,2}+ib_{1,2}+jc_{1,2}+kd_{1,2}}, die aus den Euler-Parametern zweier Drehungen {\displaystyle Q_{1,2}} bestehen, können die Euler-Parameter der kombinierten Drehung {\displaystyle Q_{2}Q_{1}} elegant mit dem Produkt der Quaternionen berechnet werden:
- {\displaystyle a+ib+jc+kd=q_{1}q_{2}}
Hier sind {\displaystyle i,j} und {\displaystyle k} die komplex-imaginären Einheiten, die sich mit den Hamilton-Regeln {\displaystyle i^{2}=j^{2}=k^{2}=ijk=-1} nicht kommutativ verknüpfen. Beispielsweise ist {\displaystyle jk=-kj=i}.
Pauli-Matrizen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die unitären ×ばつ 2-Matrizen
- {\displaystyle {\begin{aligned}E_{2}={\begin{pmatrix}1&0\0円&1\end{pmatrix}}=\sigma _{0},&\quad \sigma _{x}={\begin{pmatrix}0&1\\-1&0\end{pmatrix}}=\mathrm {i} \sigma _{2}\\\sigma _{y}={\begin{pmatrix}0&\mathrm {i} \\\mathrm {i} &0\end{pmatrix}}=\mathrm {i} \sigma _{1},&\quad \sigma _{z}={\begin{pmatrix}\mathrm {i} &0\0円&-\mathrm {i} \end{pmatrix}}=\mathrm {i} \sigma _{3}\end{aligned}}}
mit der imaginären Einheit {\displaystyle \mathrm {i} ^{2}=-1} der komplexen Zahlen hängen mit den Pauli-Matrizen {\displaystyle \sigma _{0,1,2,3}} zusammen, die im Standardmodell der Elementarteilchenphysik und in der Quantenmechanik verwendet werden.
Die Matrizen {\displaystyle \sigma _{x,y,z}} transformieren sich ähnlich obiger Hamilton-Regeln der komplex-imaginären Einheiten der Quaternionen:
- {\displaystyle \sigma _{x}^{2}=\sigma _{y}^{2}=\sigma _{z}^{2}=\sigma _{x}\sigma _{y}\sigma _{z}=-E_{2}}
Entsprechend können diese unitären ×ばつ 2-Matrizen ebenfalls zur Beschreibung von Rotationen herangezogen werden. Details dazu findet sich bei Quaternion, SU(2) und Spin-Gruppe.
Die zu einer Rotation korrespondierende unitäre ×ばつ 2-Matrix lautet unter Verwendung der Euler-Parameter:
- {\displaystyle U={\begin{pmatrix}\ \ ,円a+\mathrm {i} d&b+\mathrm {i} c\\-b+\mathrm {i} c&a-\mathrm {i} d\end{pmatrix}}=a,円E_{2}+b,円\sigma _{x}+c,円\sigma _{y}+d,円\sigma _{z}=a,円\sigma _{0}+\mathrm {i} b,円\sigma _{2}+\mathrm {i} c,円\sigma _{1}+\mathrm {i} d,円\sigma _{3}}
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- ↑ Axel Volkwein: Numerische Simulation von flexiblen Steinschlagschutzsystemen. Hrsg.: Institut für Baustatik und Konstruktion, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich. vdf Hochschulverlag AG, 2004, ISBN 978-3-7281-2986-4 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 30. Juni 2017]).