Stolpersteine in Österreich
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Die Stolper-, Gedenk- und Erinnerungssteine in Österreich werden einerseits durch den Künstler Gunter Demnig, andererseits durch fünf Wiener Initiativen gefertigt und verlegt.
Konzept
Die überwiegend in Gehsteigen eingelassenen, in Wien auch an Hausfassaden angebrachten Gedenktafeln erinnern an „mindestens 110.000 Österreicher und Österreicherinnen", die „der Verfolgung durch das nationalsozialistische Regime zum Opfer" fielen – sie wurden als Juden, als Roma und Sinti, als Homosexuelle oder aufgrund ihrer geistigen oder körperlichen Behinderungen ermordet, „sie starben wegen ihrer Widerstandsaktivitäten oder weil sie den Normen des NS-Staates nicht entsprachen".[1]
Demnigs Stolpersteine wurden bislang in sechs Bundesländern verlegt, erstmals 1997 auf Initiative von Andreas Maislinger in Sankt Georgen bei Salzburg. Der damalige Bürgermeister von St. Georgen, Friedrich Amerhauser, war der erste Bürgermeister weltweit, der eine behördliche Genehmigung für die Verlegung von Stolpersteinen ausstellte. Bislang hat Gunter Demnig in sechs österreichischen Bundesländern Stolpersteine verlegt:
In Wien wurden bislang keine Stolpersteine von Demnig verlegt, hingegen teilen sich die fünf Initiativen Steine der Erinnerung, Erinnern für die Zukunft, Steine des Gedenkens, Steine der Erinnerung Josefstadt und Steine der Erinnerung in Liesing die Aufgabe der Erinnerungsarbeit. Demnig selbst sieht die Wiener Steine der Erinnerung als Plagiat.
In den Bundesländern Burgenland und Tirol sowie in vier Wiener Gemeindebezirken (Simmering, Meidling, Hietzing und Donaustadt) sind bislang keine Verlegungen von Stolper- oder Gedenksteinen bekannt.
Kärnten
Die Stolpersteine in Klagenfurt sind überwiegend Bürgern und Bürgerinnen gewidmet, denen von den Nationalsozialisten jüdische Herkunft zugeschrieben wurde, sowie Widerstandskämpfern sozialistischer und kommunistischer Provenienz. Darüber hinaus wurde auch ein Stein für eine psychiatrische Patientin verlegt, die in der Tötungsanstalt Hartheim ums Leben gebracht wurde. Die zwei Stolpersteine für den einzigen gewürdigten Kärntner Slowenen, Anton Falle, einer in slowenischer Sprache und einer in deutscher Sprache, sind zumindest seit August 2015 nicht auffindbar.
Kärnten | Erstverlegung | Anzahl Stolpersteine | letzte Verlegung / Belege | Fotos | Liste |
---|---|---|---|---|---|
Klagenfurt am Wörthersee | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | 24 | 4. Juli 2014[2] |
Niederösterreich
Oberösterreich
Die Verlegungen im Bezirk Braunau am Inn erfolgten aufgrund von Recherchen und Initiativen der Historiker Florian Schwanninger und Andreas Maislinger. Auffallend an der Verteilung der Opfergruppen ist im Fall Oberösterreichs, dass nur sieben der 31 verlegten Steine die größte Opfergruppe betreffen, Menschen jüdischen Glaubens oder Herkunft: drei jüdische Frauen aus Wels und vier Mitglieder der Familie Baumann in Aigen im Mühlkreis. Darüber hinaus wurden Opfer aus politischen Gründen, eine Reihe von ermordeten Roma und Sinti, eine Zeugin Jehovas und drei Vertreter des katholischen Widerstands gewürdigt, darunter der später seliggesprochene Franz Jägerstätter.
Drei der verlegten Steine – der einzige von St. Johann am Walde und zwei der vier in Braunau am Inn verlegten – sind aus ungeklärten Gründen zumindest seit August 2015 nicht auffindbar.
Kärnten | Erstverlegung | Anzahl Stolpersteine | letzte Verlegung / Belege | Fotos | Liste |
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Aigen-Schlägl | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | 4 | 21. April 2013 | ||
Braunau am Inn | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | 4 | 11. August 2006 | ||
Hackenbuch | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | 1 | 11. August 2006 | ||
Hochburg-Ach | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | 1 | 11. August 2006 | ||
Maria Schmolln | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | 1 | 12. August 2006 | ||
St. Johann am Walde | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | 1 | 12. August 2006 | ||
St. Radegund | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | 1 | 11. August 2006 | ||
St. Veit im Innkreis | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | 1 | 12. August 2006 | ||
Wels | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | 6 | 14. August 2008 | ||
Weng im Innkreis | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | 1 | 17. Juli 2010 | ||
Weyer | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | 8 | 2. Juli 2011 |
Salzburg
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Steiermark
Stolpersteine
In Graz betreibt der Verein für Gedenkkultur die Verlegung von Stolpersteinen durch Demnig. Der Verein wurde Ende 2012 von Sabine Maurer (Vorsitzende des Grazer Komitees für christlich-jüdische Zusammenarbeit) und Daniela Grabe (Gemeinderätin, Grüne) gegründet und betreibt eine Website, die die persönliche Geschichte der Betroffenen textlich und die Verlegungen fotografisch dokumentiert.[3]
Die ersten Verlegungen erfolgten am 27. Juli 2013, weitere ebenfalls jeweils an einem Julitag der Folgejahre 2014 und 2015. Die Verlegungen erfolgen im Einvernehmen und in der Regel mit baulicher Vorbereitung durch den öffentlichen Strassenerhalter durch Öffnen des Strassenbelags, also Einschnitt oder Bohrung in Asphaltbeton oder einer Pflasterungsplatte oder Herausnahme kleinerer Pflasterungssteine. Für jede Person wird ein eigener Stein verlegt. Die Steine eines Elternpaars liegen in der Regel in Leserichtung nebeneinander, die von Kindern darunter. An einer Adresse wurden für 2 Familien mit insgesamt 8 Betroffenen die Steine entsprechend gruppiert. Die Leserichtung der Steine ist mal so dass man als Leser zum Haus hingewandt steht oder in einer Gehrichtung des Gehsteigs.
Im Februar 2015 wurden an und neben mehreren der – kupferhältigen – Messingplatten der Steine blaugrüne Verfärbungen festgestellt. Diese Farbe ist typisch für Kupferionen und -salze. Als Ursache wurde in den Medien chemischer Angriff durch Streusalz (Natriumchlorid, selten Kalziumchlorid) und Säureangriff mit Vandalismus-Absicht diskutiert, die Polizei nahm Proben, reinigte und ermittelte.[4] [5]
Steiermark | Erstverlegung | Anzahl Stolpersteine | letzte Verlegung / Belege | Fotos | Liste |
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Graz | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | 59 | 17. Juli 2015[6] |
Schriftzug am Gehsteig
Ein anderes Kunstobjekt aus 2013, zum 75. Jahrestag der Novemberpogrome, vermittelt auf Gehsteigen in Graz ebenfalls nationalsozialistisch motivierte Gewalt, nämlich den Übergriff auf den Rabbiner David Herzog, der 1938 nachts als 70-Jähriger von jungen Männern aus der Wohnung geholt, zur brennenden Synagoge getrieben und dabei misshandelt wurde. Auf eben diesem Weg entlang der Gehsteige von Radetzkystraße und -brücke, Brückenkopfgasse und Griesplatz wurde von der Künstlerin Catrin Bolt ein Schriftband aus schwarzen Helvetica-Großbuchstaben mit etwa 15 cm Höhe über mehrere hundert Meter gemalt, das beim Entlanggehen – in Schreibrichtung – zum Mitlesen seines persönlichen Berichts einlädt. Flüssigeres Erfassen des Inhalts der Worte des Rabbiners wird durch Rollen auf Inline-Skates möglich; auch in diesem Fall ist der Kopf etwas schräg zu halten. Da der Schriftzug eher nahe an Hauswänden oder den fahrbahnseitigen Gehsteigrändern liegt, unterliegt er weniger dem Abrieb durch die Schuhe der Gehenden und hat sich mehr als 2 Jahre überwiegend lesbar erhalten. 2015 wurde beschlossen, das temporär angelegte Projekt von Kunst im öffentlichen Raum, nicht durch Nachmalen aufzufrischen.[7] [8]
Vorarlberg
Den Opfern der Kinder-Euthanasie und der Aktion T4, der gezielten Ermordung geistig oder körperlich behinderter Erwachsener durch das NS-Regime, gewidmet sind die sechs Stolpersteine, die 2011 in der Bregenzerwälder Gemeinde Lingenau verlegt wurden. Das Lebensalter der getöteten Opfer reichte von der noch nicht 8-jährigen Maria Rosa Bechter bis zur 82-jährigen Anna Brugger.
Die Blütezeit der jüdischen Gemeinde von Hohenems lag in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. An ihrem Höhepunkt zählt die Gemeinde 564 Menschen. Auf Grund der Dezemberverfassung 1867 kam es zu einer starken Abwanderung in benachbarte Städte und Orte und 1935 zählte die jüdische Gemeinde nur mehr 35 Mitglieder. Nach der Annexion Österreichs im Jahr 1938 kam es zu einer radikalen Enteignung aller Besitztümer, Grundstücke und Häuser von Menschen jüdischer Herkunft und zur physischen Vernichtung aller in Hohenems verbliebenen Juden und Jüdinnen. Daran erinnern seit 2014 neun Stolpersteine.
Vorarlberg | Erstverlegung | Anzahl Stolpersteine | letzte Verlegung / Belege | Fotos | Liste |
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Hohenems | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | 9 | 30. Juni 2014[9] | ||
Lingenau | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | 6 | Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort[10] |
Erinnerungs- und Gedenksteine in Wien
Alle fünf Initiativen für Wiener Erinnerungs- und Gedenksteine der Opfer des NS-Regimes beruhen zwar auf dem Konzept der Stolpersteine von Gunter Demnig, lehnen aber unisono den Begriff Stolpersteine ab. Initiator Kilian Franer dazu: „Wir haben in unserem Bezirk keine Stolpersteine. Wir legen vielmehr Wert darauf, dass niemand bei uns stolpert, weil wir unseren Bezirk barrierefrei gestalten wollen. Ich weiß schon, dass der Ausdruck metaphorisch gemeint ist, aber dennoch lehnen wir ihn ab."[11] Die Wiener Steine heißen Steine des Gedenkens, Steine der Erinnerung oder Erinnern für die Zukunft, sie sind nicht nur im Trottoir angebracht, sondern in Einzelfällen – sofern die Genehmigung der Hausinhabung vorlag – auch als Wandtafeln an der Fassade.
Gunter Demnig im Jahr 2012: „Wien wollte, dass wir mit den Hausbesitzern verhandeln, was natürlich gar nicht geht. Auch in Wien gehört das Trottoir der Stadt. Eine Frau ist dann selbst initiativ geworden, hat mit der Bezirksvorsteherin vereinbart, dass Stolpersteine auf zentralen Plätzen verlegt werden. Da habe ich nicht mitgemacht. Es heißt nun "Straße der Erinnerung", aber das ist ein ganz anderes Konzept. Außerdem sind es gefräste Steine, was für mich überhaupt nicht geht. Fabrikarbeit ist viel zu nah an der Vernichtungsmaschinerie. Die Steine müssen mit der Hand gemacht werden. Aber wir lassen das jetzt so. Alle anderen in Österreich wollen meine Steine, außer in Wien."[12]
Die fünf Wiener Vereine, die Gedenksteine in Wien verlegen, sind:
- Erinnern für die Zukunft, Gedenksteine in Wien-Mariahilf
- Steine der Erinnerung, Gedenksteine in Wien-Leopoldstadt und in einer Reihe weiterer Wiener Gemeindebezirke
- Steine der Erinnerung in Liesing, Gedenksteine in Wien-Liesing
- Steine der Erinnerung Josefstadt, Gedenksteine in Wien-Josefstadt
- Steine des Gedenkens, Gedenksteine in Wien-Landstraße und in weiteren Wiener Gemeindebezirken
Ort | Erstverlegung | Anzahl Steine und Tafeln | Anzahl Opfer | letzte Verlegung / Belege | Fotos | Liste |
---|---|---|---|---|---|---|
Wien-Innere Stadt | 2. Juli 2009 | 16 | 13. Juni 2014 | |||
Wien-Leopoldstadt | rund 1.140 | [13] | ||||
Wien-Landstraße | rund 15 | 11. November 2012[14] | ||||
Wien-Wieden | 27. April 2011 | 11 | 24 | 5. November 2015 | ||
Wien-Margareten | 24. April 2011 | 3 | 9 | 29. April 2013 | ||
Wien-Mariahilf | rund 700 | [15] | ||||
Wien-Neubau | 30. Oktober 2009 | 11 | 26 | 3. Juni 2014 | ||
Wien-Josefstadt | unbekannt | |||||
Wien-Alsergrund | 4. Mai 2008 | ca. 40 | 21. September 2014 | |||
Wien-Favoriten | 8. Mai 2009 | 10 | 25 | 20. Mai 2014 | ||
Wien-Penzing | 3. Juni 2011 | 1 | 3 | 3. Juni 2011 | ||
Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus | 11. Oktober 2010 | 4 | 12 | 24. April 2014 | ||
Wien-Ottakring | 7. Mai 2008 | 1 | 2 | 7. Mai 2008 | ||
Wien-Hernals | 12. Oktober 2012 | 3 | 24 | 12. Oktober 2012 | ||
Wien-Währing | 4. Mai 2011 | 7 | 16 | 25. April 2013 | ||
Wien-Döbling | September 2009 | 5 | 12 | 12. September 2014 | ||
Wien-Brigittenau | 28. Oktober 2008 | 47 | 24. Oktober 2014 | |||
Wien-Floridsdorf | 17. Mai 2014 | 2 | 3 | 17. Mai 2014[16] | ||
Wien-Liesing | 9. November 2013 | 21 | 34 | 7. November 2015[17] |
In den Wiener Gemeindebezirken 11 bis 13, sowie 22 wurden bislang keine Erinnerungs- oder Gedenksteine verlegt.
Siehe auch
Weblinks
- Stolpersteine, offizielle Webpräsenz
Einzelnachweise
- ↑ Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes: Die Namen der österreichischen Opfer politischer Verfolgung durch das NS-Regime erstmals erfasst , abgerufen am 12. Mai 2015
- ↑ klagenfurt.at: Stolpersteine
- ↑ http://diepresse.com/home/politik/1435475/Graz_Stolpersteine-erinnern-an-NSOpfer Graz: "Stolpersteine" erinnern an NS-Opfer, diepresse.com, 29. Juli 2013, abgerufen 27. Jänner 2016.
- ↑ http://steiermark.orf.at/news/stories/2694564/ NS-Gedenksteine in Graz beschädigt, orf.at, 13. Februar 2015, abgerufen 27. Jänner 2016.
- ↑ http://www.kleinezeitung.at/s/steiermark/graz/4661646/GRAZ_Vandalismus-Wirbel-um-NaziopferGedenksteine Vandalismus? Wirbel um Naziopfer-Gedenksteine, kleinezeitung.at, 12. Februar 2015, abgerufen 27. Jänner 2016.
- ↑ Stolpersteine in Graz Dritte Stolpersteinverlegung. In: www.stolpersteine-graz.at. Abgerufen am 28. Januar 2016.
- ↑ http://www.meinbezirk.at/graz/lokales/schriftband-als-gedenken-fuer-rabbiner-david-herzog-d739549.html Schriftband als Gedenken für Rabbiner David Herzog, meinbezirk.at, 29. Oktober 2013, abgerufen 27. Jänner 2016. – Video (07:45)
- ↑ http://www.annenpost.at/2013/11/07/geschichte-wird-wieder-sichtbar-gemacht/ Jacqueline Winkler: Geschichte wird wieder sichtbar gemacht, annenpost.at, 7. November 2013, abgerufen 27. Jänner 2016. – Lageplan.
- ↑ hohemems.at: „Stolpersteine" erinnern künftig an die jüdischen Opfer der NS-Zeit
- ↑ Stolpersteine-Verlegung in Lingenau abgerufen am 13. Januar 20515
- ↑ Das jüdische Echo, a.a.O.
- ↑ Wiener Zeitung: Interview mit Gunter Demnig , geführt von Bernadette Conrad, 8. Juni 2012
- ↑ www.steinedererinnerung.net
- ↑ Steine des Gedenkens
- ↑ Erinnern für die Zukunft
- ↑ www.steinedererinnerung.net
- ↑ Steine der Erinnerung in Liesing
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