Benutzer:Wikiolo/Kurier
Die Rückkehr des Digitalen Themenstammtischs
Der Digitale Themenstammtisch (DTS) kehrt zurück! „Moment!" denkt sich nun bestimmt der aufmerksame Kurier-Leser. „Den Digitalen Themenstammtisch gibt’s doch noch, der heißt nur anders. Das ist doch der Digitale Themenabend (DTA)." Dieser Einspruch ist berechtigt und korrekt. Allerdings heißt das Ganze nicht mehr Digitaler Themenstammtisch, weil sich das Format vom ursprünglich besinnlichen Austausch über ein Rahmenthema, einem Themenstammtisch, hin zum workshopartigen Themenabend weiterentwickelt hat und so zum Jahreswechsel folgerichtig umbenannt wurde. Damit ging jedoch der ursprüngliche Gedanke und das Flair des Themenstammtischs, niederschwellig und ohne feste Ziele sich zu einem bestimmten Thema auszutauschen, endgültig verloren.
Aus diesem Grund soll diese ursprüngliche Idee nun mit dem Digitalen Themenstammtisch Retro (DTS Retro), der an die Ursprünge des DTS anknüpft, wiederbelebt werden. Dieser begann eigentlich im Frühjahr 2020 als Notlösung für ausgefallene lokale Treffen während der COVID-19-Pandemie. Der Vorteil des Formats bestand darin, dass durch die digitale Austragung die gesamte Community aufgrund der Standortfreiheit unkompliziert teilnehmen konnte. Durch vorherbestimmte Themen konnten Personen zudem im Vorfeld beurteilen, ob sie Interesse am Stammtisch haben oder eben auch nicht. Dieses Konzept entwickelte sich schnell zu einem festen Bestandteil der Community, entfernte sich jedoch dabei immer mehr von der Ausgangsidee. Somit ging dieser ursprüngliche Gedanke und das Flair des DTS im Laufe der Zeit verloren. Mit dem DTS Retro soll an dieses ursprüngliche Format angeknüpft und der originale DTS wiederbelebt werden.
Ganz in diesem Sinne findet auch der DTS Retro wieder als Videokonferenz statt und bietet eine Bühne zum unkomplizierten Austausch jenseits der Diskussionsseiten. Teilnehmerinnen und Teilnehmer können sich zu einem selbstgewählten Rahmenthema unterhalten – sei es mit Bezug zu Wikimedia und Freiem Wissen oder völlig losgelöst von der ehrenamtlichen Arbeit. Analog zur Ursprungsidee macht das Digitale möglich, dass die gesamte Community teilnehmen kann, egal wo man sich befindet. Vorab festgelegte Themen helfen zudem, schon im Vorfeld abzuwägen, ob der Stammtisch für dich interessant ist oder nicht. Anders als projektbezogene Online-Treffen senkt der DTS die Hürde für Neulinge und Laien, an einem Treffen teilzunehmen, und schafft so einen niederschwelligen Raum für neue Netzwerke.
Den Startschuss für den 1. DTS Retro am 3. April 2025 um 19 Uhr gibt das Thema Museen. Der Zugangslink zur Veranstaltung am Donnerstag kommende Woche wird zeitnah auf der Projektseite veröffentlicht. Insbesondere Teilnehmer aus dem GLAM-Bereich sind wie auch Wikipedianerinnen und Wikipedianer, die gerne privat ins Museum gehen, und Menschen, die einfach nur dabei sein möchten, herzlich zum 1. DTS Retro eingeladen.
Wie auch der ursprüngliche DTS ist der DTS Retro ein offenes Format. Jede und jeder ist dazu eingeladen, ganz nach dem Wiki-Prinzip und auch ohne vorherige Diskussion, selbst einen Themenstammtisch zu einem Rahmenthema seiner Wahl zu organisieren. Wenn dich also ein Thema interessiert, über das du dich schon immer gerne mal mit anderen Leuten wie der Wikimedia-Community austauschen wolltest, dann sei mutig und stelle einfach einen Termin dazu auf der DTS-Retro-Seite ein. Wikiolo, 24.3.
Wie sich Wikimedia Deutschland die Lorbeeren anderer einverleibt
Wie schön wäre es für Wikimedia Deutschland (WMDE), wenn der Verein von sich behaupten könnte, dass es nur durch seine Initiative auf dem Zukunftskongress das Thema Künstliche Intelligenz (KI) und die Zukunft von Wikipedia den Weg in die Community fand? Offenbar für den Verein zu schön, als dass es die Möglichkeit auslässt, es auf seine Leser so wirken zu lassen. So schreibt der Förderverein der Wikipedia-Community in seinem Blogbeitrag vom 25. November 2024 zu KI: „Die technologischen Neuerungen waren Thema auf dem Zukunftskongress". KI „‚[...] kommt [...] auf uns zu‘, schreibt der Wikipedianer Wortulo dazu auf der Seite WikiProjekt KI und Wikipedia, die er nach dem Zukunftskongress von Wikimedia Deutschland mit ins Leben gerufen hat". Alles, was zu dem Thema vor dem Zukunftskongress in der deutschsprachigen Community gemacht wurde, klammert der Verein in seinem Blogbeitrag gekonnt aus.
Auch sonst spart der Verein an Erwähnungen der Entwicklungen vor dem Zukunftskongress so weit es geht. Beispielsweise wurden mittlerweile auf den Seiten des Zukunftskongresses – auch auf der Wikipedia-internen – alle Hinweise darauf entfernt. Ebenso werden im Blogeintrag zum Zukunftskongress vorangegangene Veranstaltungen ausgelassen.
Bloß ist damit die von WMDE vermittelte Darstellung falsch: Denn bereits vor dem Zukunftskongress gab es Veranstaltungen zum Thema Zukunft von Wikipedia in Zeiten von KI, die der Verein jedoch zu Gunsten der eigenen Darstellung unerwähnt lässt. Dabei sind die WikiCon-Veranstaltung 2023 2045 – Wie Wikipedia in Zeiten von KI überleben kann sowie der von Wikimedia CH organisierte Wikipedia Day zu nennen, wo ich jeweils weite Teile des Inputs zur Frage, wie und wieso Wikipedia sich mit den technischen Entwicklungen ebenso weiterentwickeln sollte, eingebracht habe – also thematisch ziemlich genau so, wie es auch auf dem Zukunftskongress behandelt wurde.
Auf dem Wikipedia Day war auch Wortulo anwesend, der später – zeitlich auch nach dem Zukunftskongress – das WikiProjekt Wikipedia und KI ins Leben gerufen hat. WMDE lässt in seiner Darstellung jedoch alle Verdienste, die nicht die eigenen sind, aus. Nachdem darüber hinaus die gesamte Geschäftsführung von WMDE auf der WikiCon-Session 2023 anwesend war und mir im Anschluss das Feedback gab, dass sie diese Diskussion auf dem Zukunftskongress fortführen möchten, sollte auch für WMDE klar sein, dass das Thema aus der Community stammt und auf dem Zukunftskongress in dieser Form vom Verein lediglich fortgesetzt, nicht jedoch begonnen wurde. Zumal WMDE auch noch die WikiCon-Veranstaltung auf der Ankündigungsseite des Zukunftskongresses platzierte und mich auf Basis der WikiCon-Veranstaltung um eine Videobotschaft bat, die ich Ihnen – um meine Qualitätsansprüche zu genügen – unter großen Mühen erstellt habe.
Doch diese Story lässt WMDE nicht so zentral und wichtig erscheinen, wie wenn man das Narrativ erzählt, dass alles auf dem Zukunftskongress begann. Diese Story ist nur leider extrem zum Nachteil derer, die die thematische Vorarbeit für den Zukunftskongress lieferten, und untergräbt die von meinen Mitrednern und mir geleistete Arbeit vollständig; wissenschaftlich ausgedrückt also ein Plagiat. Auf diesen Missstand habe ich WMDE aufmerksam gemacht und um eine angemessene Ergänzung der WikiCon-Veranstaltung und ggf. des Wikipedia Days zumindest im Blogbeitrag vom 25. November gebeten. Als Antwort wurde mir jedoch geschrieben, im Blogbeitrag seien nur „Stimmen von Wikipedianer*innen aufgenommen, die in der jüngeren Zeit besonders aktiv in dem Themenfeld gewesen sind. Ich [ein WMDE-Mitarbeiter] bitte um Verständnis, dass bei Blogbeiträgen nicht immer alle zu einem Thema Aktiven einbezogen und genannt werden können. [...] Dass der im November 2024 erschienene Artikel sich auf das Jahr 2024 konzentriert", also dem Jahr, in dem auch der Wikipedia Day von Wikimedia CH zum Thema KI stattfand, „und in der Historie nicht noch weiter bis 2023 zurückgeht," auch wenn Ereignisse aus dem Jahr im Artikel enthalten sind, „sagt außerdem nicht, dass es vorher keine Beschäftigung damit gab. Du warst hier mit deiner Session auf der WikiCon 2023 sicherlich in der Community Vorreiter zu dem Thema. Dass es für den Zukunftskongress eines der großen Schwerpunkte geworden ist, ging aber nicht auf diese session zurück, sondern auf die breite Relevanz, die das Thema in der Öffentlichkeit eingenommen hat".
„Dass es für den Zukunftskongress eines der großen Schwerpunkte geworden ist, ging aber nicht auf diese session zurück"? Wie bitte? Wieso hat dann die Geschäftsführung von WMDE gesagt, dass die dort begonnene Diskussion auf dem Zukunftskongress weitergeführt werden sollte? Wieso wurde dann die Aufnahme der Veranstaltung auf der Ankündigungsseite des Zukunftskongresses platziert? Und wieso wurde ich um eine Videobotschaft für den Zukunftskongress gebeten? Das wirkt ganz so, als würde WMDE aus Marketinggründen lieber von der Wahrheit abrücken, als seinen Leserinnen und Lesern die Geschichte vollständig erzählen zu wollen. Wikiolo, 12.12.
Hinweis: Im Artikel wurde zum Schutz der Mitarbeiter von WMDE auf Klarnamen verzichtet. In den verlinkten Blogeinträgen sind allerdings Autoren mit Klarnamen hinterlegt. Hier zitierte Texte stammen nicht von den Autoren der Artikel, sondern vom redaktionellen Hintergrund des Vereins. Die hier aufgeführte Kritik ist somit nicht mit den Autoren der Blogbeiträge in Verbindung zu setzen.
Was bleiben wird...
Nächstes Jahr wird die Wikipedia 20, ein runder Geburtstag! Für das Internet sind 20 Jahre ein beachtliches Alter, da ist Wikipedia schon beinahe ein Urgestein. Für ein menschliches Leben ist es hingegen ein noch junges Alter. Und für Schriften? Für Schriften ist die Wikipedia sozusagen „erst gestern" erschienen, maximal ein Wimpernzucken alt. Zum Vergleich: Vor etwa der 100-fachen Zeit wurde das Neue Testament verfasst. Und auch das Neue Testament ist in der Menschheitsgeschichte noch verhältnismäßig jung.
Und was bringt die Zukunft? Optimisten sagen, dass die Menschheit schon bald den Mars besiedeln und von dort aus die Milchstraße erobern wird. Pessimisten hingegen prognostizieren, dass die Menschheit derzeit ihren Zenit erlebt und schon bald ausgestorben sein wird. Und was sagen die Realisten? Gänzlich ausgeschlossen sind keine der beiden Szenarien. Doch die Erfahrung lehrt uns, dass die Menschheit in der Geschichte immer wieder Aufs und Abs erlebt. Und immer, wenn die Menschheit glaubt, der Natur überlegen zu sein, wird sie eines Besseren belehrt, wie uns aktuell einmal mehr die Corona-Krise bestätigt. Ebenfalls bestätigt sie ein weiteres Mal, dass eine solche Veränderung rasch und unerwartet passieren kann.
Eine bestimmt nicht unanfällige Technik der heutigen Zeit ist die Elektrotechnik und mit ihr auch das Internet: Ein kräftiger Sonnensturm, eine Organisation mit negativen Absichten oder eine Krise, die jetzt noch keiner kommen sieht, könnte ausreichen, um unsere hochtechnisierte Zivilisation lahm zu legen. Und auch wenn die Elektrogeräte mit den Informationen der heutigen Zeit diese Krise überstehen: Wenn einmal alles für eine Weile ausfällt, kann es durch Folgekrisen zügig gehen, dass nur noch Elektroschrott übrig bleibt und niemand mehr weiß, was hier für Informationen enthalten sind bzw. waren.
Nun übertragen wir mal die Auswirkungen auf unsere Online-Enzyklopädie. Ich bin kein Pessimist, ich glaube fest daran, dass ich mein Leben lang noch Internet haben werde und am Ausbau der freien Online-Enzyklopädie mitwirken darf. Wie es meinen Kindern und meinen Kindeskindern ergehen wird, dazu kann ich noch keine feste Prognose abliefern. Aber nehmen wir doch mal ein wenig umfangreichere Zeiträume an: Wie sieht die Welt in 500, in 1000 oder gar in 2000 Jahren aus? Das vermag ich gar nicht mehr zu sagen. Das Einzige, was ich hierzu bereits jetzt weiß, ist, dass die Welt nicht mehr wie heute sein wird. Denn zum Vergleich: Heute vor 500 Jahren wurden in Europa Hexen verfolgt, vor bald 1000 Jahren ging das Königreich Burgund an das Heilige Römische Reich und vor 2000 Jahren erlebte das Römische Reich seine Blütezeit.
Und dies wissen wir vorwiegend aus Quellen der damaligen Zeit, die in analoger Form hinterlegt sind und so bis heute in Archiven und Bibliotheken aufbewahrt werden können. Zwar gibt es auch heute Printmedien und es wird glücklicherweise weiterhin analog publiziert, was das Zeug hält, sodass man sich keine Sorgen machen muss, dass unsere Generation aus den Geschichtsbüchern verschwinden wird. Doch eine Sache könnte unserer Nachwelt abgehen: Die Universalenzyklopädie von heute, die Wikipedia, über die sich die meisten Menschen Anfang der 2000er Jahre informieren, bleibt womöglich in diesen Blechbüchsen, die wir Computer nennen, „gefangen".
Und wenn das digitale Zeitalter einmal endet, was wird dann von der Wikipedia übrig bleiben? Nichts? Ein paar Ausdrucke, die von Menschen angefertigt wurden, die die Informationen der Wikipedia lieber auf Papier lesen wollten? Oder doch das vollständige Lexikon? Um die Chancen zu erhöhen, dass die Wikipedia auch noch über das digitale Zeitalter hinaus überlebt, sollte sie alle paar Jahre vollständig ausgedruckt, gebunden und analog archiviert werden. Eine digitale Fassung davon kann ferner als PDF veröffentlicht werden. Und welcher Zeitpunkt ist hierfür geeigneter als ein runder Geburtstag? Wi, 27.03.
Enzyklopädien von gestern, heute und morgen
Es war einmal ein Mann namens Platon, der die Idee hatte, das gesamte Wissen intelligenten jungen Leuten zur Verfügung zu stellen. In der römischen Kaiserzeit wurde mit der Disciplinarum libri IX ein solches Wissenswerk von Marcus Terentius Varro verfasst. Von größerer Bedeutung ist jedoch Plinius’ Werk Naturalis historia . Die Niederschrift war auch im Mittelalter in den meisten besseren Bibliotheken vorzufinden – und das wohlgemerkt vor dem Buchdruck. Das erste gedruckte und nicht mehr in Handschrift verfasste allgemeine Wissenswerk wurde nach dem Mittelalter mit der Margarita Philosophica von Gregor Reisch verfasst. Die Enzyklopädien aus dieser Zeit waren noch ohne biographische Texte, sondern vor allem mit naturwissenschaftlichen und philosophischen Inhalten bestückt. Personen wie Johann Heinrich Zedler, der das Grosse vollständige Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste schrieb, änderten dies jedoch und verfassten auch Informationen über Persönlichkeiten in ihren Wissenswerken.
Mit dem Zeitalter der Aufklärung wurde mit der Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers „die wohl berühmteste frühe Enzyklopädie im heutigen Verständnis" verfasst. Im englischsprachigen Raum wurde mit der Encyclopædia Britannica und im deutschsprachigen Raum wurde mit der Brockhaus Enzyklopädie eine ähnliche Wissenssammlung zusammengestellt. Diese Wissenswerke sind alle samt eine Reihe dicker Schinken, die oft die Bücherregale vieler Menschen füllten. Dies änderte sich mit dem Aufkommen der sogenannten Wikipedia . Die Wikipedia ist eine Enzyklopädie, an der alle Menschen mitschreiben können. Ermöglicht wird dies, indem die Enzyklopädie nicht mehr (nur) in gedruckter Form vorliegt, sondern digital im Internet. Zunächst als Vorversion für die Einträge in der ebenfalls digitalen Nupedia gedacht, entwickelte sich die Wikipedia zur eigentlichen und inzwischen einzigen Universal-Enzyklopädie der Welt. Inzwischen umfasst die deutschsprachige Version knapp 2,5 Mio. Einträge.
Aufgrund der digitalen Form besteht der Vorteil der Wikipedia darin, dass auch Videos zu Veranschaulichungen genutzt werden können, Links auf unklare Begriffe direkt angeklickt werden können und veraltete Informationen umgehend aktualisiert werden können. Doch hatte diese Mitmach-Enzyklopädie anfangs auch ihre Probleme: So konnte man einfach für alle sichtbar in das neue Wissenswerk reinschreiben „ich habe wikipedia gehäkt!!! :-)". Dies mag zwar abhängig vom Kontext und von der Definition auch nicht zwingend falsch sein, ist aber definitiv irrelevant für das Weltwissen. Um solche Kommentare zu unterbinden, müssen sämtliche Änderungen von unangemeldeten oder neuen Autoren seit geraumer Zeit erstmal geprüft werden, bevor sie freigeschaltet werden. Ferner müssen zur Sicherung der Qualität zwischenzeitlich auch alle Aussagen belegt werden. Damit reagierte Wikipedia hervorragend auf die Kritik, nicht vertrauenswürdig zu sein.
Doch hat die einzige verbliebene allgemeine Enzyklopädie sich mit den steigenden Qualitätsanforderungen auch neue Probleme geschaffen: Die Anzahl an Neuautoren sinkt kontinuierlich und die meisten Personen, die versuchen, sich ehrenamtlich in die Wikipedia einzuarbeiten, fühlen sich schnell überfordert und geben auf: Während in den Anfangszeiten ein Satz wie „Die Nordsee ist ein Mehr, ein teil der Atlant, zwischen Grossbritannien, Skandinavien, und Friesland" für einen Artikel gereicht hat, würde ein solcher Eintrag heute (zu Recht) wohl entfernt werden – und mit ihm vermutlich auch der Neuautor. Und damit stellt sich die Frage für die Wikipedia, wie man einerseits das Problem angeht, eine hohe Qualität zu wahren, auf der anderen Seite aber auch Autoren findet, die das Projekt inhaltlich am Leben halten. Oder in anderen Worten: Wie kann die Wikipedia noch weiter verbessert werden? Wie wird das Wissenswerk von morgen gestaltet und aktualisiert? Wenn man sich umhört, wird klar, dass Wikipedia als „Quelle" zwar so gern wie nie genutzt wird, was den Autoren eine hohe Verantwortung gibt. Zugleich verzeichnet die Wikipedia jedoch aufgrund der fehlenden Neuautoren seit Jahren einen kontinuierlichen Autorenschwund. Wie auf diese Trends zu reagieren ist, wird schon seit etlichen Jahren diskutiert – bisher jedoch ohne Erfolg. Und doch liegt die Antwort, wie dieses Problem gelöst werden kann, auf der Hand: Die Universitäten müssen auf kurz oder lang Teil der Wikipedia werden!
Bisher sind die Erkenntnisse der Forschenden trotz der immer höheren Popularität von Creative-Commons-Lizenzierungen vor allem Insidern vorbehalten, sofern nicht ein Journalist oder ein Wikipedia-Autor diese Informationen mittels Zitation der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Doch ist es gerade in Zeiten, in denen im Internet sogenannte „alternative Fakten" (bzw. „Fake News") kursieren, wichtig, mit Wikipedia eine zuverlässige „Quelle" zu haben und sie noch weiter zu stärken. Und dafür ist es Aufgabe des Staates, seine Universitäten damit zu beauftragen, einen Teil ihrer Publikationen (~10 %) der Wikipedia zu widmen, um ihr Wissen im Sinne ihres Bildungsauftrags den Menschen zugänglich zu machen. Auch sollen Wikipedia-Artikel von Universitäten einem Peer-Review-Verfahren unterzogen werden, verbessert und – ähnlich wie lesenswerte und exzellente Artikel – mit einem Zeitstempel versehen werden können, das die Universität und die prüfenden Mitarbeiter ersichtlich macht. Ein Interesse an einer solchen Zusammenarbeit dürften auch Universitäten haben. So arbeitet beispielsweise das Geographie-Department der Ludwig-Maximilians-Universität München am sogenannten Geo-Wiki . Dabei stellt sich natürlich die Frage, wieso das Wissen nicht gleich in die große Wikipedia eingearbeitet wird. Wi, 19.03.
Kampagne: Öffentliches Geld – Öffentliches Gut!
Der Deutsche Bibliotheksverband, Wikimedia Deutschland und das Bündnis Freie Bildung starteten am 3. März 2020 die Kampagne „Öffentliches Geld – Öffentliches Gut!". Hierbei suchen die drei Organisationen auf der Seite wikimedia.de/oeffentliches-gut bis zum 3. Juli 2020 Unterstützerinnen und Unterstützer, die ihren offenen Brief unterzeichnen. Hierin werden die Rundfunkanstalten der ARD sowie das ZDF aufgefordert, „Bildungsinhalte möglichst unter freier Lizenz und dauerhaft online verfügbar" zu machen.
So ist zwar die Depublikation inzwischen nicht mehr in allen Fällen notwendig, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten machen von diesen neuen Freiheiten in ihren Mediatheken jedoch noch keinen Gebrauch. Durch freie Lizenzen profitieren nicht nur die Wikimedia-Projekte, sondern vor allem auch Lehrende. Aus dem offenen Brief geht hervor: „Im Jahr 2020 sehen wir echtes Potenzial für Lehrerinnen, Lehrer und viele weitere Bildungsakteure, mit Material des ÖRR rechts- und zukunftssicher gute Bildungsangebote zu gestalten und diese, z.B. in Bibliotheken, nachhaltig zur Verfügung zu stellen."
Durch die Kampagne soll „eine breitere Debatte über Auftrag und Praxis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks" angestoßen werden. Auf Grundlage von gut recherchierten audiovisuellen Inhalten sollen Lehrmaterialien frei erstellt und bearbeitet werden können. Derzeit sind diese Möglichkeiten jedoch in der Regel mit Rechtsunsicherheiten bzw. mit Unkosten verknüpft: Abgesehen von im Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz (UrhWissG) geregelten Ausnahmen darf „eigentlich nichts ohne ausdrückliche[r] Genehmigung gezeigt werden".
Doch auch für das Projekt Wikipedia ist der Mehrwert von freien Lizenzen und entfallenden Depublikationen nicht von der Hand zu weisen. Abraham Taherivand, geschäftsführender Vorstand von Wikimedia Deutschland, kommentiert: „Für die Freiwilligen, die Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia aktuell halten, wie für die täglich neun Millionen Nutzerinnen und Nutzer wäre die Verfügbarkeit von Bildungsinhalten ohne Verfallsdatum von enormem Vorteil."
Mit Stand vom 15. März 2020 wird der offene Brief von 14 Organisationen sowie von über 1600 Personen unterstützt. Wi, 15.03.
Zu Gast bei den Mainzelmännchen
Ausgangslage
Im Rahmen des Projekts Wiki Loves TV & Radio (WLTV) traf sich eine Gruppe von 15 Wikipedianerinnen und Wikipedianern mit Mitarbeitenden des ZDF in Mainz. Das Interesse am Projekt WLTV ist nach dem erfolgreichen Pilotprojekt mit dem ZDF groß, die Truppe weitestgehend neu. Nach einem gemeinsamen Abend fanden wir uns am Freitag morgen im ZDF-Hochhaus auf dem Lerchenberg ein. In der Vorstellungsrunde fasste Wikiolo zusammen, was WLTV bisher erreicht hat und was unsere Ziele für die Zukunft sind. Zum Beispiel wird über eine Internationalisierung des Projekts nachgedacht. Anschließend besprachen wir, was wir und die Community uns vom Treffen im Anschluss erhoffen.
Treffen mit dem ZDF
Sowohl wir als auch die ZDF-Mitarbeitenden waren voll motiviert. Fast 50 Personen saßen am Tisch. Kaethe17 und Wikiolo hielten einen Vortrag zum Thema Wikipedia und ihre Freiwilligen, anschließend folgten weitere Kurzvorträge von Wikiolo, Kaethe17, Bernd Fiedler, des ZDF und von Funk zum Thema Evaluierung der Pilotprojekte. Hier wurde sowohl das erfolgreiche Pilotprojekt mit dem ZDF als auch das gescheiterte Projekt mit Funk analysiert. Zuletzt stellte 1rhb GLAM vor.
Nach einem regen Austausch folgten weitere Vorträge vom ZDF, in denen Terra X, Terra X Web und das ZDF-Archiv vorgestellt wurden. Dabei wurde von Seiten des ZDF auch über den aktuellen Stand in Bezug auf Veröffentlichungen unter CC-Lizenzen im Haus berichtet. Auch dazu wurde rege diskutiert. Anschließend gingen wir in Kleingruppen zusammen mit ZDF-Mitarbeitenden zu verschiedenen Themen in die Tiefe. Dabei vernetzten sich GLAM-Aktive mit ZDF-Archivaren, versuchten wir zu erarbeiten, wie das perfekte Erklärvideo für Wikipedia aussieht und sprachen über den Umgang von Videos, die unter Wikipedia-kompatiblen Lizenzen zur Verfügung gestellt werden: Der Upload auf Commons soll durch die Redaktionen erfolgen, die Einbindung in die Artikel obliegt der Community. Hinweise auf bereitgestellte Materialien können Redaktionen auf Meta-Seiten geben. Erfreulich fanden wir die Ankündigung, dass Terra X künftig die genutzten Quellen in den Beiträgen angeben wird.
Ziel der Aktion ist nicht nur, Wissen des ZDF unter freier Lizenz in die Wikipedia zu übertragen, sondern vor allem, dass hochwertige Informationsmaterialien Bildungseinrichtungen wie Schulen und Universitäten legal bereichern können. So haben wir an diesem Wochenende herausgefunden, dass der meist gelesene Artikel 2019 die Formelsammlung Trigonometrie mit rund 9,5 Mio. Aufrufen ist, also ein Artikel, den vermutlich viele Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten, aber klammheimlich bestimmt auch zahlreiche Lehrkräfte, abgerufen haben.
Aus WLTV wird WLB
Am nächsten Tag starteten wir mit der Dokumentation des vergangenen Tages. Am Nachmittag nahmen wir an einer Führung durch die ZDF-Studios teil. Nach dieser „Pause" besprachen wir das weitere Vorgehen von WLTV. Dabei haben wir unter anderem eine neue Orga gewählt, die auf unserer Hauptseite bereits dokumentiert ist. Sie soll den neuen Herausforderungen gerecht werden und das Zusammenspiel zwischen der Wikpedia-Community und den Rundfunkanstalten harmonisieren. Ein großer Dank geht an der Stelle an Jensbest und Pimpinellus von der alten Orga, die mitgewirkt haben, das Projekt auf die Beine zu stellen.
Im Rahmen der Besprechung haben wir Wiki Loves TV & Radio in Wiki Loves Broadcast (WLB) umbenannt, unter anderem um auch Online-Only-Angebote zu berücksichtigen. Hinterher begaben wir uns auf eine kleine Odyssee, um auf Einladung des Mainzer Stammtisches gemeinsam mit einem Gast des ZDF in Mainz-Mombach zu Abend zu essen. Zum Abschluss gab uns Symposiarch am nächsten Morgen eine Stadtführung durch Mainz.
Für 2020 ist ein weiteres Treffen, für 2021 sind zwei Treffen geplant. Wir rechnen bis dahin mit einigem neuen Material unter Creative-Commons-Lizenzen. Dafür haben wir Ansprechpersonen und Ideen auf dem Lerchenberg vorgestellt. Wenn die ganze ÖRR-Maschine in Gang kommt, werden wir sicherlich auch deine Unterstützung benötigen. Wi, Mo, FS, K17, 18q08, PL, Cu, Mi, rhb (02.03.)
Wiki Loves Broadcast: Die Zukunft beginnt heute
Wie der Kurier Ende letzten Jahres berichtete, wird im Rahmen des Projekts Wiki Loves TV & Radio (WLTV) daran gearbeitet, dass der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk in Zukunft geeignetes Material unter (wikipediakompatiblen) freien Lizenzen zur Verfügung stellt. Das Projekt ist ambitioniert und die Interaktionen zwischen den Rundfunkanstalten und der Wiki-Community verlaufen manchmal zäh. Doch wie wir auf der diesjährigen WikiCon angedeutet haben, können nun erste Erfolge gemeldet werden: Mit großer Freude berichten wir euch, dass das ZDF in einem Pilotprojekt Clips und Fotos von der Redaktion Terra X unter der Lizenz CC BY 4.0 veröffentlicht hat.
Und nun wird eure Mitarbeit benötigt: Damit weitere Redaktionen diesem Beispiel folgen und auch die von euch gewünschten Inhalte bereitgestellt werden, werden Teilnehmer für das Projekt WLTV gesucht. Wir bitten dich hierfür, dich inklusive der Angabe von deinen thematischen Schwerpunkten hier einzutragen. WLTV und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten suchen aktiv nach Wikipedianern, die zum einen dabei helfen, die Videos an inhaltlich geeigneten Stellen in die Wikipedia einzuarbeiten, und zum anderen nach Wikipedianern, die eine Rückmeldung geben, welche Videos in der Wikipedia sinnvoll sind. Meldet euch hierfür auf der Diskussionsseite des Projekts.
Ebenfalls ist es nun an der Zeit, unsere Wunschliste für Inhalte, die wir für unsere Artikelarbeit vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk benötigen, aufzufüllen. Auch hierzu bitten wir euch, an der Vervollständigung mitzuhelfen. WLTV wird hierzu gezielt Shows und Formate des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit dem Ziel, dass die entsprechenden Inhalte freigegeben werden können, ansprechen. Außerdem arbeitet Wikimedia Deutschland an einer Stellungnahme zum Änderungskonzept der Telemedienangebote des ZDF. Es soll hervorgehen, dass für die Artikelnachweise vor allem Bildungsinhalte so lange wie möglich online zur Verfügung bleiben müssen und benötigte Elemente am besten unter freien Lizenzen gestellt werden, wodurch die Materialien direkt in die Wikipedia-Artikel eingearbeitet werden können. Für eine am liebsten dauerhafte Verfügbarkeit des gesamten Materials der öffentlich-rechtlichen Anstalten sind noch gesetzliche Hürden zu überwinden.
Wiki Loves TV & Radio ist ein dokumentiertes Kooperationsprojekt von freiwilligen Autoren der Wikipedia und Wikimedia Deutschland. Während die Wikipedia von den bereitgestellten, hochwertigen, audiovisuellen Materialien profitiert, lautet die Forderung von Wikimedia Deutschland „Öffentliches Geld? Öffentliches Gut!". Von Seiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird unter anderem erhofft, dass durch eine entsprechende Kooperation ein starkes, zeitgemäßes Faktenlexikon fortgeführt wird, das die „dubiosen Quellen" im Internet verdrängt. Es ist also umso symbolischer, dass sich das Pilotprojekt ausgerechnet dem Thema Klimawandel zuwendet – auch ein Thema einer bereits eingeläuteten Zukunft. Wi (WLTV), 23.10.
- Die Videos des Pilotprojekts
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