Alfred Landecker Foundation

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Alfred Landecker Foundation
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Rechtsform Rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts
Gründung 2019
Stifter Renate Reimann-Haas, Wolfgang Reimann, Stefan Reimann-Andersen, Matthias Reimann-Andersen
Sitz Ludwigshafen
Geschäftsstelle Berlin
Zweck Förderung des Andenkens an die Verfolgten und Opfer des Nationalsozialismus in Deutschland, Förderung der Hilfe für politisch, rassisch oder religiös Verfolgte, Förderung von Wissenschaft und Forschung, Förderung des demokratischen Staatswesens und der Kriminalprävention. Unterstützung von Überlebenden des Holocaust und der nationalsozialistischen Verfolgung einschließlich deren Nachfahren.
Vorsitz Peter Harf
Geschäftsführung Lena Altman, Silke Mülherr
Umsatz 31.956.520 Euro (2022)
Stiftungskapital 8.850.727 Euro (2022)
Beschäftigte 18 (2023)
Website www.alfredlandecker.org

Die Alfred Landecker Foundation ist die im Juni 2019 gegründete Stiftung der Unternehmerfamilie Reimann. Sie hat ihren Sitz in Ludwigshafen am Rhein und ein Büro in Berlin. Die ehemalige „Benckiser Stiftung Zukunft" wurde in die Alfred Landecker Foundation überführt.

Ziele der Stiftung

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Die Stiftung wurde von den Geschwistern Renate Reimann-Haas und Wolfgang Reimann sowie deren Adoptivgeschwister Stefan Reimann-Andersen und Matthias Reimann-Andersen im Jahr 2019 gegründet mit dem Ziel, das Andenken an die Verfolgten und Opfer des Nationalsozialismus zu fördern, über den Holocaust aufzuklären sowie politisch, rassisch oder religiös Verfolgte zu unterstützen. Weitere Zwecke sind unter anderem die Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie die Förderung des demokratischen Staatswesens. Die Stiftung unterstützt ausgewählte Forschungs-, Bildungs- und Sensibilisierungsprojekte und pflegt Partnerschaften mit führenden Institutionen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft in den Themenfeldern Geschichte und Erinnerung, jüdisches Leben, Antisemitismus und Demokratie.

Mit der Stiftung hat die Familie Reimann einen Spendenfonds in Höhe von zehn Millionen Euro eingerichtet für humanitäre Hilfe für Überlebende des Holocaust. Außerdem hat die Familie Reimann der Stiftung im Gründungsjahr 2019 250 Millionen Euro über zehn Jahre zur Verfügung gestellt.[1] Geplant ist ein fortlaufendes Engagement auf unbestimmte Zeit.[2]

Alfred Landecker (1884–1942) war ein deutsch-jüdischer Buchhalter. Seine Ehefrau Maria Geßner († 1933) war katholischen Glaubens. Aus der Ehe stammten die drei Kinder Wilhelm, Gerda und Emilie, die Landecker nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 katholisch taufen ließ. Landecker wurde 1942 in ein Ghetto im vom Deutschen Reich besetzten Polen deportiert, wo er kurz darauf ermordet wurde.[3] [4] [5]

Landeckers Tochter Emilie (1922–2017) sorgte nach dem Tod des Vaters für ihre zwei Geschwister und arbeitete bis zum Jahr 1965 für die von Johann Adam Benckiser gegründete Firma Joh. A. Benckiser GmbH, die von Albert Reimann sen. und Albert Reimann jun. geleitet wurde.[5] Aus ihrer langjährigen Beziehung mit dem verheirateten Reimann jun. stammten die drei Kinder Renate Reimann-Haas, Wolfgang Reimann und Andrea Reimann-Ciardelli. Es ist unklar, ob Reimann Kenntnis über Emilies jüdische Abstammung hatte. Reimanns Ehe blieb kinderlos; er adoptierte er im Februar 1965 seine Kinder aus der Beziehung mit Emilie Landecker.[5]

Im Jahr 2016 beauftragte die Familie Reimann den Historiker Paul Erker vom Institut für Zeitgeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München, die politische Vergangenheit der Familie sowie der Firma Joh. A. Benckiser GmbH zwischen den frühen 1920er Jahren bis 1945 zu erforschen.[6] Im Januar 2019 teilte Erker der Familie als Ergebnis seiner Nachforschungen mit, dass Albert Reimann sen. und Albert Reimann jun. Antisemiten und überzeugte Anhänger Adolf Hitlers und des Nationalsozialismus waren und außerdem von der Kriegswirtschaft profitierten. Darüber hinaus kam es während der Zeit des NS-Regimes in den Werken des Unternehmens zu Gewalt und Missbrauch an Zwangsarbeitern.[6] [7] Im März 2019 deckte die Bild am Sonntag auf, wie stark die Reimann-Familie in das Nazi-System verstrickt war. Im Juni 2019 entschloss sich die Familie Reimann zur Gründung dieser Stiftung. Die frühere „Benckiser Stiftung Zukunft" wurde in die Alfred Landecker Foundation überführt.[8] Mit der Namensgebung will sie zur Bewahrung seines Andenkens beitragen und auch an die sechs Millionen ermordeten Juden während des Nationalsozialismus erinnern.

Projektförderungen der Stiftung (Beispiele)

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Lehrstuhl an der Universität Oxford

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2019 wurde an der Universität Oxford ein neuer Lehrstuhl eingerichtet, die Alfred Landecker Professur für Werte und Public Policy, auf die der führende Philosoph Jonathan Wolff berufen wurde.[9] Im Dezember 2024 hat Tom Simpson die Professur übernommen.[10]

MARCHIVUM im NS-Dokumentationszentrum Mannheim

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Die multimediale und interaktive Dauerausstellung „Was hat das mit mir zu tun?" im MARCHIVUM erzählt die historische Entwicklung in Mannheim während der NS-Diktatur.[11] [12]

Claude Lanzmanns Audio-Archiv am Jüdischen Museum Berlin

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Im Rahmen der Förderung an das Jüdische Museum Berlin wird unveröffentlichtes Recherchematerial zu Claude Lanzmanns zweiteiligem Film „Shoah" digital aufbereitet, erschlossen und zugänglich gemacht.[13]

Landecker Digital Memory Lab an der University of Sussex

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Die Stiftung hat zusammen mit der Universität Sussex das Landecker Digital Memory Lab ins Leben gerufen. Das Lab soll als zentrale Plattform dienen, um Wissen über digitale Projekte zur Erinnerung an den Nationalsozialismus und den Holocaust zu sammeln.[14]

Partnerschaft mit der Universität zu Köln

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Die Alfred Landecker Foundation unterstützt die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Geschichts- und Völkerrechtswissenschaften an der Universität zu Köln. Durch die Förderung entstanden das Colleg Konrad Adenauer und die Gastprofessur Hans Kelsen Visiting Professorship for the History and Theory of International Law.[15]

Unterstützung des Bundesverband RIAS

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Der Bundesverband RIAS setzt sich unter anderem für die Erfassung und Dokumentation antisemitischer Vorfälle und die Unterstützung von Betroffenen ein.[16]

Zeitenwende on tour – Münchner Sicherheitskonferenz

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Die Stiftung unterstützt das von der Münchner Sicherheitskonferenz ins Leben gerufene Format Zeitenwende on tour, um mit den Menschen vor Ort den offenen Austausch über Deutschlands Sicherheits- und Europapolitik sowie den Umgang mit globalen Krisen zu suchen.

Andreas Eberhardt war 2019 Gründungsdirektor und bis Ende 2022 Geschäftsführer der Alfred Landecker Foundation.[17] Seine Nachfolgerinnen sind Lena Altman und Silke Mülherr als Co-Geschäftsführerinnen.[18] Vorstand der Stiftung und Vorsitzender des Stiftungsrats ist Peter Harf. Stellvertretende Vorsitzende ist Anna von Bayern.[19]

Einzelnachweise

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  1. Bernd Freytag: Industriellenfamilie: Die Reimanns stiften 250 Millionen Euro gegen Hass. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 17. Juni 2021]). 
  2. Alfred Landecker Stiftung - Über uns Website der Alfred Landecker Foundation. Abgerufen am 11. Juli 2019.
  3. Alfred Landecker. Wallstein Verlag, abgerufen am 7. Juni 2022. 
  4. Katrin Bennhold: Nazis Killed Her Father. Then She Fell In Love With One. nytimes.com, 14. Juni 2019, abgerufen am 25. Juli 2019 (englisch). 
  5. a b c Jennifer Smith: How the secret love affair between the daughter of a murdered Jew and a Nazi businessman sparked a dark scandal behind the company which owns Krispy Kreme and Keurig. Daily Mail Online, 14. Juni 2019, abgerufen am 21. Juli 2019 (englisch). 
  6. a b Christian Rickens: Unternehmerfamilien sollten ihre Rolle unterm Hakenkreuz erforschen. Handelsblatt, 25. März 2019, abgerufen am 21. Juli 2019. 
  7. Unternehmerfamilie Reimann arbeitet NS-Geschichte auf In: „wiwo.de". Abgerufen am 11. Juli 2019.
  8. Benckiser Stiftung Zukunft | Intro. Abgerufen am 21. Juli 2019. 
  9. „Europa ist die Lehre aus dem 8. Mai" - Wirtschaft. Abgerufen am 17. Juni 2021. 
  10. Tom Simpson appointed as the Alfred Landecker Professor of Values and... Abgerufen am 19. März 2025 (englisch). 
  11. "Was hat das mit mir zu tun?" | MARCHIVUM. Archiviert vom Original am 17. Oktober 2024; abgerufen am 19. März 2025. 
  12. Alfred Landecker | MARCHIVUM. Abgerufen am 19. März 2025. 
  13. Claude Lanzmanns Audio-Archiv. Abgerufen am 19. März 2025. 
  14. Stephanie Allen: Landecker Digital Memory Lab launches at the Imperial War Museum. Abgerufen am 19. März 2025 (englisch). 
  15. Langfristige Fördervereinbarung zwischen Uni Köln und der Alfred Landecker Foundation. 25. Oktober 2023, abgerufen am 19. März 2025 (deutsch). 
  16. Alfred Landecker | Unterstützung von RIAS e.V. Abgerufen am 19. März 2025. 
  17. Alfred Landecker Foundation Andreas Eberhardt
  18. Alfred Landecker Foundation: Pressemitteilung 9. Dezember 2022 In eigener Sache
  19. Alfred Landecker | Wer wir sind. Abgerufen am 21. März 2025. 
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