Muscarin

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Strukturformel
Strukturformel von L(+)-Muscarin
Gegenion (meist Chlorid) nicht abgebildet
Allgemeines
Name Muscarin
Andere Namen
  • L-(+)-Muscarin
  • (2S,4R,5S)-(4-Hydroxy-5-methyl-tetrahydrofuran-2-ylmethyl)-trimethyl-ammonium
Summenformel C9H20NO2+
Kurzbeschreibung

hygroskopische Nadeln[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 206-094-1
ECHA-InfoCard 100.005.541
Eigenschaften
Molare Masse 174,26 g·mol −1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

181,5–182 °C [1]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
H- und P-Sätze H: 302​‐​319
P: 305+351+338 [2]
Toxikologische Daten

0,23 mg·kg−1 (LD50Mausi.v.)[1]

Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Muscarin ist ein Pilzgift.

Muscarin wirkt an den muskarinischen Acetylcholinrezeptoren der Synapsen wie Acetylcholin. Es wird von dem Enzym Acetylcholinesterase nicht abgebaut. Dies führt dann zu einer Dauererregung.[3] Seine Wirkungen sind vermehrter Speichel- und Tränenfluss, Pupillenverengung (Miosis), Schweißausbruch, Erbrechen, Durchfall und Kreislaufkollaps.[1] Eine Vergiftung kann auch zu einer Herzlähmung und damit zum Tod führen.

Bei einer Muscarin-Vergiftung steht Atropin als Antidot zur Verfügung.

Fliegenpilz (Amanita muscaria)
Trichterlinge (z. B. Clitocybe quisquiliarum )

Muscarin wurde ursprünglich (1869) im Fliegenpilz (Amanita muscaria) als erstes Pilzgift entdeckt und nach diesem benannt; anfangs wurde es auch als Ursache für dessen Gift-/Rauschwirkung vermutet. Nach späteren Erkenntnissen kommt es dort jedoch nur in Spuren (2–3 mg/kg) vor, für die Wirkung des Fliegenpilzes sind tatsächlich die Substanzen Ibotensäure und Muscimol (etwa 500 mg/kg) ursächlich. In größeren Mengen kommt Muscarin jedoch in verschiedenen Trichterlingen und Risspilzen vor[3] (Risspilze enthalten die bis zu 200-fache Muscarinmenge eines Fliegenpilzes) und ist ursächlich für deren Giftwirkung.

Selektivität für muskarinische Rezeptoren

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Das natürlich vorkommende L-(+)-Muscarin aktiviert unspezifisch muskarinische Acetylcholinrezeptoren, ist aber nahezu unwirksam an nikotinischen Acetylcholinrezeptoren. Diese Selektivität geht bei verschiedenen synthetischen Abkömmlingen des Muscarins weitgehend verloren. Beispielsweise aktiviert (−)-Muscaron muskarinische und nikotinische Acetylcholinrezeptoren mit einer vergleichbaren Affinität wie Acetylcholin selbst. Auch andere Stereoisomere des Muscarins sind weniger selektiv für muskarinische Rezeptoren und insgesamt weniger wirksam als L-(+)-Muscarin.[4] Das natürlich vorkommende Muscaridin ist pharmakologisch wenig charakterisiert.

  • Taschenatlas der Toxikologie, Franz-Xaver Reichl, 2. aktualisierte Auflage, Juli 2002, ISBN 3-13-108972-5.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f Eintrag zu Muscarin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 1. April 2014.
  2. a b Datenblatt (±)-Muscarine chloride hydrate bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 12. April 2011 (PDF).
  3. a b Albert Gossauer: Struktur und Reaktivität der Biomoleküle. Verlag Helvetica Chimica Acta, Zürich, 2006, ISBN 3-906390-29-2, S. 243.
  4. P. G. Waser: Struktur und Wirkung des Muscarins, des Muscarons und ihrer Stereoisomeren. In: Experientia. Band 14, Nr. 10, Oktober 1958, S. 356, doi:10.1007/BF02159151 . 
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