Binomischer Lehrsatz
Der binomische Lehrsatz ist ein Satz der Mathematik, der es in seiner einfachsten Form ermöglicht, die Potenzen
- {\displaystyle (x+y)^{n},\quad n\in \mathbb {N} }
als Polynom {\displaystyle n}-ten Grades in den Variablen {\displaystyle x} und {\displaystyle y} auszudrücken. Die Bezeichnung rührt vom Ausdruck Binom, welches hier {\displaystyle x+y} ist.
Binomischer Lehrsatz für natürliche Exponenten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Für alle Elemente {\displaystyle x} und {\displaystyle y} eines kommutativen unitären Rings und für alle natürlichen Zahlen {\displaystyle n\in \mathbb {N} _{0}} gilt
- {\displaystyle (x+y)^{n}=\sum _{k=0}^{n}{\binom {n}{k}}x^{n-k}y^{k}\quad (1)}
Insbesondere gilt dies für reelle oder komplexe Zahlen {\displaystyle x} und {\displaystyle y} (mit der Konvention {\displaystyle 0^{0}=1}).
Die Koeffizienten dieses Polynomausdrucks sind die Binomialkoeffizienten
- {\displaystyle {\binom {n}{k}}={\frac {n\cdot (n-1)\dotsm (n-k+1)}{1\cdot 2\dotsm k}}={\frac {n!}{(n-k)!\cdot {k!}}}},
die ihren Namen aufgrund ihres Auftretens im binomischen Lehrsatz erhalten haben. Mit {\displaystyle n!=1\cdot 2\dotsm n} ist hierbei die Fakultät von {\displaystyle n} bezeichnet.
Bemerkung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die Terme {\displaystyle {\tbinom {n}{k}}x^{n-k}y^{k}} sind dabei als Skalarmultiplikation der ganzen Zahl {\displaystyle {\tbinom {n}{k}}} an das Ringelement {\displaystyle x^{n-k}y^{k}} aufzufassen, d. h. hier wird der Ring in seiner Eigenschaft als {\displaystyle \mathbb {Z} }-Modul benutzt.
Spezialisierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Der binomische Lehrsatz für den Fall {\displaystyle n=2} heißt erste binomische Formel.
Verallgemeinerungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- Der binomische Lehrsatz gilt auch für Elemente {\displaystyle x} und {\displaystyle y} in beliebigen unitären Ringen, sofern nur diese Elemente miteinander kommutieren, d. h. {\displaystyle x\cdot y=y\cdot x} gilt.
- Auch die Existenz der Eins im Ring ist verzichtbar, sofern man den Lehrsatz in folgende Form umschreibt:
- {\displaystyle (x+y)^{n}=x^{n}+\left[\sum _{k=1}^{n-1}{\binom {n}{k}}x^{n-k}y^{k}\right]+y^{n}}.
- Für mehr als zwei Summanden gibt es das Multinomialtheorem.
Beweis
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Der Beweis für jede beliebige natürliche Zahl {\displaystyle n} kann unter Ausnutzung der algebraischen Eigenschaften von Binomialkoeffizienten durch vollständige Induktion erbracht werden.[1] Anhand der kombinatorischen Deutung der Binomialkoeffizienten ergibt sich auch ein einfacher Abzählbeweis.[2] Für jedes konkrete {\displaystyle n} kann man diese Formel auch durch Ausmultiplizieren erhalten.
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- {\displaystyle (x+y)^{3}={\binom {3}{0}},円x^{3}+{\binom {3}{1}},円x^{2}y+{\binom {3}{2}},円xy^{2}+{\binom {3}{3}},円y^{3}=x^{3}+3,円x^{2}y+3,円xy^{2}+y^{3}}
- {\displaystyle (x-y)^{3}={\binom {3}{0}},円x^{3}+{\binom {3}{1}},円x^{2}(-y)+{\binom {3}{2}},円x(-y)^{2}+{\binom {3}{3}},円(-y)^{3}=x^{3}-3,円x^{2}y+3,円xy^{2}-y^{3}}
- {\displaystyle {\big (}a+ib{\big )}^{n}=\sum \limits _{k=0}^{n}{\binom {n}{k}}a^{n-k}b^{k}i^{k}=\sum _{k=0, \atop k{\text{ gerade}}}^{n}{\binom {n}{k}}(-1)^{\frac {k}{2}}a^{n-k}b^{k}+\mathrm {i} \sum _{k=1, \atop k{\text{ ungerade}}}^{n}{\binom {n}{k}}(-1)^{\frac {k-1}{2}}a^{n-k}b^{k}}, wobei {\displaystyle i} die imaginäre Einheit ist.
Binomische Reihe, Lehrsatz für komplexe Exponenten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Eine Verallgemeinerung des Satzes auf beliebige reelle Exponenten {\displaystyle \alpha } mittels unendlicher Reihen ist Isaac Newton zu verdanken. Dieselbe Aussage ist aber auch gültig, wenn {\displaystyle \alpha } eine beliebige komplexe Zahl ist.
Der binomische Lehrsatz lässt sich mithilfe der verallgemeinerten Binomialkoeffizienten {\displaystyle {\tbinom {\alpha }{k}}} kompakt schreiben als
- {\displaystyle (x+y)^{\alpha }=x^{\alpha }\left(1+{\tfrac {y}{x}}\right)^{\alpha }=x^{\alpha }\sum _{k=0}^{\infty }{\binom {\alpha }{k}}\left({\frac {y}{x}}\right)^{k}=\sum _{k=0}^{\infty }{\binom {\alpha }{k}}x^{\alpha -k}y^{k}.\quad (2)}
Diese Reihe heißt binomische Reihe und konvergiert für alle {\displaystyle x,y\in \mathbb {R} } mit {\displaystyle x>0} und {\displaystyle \left|{\tfrac {y}{x}}\right|<1}.
Im Spezialfall {\displaystyle \alpha \in \mathbb {N} } geht Gleichung (2) in (1) über und ist dann sogar für alle {\displaystyle x,y\in \mathbb {C} } gültig, da die Reihe dann abbricht.
Trivia
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Gelegentlich wird als wissenschaftlicher Witz die Entdeckung oder Erfindung des binomischen Lehrsatzes einem Herrn Binomi zugeschrieben.[3]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- M. Barner, F. Flohr: Analysis I, de Gruyter, 2000, ISBN 3-11-016778-6, S. 26
- Stasys Jukna: Crashkurs Mathematik: für Informatiker. Springer, 2007, ISBN 978-3-8351-0216-3, S. 52-55
- Thomas Koshy: Catalan Numbers with Applications. Oxford University Press, 2009, ISBN 978-0-19-533454-8, S. 28-36
- Stefan Hildebrandt: Analysis. Springer, 2013, ISBN 978-3-662-05694-3, S. 29-31
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- Binomischer Lehrsatz (Eigenschaften von Binomiakoeffizoenten und Beweis des Satzes per Induktion)
- Binomischer Lehrsatz (Video, kombinatorischer Beweis)
- Eric W. Weisstein: Binomial Theorem. In: MathWorld (englisch).
- The Binomial Theorem bei Khan Academy (Video, englisch)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- ↑ Stefan Hildebrandt: Analysis. Springer, 2013, ISBN 978-3-662-05694-3, S. 29-31
- ↑ Stasys Jukna: Crashkurs Mathematik: für Informatiker. Springer, 2007, ISBN 978-3-8351-0216-3, S. 52-55
- ↑ zum Beispiel in: Otto Forster und Florian Lindemann: Analysis 1. Differential- und Integralrechnung einer Veränderlichen. 13. Auflage. Springer Spektrum, Wiesbaden 2023, S. 456.