Defekt (Mathematik)
Der Defekt ist innerhalb der Mathematik ein Begriff aus dem Teilgebiet der linearen Algebra. Man ordnet ihn einer linearen Abbildung oder einer Matrix zu.
Definition für lineare Abbildungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Seien {\displaystyle V} und {\displaystyle W} zwei endlichdimensionale Vektorräume, die Dimension von {\displaystyle V} sei {\displaystyle n}, die Dimension von {\displaystyle W} sei {\displaystyle m}. Sei weiter {\displaystyle f\colon V\to W} eine lineare Abbildung. Dann ist der Defekt dieser Abbildung als die Dimension des Kerns der Abbildung definiert, kurz
- {\displaystyle \operatorname {def} (f)=\operatorname {dim} (\operatorname {ker} (f))}.[1]
Defekt bei Matrizen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Eine Matrix {\displaystyle A\in \mathbb {K} ^{m\times n}} mit Elementen aus einem Körper {\displaystyle \mathbb {K} } kann als lineare Abbildung {\displaystyle f_{A}:\mathbb {K} ^{n}\to \mathbb {K} ^{m},x\mapsto Ax} interpretiert werden. In diesem Sinne wird der Defekt der Matrix {\displaystyle A} durch
- {\displaystyle \operatorname {def} (A):=\operatorname {def} (f_{A})}
definiert. Der Defekt von {\displaystyle A} ist also gleich der Dimension des Lösungsraums des homogenen linearen Gleichungssystems {\displaystyle Ax=0}.
Ist {\displaystyle A} die Nullmatrix, so ist {\displaystyle \operatorname {def} (A)} gleich der Spaltenzahl von {\displaystyle A}. Andernfalls ist {\displaystyle \operatorname {def} (A)} gleich der maximalen Anzahl von Spalten, die man so aus {\displaystyle A} streichen kann, dass die verkleinerte Matrix das gleiche Bild wie {\displaystyle A} hat. Die gestrichenen Spalten sind dann von den in der verkleinerten Matrix verbleibenden Spalten linear abhängig.
Berechnung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Vor allem für die Handrechnung bei kleinen Matrizen eignet sich das gaußsche Eliminationsverfahren mit Zeilen- und Spaltentausch zur Bestimmung des Defektes. Jede Matrix {\displaystyle A\in \mathbb {K} ^{m\times n}} lässt sich mit diesem Verfahren in eine äquivalente Matrix {\displaystyle {\bar {A}}} mit {\displaystyle {\bar {A}}_{i,j}=0} für {\displaystyle i>j} umformen, bei der mit einem {\displaystyle r\in \{0,\ldots ,m\}} die Diagonalelemente der ersten {\displaystyle r} Zeilen mit Nichtnullelementen besetzt sind und die übrigen Zeilen Nullzeilen sind ({\displaystyle r} ist der Rang der Matrix {\displaystyle A}). Der Defekt dieser Matrix ist dann {\displaystyle \operatorname {def} (A)=n-r} (das ist die Aussage des Rangsatzes).
Sei vorausgesetzt, dass {\displaystyle A} nicht die Nullmatrix ist. Streicht man aus {\displaystyle A} diejenigen Spalten, die den Spalten {\displaystyle r+1,\ldots ,n} in der Matrix {\displaystyle {\bar {A}}} entsprechen (hierbei sind während des gaußschen Eliminationsverfahrens erfolgte Spaltenvertauschungen zu berücksichtigen), so hat die verkleinerte Matrix das gleiche Bild wie {\displaystyle A}. Beim Streichen weiterer Spalten (falls das möglich ist) verkleinert sich das Bild der Matrix.
Bei quadratischen Matrizen (also für {\displaystyle m=n}) ist der Defekt von {\displaystyle A} gleich der Anzahl der Nullzeilen in {\displaystyle {\bar {A}}}.
Numerisch stabiler, jedoch auch aufwendiger als das gaußsche Eliminationsverfahren ist die Bestimmung des Defektes einer Matrix mittels Singulärwertzerlegung.
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- {\displaystyle A={\begin{pmatrix}1&2&3\0円&5&4\0円&10&2\end{pmatrix}}\sim {\bar {A}}={\begin{pmatrix}1&2&3\0円&5&4\0円&0&-6\end{pmatrix}}\Rightarrow n=3,r=3\Rightarrow \mathrm {def} (A)=0}
- {\displaystyle A={\begin{pmatrix}1&2&3\0円&6&4\0円&3&2\end{pmatrix}}\sim {\bar {A}}={\begin{pmatrix}1&2&3\0円&6&4\0円&0&0\end{pmatrix}}\Rightarrow n=3,r=2\Rightarrow \mathrm {def} (A)=1,}
Ein Spaltentausch war nicht notwendig, also hat die Matrix
- {\displaystyle {\begin{pmatrix}1&2\0円&6\0円&3\end{pmatrix}},}
die aus {\displaystyle A} durch Streichen der letzten Spalte entsteht, dasselbe Bild wie {\displaystyle A}.
- {\displaystyle A={\begin{pmatrix}1&2&3\4円&5&6\end{pmatrix}}\sim {\bar {A}}={\begin{pmatrix}1&2&3\0円&-3&-6\end{pmatrix}}\Rightarrow n=3,r=2\Rightarrow \operatorname {def} (A)=1}
Spaltentausch war wiederum nicht notwendig, also hat diese Matrix das gleiche Bild wie {\displaystyle {\begin{pmatrix}1&2\4円&5\end{pmatrix}}.}
- {\displaystyle A={\begin{pmatrix}1&2\3円&4\5円&6\end{pmatrix}}\sim {\bar {A}}={\begin{pmatrix}1&2\0円&-2\0円&0\end{pmatrix}}\Rightarrow n=2,r=2\Rightarrow \operatorname {def} (A)=0}
Rangsatz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Hauptartikel: Rangsatz
Der Rangsatz zeigt einen Zusammenhang zwischen dem Defekt und dem Rang {\displaystyle \operatorname {rg} (f)} einer linearen Abbildung {\displaystyle f\colon V\to W}.
- {\displaystyle \dim V=\operatorname {def} (f)+\operatorname {rg} (f)}
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- ↑ Michael Artin: Algebra. Birkhäuser, Basel u. a. 1998, ISBN 3-7643-5938-2, S. 123 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).