Landkreis Allenstein
Wappen | Deutschlandkarte |
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Wappen des Landkreises Allenstein | Lage des Landkreises Allenstein in Deutschland 1944/45 |
Basisdaten (Stand 1945) | |
gegründet | 1818 |
aufgelöst | 1945 |
Land | Preußen (Deutschland bis 1945) |
Provinz | Ostpreußen |
Regierungsbezirk | Allenstein |
Sitz der Verwaltung | Allenstein |
Fläche | 1302,58 km2 |
Einwohner | 57.150 (17. Mai 1939) |
Bevölkerungsdichte | 43,9 Einwohner je km2 |
Kfz-Kennzeichen | IC 1953 vorgesehen: AT |
Kreisgliederung | 131 Gemeinden 1 Gutsbezirk in 34 Amtsbezirken |
Lage des Kreises in Ostpreußen | |
Lage des Landkreises | |
Landkreis Allenstein | |
Karte des Landkreises |
Der Landkreis Allenstein war ein Landkreis der preußischen Provinz Ostpreußen, der von 1818 bis 1945 bestand.
Geographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Der Landkreis Allenstein umfasste das südwestliche Ermland und grenzte südlich und westlich an Masuren.
Im Landkreis Allenstein wohnte eine mehrheitlich katholische Bevölkerung (92,3 %). Der Anteil der Polnisch sprechenden Bevölkerung lag 1910 bei 57 %. Die meisten Bewohner (63,7 %) waren in der Landwirtschaft tätig.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Das Gebiet des Landkreises Allenstein gehörte historisch zum Fürstbistum Ermland, das 1772 im Rahmen der ersten polnischen Teilung an Preußen fiel. Nach der Einbindung in den preußischen Staat wurden im Ermland 1773 zunächst die beiden landrätlichen Kreise Braunsberg und Heilsberg eingerichtet, die beide der Kriegs- und Domänenkammer Königsberg zugeordnet wurden.[1]
Im Rahmen der preußischen Verwaltungsreformen ergab sich die Notwendigkeit einer umfassenden Kreisreform in ganz Ostpreußen, da die 1752 bzw. 1773 eingerichteten Kreise sich als unzweckmäßig und zu groß erwiesen hatten. Im Ermland wurde aus dem südwestlichen Teil des alten Kreises Heilsberg mit Wirkung vom 1. Februar 1818 der neue Kreis Allenstein gebildet. Er umfasste das Gebiet der alten ermländischen Kammerämter Allenstein und Wartenburg mit den römisch-katholischen Kirchspielen Allenstein, Alt Wartenburg, Braunswalde, Dietrichswalde, Diwitten, Grieslienen, Groß Bertung, Groß Kleeberg, Groß Purden, Groß Ramsau, Jonkendorf, Klaukendorf, Lemkendorf, Neu Kokendorf, Schönberg, Schönbruck, Süßenthal, Wartenburg und Wutrienen.[2]
Der Kreis Allenstein wurde dem Regierungsbezirk Königsberg zugeordnet, der 1808 aus der alten Kriegs- und Domänenkammer Königsberg hervorgegangen war. Seit dem 3. Dezember 1829 gehörte der Kreis nach dem Zusammenschluss der Provinzen Ostpreußen und Westpreußen zur neuen Provinz Preußen. Nach der Teilung der Provinz Preußen in die Provinzen Ostpreußen und Westpreußen am 1. April 1878 gehörte der Kreis Allenstein zu Ostpreußen. Am 1. November 1905 wurde der Kreis Allenstein dem neuen Regierungsbezirk Allenstein zugeteilt.
Am 1. April 1910 schied die Stadt Allenstein aus dem Kreis aus und bildete einen eigenen Stadtkreis. Der Kreis Allenstein wurde seitdem als Landkreis Allenstein bezeichnet.
Zum 1. Mai 1919 wurde der Gutsbezirk Schloßfreiheit Allenstein aus dem Landkreis Allenstein in den Stadtkreis Allenstein eingegliedert.
Im Jahre 1920 gehörte der Kreis Allenstein zum Abstimmungsgebiet Allenstein dessen Bewohner nach den Bestimmungen im Friedensvertrag von Versailles über die Gebietszugehörigkeit abstimmen sollten. Es entschieden sich 13,47 % der Abstimmenden des Landkreises für eine Vereinigung mit Polen und 86,53 % für einen Verbleib bei Ostpreußen.
Zum 30. September 1929 fand im Kreis Allenstein entsprechend der Entwicklung im Übrigen Freistaat Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle bisher Gutsbezirke bis auf einen aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden.
Im Januar 1945 besetzte die Rote Armee das Kreisgebiet und stellte es im März 1945 unter die Verwaltung der Volksrepublik Polen. Diese vertrieb in der Folgezeit die deutsche Bevölkerung. Etwa sieben Prozent der Einwohner, die sie als „autochthone Polen" einstufte, durften im Gebiet des Landkreises verbleiben. Die meisten bisherigen Kreisbewohner gelangten nach Mecklenburg und Schleswig-Holstein. Das frühere Kreisgebiet gehört heute zum Powiat Olsztyński in der polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren.
Einwohnerentwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Jahr | Einwohner | Quelle |
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1818 | 21.635 | [3] |
1846 | 39.429 | [4] |
1871 | 55.925 | [5] |
1890 | 77.612 | [6] |
1900 | 82.486 | [6] |
1910 | 57.919 | [6] |
1925 | 55.808 | [6] |
1933 | 57.003 | [6] |
1939 | 57.077 | [6] |
Politik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Landräte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- 1818–000000Friedrich Erdmann von Pastau
- 1824–000000von Knoblauch
- 18310000000von Surkow
- 1832–184100von Tucholka
- 18410000000Moritz von Lavergne-Peguilhen (1801–1870) (kommissarisch)
- 1841–186100Friedrich Wilhelm Martens
- 1861–187100Otto Gisevius (1821–1871)
- 1872–187700Ernst von den Brincken (1835–1895)
- 1878–189900Wilhelm Eduard August Kleemann
- 1899–190600Felix Krahmer
- 1907–191500Walter Pauly (1871–1959)
- 1915–191700von Baumbach (kommissarisch)
- 1917–192000Otto Dilthey (kommissarisch)
- 1919–193500Georg Graf von Brühl
- 1935–193800Geßner
- 19380000000Franke
- 1939–000000Heinrich von Bünau (1906–1992)
Wahlen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Im Deutschen Kaiserreich bildete der Kreis Allenstein zusammen mit dem Kreis Rößel den Reichstagswahlkreis Königsberg 9. Dieser stark katholisch geprägte Wahlkreis wurde bei fast allen Reichstagswahlen zwischen 1871 und 1912 von Kandidaten der Deutschen Zentrumspartei gewonnen. Lediglich bei der Reichstagswahl 1893 konnte mit Anton von Wolszlegier ein Vertreter der Polnischen Fraktion das Mandat gewinnen.[7]
Kommunalverfassung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Der Landkreis Allenstein gliederte sich in Städte, Landgemeinden und – bis zu deren fast vollständigem Wegfall im Jahre 1929 – Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 gab es ab dem 1. Januar 1934 eine einheitliche Kommunalverfassung für alle Gemeinden. Mit Einführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 trat zum 1. April 1935 die im Deutschen Reich gültige Kommunalverfassung in Kraft, wonach die bisherigen Landgemeinden nun als Gemeinden bezeichnet wurden. Diese waren in Amtsbezirken zusammengefasst.
Städte und Gemeinden
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Verwaltungsgliederung 1945
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Der Landkreis Allenstein setzte sich am 1. Januar 1945 aus 131 Gemeinden, darunter die Stadt Wartenburg i.Ostpr. sowie dem gemeindefreien Forstgutsbezirk Ramucker Heide zusammen.[8]
Vor 1945 aufgelöste Gemeinden
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- Alt Allenstein, am 30. September 1928 zu Schönwalde
- Baggen, 1929 zu Unterwalde
- Dongen, am 1. April 1939 zu Diwitten
- Elisenhof, am 30. September 1928 zu Klein Kleeberg
- Groß Bertung, am 30. September 1928 zu Bertung
- Groß Ramsau, am 30. September 1928 zu Ramsau
- Grünau, nach 1908 zu Honigswalde
- Klein Bertung, am 30. September 1928 zu Groß Bertung
- Klein Ramsau, am 30. September 1928 zu Ramsau
- Klein Trinkhaus, am 17. Oktober 1928 zu Kalborno
- Kolpacken, am 14. Juli 1889 zu Groß Trinkhaus
- Koschno, am 14. Juli 1907 zum Forstgutsbezirk Purden
- Kucharzewo, am 1. April 1937 zu Nußtal
- Nickelsdorf, am 17. Oktober 1928 zu Trautzig-Nickelsdorf
- Neu Patricken, am 30. September 1928 zu Patricken
- Podlassen, am 30. September 1928 zu Klutznick
- Rykowitz, am 30. September 1929 zu Bruchwalde
- Trautzig, am 17. Oktober 1928 zu Trautzig-Nickelsdorf
- Wallen, am 30. September 1928 zu Preylowen
- Wygodda, am 30. September 1929 zu Bruchwalde
Ortsnamen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]1938 fanden im Kreis Allenstein umfangreiche Änderungen von Ortsnamen statt. Das waren, da meist „nicht deutsch genug", lautliche Angleichungen, Übersetzungen oder freie Erfindungen, zum Beispiel:
Einige weitere Umbenennungen waren schon vor 1938 erfolgt:
Personen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- Hugo Haase (1863–1919), deutscher Politiker (SPD und USPD)
- Feliks Nowowiejski (1877–1946), polnischer Komponist
- Emil Stürtz, Oberpräsident der Provinz Brandenburg von 1936 bis 1945
- Erich Mendelsohn, Architekt
- Heinz Tiessen, Komponist
- Hans-Jürgen Wischnewski, Politiker (SPD)
- Georg Sterzinsky (1936–2011), Kardinal und Erzbischof von Berlin
- Gerd-Helmut Komossa (1924–2018), deutscher Generalmajor a. D.
- Herbert Monkowski (1934–2023), deutscher Publizist und Bundesverdienstkreuzträger
- Georg Hermanowski (1918–1993), Schriftsteller, Historiker, Übersetzer
- Lucas David (1503–1583), preußischer Historiker
- Franz Hipler (1836–1898), deutscher Historiker und Theologe
- Alois Bulitta (1897–1971), deutscher Volkswirt, Slawist, Schulrat, Fachbuchautor, Bundesverdienstkreuzträger
- Arno Bulitta (1921–1995), deutscher Mediziner, stellv. Bürgermeister und Lokalpolitiker sowie Bundesverdienstkreuzträger
- Franz Bulitta (1900–1974), deutscher Pfarrer und Geistlicher Rat sowie Bischöflicher Kommissar
- Josef Bulitta (1908–1979), deutscher Jurist, Sach- und Schulbuchautor, Gründer der „Aktion für das Leben" und Bundesverdienstkreuzträger
- Ursula Fox (* 1938), Ökonomin, Sachbuchautorin und Bundesverdienstkreuzträgerin
- Ulrich Fox (1937–2012), Ingenieur, Sachbuchautor, Heimatforscher und Bundesverdienstkreuzträger
- Horst Tuguntke (1931–2024), deutscher Verwaltungsjurist, Heimatforscher, Publizist und Bundesverdienstkreuzträger
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Heft 1: Regierungsbezirk Allenstein. Berlin 1912, S. 2–9, Ziffer 2: Landkreis Allenstein.
- Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage. Band 2, Berlin 1874, S. 18–19, Ziffer 13.
- Adolf Schlott: Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Königsberg, nach amtlichen Quellen. Hartung, Königsberg 1861, S. 29–38.
- Preußisches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Königsberg: Berlin 1966, Kreis Allenstein, S. 1–43.
- Beiträge zur Kunde Preußens. Band 2, Königsberg 1819, S. 493.
- Grunenberg. Geschichte und Statistik des Kreises Allenstein. A. Harich, Allenstein, 1864.
- A. C. A. Friedrich: Historisch-geographische Darstellung Alt- und Neu-Polens. Berlin 1839, S. 604.
- Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 124–133.
- Michael Rademacher: Ostpreußen: Landkreis Allenstein. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- ↑ Georg von Viebahn (Hrsg.): Statistik des zollvereinten und nördlichen Deutschlands. Georg Reimer, Berlin 1858, S. 296 (google.de).
- ↑ Max Toeppen: Historisch-comparative Geographie von Preussen. Justus Perthes, Gotha 1858, S. 343 ff. (google.de).
- ↑ Christian Gottfried Daniel Stein: Handbuch der Geographie und Statistik des preußischen Staats. Vossische Buchhandlung, Berlin 1819, Der Regierungsbezirk Königsberg, S. 210 (Digitalisat).
- ↑ Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. S. 304 (Digitalisat).
- ↑ Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preußen und ihre Bevölkerung 1871, Berlin 1873/1874.
- ↑ a b c d e f Michael Rademacher: Ostpreußem: Landkreis Allenstein. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900
- ↑ Datenbank der Reichstagsabgeordneten, in: MDZ München.
- ↑ Territoriale Veränderungen in Deutschland und deutsch verwalteten Gebieten 1874–1945, Hrsg. Rolf Jehke.
- ↑ GenWiki, Landkreis Allenstein, Hrsg. Verein für Computergenealogie (CompGen) e. V. Köln.
- ↑ Amtliches Gemeindeverzeichnis des Deutschen Reiches 1939, 2. Auflage 1941.
- ↑ Amtliches Gemeinde- und Ortsnamenverzeichnis der Deutschen Ostgebiete unter fremder Verwaltung, (Zwei Bände), Selbstverlag der Bundesanstalt für Landeskunde, Remagen 1955.