Ähnlichkeit (Matrix)
In dem mathematischen Teilgebiet lineare Algebra ist Ähnlichkeit eine Äquivalenzrelation auf der Klasse der quadratischen Matrizen. Ähnliche Matrizen beschreiben dieselbe lineare Selbstabbildung (Endomorphismus) bei Verwendung unterschiedlicher Basen.
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Zwei {\displaystyle n}-dimensionale quadratische Matrizen {\displaystyle A,B\in K^{n\times n}} über dem Körper {\displaystyle K} heißen zueinander ähnlich, wenn es eine reguläre Matrix {\displaystyle S\in K^{n\times n}} gibt, sodass
- {\displaystyle B=S^{-1}AS}
oder äquivalent
- {\displaystyle SB=AS}
gilt. Die Abbildung
- {\displaystyle A\mapsto B=S^{-1}AS}
heißt Ähnlichkeitsabbildung oder Ähnlichkeitstransformation. Ist eine Matrix einer Diagonalmatrix ähnlich, so heißt sie diagonalisierbar; ist sie einer oberen Dreiecksmatrix ähnlich, so heißt sie trigonalisierbar.
Beispiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die beiden reellen Matrizen
- {\displaystyle A={\begin{pmatrix}-3&2\\-1&0\end{pmatrix}}} und {\displaystyle B={\begin{pmatrix}2&3\\-4&-5\end{pmatrix}}}
sind zueinander ähnlich, denn mit der regulären Matrix
- {\displaystyle S={\begin{pmatrix}2&1\3円&2\end{pmatrix}}}
gilt
- {\displaystyle S^{-1}AS={\begin{pmatrix}2&-1\\-3&2\end{pmatrix}}\cdot {\begin{pmatrix}-3&2\\-1&0\end{pmatrix}}\cdot {\begin{pmatrix}2&1\3円&2\end{pmatrix}}={\begin{pmatrix}2&-1\\-3&2\end{pmatrix}}\cdot {\begin{pmatrix}0&1\\-2&-1\end{pmatrix}}={\begin{pmatrix}2&3\\-4&-5\end{pmatrix}}=B}.
Die Matrix {\displaystyle S} ist dabei nicht eindeutig bestimmt, denn auch jedes Vielfache {\displaystyle cS} mit {\displaystyle c\neq 0} erfüllt diese Identität.
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Kenngrößen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Zwei zueinander ähnliche Matrizen {\displaystyle A,B\in K^{n\times n}} haben das gleiche charakteristische Polynom, denn es gilt mit der Kommutativität der Einheitsmatrix {\displaystyle I\in K^{n\times n}}, dem Determinantenproduktsatz und der Determinante der Inversen
- {\displaystyle {\begin{aligned}\chi _{B}(\lambda )&=\det(\lambda I-B)=\det(\lambda I-S^{-1}AS)=\det(S^{-1}\lambda IS-S^{-1}AS)=\\&=\det(S^{-1}(\lambda I-A)S)=\det(S^{-1})\det(\lambda I-A)\det(S)=\det(\lambda I-A)=\chi _{A}(\lambda ).\end{aligned}}}
Daher haben zueinander ähnliche Matrizen
- die gleichen Eigenwerte (aber nicht notwendigerweise die gleichen Eigenvektoren),
- die gleiche Determinante und
- die gleiche Spur.
Außerdem haben zueinander ähnliche Matrizen
- den gleichen Rang,
- das gleiche Minimalpolynom und
- die gleiche jordansche Normalform.
Charakterisierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Zwei komplexe Matrizen sind genau dann zueinander ähnlich, wenn sie (bis auf die Reihenfolge der Jordanblöcke) die gleiche jordansche Normalform haben.
Allgemein sind nach dem Lemma von Frobenius zwei Matrizen {\displaystyle A} und {\displaystyle B} genau dann zueinander ähnlich, wenn sie die gleiche Frobenius-Normalform besitzen. Das ist genau dann der Fall, wenn ihre charakteristischen Matrizen {\displaystyle xI-A} und {\displaystyle xI-B} die gleiche Smith-Normalform aufweisen.
Äquivalenzklassen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die Ähnlichkeit von Matrizen ist eine Äquivalenzrelation, also reflexiv, symmetrisch und transitiv. Man schreibt
- {\displaystyle A\sim B},
wenn {\displaystyle A} und {\displaystyle B} zueinander ähnlich sind, und notiert die zu einer Matrix {\displaystyle A\in K^{n\times n}} zugehörige Äquivalenzklasse durch
- {\displaystyle [A]=\{B\in K^{n\times n}\mid B\sim A\}}.
Zum Beispiel besteht die Äquivalenzklasse der zu einem Vielfachen {\displaystyle cI} mit {\displaystyle c\in K} der Einheitsmatrix {\displaystyle I\in K^{n\times n}} ähnlichen Matrizen aus genau einem Element {\displaystyle \left[cI\right]=\{cI\}}, denn {\displaystyle S^{-1}(cI)S=cI} für alle regulären Matrizen {\displaystyle S\in K^{n\times n}}.
Die Ähnlichkeit von Matrizen ist ein Spezialfall der allgemeiner definierten Äquivalenz auf der Klasse der {\displaystyle (m\times n)}-Matrizen.
Berechnung der Transformationsmatrix
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Vorgehensweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Sind zwei zueinander ähnliche Matrizen {\displaystyle A,B\in K^{n\times n}} gegeben, so lässt sich eine Matrix {\displaystyle S}, mit der {\displaystyle B=S^{-1}AS} gilt, folgendermaßen ermitteln. Zunächst werden die beiden Matrizen {\displaystyle A} und {\displaystyle B} in die gleiche Frobenius-Normalform (oder, falls möglich, die gleiche Jordan-Normalform) {\displaystyle F\in K^{n\times n}} überführt. Sind die beiden hierzu verwendeten Ähnlichkeitstransformationen
- {\displaystyle F=G^{-1}AG} und {\displaystyle F=H^{-1}BH}
mit regulären Matrizen {\displaystyle G,H\in K^{n\times n}}, so folgt daraus durch Gleichsetzen
- {\displaystyle B=HG^{-1}AGH^{-1}=\left(GH^{-1}\right)^{-1}A\left(GH^{-1}\right)}.
Die gesuchte Transformationsmatrix ist demnach
- {\displaystyle S=GH^{-1}}.
Beispiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Seien die beiden {\displaystyle (2\times 2)}-Matrizen {\displaystyle A} und {\displaystyle B} wie im obigen Beispiel gegeben. Die charakteristischen Polynome der beiden Matrizen ergeben sich zu
- {\displaystyle \chi _{A}(\lambda )=\det(\lambda I-A)=(\lambda +3)\lambda +2=(\lambda +2)(\lambda +1)}
und
- {\displaystyle \chi _{B}(\lambda )=\det(\lambda I-B)=(\lambda -2)(\lambda +5)+12=(\lambda +2)(\lambda +1)}.
Die beiden charakteristischen Polynome stimmen also überein, wobei die Eigenwerte {\displaystyle \lambda _{1}=-2} und {\displaystyle \lambda _{2}=-1} sind. Weil das charakteristische Polynom vollständig in reelle Linearfaktoren zerfällt, lässt sich zu beiden Matrizen die gleiche Jordan-Normalform aufstellen, die in diesem Fall die Diagonalgestalt
- {\displaystyle F={\begin{pmatrix}-2&0\0円&-1\end{pmatrix}}}
hat. Die Transformationsmatrizen in die Jordan-Normalform haben dabei die Form {\displaystyle G=(v_{1}\mid v_{2})} und {\displaystyle H=(w_{1}\mid w_{2})}, wobei {\displaystyle v_{1},w_{1}} jeweils Eigenvektoren zum Eigenwert {\displaystyle \lambda _{1}=-2} und {\displaystyle v_{2},w_{2}} jeweils Eigenvektoren zum Eigenwert {\displaystyle \lambda _{2}=-1} sind. Für {\displaystyle A} ergeben sich zwei Eigenvektoren durch Lösung von {\displaystyle (-2I-A)v_{1}=0} und {\displaystyle (-I-A)v_{2}=0} als
- {\displaystyle v_{1}={\begin{pmatrix}2\1円\end{pmatrix}}} und {\displaystyle v_{2}={\begin{pmatrix}1\1円\end{pmatrix}}}.
Entsprechend ergeben sich für {\displaystyle B} zwei Eigenvektoren durch Lösung von {\displaystyle (2I+B)w_{1}=0} und {\displaystyle (I+B)w_{2}=0} als
- {\displaystyle w_{1}={\begin{pmatrix}3\\-4\end{pmatrix}}} und {\displaystyle w_{2}={\begin{pmatrix}1\\-1\end{pmatrix}}}.
Die beiden Transformationsmatrizen in die Jordan-Normalform {\displaystyle F} sind demnach
- {\displaystyle G={\begin{pmatrix}2&1\1円&1\end{pmatrix}}} und {\displaystyle H={\begin{pmatrix}3&1\\-4&-1\end{pmatrix}}},
und die gesuchte Ähnlichkeitstransformationsmatrix ist damit
- {\displaystyle S=GH^{-1}={\begin{pmatrix}2&1\1円&1\end{pmatrix}}\cdot {\begin{pmatrix}-1&-1\4円&3\end{pmatrix}}={\begin{pmatrix}2&1\3円&2\end{pmatrix}}}.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- Gerd Fischer: Lineare Algebra. 18. Auflage. Springer Spektrum, 2014, ISBN 978-3-8348-0996-4.