RGT-Regel
Die RGT-Regel (Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel, auch van-’t-Hoff’sche Regel) ist eine Faustregel der chemischen Kinetik und erlaubt die Abschätzung vieler Phänomene der Chemie, Biochemie und Ökologie. Sie besagt, dass chemische Reaktionen bei einer um 10 K (das entspricht 10 °C) erhöhten Temperatur ungefähr doppelt bis viermal so schnell ablaufen.[1] Die RGT-Regel wurde 1884 von dem niederländischen Chemiker Jacobus Henricus van ’t Hoff aufgestellt und 1889 von Svante Arrhenius zur Arrhenius-Gleichung ausgebaut.
Beispiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die Arrhenius-Gleichung lautet:
- {\displaystyle k=A\cdot \exp \left({\frac {-E_{\text{A}}}{RT}}\right)}
Betrachtet man eine chemische Reaktion mit einer Aktivierungsenergie von EA = 60 kJ·mol−1 zwischen 27 °C und 37 °C, d. h. zwischen {\displaystyle T_{1}=300\ {\text{K}}} und {\displaystyle T_{2}=310\ {\text{K}}}, so gilt für die Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten:
- {\displaystyle k_{1}=A\cdot \exp \left({\frac {-E_{\text{A}}}{RT_{1}}}\right)} und {\displaystyle k_{2}=A\cdot \exp \left({\frac {-E_{\text{A}}}{RT_{2}}}\right)}.
Nach der RGT-Regel sollte das Verhältnis der Reaktionsgeschwindigkeiten {\displaystyle k_{2}/k_{1}}ungefähr den Faktor 2 bis 4 ergeben. Man beachte, dass sich der Berechnung der Koeffizient {\displaystyle A} herauskürzt:
- {\displaystyle {\frac {k_{2}}{k_{1}}}={\frac {A\cdot \exp \left({\frac {-E_{\text{A}}}{RT_{2}}}\right)}{A\cdot \exp \left({\frac {-E_{\text{A}}}{RT_{1}}}\right)}}={\frac {\exp \left({\frac {-E_{\text{A}}}{RT_{2}}}\right)}{\exp \left({\frac {-E_{\text{A}}}{RT_{1}}}\right)}}=\exp {\left({\frac {-E_{\text{A}}}{RT_{2}}}-{\frac {-E_{\text{A}}}{RT_{1}}}\right)}=\exp \left[{{\frac {-E_{\text{A}}}{R}}\left({\frac {1}{T_{2}}}-{\frac {1}{T_{1}}}\right)}\right]=\exp \left[{{\frac {E_{\text{A}}}{R}}\left({\frac {1}{T_{1}}}-{\frac {1}{T_{2}}}\right)}\right]}
Das Einsetzen der Zahlenwerte bestätigt die RGT-Regel: nämlich eine (ungefähre) Verdopplung der Reaktionsgeschwindigkeit bei einer Temperaturerhöhung um 10 K.
- {\displaystyle {\frac {k_{2}}{k_{1}}}=\exp {\left[{\frac {60000\ {\frac {\rm {J}}{\rm {mol}}}}{8,314\ {\frac {\rm {J}}{\rm {mol\cdot K}}}}}\left({\frac {1}{300\ {\rm {K}}}}-{\frac {1}{310\ {\rm {K}}}}\right)\right]}=2{,}17...\ \approx 2}
Der Faktor, um den die Reaktionsgeschwindigkeit konkret steigt, wenn die Temperatur um 10 K erhöht wird, heißt {\displaystyle Q_{10}}-Wert:
- {\displaystyle Q_{10}=\left({\frac {k_{2}}{k_{1}}}\right)^{\frac {10,円\mathrm {K} }{T_{2}-T_{1}}}}
Dabei bezeichnen {\displaystyle k_{1}} und {\displaystyle k_{2}} die jeweilige Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten bei der Temperatur {\displaystyle T_{1}} bzw. {\displaystyle T_{2}}. Bei größeren Temperaturdifferenzen wird die RGT-Regel zunehmend ungenau und gilt hier deswegen im Allgemeinen nicht mehr.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 101. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 1995, ISBN 3-11-012641-9, S. 198.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- ↑ Michael Binnewies: Allgemeine und Anorganische Chemie. 3., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin 2016, ISBN 978-3-662-45067-3, S. 363.