Hyeongje-Wohlfahrtsheim
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Koreanisches Alphabet: | 형제복지원 |
Hanja: | 兄弟福祉院 |
Revidierte Romanisierung: | Hyeongje bokjiwon |
McCune-Reischauer: | Hyŏngje bokchiwŏn |
Das Brüderheim (Koreanisch: 형제복지원 Hyeongje bokjiwon, „Wohlfahrt der Bruderschaft", englisch Brothers Home) war ein Internierungslager im Stadtteil Buk-gu (heute Sasang-gu), Busan, Südkorea, in dem mit staatlicher Finanzierung und unter dem Deckmantel einer Wohlfahrtseinrichtung in den 1970er und 1980er Jahren so bezeichnete „Herumtreiber" (u. a. Obdachlose, Suchtkranke, geistig Behinderte, Kleinkriminelle oder Dissidenten) zwangsinterniert wurden. Unter ihnen befanden sich auch Frauen sowie viele Kinder und Jugendliche.[1] [2]
Die ca. 4000 Insassen des Brüderheims waren schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen wie Zwangsarbeit, körperlichen Misshandlungen und sexualisierter Gewalt ausgesetzt und es kam zu nachweislich 657 Todesfällen.[1] Koreanische Medien bezeichneten die Einrichtung als „Auschwitz Koreas"[3] .
Das Gerücht, die Einrichtung und die dortigen Gräueltaten hätten als Inspiration für die koreanische Netflix-Serie Squid Game gedient, wurde von den Machern der Serie zurückgewiesen.[4]
Hintergrund
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]In den späten 1950er Jahren hatte sich die Republik Korea immer noch nicht wieder von den Zerstörungen des Koreakrieges erholt.[5] Rapides Bevölkerungswachstum und Urbanisierung lockte eine große Zahl von Menschen in die größeren Städte. Viele dieser Neuankömmlinge hatten zunächst keine festen Wohnsitze und Arbeit.[2] Die Sozialpolitik dieser Zeit fokussierte sich vor allem auf die Unterbringung von (Kriegs-)Waisen, die als Schandfleck des nationalen Ansehens betrachtet wurden.[6] Im Laufe der 1960er Jahre führte man unter der Militarjunta von Park Chung Hee Regelungen ein, die dazu dienen sollten, die Gesellschaft von jenen zu „säubern", die als „Symbole der Armut" und „Störfaktoren in den Städten" angesehen wurden.[2] Diese Regelungen wurden auch auf die Inhaftierung von Obdachlosen und Landstreichern ausgeweitet.[6] Großstädte wie Seoul, Busan, Daegu, Daejeon und Gwangju begannen mit dem Bau von „Haftanstalten für Landstreicher".[2] Eine Reihe von Gesetzen aus dem Jahr 1961 institutionalisierte die Einrichtung von Obdachlosenunterkünften. Das Sozialhilfegesetz von 1970 (구 사회복지사업법) berechtigte jeden Landstreicher zwischen 18 und 65 Jahren dazu, „soziale Wohlfahrtsdienste" zu beziehen.[6]
1975 erließ das südkoreanische Innenministerium die Richtlinie Nr. 410 (내무부훈령 제410호),[2] welche die Kommunen und ihre Polizeidienststellen dazu verpflichtete, „Landstreicher Patrouillen" zu bilden, die mindestens einmal monatlich Kontrollen durchführen sollten.[6] Als Landstreicher definierte das Ministerium diejenigen, die „eine gesunde soziale Ordnung in Stadt und Gesellschaft verhindern".[7] Diese Definition erlaubte den örtlichen Behörden einen großen Interpretationsrahmen des Begriffs Landstreicher und so inhaftierten die Stadt Busan und die dortige Polizei nahezu wahllos Menschen, die sich für längere Zeiträume auf offener Straße aufhielten, darunter Bettler, verlassene oder verwaiste Kinder und Behinderte.[5] [8] [1] In einigen Fällen nahmen Polizisten sogar einfach unbeaufsichtigte Kinder ohne das Wissen ihrer Eltern in Gewahrsam.[9]
Ein Gesetz über die Ausübung des Polizeidienstes von 1953 erlaubte es der Polizei, Personen, die „nicht unter adäquater Aufsicht" standen oder „hilfebedürftig" waren, an Polizeistationen, Krankenhäuser oder andere Sozialeinrichtungen zu überstellen.[2] Eigentlich waren die Beamten gesetzmäßig verpflichtet, zuvor die Zustimmung der betroffenen Person einzuholen, bevor Hilfe geleistet werden durfte[6] und „Familienmitglieder oder andere enge Vertraute des Hilfeempfängers unverzüglich zu informieren". Zeugenaussagen zufolge wurden diese Verfahrensschritte jedoch nur selten befolgt.[2] [6]
Die Festgenommenen wurden auf 36 Haftanstalten in ganz Südkorea aufgeteilt.[5] Das Brüderheim war die größte dieser Einrichtungen.[8] Das am 20. Juli 1960 in Gamman-dong, Busan gegründete Brüderheim[10] fungierte zunächst als Waisenhaus [5] unter dem Namen „Kinderheim der Bruderschaft" (형제육아소).[8] Mit stetig wachsender Kapazität wurde das Waisenhaus dann Anfang der 1970er Jahre zu einem allgemeinen Obdachlosenheim umgewandelt.[2] Im Juli 1975 unterzeichnete das Brüderheim unter der Leitung von Park In-geun einen Vertrag mit der Stadt Busan und wurde somit zur offiziellen Haftanstalt für Landstreicher.[8] Anschließend wurde die Einrichtung in das Viertel Jurye-dong verlagert.[10]
Das rigorose Vorgehen gegen „Herumtreiber" und andere unerwünschte Personen wurde weiter verschärft, als sich die südkoreanische Regierung in Vorbereitung auf die Asianspiele 1986 und die Olympischen Sommerspiele 1988 um ein neues Image bemühte.[9] Am 10. April 1981, nachdem er einen Bericht über die Situation des Bettelns unter behinderten Bürgern erhalten hatte,[10] orderte der damalige Präsident Chun Doo-Hwan den Premierminister Nam Duck-woo dazu an „dem Betteln Einhalt zu gebieten und Schutzmaßnahmen gegen Herumtreiber zu ergreifen".[9] Einige Monate später, am 6. Oktober, konkretisierte Chun weiter, es sei vor Beginn der Olympischen Spiele „dafür zu sorgen, dass keine Bettler mehr auf Seouls Straßen zu finden sind".[10]
Aufdeckung der Menschenrechtsverletzungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Ermittlungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Im August 1982 reichte ein Mann mit Nachnamen Kang eine Petition ein, in der er die Regierung und die Polizei dazu aufforderte, die Misshandlung seines Bruders während dessen Internierung im Brüderheim zu untersuchen. Der Fall wurde von der Polizeiwache des Stadtteils Buk-gu, Busan bearbeitet, die ein Treffen zwischen Kang und dem Leiter der Einrichtung, Park In-geun, arrangierte. Statt einer Aufklärung der Umstände im Brüderheim kam es zu einer Verleumdungsklage von Park gegenüber Kang, der daraufhin am 23. Dezember 1982 zu acht Monaten Gefängnisstrafe verurteilt wurde.[10]
Im Dezember 1986 begann Kim Yong-won, ein Staatsanwalt der Bezirksstaatsanwaltschaft Ulsan, mit Ermittlungen, nachdem er von einem ortsansässigen Jäger Gerüchte über eine Gruppe von Waldarbeitern gehört hatte, die in einem nahegelegenen Bergwald Holz schlagen mussten und dabei von Wachen mit Knüppeln geschlagen wurden. Kim fand heraus, dass die dazugehörige Holzwerkstatt auf Initiative von Park In-geun, dem Leiter des Brüderheims betrieben wurde. Kim hatte den Verdacht, dass Park dort Inhaftierte aus seiner Einrichtung Zwangsarbeit verrichten ließ und veranlasste am 16. Januar 1987 eine großangelegte Durchsuchung der Werkstatt sowie des Hauptsitzes in Busan. Die Untersuchung, bei der die Aussagen von über 100 Häftlingen, Wärtern und Führungskräften der Einrichtung aufgenommen wurden, kam zu dem Ergebnis, dass die dort Inhaftierten, von denen die meisten bei klarem Verstand waren, gegen ihren Willen dorthin gebracht und festgehalten wurden und dass sie unbezahlte Zwangsarbeit verrichten mussten. In einem Safe im Büro des Leiters wurde außerdem ein Einzahlungsbeleg in Höhe von 2 Milliarden Won (entspricht 2025 über 5 Millionen Euro) gefunden.[2]
Im Anschluss an die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft führten Mitglieder der Neuen Koreanischen Demokratischen Partei (NKDP) eine unabhängige Untersuchung gegen das Brüderheim durch. Die Partei veröffentlichte ihren ersten Untersuchungsbericht am 4. Februar 1987.[11] Dieser kam zu dem Ergebnis, dass von den 3.975 Inhaftierten, die sich 1986 in der Einrichtung aufhielten, 3.117 von der Polizei und 258 von anderen Kommunalbeamten eingeliefert worden waren.[12]
Von 2022[13] [14] bis 2024 führte die Wahrheits- und Versöhnungskommission drei weitere Untersuchungen der Vorfälle durch.[15] Sie kam unter anderem zu der Ergebnis, dass von 1975 bis zur endgültigen Schließung der Einrichtung 1987 schätzungsweise etwa 40.000 Menschen im Brüderheim interniert worden waren.[2]
Die Zustände im Brüderheim
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Das Ausmaß der Missstände und die Schwere der Menschenrechtsverletzungen, denen die Insassen des Brüderheims ausgesetzt waren, kam erst nach und nach durch die Untersuchungen ans Licht. Neben willkürlicher Freiheitsberaubung und Zwangsarbeit gehörten Folter [16] , psychische, körperliche und sexualisierte Gewalt zum Alltag.[2] Die Inhaftierten erhielten zu wenig und oft nur verdorbene Lebensmittel und bekamen nur selten die Gelegenheit, sich ausreichend zu waschen oder Kleidung zu wechseln.[9] Im Dezember 1985 waren ca. 3000 Menschen im Brüderheim interniert. Bei einer vorgesehenen Kapazität von 500 Inhaftierten bedeutete dies eine Belegung von mehr als 90 Personen je Raum.[2]
Die Einrichtung wurde mit „militärähnlichen Befehlsketten" geführt.[17] Um die Personal- und Verwaltungskosten zu senken, wurde ein Häftling zum „Kommandanten" ernannt, der unmittelbar dem Leiter Park In-geun unterstand. Unter dem Kommandanten wurden dann jeweils 120 Insassen in einer Unterkunft zu einem „Zug" zusammengefasst.[17] Jeder Zug hatte wiederum einen „Führer", einen „Generalsekretär" und weitere „Teamleiter", die alle ausgewählte Häftlinge waren.[2] Die Insassen wurden auch kollektiven Bestrafungen ausgesetzt, wenn z. B. der gesamte Zug wegen des Fehltritts eines einzelnen Mitglieds geschlagen oder gefoltert wurde.[2]
Folter war an der Tagesordnung.[9] Die Insassen wurden häufig dazu gezwungen, über lange Zeiträume in schmerzhaften und erschöpfenden Positionen zu verharren. Konnten sie diese nicht mehr halten, erhielten sie Schläge.[2] 2020 berichtete die koreanische Tageszeitung Gungmin Ilbo, dass nach Aussagen eines früheren Häftlings, Leiter Park In-geun eigenhändig Insassen körperlich misshandelt und in seinem Büro Handschellen und Holzknüppel griffbereit gehabt habe. Der Zeuge habe weiterhin behauptet, Park hätte selbst ca. 40 bis 50 Häftlinge getötet.[18]
Die Frauen, Kinder und Jugendlichen im Brüderheim wurden oft Opfer sexualisierter Gewalt durch männliche Wärter und andere Insassen.[2] Die Sterberate für Kinder unter 15 Jahren innerhalb der Einrichtung lag 1986 mit 0,976 Prozent mehr als 17-mal höher als der Vergleichswert in der sonstigen Altersgruppe (0,056 Prozent).[19]
Verschiedene Zeugenaussagen berichteten, dass den Insassen des Brüderheims Neuroleptika verabreicht wurden, um sie ruhigzustellen.[10] Die Rechnungsbücher der Einrichtung bestätigten, dass allein im Jahr 1986 rund 250.000 Tabletten Chlorpromazin – zusammen mit einer Reihe anderer Neuroleptika wie Haloperidol, Flurazepam und Carbamazepin bestellt wurden.[2] [10] Die Stadt Busan bestritt 1987 diese Anschuldigungen mit dem Argument, es habe sich um rezeptfreie Medikamente gehandelt, die zu medizinischen Zwecken gekauft wurden.[10]
Auf Basis von Dokumenten des Brüderheims aus dem Jahr 1987, die im Rahmen der Untersuchung der Neuen Koreanischen Demokratischen Partei zutage kamen, kam man zu der Schätzung, dass im Zeitraum zwischen dem 5. Juli 1975 bis zum 7. Januar 1987 insgesamt 513 Menschen dort zu Tode kamen.[20] [11]
2014 wurden weitere 38 Todesopfer dem Zeitraum zwischen 1986 und der Schließung der Einrichtung 1988 zugeordnet, was die Gesamtzahl auf 551 erhöhte.[2] [10]
Die Untersuchung der Wahrheits- und Versöhnungskommission aus dem Jahr 2022 korrigierte nach einer umfassenden Analyse aller bis dahin vorliegenden Sterbeurkunden aus den Jahren 1975 bis 1988 die Zahl aller Personen, die im Brüderheim ums Leben gekommen waren, noch einmal erneut nach oben, auf insgesamt 657 Opfer.[1] [2] Die Körper der Toten wurden heimlich begraben oder entsorgt, teilweise eingeäschert und auf öffentlichen Friedhöfen vergraben oder an Krankenhäuser in der Nähe verkauft.[2]
Adoption und Menschenhandel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden rund 200.000 südkoreanische Kinder, überwiegend Mädchen, zur Adoption ins Ausland geschickt. Man geht heute davon aus, dass sie die größte in der Diaspora lebende Gruppe von Adoptivkindern darstellen.[13] Eine Untersuchung der Associated Press (AP) lieferte den Beweis, dass das Brüderheim zwischen 1979 und 1986 die Adoption von 19 Kindern veranlasste. In weiteren 51 Fällen gab es zumindest Hinweise darauf.[21] [22] Darüber hinaus enthüllte die AP, dass sechs US-amerikanische Adoptionsagenturen (Holt International, Children's Home Society of Minnesota, Dillon International, Children's Home Society of California, Catholic Social Services, and Spence-Chapin) Adoptivkinder aus dem Brüderheim angenommen hatten.[21] Zu den europäischen Ländern, die involviert waren, gehörten Belgien, Deutschland, die Niederlande, Norwegen und Dänemark.
Der Großteil der koreanischen Säuglinge, die zur Adoption freigegeben wurden, waren keine echten Waisen, sondern hatten durchaus noch lebende Elternteile. Man fälschte oder manipulierte ihre Papiere, um sie als Waisen auszugeben und exportierte sie gegen Bezahlung an weiße Eltern. Dass die Zustimmung der leiblichen Mütter, die selbst Insassinnen des Brüderheims und ähnlicher Einrichtungen waren, immer freiwillig erfolgte, wird angezweifelt. Die Wahrheits- und Versöhnungskommission begann 2022 damit den Skandal um die Zwangsadoptionen zu untersuchen.[13] [22] Zwischen der damaligen Militärführung und den Vorstandsmitgliedern der beteiligten Adoptionsagenturen bestand enger Kontakt. Man wollte die Wirtschaftsbeziehungen zum Westen vertiefen, die Bevölkerungszahlen Südkoreas reduzieren und die Zahl der unverheirateten Mütter, die als soziale Problemgruppe galten, verringern.[23] [22]
Aus Australien, Europa und den USA forderten die überwiegend weiblichen Adoptivkinder eine umfassende Untersuchung des Kinderhandelskandals durch die Wahrheits- und Versöhnungskommission.[23] Der Holt Children's Service wurde von einer Frau, die zwangsweise aus Korea zur Adoption freigegeben worden war, auf Schadensersatz vor einem US-amerikanischen Gericht verklagt.[24] [25]
Konsequenzen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Verurteilung Park In-geuns
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Während der laufenden Ermittlungen gegen Park In-geun zwischen 1987 und 1989 versuchte Chun Doo-hwans Militärregierung, die durch wachsende Demokratiebewegung in der Bevölkerung zunehmend unter Druck geriet, die Schwere des Falls systematisch herunterzuspielen. Unter der politischen Einmischung hielten Staatsanwaltschaft und Gericht nicht an dem ursprünglichen angestrebten Strafmaß von 15 Jahren Haft und etwa 600 Millionen Won Geldstrafe fest.[2] Park In-geun erhielt ein einem über mehrere Instanzen laufenden Gerichtsverfahren am Ende lediglich eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren wegen Unterschlagung und Korruption und keine Geldstrafe. Für den Missbrauch und die weiteren Menschenrechtsverletzungen musste er sich nicht verantworten.[9]
Parks Familie, die ebenfalls tief in die Geschäfte und Verbrechen des Brüderheims involviert war, schloss die Einrichtung und errichtete an anderer Stelle Siloams Haus, ein Heim für schwerstbehinderte Menschen. 1995 verkauften sie die Grundstücke des Brüderheims für 22,7 Milliarden Won an ein Bauunternehmen, welches die alle Gebäude abreißen und dort Wohnungen errichten ließ. Die sterblichen Überreste der dort vergrabenen Opfer, die bei den Bauarbeiten entdeckt wurden, wurden nicht genauer untersucht oder eventuell noch existierenden Hinterbliebenen übergeben.[2]
Verstrickung der protestantischen Kirche
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Überlebende des Brüderheims haben Vorwürfe bezüglich enger Verbindungen der Einrichtung mit der protestantischen Kirche erhoben. Ein inhaftierte Person wurde nach eigenen Angaben gezwungen, in christlichen Aufführungen aufzutreten, die für lokale und internationale Gäste veranstaltet wurden. Als Belohnung seien Ostereier verteilt worden. Eine andere Person wurde von einem christlichen Missionar an die Einrichtung ausgeliefert. Ein weiterer Überlebender schilderte Kirche und Brüderheim als ein von Leiter Park In-geun und seinem Schwager Pastor Lim Young-soon gemeinsam geführtes Unternehmen, in dem Kinder zur Arbeit gezwungen und eine Agentur für Adoptionen aus Korea betrieben wurden. In der durch Zwangsarbeit errichteten Kirche oberhalb der Einrichtung mussten alle Inhaftierten zweimal pro Woche an Gottesdiensten teilnehmen. An gleicher Stelle veranstaltete Leiter Park auch so genannte „Volksprozesse", bei denen bei Fluchtversuchen gefasste Insassen „verurteilt" und vor aller Augen gezüchtigt und brutal geschlagen wurden.[17] [21]
Pastor Lim Young-soon setzte sich bereits vor der Verurteilung seines Schwagers wegen Veruntreuung nach Australien ab, wo er fortan in einer koreanisch-presbyterianischen Kirche predigte. Nach dessen Entlassung gründeten die beiden 1990 in Sydney ihre eigene Kirche, finanziert mit unterschlagenen Mitteln aus der Stiftung des Brüderheims und dessen Nachfolge-Einrichtung Siloam. Nur wenige Jahre später und mit Unterstützung weiterer Familienmitglieder, die bereits in die Machenschaften in Busan involviert waren, bauten sich Park und Lim erneut ein florierendes Geschäft auf. Erst 2014 wurden Park In-geun und sein Sohn, Park Chun-kwang, erneut wegen Veruntreuung angeklagt. Während der Sohn zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wurde, blieb der Vater aufgrund seiner Demenz straffrei. Er verstarb zwei Jahre später.[17]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- ↑ a b c d RedaktionsNetzwerk Deutschland: Südkorea will Gräueltaten in den 1980er Jahren aufklären. 24. August 2022, abgerufen am 22. Januar 2025.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v Jae-hyung Kim, Kwi-byung Kwak, Il-hwan Kim, Hae-nam Park, Jun-chol So, Sang-jic Lee, Jong-sook Choi, Ji-hyun Choo: ‘Big Brother’ at Brothers Home: Exclusion and Exploitation of Social Outcasts in South Korea. In: The Asia-Pacific Journal. 15. Juni 2023, abgerufen am 22. Januar 2025 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Baek Jun-mu: 35년 만에 드러난 ‘한국판 아우슈비츠’의 진상... 정부가 묵인한 ‘국가 범죄’였다. In: Segye Ilbo (auf Koreanisch). 25. August 2022 (segye.com [abgerufen am 22. Januar 2025]).
- ↑ Jack Greenberg: False narrative links 'Squid Game' to notorious Brothers Home incident. In: The Korea Times. 12. Januar 2025, abgerufen am 25. Januar 2025 (englisch).
- ↑ a b c d Tong-hyung Kim, Foster Klug: AP: S. Korea covered up mass abuse, killings of 'vagrants' In: Associated Press News, The Associated Press, 20. April 2016. Abgerufen am 25. Januar 2025 (amerikanisches Englisch).
- ↑ a b c d e f Jae Hyung Kim: The Institutionalization of Collective Detention Centers in South Korea, Human Rights Violations, and the Responsibility of the State. (Originaltitel: ko:한국 집단수용시설의 법제도화와 인권침해, 그리고 국가 책임, deutsch: Die Institutionalisierung von Sammelhaftanstalten in Südkorea, Menschenrechtsverletzungen und die Verantwortung des Staates). In: 기억과 전망 (Erinnerungen und Perspektiven). Nr. 48, 2023, S. 169–206, doi:10.31008/MV.48.5 (koreanisch, kstudy.com).
- ↑ Jeonghoon Jeong: The Order of Detention, Power-Technology of Confinement Facilities - Brothers Welfare Center and Recontextualization of Human Rights. (Originaltitel: ko:감금의 질서, 수용시설의 권력기술 – 형제복지원과 인권의 재맥락화, deutsch: Ordnung durch Inhaftierung, Technologie der Machtausübung in Haftanstalten – Das Brüderhaus und die Rekontextualisierung von Menschenrechten). In: 도시인문학연구 (Zeitschrift für Urban Humanities). 11. Jahrgang, Nr. 1, 2019, S. 113–141 (koreanisch).
- ↑ a b c d Mi-hyeon Jang: Hyeongje bokjiwon sageon. (Originaltitel: ko:형제복지원 사건 (兄弟福祉院 事件), deutsch: Die Wohlfahrtseinrichtung Brüderheim). In: Encyclopedia of Korean Culture. Abgerufen am 25. Januar 2025 (koreanisch).
- ↑ a b c d e f Bugyeong Jung: Brothers' Home: South Korea's 1980s 'concentration camp'. In: BBC News. 30. Mai 2020, abgerufen am 25. Januar 2025 (englisch).
- ↑ a b c d e f g h i Wahrheits- und Versöhnungskommission der Republik Korea: Truth and Reconciliation Commission, Republic of Korea. (Originaltitel: ko:형제복지원 인권침해 사건진실규명 결정 관련 참고자료, deutsch: Referenzmaterialien im Rahmen der Untersuchungen über die Menschenrechtsverletzungen des Brüderheims). 24. August 2022; abgerufen im 1. Januar 1 (koreanisch).
- ↑ a b Jae-wang Kim, Jang Seo-yeon, Yeo Jun-min: Hope and Law. (Originaltitel: ko:형제복지원사건은 명백한 국가책임이다, deutsch: Die Verantwortlichkeit für den Fall des Brüderheims liegt eindeutig beim Staat). Vereinigung von Überlebenden, Vermissten und Hinterbliebenen und Familien. Task Force zur Untersuchung des Vorfalls des Brüderheims., 4. Dezember 2014; abgerufen im 1. Januar 1 (koreanisch).
- ↑ Seulgi Kim: Hangug-ui hollokoseuteu, Hyeongjebokjiwon sageon-ui jinsil. (Originaltitel: ko:한국의 홀로코스트, 형제복지원 사건의 진실, deutsch: Südkoreas Holocaust, die Wahrheit über den Fall des Brüderheims). 대학원신문 - Daehagwonsinmun, 2. Oktober 2013, abgerufen am 25. Januar 2025 (koreanisch).
- ↑ a b c Tong-hyung Kim: South Korea's truth commission to probe foreign adoptions In: AP, 8. Dezember 2022. Abgerufen am 25. Januar 2025 (englisch).
- ↑ Yeji Jang: Hyeongjebokjiwon samangja 105-myeong chuga ... Johyeonbyeong yak 25-manjeong guipdo. (Originaltitel: ko:형제복지원 사망자 105명 추가...조현병 약 25만정 구입도, deutsch: 105 weitere Todesfälle im Brüderheim...Rund 250.000 Tabletten Psychopharmaka gekauft). 24. August 2022, abgerufen am 25. Januar 2025 (koreanisch).
- ↑ Ji-hyeon Jeon: 'Hyeongjebokjiwon sageon' sebeonjjae ingwonchimhae hwagin ... pihaeja 153-myeong chuga. (Originaltitel: ko:'형제복지원 사건' 세번째 인권침해 확인...피해자 153명 추가, deutsch: Zum dritten Mal Menschenrechtsverletzungen im Fall Brüderheim bestätigt - 153 weitere Opfer). 경향신문 - Kyunghyang Zeitung, 10. Januar 2024, abgerufen am 25. Januar 2025 (koreanisch).
- ↑ 소제인 법무법인 (So Je-in Anwaltskanzlei): Hyeongjebokjiwon sageonui eogulhan sayeondeul. (Originaltitel: ko:형제복지원 사건의 억울한 사연들, deutsch: Geschichten voller Ungerechtigkeit rund um die Vorfälle im Brüderheim). Hankook Ilbo - The Korea Times, 17. Juli 2023, abgerufen am 25. Januar 2025 (koreanisch).
- ↑ a b c d Mary Ann Jolley, Susan Kim: Secrets of South Korea's house of horrors hidden in Australia. In: Al Jazeera. 10. Dezember 2021, abgerufen am 25. Januar 2025 (englisch).
- ↑ Jeon Ung-bin, Kim Pan, Im Ju-eon: "Hyeongje bokjiwon jangsil badak piro beombeok...wonjang sabeuro wonsaeng naeryeojjikgido". (Originaltitel: "형제복지원장실 바닥 피로 범벅...원장 삽으로 원생 내려찍기도", deutsch: "Blut auf dem Boden des Brüderheims ..Der Direktor schlug mit der Schaufel auf Insassen ein"). Naver News, 26. April 2020, abgerufen am 25. Januar 2025 (koreanisch).
- ↑ Baek Jun-mu: 35년 만에 드러난 ‘한국판 아우슈비츠’의 진상... 정부가 묵인한 ‘국가 범죄’였다. In: Segye Ilbo. 25. August 2022 (koreanisch, segye.com [abgerufen am 26. Januar 2025]).
- ↑ Fabian Kretschmer: A massive abuse of 'vagrants'. In: Deutsche Welle. 21. April 2016, abgerufen am 22. Januar 2025 (englisch).
- ↑ a b c Tong-hyung Kim, Foster Klug: AP Exclusive: Abusive S. Korean facility exported children In: Associated Press, 9. November 2019. Abgerufen am 25. Januar 2025 (englisch).
- ↑ a b c n-tv NACHRICHTEN: Kommission in Südkorea legt weitere Beweise für Zwangsadoptionen vor. Abgerufen am 22. Januar 2025.
- ↑ a b Tong-hyung Kim: More South Korean adoptees demand probes into their cases In: Associated Press, 9. Dezember 2022. Abgerufen am 25. Januar 2025 (englisch).
- ↑ Tong-hyung Kim: South Korean court orders agency to compensate Asian American adoptee In: Associated Press, 16. Mai 2023. Abgerufen am 25. Januar 2025 (englisch).
- ↑ Tong-hyung Kim: AP Exclusive: Adoptee deported by US sues S. Korea, agency In: AP, 24. Januar 2019. Abgerufen am 25. Januar 2025 (englisch).