Ascona
Ascona, im alpinlombardischen Ortsdialekt Scona [ˈʃkona ], ist eine politische Gemeinde im Schweizer Kanton Tessin (Bezirk Locarno, Kreis Isole). Die früheren deutschen, auf dem Lombardischen beruhenden Namen Aschgunen beziehungsweise Aschgonen werden heute nicht mehr verwendet.
Geographie
Das ehemalige Fischerdorf und der Kurort liegen am Nordufer des Lago Maggiore, westlich der Stadt Locarno, südlich von Losone, östlich von Ronco sopra Ascona, Brissago und Centovalli. Ascona ist zudem die tiefstgelegene Ortschaft der Schweiz, da der Dorfkern unmittelbar am See liegt. Weitere Ortsteile heissen San Materno, San Michele, Monte Verità und Moscia. Auch der südwestliche, flache Teil des Maggia-Deltas, das den Namen Saleggi trägt, gehört zum Gemeindegebiet. Die Gemeindegrenze reicht im Westen über den bewaldeten Berg und Aussichtspunkt Corona dei Pinci hinaus, der auf 1.293 m ü. M. liegt.
Geschichte
Ausgrabungen von 1969 in und um die Kirche San Michele brachten neolithische Feuersteine und Keramikscherben zutage. In der Nekropole von San Materno wurde Keramik aus der mittleren und späten Bronzezeit gefunden. Auf dem nahen Hügel Baladrum lag um 1.000 v. Chr. eine befestigte Höhensiedlung, von der noch Resten von Trockenmauern vorhanden sind.
Ascona taucht in schriftlichen Quellen erstmals 1189 auf, als der Bischof Anselmo von Como Pietro de Duni und anderen Adligen Ländereien in Ascona und Locarno samt der Burg San Michele in Lehen gab, die diese danach ausbauten. Um 1250 verlegten die Mailänder Geschlechter Griglioni und die Carcani als Kriegsflüchtlinge ihren Sitz nach Ascona und bauten Burgen direkt am Seeufer, wo heute die Seepromenade liegt. Etwa gleichzeitig nahm die Familie Orelli einen Teil der Burg in Besitz, den sie umstrukturierten und ausbauten. Um 1400 verlagerte die Familie Duni ihren Wohnsitz von der Burg San Michele ins Dorf hinunter, wodurch Baufälligkeit und Zerfall der Burg begannen. Im 17. Jahrhundert wurde die baufällige Burgkapelle durch die Kirche San Michele ersetzt.[5]
Bis ins 16. Jahrhundert bildeten Ascona und Ronco eine einzige Gemeinde. Bei der damaligen Trennung der Gemeinden behielt Ascona bis heute einen merkwürdig anmutenden circa 100 m breiten Streifen Buchenwaldes, der sich auf circa 1200 m ü. M. etwa 4 km nach Westen hinzieht. Grund für diesen territorialen Anspruch war damals die Nutzung des Buchenholzes für die Köhlerei. Noch heute sind Spuren zweier Kohlenmeiler erkennbar, und der Flurname Carbonera erinnert ebenfalls an die ehemalige Bedeutung dieses Waldes.[6]
Ascona gehörte einst zu Mailand (siehe den Hauptartikel → Geschichte Mailands) und ab 1403 und 1512 als Ennetbergische Vogtei zur Alten Eidgenossenschaft. Nach der Ausrufung der Helvetischen Republik 1798 und der Bildung der beiden Kantone Bellinzona und Lugano, die sich 1802 zum Kanton Tessin zusammenschlossen, wurde Ascona Teil der Schweiz (siehe den Hauptartikel →Geschichte des Kantons Tessin).
Der Hügel über Ascona, der Monte Verità, besass in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – insbesondere zwischen 1900 und 1920 – eine grosse kulturelle Bedeutung. Dort sammelten sich Aussteiger und Weltverbesserer und verkündeten in einer einzigartigen Mischung freie Liebe, Vegetarismus, Anarchie und kommunitäres Gedankengut.
Heute lebt Ascona vom Tourismus und beherbergt in der Sommersaison rund 20'000 bis 25'000 Feriengäste.[7]
Bevölkerung
Im Jahr 2000 sprachen 66 % der Einwohner Italienisch.[7]
Verkehr
Der öffentliche Nahverkehr wird durch die Busse der Ferrovie autolinee regionali ticinesi sichergestellt:
- Bus Nr. 1 fährt von Ascona nach Locarno und über Minusio nach Tenero und zurück
- Bus Nr. 316 verbindet Locarno mit Ascona, Moscia, Porto Ronco und Brissago
Ende der 80er Jahre wurde unter dem Monte Verità ein 1,1 km langer Strassentunnel gebaut. Zuvor durchquerten die Autos die Asconeser Innenstadt, wodurch es dort besonders in der Ferienzeit zu langen Staus kam. Heute fahren die Autos durch den Tunnel an Ascona vorbei, die alte Uferstrasse dient als Fussgängerzone und dem Anliegerverkehr.
Der Sportflugplatz wurde aufgegeben, der nächstgelegene ist der Aeroporto cantonale di Locarno östlich von Locarno.
Sehenswürdigkeiten
- Sakralbauten
- Pfarrkirche Santi Pietro und Paolo (1599–1630) mit Altarbild der Krönung Mariens von Giovanni Serodine [8] [9] [10]
- Kirche Santa Maria della Misericordia (1519) mit spätgotischem Freskenzyklus und Polyptychon im Renaissancestil von Antonio de Lagaia[11] [12] [9] [13] [14]
- Kirche San Michele[15] und Burgruine[16] [17]
- Oratorium Santi Fabiano und Sebastiano mit Fresken von Seregnesi [9] [18]
- Oratorium Madonna della Ruga[9] [19]
- Kirche Madonna della Fontana[9] [20] und Betkapelle[21]
- Zivilbauten
- Collegio Papio (1585) mit Renaissancehof und Flachrelief[22] [9] [23]
- Wohnhaus Borromeo[24]
- Wohnhaus Duno mit Wappenschild[25]
- Wohnhaus Tamaro[26]
- Casa Serodine, gegen 1620 von Cristoforo und Giovanni Battista Serodine erbaut[9] [27] [28]
- Casa Ressiga mit Fresko Madonna della seggiola[29]
- Gemeindes Kunstmuseum[30] [9]
- Museo Castello San Materno[31]
- Theater San Materno (1927/1928), Architekt: Carl Weidemeyer [32] [9] [33]
- Villa San Materno mit romanischer Kapelle[9] [34]
- Museum Epper[35] [9]
- Strandbad (Lido pubblico patriziale) (1981/1986), Architekt: Livio Vacchini [9]
- Casino Kursaal Lido (1930/1933), Architekt: Otto Zollinger [9]
- Villa (Wohnhaus Koerfer), Architekt: Marcel Breuer [36] [9]
- Zentrum Monte Verità [37] [38] [9]
- Gasthof Monte Verità (1926/1929), Architekt: Emil Fahrenkamp [9] [39]
- Wohnhaus Anatta (Museum) (1904), Architekt: Henri Oedenkoven [9] [40]
- Einfamilienhaus Tuia, Architekt: Richard J. Neutra [9] [41]
- Villa Chiara-Oppenheimer (1934/1935), Architekt: Carl Weidemeyer[9] [42]
- Ehemaliges Schloss Griglioni, heute Albergo Castello[43] und Portal[44]
- Friedhof mit Statuen von Fiorenzo Abbondio [9]
- Balladrum (prähistorische/ mittelalterliche Siedlung)[45] [9] [46]
Kultur
- Monte Verità (siehe oben unter Geschichte).
- Fondazione Eranos [47] [48]
- Fondazione Marianne Werefkin [9]
- Museo comunale d'arte moderna Ascona [9] [49]
- Abgraphics Fine Art Print[50]
- Fondazione Rolf Gérard[51]
- Collezione AcquestArte[52]
- Archivio Bissier[53]
Veranstaltungen
- Jedes Jahr im Sommer findet in den Strassen von Ascona das JazzAscona-Festival statt.
Sport
Der 18-Loch-Golfplatz von Ascona ist Mitgliedsplatz eines 1928 gegründeten Golfclubs. Der von britischen Architekten gebaute Platz liegt in einer Parklandschaft nahe dem Seeufer und war mehrfach Austragungsort internationaler Turniere.
In Ascona befindet sich die weltweit älteste Minigolf-Anlage, eröffnet 1954.[54] [55] [56] [57]
Während der Fußball-Europameisterschaft 2008 schlug die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in Ascona ihr Mannschaftsquartier auf und reiste von Ascona zu den jeweiligen Spielorten. Auch für die Fußball-Europameisterschaft 2016 wird die Mannschaft wieder in Ascona gastieren und von dort die Spielorte in Frankreich bereisen.[58]
Ascona hat einen eigenen Fussball-Club, den Football Club Ascona.[59]
Persönlichkeiten
Bilder
-
Kirche Santi Pietro e Paolo in Ascona
-
Maggia-Delta mit Ascona im Lago Maggiore
-
Blick auf Ascona vom Lago Maggiore aus
-
Panorama der Uferpromenade
-
Ascona (vorne) und Locarno (hinten) am Maggiadelta
-
Uferpromenade von Ascona bei Nacht
Literatur
- Geschichte
- Rosanna Janke, Rodolfo Huber: Ascona.. In: Historisches Lexikon der Schweiz ..
- Martino Signorelli: Ascona. In: Storia della Val Maggia. Tipografia Stazione SA, Locarno 1972, S. 6, 38, 44, 142, 181, 191, 203–205, 332, 336, 376–377, 429.
- Charles Knapp, Maurice Borel, Victor Attinger, Heinrich Brunner, Société neuchâteloise de géographie (Hrsg.): Geographisches Lexikon der Schweiz. Band 1: Aa – Emmengruppe. Verlag Gebrüder Attinger, Neuenburg 1902, S. 97 f., Stichwort Ascona (Scan der Lexikon-Seite).
- Curt Riess: Ascona, Geschichte des seltsamsten Dorfes der Welt. Europa, Zürich 1964.
- Erich Mühsam: Ascona und Wiedersehen mit Ascona. Vereinigte Texte aus den Jahren 1905, 1930 und 1931. Sanssouci, Zürich 1979, ISBN 3-7254-0333-3.
- Werner Ackermann alias Robert Landmann: Ascona – Monte Verità. Auf der Suche nach dem Paradies. Benziger, Zürich 1973; Huber, Frauenfeld 2000, ISBN 3-7193-1219-4.
- Stefan Lehmann: Ascona Collina San Michele. 5000 Jahre Geschichte. Dadò, Locarno 2011. ISBN 978-88-8281-320-8
- Kunstgeschichte
- Johann Rudolf Rahn: Ascona. In: I monumenti artistici del medio evo nel Cantone Ticino. Tipo-Litografia di Carlo Salvioni, Bellinzona 1894, S. 5–14.
- Marianne Werefkin: Impressionen von Ascona. Galleria via Sacchetti, Ascona 1988.
- Michela Zucconi-Poncini: Ascona. (= Schweizerische Kunstführer, Band 744/745, Serie 74). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (GSK). Bern 2003, ISBN 3-85782-744-0.
- Simona Martinoli und andere: Guida d’arte della Svizzera italiana. Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Edizioni Casagrande, Bellinzona 2007, ISBN 978-88-7713-482-0.
Weblinks
- Offizielle Website der Gemeinde Ascona
- Daten der Gemeinde Ascona
- Offizielle Website von Ascona-Locarno Tourismus
- Ascona: Kulturgüterinventar des Kantons Tessin
- Amt für Statistik des Kantons Tessin: Ascona (italienisch)
- Bundesinventar ISOS: Ascona (PDF; 3,1 MB)
- Ascona: ASTi, catalogo dei fondi fotografici
- Ascona auf elexikon.ch
- Ascona auf ticinarte.ch
- Ascona auf der Plattform ETHorama
Einzelnachweise
- ↑ Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
- ↑ Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
- ↑ Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
- ↑ Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
- ↑ Stefan Lehmann: Ascona Collina San Michele. 5000 Jahre Geschichte. Dadò, Locarno 2011. ISBN 978-88-8281-320-8, Seiten 24–110.
- ↑ Siehe SwissTopo.
- ↑ a b c d e f g h i j Rosanna Janke, Rodolfo Huber: Ascona.. In: Historisches Lexikon der Schweiz ..
- ↑ Pfarrkirche Santi Pietro und Paolo
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w Simona Martinoli und andere: Guida d’arte della Svizzera italiana. Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Edizioni Casagrande, Bellinzona 2007, S. 151, 193–201, 204, 210, 246, 248, 260.
- ↑ Pfarrkirche Santi Pietro und Paolo (Foto)
- ↑ Daniela Pace, Michela Zucconi-Poncini: Die Kirche S. Maria della Misericordia und das Collegio Papio in Ascona. (= Schweizerische Kunstführer, Nr. 907, Serie 91). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (GSK). Bern 2012, ISBN 978-3-03797-052-2.
- ↑ Kirche Santa Maria della Misericordia und Collegio Papio
- ↑ Kirche Santa Maria della Misericordia (Foto)
- ↑ Renzo Dionigi: Kirche Santa Maria della Misericordia, Fresken. Aufgerufen am 31. Oktober 2013.
- ↑ Kirche San Michele (Foto)
- ↑ Kirche San Michele und Burgruine
- ↑ Kirche San Michele und Burgruine (Foto)
- ↑ Oratorium Santi Fabiano und Sebastiano (Foto)
- ↑ Oratorium Madonna della Ruga (Foto)
- ↑ Kirche Madonna della Fontana (Foto)
- ↑ Betkapelle Madonna della Fontana (Foto)
- ↑ Daniela Pace, Michela Zucconi-Poncini: Die Kirche S. Maria della Misericordia und das Collegio Papio in Ascona. 2012.
- ↑ Collegio Papio (Foto)
- ↑ Wohnhaus Borromeo (Foto)
- ↑ Wohnhaus Duno mit Wappenschild (Foto)
- ↑ Wohnhaus Tamaro (Foto)
- ↑ Casa Serodine (Foto)
- ↑ Casa Serodine
- ↑ Casa Ressiga mit Fresko Madonna della seggiola
- ↑ Gemeindes Kunstmuseum
- ↑ Museo Castello San Materno
- ↑ Theater San Materno
- ↑ Theater San Materno (Foto)
- ↑ Villa San Materno mit romanischer Kapelle (Foto)
- ↑ Museum Epper
- ↑ Villa Koerfer (PDF; 49 kB)
- ↑ Zentrum Monte Verità
- ↑ Museum Monte Verità
- ↑ Albergo Monte Verità (Foto)
- ↑ Wohnhaus Anatta (Museum) (Foto)
- ↑ Einfamilienhaus Tuia (PDF; 50 kB)
- ↑ Villa Chiara-Oppenheimer (Foto)
- ↑ Ehemaliges Schloss Griglioni, heute Albergo Castello (Foto)
- ↑ Portal (Foto)
- ↑ Balladrum (prähistorische/ mittelalterliche Siedlung)
- ↑ Balladrum (Foto)
- ↑ Fondazione Eranos
- ↑ Eranos Ascona
- ↑ Museo comunale d’arte moderna Ascona
- ↑ Abgraphics Fine Art Print
- ↑ Fondazione Rolf Gérard
- ↑ Collezione AcquestArte
- ↑ Archivio Julius Bissier
- ↑ Älteste Minigolfanlage der Welt in Ascona aufgerufen am 22. April 2013
- ↑ Eco di Locarno, 11. Mai 1991
- ↑ Jubilee
- ↑ Beitrag zum 60. Geburtstag der Minigolfanlage in Ascona auf www.minigolfverband.ch
- ↑ Mitteilung des DFB, 10. November 2015
- ↑ Football Club Ascona