Besteuerungsgrundsätze
Ziel der Besteuerung ist die Erzielung von Einnahmen (§ 3 AO). Die Besteuerung muss sich dabei an bestimmten Besteuerungsgrundsätzen orientieren.[1] Dabei nimmt der Grundsatz der Steuergerechtigkeit einen herausragenden Platz ein.
Besteuerungsgrundsätze nach Adam Smith
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die ersten allgemein anerkannten Besteuerungsgrundsätze gehen auf Adam Smith zurück, der 1776 seine vier tax cannons formulierte:[2]
- Gleichmäßigkeit (equality): Steuerpflichtige sollen gleichmäßig im Verhältnis zu ihrem Einkommen besteuert werden.
- Bestimmtheit (certainty): Besteuerung soll genau und nicht willkürlich festgelegt sein.
- Bequemlichkeit (convenience): Steuererhebung soll Steuerpflichtigen nicht unnötig belasten.
- Billigkeit (economy): Erhebungskosten sollen so gering wie möglich sein.
Besteuerungsgrundsätze nach Adolph Wagner
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Im deutschen Sprachraum war Adolph Wagner wohl der erste Finanzwissenschaftler, der im Jahr 1890 Besteuerungsgrundsätze formulierte.[3]
- finanzpolitische Prinzipien
- Ausreichendheit: Die Deckung der durch Steuern zu finanzierbaren Aufgaben muss gewährleistet sein.
- Beweglichkeit: Im Bedarfsfall soll sichergestellt sein, dass Mehreinnahmen bereits kurzfristig akquiriert werden können.
- volkswirtschaftliche Prinzipien
- Wahl richtiger Steuerquellen (Einkommen, Ertrag, Kapital)
- Wahl der Steuerarten bei Berücksichtigung ihrer Wirkungen und Überwälzung
- Prinzipien der Gerechtigkeit
- Allgemeinheit: Alle steuerlich leistungsfähigen Personen müssen besteuert werden.
- Gleichmäßigkeit
- Steuerverwaltungsprinzipien
- Bestimmtheit
- Bequemlichkeit
- Billigkeit
Besteuerungsgrundsätze nach Fritz Neumark
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]In jüngerer Vergangenheit hat Fritz Neumark ausführliche Besteuerungsgrundsätze aufgestellt, auf die sich die Finanzwissenschaft heute noch stützt.[4]
- Fiskalisch-budgetäre Grundsätze
- Ausreichendheit: Die Deckung der durch Steuern zu finanzierbaren Aufgaben muss gewährleistet sein.
- Steigerungsfähigkeit: Im Bedarfsfall soll sichergestellt sein, dass Mehreinnahmen bereits kurzfristig akquiriert werden können.
- Ethisch-sozialpolitische Grundsätze
- Allgemeinheit: Alle steuerlich leistungsfähigen Personen müssen besteuert werden
- Gleichmäßigkeit: Gleiche Sachverhalte sollen gleich besteuert werden (horizontale Steuergerechtigkeit).
- Verhältnismäßigkeit: Unterschiedliche Sachverhalte dürfen unterschiedlich besteuert werden (vertikale Steuergerechtigkeit).
- Umverteilung: Die Besteuerung soll zur Korrektur der Einkommen (Umverteilung) eingesetzt werden.
- Wirtschaftspolitische Grundsätze
- Vermeidung steuerdirigistischer Maßnahmen
- Minimierung steuerlicher Eingriffe
- Wettbewerbsneutralität: Die Besteuerung soll den Wettbewerb nicht beeinträchtigen.
- Aktive Flexibilität: Das Steueraufkommen soll sich mittels diskretionärer Maßnahmen den konjunkturellen Erfordernissen anpassen können.
- Passive Flexibilität: Das Steuersystem soll automatische Stabilisierungseffekte entfalten können (built-in-flexibility).
- Wachstumspolitische Ausrichtung: Die Besteuerung soll das Wirtschaftswachstum nicht hemmen.
- Steuerrechtliche und steuertechnische Grundsätze
- Widerspruchslosigkeit und Systemhaftigkeit von Maßnahmen: Besteuerungslücken und Doppelbesteuerungen sollen vermieden werden.
- Transparenz: Steuerregeln sollen allgemeinverständlich sein.
- Praktikabilität: Die Besteuerung soll die Kapazitäten der Finanzverwaltung und der Steuerzahler beachten.
- Stetigkeit steuerrechtlicher Normen: Steuerregeln sollen nur in größeren Abständen veränderbar sein.
- Wohlfeilheit: Minimierung von Steuererhebungskosten
- Bequemlichkeit: Minimierung der Belastung bei Steuerpflichten
Anforderungen an eine rationale Besteuerung nach Heinz Haller
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Der deutsche Finanzwissenschaftler Heinz Haller hatte auf Basis der Besteuerungsgrundsätze Anforderungen an ein rationales Steuersystem formuliert.[5] [6]
- Fiskalische Zielsetzung
- Erhebungsbilligkeit: Minimierung von Steuererhebungskosten
- Entrichtungsbilligkeit: Minimierung der Belastung bei Steuerpflichten
- Lastenerleichterung: Steuerlasten sollen so wenig wie möglich spürbar und die wirtschaftliche Aktivität soll so wenig wie möglich beeinträchtigt werden.
- Wohlstandszielsetzung
- Neutralität: Optimale Allokation der Produktionsfaktoren soll durch Besteuerung nicht gestört werden.
- Konjunkturpolitische Effizienz: Steuern sollen wirkungsvoll für konjunktur- und beschäftigungspolitische Zwecke einsetzbar sein.
- Gerechtigkeitszielsetzung
- Verteilungspolitische Effizienz: Einkommensverteilung soll durch Besteuerung beeinflusst werden können.
- Achtung der Privatsphäre: Offenlegung persönlicher Daten soll auf das Nötigste begrenzt werden.
- Innere Geschlossenheit: Widersprüchliche Steuerregeln sollen vermieden werden.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- ↑ Bausteine für eine Reform des Steuersystems. (Memento des Originals vom 5. April 2015 im Internet Archive ) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.steuerzahlerinstitut.de (PDF) Deutsches Steuerzahlerinstitut
- ↑ Adam Smith: An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations. London; in deutscher Übersetzung: H. C. Recktenwald: Der Wohlstand der Nationen, 12. Auflage. München 2009, S. 703 ff.
- ↑ Adolph Wagner: Finanzwissenschaft, Gebühren und allgemeine Steuerlehre. In: Wagner, Nasse: Lehrbuch der politischen Ökonomie. 6. Band, 2. Teil. Leipzig / Heidelberg, S. 220 ff.
- ↑ Fritz Neumark: Grundsätze gerechter und ökonomisch rationaler Steuerpolitik. Tübingen 1970.
- ↑ Heinz Haller: Finanzpolitik. 2. Auflage. Tübingen 1961, S. 217 ff.
- ↑ Heinz Haller: Die Steuern. 3. Auflage. Tübingen 1981.