Spinnenseide

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Verwendung von Spinnenseide: zum Netzbau, zum Einwickeln von Beutetieren, als Spinnenfäden für den Spinnenflug im sogenannten Altweibersommer, als Abseilfaden und als Kokon zum Schutz der Nachkommen

Spinnenseiden sind polymere Proteinfasern, deren Chemie und Struktur je nach Spinnenart, dem Alter der Spinne, dem Proteinvorrat und der Funktion variiert. Spinnen produzieren verschiedene Arten von Spinnenseiden mit einem System aus mehreren Spinndrüsen, wobei jede Seidenart für eine bestimmte Aufgabe besonders geeignet ist.

Spinnen nutzen Spinnenseide zum Bau von Spinnennetzen, zur Herstellung von Abseilfäden, zum Spinnenflug, zur Abgabe von Insekten- und Spinnenpheromonen, zur Übertragung taktiler Informationen, als Spermiennetz und weiteren Zwecken. Ein Netz kann aus bis zu fünf verschiedenen Seidenarten bestehen, während andere Seidenarten zum Einwickeln von Beutetieren und als Kokon zum Schutz für den Nachwuchs verwendet werden.

Jede Spinnenseidenart setzt sich aus verschiedenen Seidenproteinen zusammen, den Fibroinen, deren Strukturen die Eigenschaften der Seide maßgeblich beeinflussen. Sie ergeben sich aus der Abfolge ihrer Aminosäurebausteine, der so genannten Primärstruktur, die häufig aus einfachen, sich wiederholenden Einheiten besteht. Darüber hinaus spielen die Proteinfaltung und die räumliche Anordnung der Aminosäureketten, die Sekundär- und Tertiärstruktur, eine wichtige Rolle für die Eigenschaften der Seide. Seidenproteine mit einer Faltblattstruktur weisen eine hohe Stabilität und geringe Flexibilität auf, während Seidenproteine mit vorwiegend spiralförmigen Strukturen eine höhere Elastizität besitzen.

Spinnen produzieren Spinnenseiden nach Bedarf. Dazu nutzen sie eine hochkonzentrierte Lösung von flüssigkristallinen Seidenproteinen, die als Spidroinsekrete bezeichnet werden. Die Faserbildung erfolgt außerhalb des Spinnenabdomens beim Herausziehen. Dabei spielen Scherkräfte sowie die Veränderungen des pH-Werts und des Salzgehalts im Spinnkanal eine entscheidende Rolle.

Die chemischen, mechanischen und biologischen Merkmale der Spinnenseide werden seit Anfang des 20. Jahrhunderts erforscht. Einige Seidenarten gehören zu den zähesten bekannten Biomaterialien und sind bezogen auf ihre Masse reißfester als ein vergleichbarer Strang aus Kevlar oder Stahl. Die Elastizität einiger Spinnenseidenarten sorgt dafür, dass ein Spinnennetz beim Aufprall eines Insekts nicht zerreißt, sondern die kinetische Energie absorbiert. Darüber hinaus sind die Fäden biokompatibel, biologisch abbaubar und antibakteriell.

Diese Eigenschaften machen Spinnenseide zu einem Material, das für die Materialforschung interessante Möglichkeiten bietet. Die potentiellen Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig und umfassen unter anderem die Herstellung von Textilien, Schutzwesten, Wundabdeckmaterial, biologisch abbaubare Verpackungen, Kosmetika, biokompatibles medizinisches Nahtmaterial, Fallschirme, Airbags und viele andere Produkte. Der Einsatz von Spinnen als direkte Seidenproduzenten ist zwar möglich, aber aufwändig und unwirtschaftlich. Daher werden biochemische und biotechnologische Verfahren zur künstlichen Herstellung von Spinnenseide erforscht.

Entwicklungsgeschichte

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In Bernstein konservierte Nephila burmanica beim Angriff auf Cascoscelio incassus in ihrem Netz, etwa 100 Millionen Jahre alt

Alle Spinnen produzieren Seide und nutzen verschiedene Seidenarten auf vielfältige Weise.[1] Attercopus, eine ausgestorbene Gattung früher Spinnentiere der Ordnung Uraraneida, die vor etwa 390 Millionen Jahren im Devon lebte, wird als einer der frühesten bekannten Verwandten der modernen Spinnen angesehen. Es handelte sich nicht um eine echte Spinne, aber Attercopus besaß bereits die Fähigkeit, Spinnenseide zu produzieren. Ihr fehlten jedoch einige Merkmale moderner Spinnen, darunter die Spinnwarzen.[2]

Die älteste nachgewiesene Vogelspinnenart stammt aus der Trias, während die älteste sicher beschriebene Echte Webspinne aus der Jurazeit stammt. Fossilien echter Netzspinnen aus der Kreidezeit belegen eine moderne Spinnenfauna in dieser Zeit. Insgesamt war die Spinnenfauna des Tertiärs fast identisch mit der heutigen.[2]

Viele fossile Spinnen liegen als Einschlüsse in Bernstein vor, die ältesten bekannten Einschlüsse von Spinnenseide in Bernstein sind etwa 140 Millionen Jahre alt und stammen aus der frühen Kreidezeit.[3] Die entscheidenden Aminosäuresequenzen der Spidroine der Radnetzspinnen haben sich über 125 Millionen Jahre Entwicklungsgeschichte erhalten. Dies deutet darauf hin, dass diese Sequenzen für die mechanischen Eigenschaften der Radnetzspinnenseide entscheidend sind.[4]

Forschungsgeschichte

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Emil Fischer (um 1895)

Die ersten chemischen Untersuchungen von Spinnenseide der Spinne Nephila madagascariensis aus Madagaskar führte Emil Fischer im Jahr 1907 durch. Fischers Analysen ergaben, dass Spinnenseide eine Proteinfaser ist, die hauptsächlich aus Aminosäuren besteht, jedoch keinen Seidenleim wie die Seide der Seidenspinnerraupe enthält. Als Hauptbestandteile wurden die Aminosäuren Glycin, Alanin, Leucin, Prolin, Tyrosin sowie ein relativ hoher Gehalt an Glutaminsäure bestimmt, die in gewöhnlicher Seide nicht gefunden wurde. Weitere Bestandteile waren Diaminosäuren wie Arginin sowie im geringeren Maße Fettsäuren und Calcium-, Phosphor- und Schwefelkompenten.[5]

Aminosäuren und ihr Anteil in der Spinnenseide des Abseilfadens nach Emil Fischer[5]
Aminosäure Anteil in [%] Einbuch-
stabencode
Strukturformel
Glycin 35,13 G Strukturformel von Glycin
Alanin 23,4 A Struktur von Alanin
Glutaminsäure 11,7 E Struktur von Glutaminsäure
Tyrosin 8,2 Y Struktur von Tyrosin
Arginin 5,24 R Struktur von Arginin
Prolin 3,68 P Struktur von Prolin

In den 1950er und 1960er Jahren wurde die Aminosäurezusammensetzung der Fibroine verschiedener Spinnenseiden genauer untersucht und die Endgruppen und die durchschnittliche molare Masse bestimmt. Es wurde festgestellt, dass das Fibroin in der Spinndrüse eine viel geringere molare Masse hatte, und es wurde erkannt, dass neue Bindungen geknüpft werden, wenn der Faden von der Spinndüse abgezogen wird.[6] [7] Röntgenuntersuchungen der Spinnenseiden zeigten, dass sie aus verschiedenen Typen von Fibroinen aufgebaut waren, die röntgenografisch unterschieden werden konnten. Die Fibroine bestanden aus antiparallel gefalteten Polypeptidketten, wobei die Unterschiede zwischen den Fibroinen auf die Variation der Aminosäuresequenzen zurückgeführt wurden. Auch der repetitive Aufbau von Proteinketten mit glycin- und alaninreichen Domänen wurde erkannt und die besonderen mechanischen Eigenschaften der Spinnenseiden untersucht.[8] [9]

Anfang der 1980er Jahre ergab eine Molmassenbestimmung des Major-Ampullate-Spidroins der Goldenen Seidenspinne mittels SDS-PAGE, einer analytischen Methode zur Auftrennung von Stoffgemischen nach der molarer Masse im elektrischen Feld, eine molare Masse von 326.000 Gramm pro Mol oder 326 Kilodalton.[10]

Die Sequenzierung von Nukleinsäuren ist gewöhnlich schneller als die direkte Bestimmung der Aminosäuresequenz eines Proteins. Da die Aminosäuresequenz und die Basensequenz komplementäre Informationen liefern, wird üblicherweise die Basensequenz des entsprechenden Gens bestimmt.[11] In den 1990er Jahren gelang so die Bestimmung der repetitiven Sequenz eines Spidroins aus der Major-Ampullate-Seide der Spinne Nephila clavipes mit Hilfe eines partiellen cDNA-Klons.[12] Somit gelang es, die Eigenschaften der Spinnenseide mit der Molekülgeometrie zu erklären. Mit der Isolierung von cDNA begannen Versuche, Spinnenseidenproteine rekombinant herzustellen und künstliche Spinnenseiden zu gewinnen. Erste Ergebnisse ergaben, dass sich die so gewonnenen Spinnenseiden-Proteinfragmente mit herkömmlichen Spinntechniken nicht zu Fasern verspinnen lassen. Es zeigte sich, dass die mechanischen Eigenschaften der Spinnenseide nicht nur durch die Aminosäuresequenz festgelegt sind, sondern auch durch die Prozesse, die im Spinnapparat ablaufen. Es wurde auch deutlich, dass die Größe und die sich wiederholenden Gene der Spinnenseide es schwierig machen, sie in Expressionssystemen wie Bakterien zu erhalten.[13] Die 1993 gegründete Firma „Nexia Biotechnologies" injizierte Gene der Seidenspinne in Mäuseembryonen und später in Ziegen. Die gentechnisch veränderten Ziegen lieferten Milch, aus der Spinnenseidenproteine gewonnen werden konnte.[14]

Nutzungsgeschichte

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Spinnenseide wurde schon im antiken Griechenland genutzt, um Blutungen zu stillen und Wunden zu heilen. Australischen Ureinwohner benutzten Spinnenseide als Angelschnur. Dazu rieben sie Teile des Spinnenkörpers auf die Seide, um kleine Fische anzulocken, die sich in der klebrigen Seide verfingen.[15]

Auf den Salomon-Inseln ist die Drachen- oder Kitefischerei auf Hornhechte mit Spinnenseide bis ins 21. Jahrhundert verbreitet. Hornhechte haben ein schnabelartig verlängertes Maul mit zahlreichen nadelartigen Zähnen und können nicht mit Angelhaken gefangen werden. Beim Drachenfischen auf Hornhecht wird an einem kleinen Drachen aus Palmblättern eine Angelschnur mit einem Köder aus aufgerolltem klebrigem Spinnennetz befestigt. Der Köder taucht hüpfend in die Wasseroberfläche ein und imitiert so ein Insekt. Wenn der Hornhecht anbeißt, bleibt er an der klebrigen Masse hängen. Dadurch wird der Drachen nach unten gezogen und signalisiert dem Angler, dass der Fisch angebissen hat und eingeholt werden kann.[16]

Optische Geräte

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William Gascoigne

Bei Arbeiten an einem Kepler-Fernrohr entdeckte der englische Astronom William Gascoigne 1639 zufällig ein Spinnennetz, dass sich an den kombinierten optischen Brennpunkten der beiden Linsen befand. Die feine und transparente Beschaffenheit der Seidenfäden ermöglichte es Gascoigne, sowohl die Spinnenseide als auch die Himmelskörper mit optimaler Klarheit zu erkennen. Er erkannte, dass er das Fernrohr genauer ausrichten konnte, wenn er einen Faden als Orientierungshilfe benutzte.[17] Seine Entdeckung mündete in der Erfindung des Zielfernrohrs, bei dem gekreuzte Drähte im Brennpunkt platziert wurden, um das Zentrum des Sichtfelds zu definieren. Dadurch wurde das Fernrohr zu einem brauchbaren Messinstrument. Weiterhin erfand er das Mikrometer, als er mittels zweier durch Schrauben verstellbarer Parallelfäden die Fäden nutzte, um Planetendurchmesser zu bestimmen.[18]

Im 18. Jahrhundert wurden Silberfäden von achromatischen Fernrohren, die nicht die gewünschte Dicke aufwiesen, oft durch Spinnenseide ersetzt, die in verschiedenen Stärken erhältlich war.[19] Keuffel and Esser Co., ein US-amerikanisches Unternehmen für Zeichengeräte und Zubehör, beschäftigte von 1889 bis zum Zweiten Weltkrieg die „Spider Lady" Mary Pfeiffer, die für das Unternehmen eine Spinnenfarm betrieb. Sie gewann dort Seidenfäden, aus denen Fadenkreuze für optische Geräte wie Mikroskope und Teleskope oder für Geschütze in Flugzeugen und U-Boote hergestellt wurden.[17]

In den 1940er Jahren befand sich in der Stadt Yucaipa, Kalifornien, die größte Spinnenfarm der USA. Die Besitzerin Nan Songer hielt dort etwa 10.000 Spinnen, vor allem der Arten Südliche Schwarze Witwe, Argiope trifasciata und Araneus gemmoides , aus denen sie Seide für militärische Zwecke gewann, unter anderem für die Fadenkreuze der Bombenzielgeräte. Songer benutzte eine weiche Kamelhaarbürste, um die Spinnwarzen zu reizen, bis sich ein Abseilfaden bildete. Ein Faden konnte bis zu 25-mal entnommen werden, wobei ein mehrtägiges Aushungern der Spinne zu einem Faden mit weniger Verunreinigungen führte. Die Spinnen gewöhnten sich an diesen Vorgang und wurden „so gefügig wie alte Milchkühe, insbesondere die Schwarzen Witwen." (Nan Songer: [20] ).

Darüber hinaus erstellte sie in Zusammenarbeit mit dem National Bureau of Standards eine standardisierte Liste von Spinnenseiden von „extrafein" mit 0,5 Mikrometern bis „extrastark" mit 5 Mikrometern Durchmesser. Für Instrumente, die besonders feine Spinnenseide benötigten, lieferte sie Babyspinnenseide mit einem Durchmesser von nur 0,05 Mikrometern, die fast unsichtbar war.[20] Noch Ende des 20. Jahrhunderts hielten einige Militäreinrichtungen eine Schwarze Witwe als Seidenlieferant für die Reparatur von Fadenkreuzen in alten optischen Instrumenten.[21]

Textile Nutzung

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François Xavier Bon de Saint-Hilaire (um 1713). Gemälde von Jean Ranc

In vorkolonialer Zeit wurde für die Merina-Könige die Seidenlamba, ein traditionelles Kleidungsstück Madagaskars, aus Spinnenseide gewebt.[22] Dazu wurde die orange-goldene Seide der Nephila madagascariensis verwendet, einer großen Spinne, die in den Wäldern von Madagaskar auf Bäumen lebt.[23]

Die erste schriftliche Erwähnung des Sammelns von Spinnenseide stammt aus dem Jahr 1621. Epifanio Ferdinando, genannt der Ältere, ein italienischer Arzt und Philosoph, berichtet in seinem Werk „Centum Historiae", dass es seinem Freund Girolamo Marciano, einem anderen italienischen Arzt, gelungen sei, 450 Gramm Spinnenseide von der Tarantel zu sammeln, die diese für den Bau von Kokons zum Schutz ihrer Nachkommen verwendet.[24]

Weitere Versuche zur Gewinnung von Spinnenseide für die Herstellung von Stoffen gehen auf den Franzosen François-Xavier Bon de Saint-Hilaire zurück, zur damaligen Zeit Präsident des Rechnungshofs von Montpellier. Er entwickelte 1709 ein Verfahren zur Gewinnung von Spinnenseide aus Kokons von einheimischen Spinnen. Die Kokons wurden zunächst gekocht, gewaschen und getrocknet. Aus den Kokons erhielt er durch Auskämmen Spinnenseide, die er verspinnen und zu Kleidungsstücken verweben konnte.[25]

Am 5. Dezember 1709 präsentierte Bon seine Ergebnisse in einem Aufsatz mit dem Titel „Sur l’utilité de la soye des araignées" (Über die Nützlichkeit der Spinnenseide) in Montpellier, wo er sowohl Strümpfe als auch Handschuhe aus Spinnenseide präsentierte. Sein Aufsatz wurde in der Académie Royale in Paris vorgelesen. René-Antoine Ferchault de Réaumur wurde beauftragt, Bon’s Entdeckung auf die Möglichkeit hin zu untersuchen, daraus eine gewinnbringende Industrie aufzubauen. Réaumur kam jedoch zu dem Schluss, dass die Kosten für die Haltung der Spinnen und die Gewinnung der Seide in keinem Verhältnis zu ihrem Wert stünden. Nach den Berechnungen von Réaumur, der die unterschiedliche Ausbeute großer und kleiner Spinnen berücksichtigte, waren 663.552 Spinnen nötig, um ein Pfund Spinnenseide zu gewinnen. Möglicherweise gäbe es aber in Übersee größere Spinnen, die mehr Seide liefern könnten.[24]

Apparatur zur Entnahme von Spinnenseide.[26]
(a) Korkstückchen mit einem kleinen Hohlraum;
(b) Blech aus verzinntem Eisen mit Aussparung;
(c) zwei Eisenstifte oder -drähte;
(d) Spinnwarze;
(e) Spule zum Aufwickeln der Spinnenseide

Der spanische Jesuitenpater Raimondo Maria de Termeyer setzte die Versuche zur Herstellung von Spinnenseide fort. Ohne die Arbeiten von Bon oder Réaumur zu kennen, begann er 1760 mit dem Sammeln von Spinnenkokons zur Seidengewinnung. Er konstruierte Kästen mit 68 Zellen, in denen er Spinnen halten konnte, und sammelte eine beträchtliche Menge an Kokons. 1762 erhielt er den Auftrag, sich der Jesuitenmission in Südamerika anzuschließen, wo er 1763 in der Intendencia de Córdoba del Tucumán, einem Teilstaat der Vereinigten Provinzen des Río de la Plata, eintraf. Während dieser Zeit lernte er die Arbeiten von Bon und Réaumur kennen. Wie Réaumur vorausgesagt hatte, gab es dort große Spinnen, die für die Gewinnung von Spinnenseide besser geeignet waren als die europäischen Spinnen.[24]

Als er nach Europa zurückkehren musste, setzte er dort seine Forschungen fort. Um die Qualität der Spinnenseide zu verbessern, beschloss Termeyer 1796, die Seide nicht mehr aus dem Kokon, sondern direkt aus der Spinne zu gewinnen. Dazu konstruierte er ein kleines Gestell aus Kork und Metall, mit dessen Hilfe er die Kopfregion vom Thorax separieren konnte, während eine Spulmaschine die Seide direkt aus den Spinndüsen der Spinne zog.

„Ich habe auch eine Methode gefunden, mit der ich die Seide leicht entnehmen oder von der Spinndrüse abziehen kann. Ich präsentiere ihm eine Fliege, er nimmt sie schnell mit den Palpi und dreht sie um, als ob er sie umhüllen würde. Ich hebe den Hinterleib, und bei der ersten Berührung öffnet er die Spinndrüse und lässt eine Fülle von Seide austreten. Dann befestige ich das Ende der Seide an einer kleinen Spule von viereinhalb Zoll Durchmesser mit zylindrischen Glasarmen, die ich langsam drehe und die Seide der Spinne wie die des Kokons aufwickle."[26]

Termeyer versuchte, diese Methode auf ein Mehrfachspinnsystem zu übertragen, bei dem mehrere Spinnen befestigt und die Seide von ihnen gleichzeitig abgewickelt werden konnte. Diese Idee wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts in Madagaskar aufgegriffen.[24]

Burt Green Wilder (1924)

Ebenfalls um Spinnenseide direkt aus der Spinne zu gewinnen, entwickelte der Erfinder Daniel Rolt nach eigenen Angaben einen Gerät, mit dem er in zwei Stunden über 5000 Meter Seide von zwei Dutzend Spinnen aufspulen konnte. Er wurde dafür 1830 von der Royal Society of Arts mit einer Silbermedaille ausgezeichnet.[25] Weitere Versuche zur Gewinnung von Spinnenseide unternahm 1863 der auf Folly Island in South Carolina stationierte Chirurg Burt Green Wilder. Bei einem Spaziergang entdeckte er eine große Seidenspinne, die in einem goldfarbenen Netz saß. Wilder fing die Spinne und brachte sie in sein Zelt. Als die Spinne von seinem Ärmel fiel, ergriff er ihren Abseilfaden und wickelte mit einem Federkiel innerhalb von eineinhalb Stunden 137 Meter Spinnenseide auf. Zu diesem Zeitpunkt glaubte Wilder, der Erste zu sein, dem dies gelungen war.[24] [27]

Da die Spinnenseide zum Weben zu dünn war, entwickelte er eine Vorrichtung, mit der er von mehreren Spinnen gleichzeitig Seide gewinnen und zu einem dickeren Strang zusammendrehen konnte. Allerdings waren viele Spinnen in dieser Vorrichtung zusammengedrängt und neigten dazu, sich gegenseitig zu fressen. Anhand der gewonnenen Seidenmenge berechnete er, dass er etwa 5000 Spinnen bräuchte, um genügend Material für ein Kleid zu gewinnen.[25] Später entdeckte Wilder Termeyers Schriften, die er übersetzte und 1866 unter dem Titel „Researches and Experiments upon Silk from Spider and upon their Reproduction" (Untersuchungen und Experimente über Spinnenseide und ihre Fortpflanzung) veröffentlichte.[28] Ferner veröffentlichte er eine Reihe von Artikeln über seine Erfahrungen in verschiedenen wissenschaftlichen Zeitschriften.[24]

Der französische Jesuitenpater und Spinnenforscher Paul Camboué versuchte Ende des 19. Jahrhunderts erfolglos, eine Spinnenseidenindustrie in Madagaskar aufzubauen. Eine Spinne lieferte bei einer Entnahme zwischen 150 bis 600 Meter Seidenfaden, die innerhalb eines Monats 5 bis 6 Mal entnommen werden konnte. Die Gewinnung des Materials war jedoch teuer und konnte nicht mit gewöhnlicher Seide konkurrieren.[5]

Nachdem Madagaskar 1895 von Frankreich erobert wurde, gründete die Kolonialregierung die Ecole Prefessionnelle in Antananarivo, die von Antoine Jully geleitet wurde. Dort züchtete er in einer Versuchsanlage Seidenspinnen, denen der Faden künstlich entnommen wurde. Nach Camboués Vorbild sollte dort Spinnenseide in großem Maßstab hergestellt werden. Dazu wurde eine Vorrichtung benutzt, mit der zwölf Spinnen gleichzeitig der Faden entnommen und gezwirnt werden konnte. Der Faden wurde auf einer normalen Spinnmaschine später verdoppelt, um einen Faden mit 24 Strängen zu erhalten. Dazu wurden in manchen Monaten über 10.000 Spinnen gesammelt. In einem Jahr wurden so 175.000 Meter 12-fädiges Garn gewonnen. Aus diesem Garn wurden für die Weltausstellung in Paris 1900 Behänge für ein von einheimischen Handwerkern gefertigtes Bett hergestellt, dessen Spinnenseidentuch in der Presse mit begeisterten Worten beschrieben wurde.[24]

Spinnenseidentypen

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Sieben Arten von Spinnenseide

In Jahrmillionen der Evolution bildeten die Webspinnen sieben verschiedene Seidentypen aus, die von unterschiedlichen Spinndrüsen für unterschiedliche Zwecke produziert werden. Im World Spider Catalog des Naturhistorischen Museums Bern waren im März 2025 über 52.000 anerkannte Webspinnenarten verzeichnet.[29] Die große Artenvielfalt von Spinnen lässt sich möglicherweise durch mehrere bedeutende Artbildungsereignisse in Zusammenhang mit der Entwicklung neuer Typen von Spinndrüsen und Spinnenseidenarten erklären, da neue Seidenarten entscheidende Veränderungen der Seidennutzung erlaubten.[30]

Der einfach gebaute Spinnapparat der vogelspinnenartigen Spinne Antrodiaetus unicolor besteht aus einer einzigen Seidendrüse, die zwei Arten von Proteinen produziert, die über zwei Paare von Spinnwarzen abgesondert werden. Die Seide ist zweischichtig aufgebaut und besteht aus einem Kern und einer äußeren Schicht.[31] Der Spinnapparat höher entwickelter Spinnen besteht aus bis zu sieben verschiedenen Drüsen, die sich morphologisch und histologisch unterscheiden. Dazu gehören die Kleine und die Große Ampullendrüse, die Aciniformdrüse, die Tubuliformdrüse, die Aggregatdrüse, die Piriformdrüse und die Flagelliformdrüse, manchmal auch als Coronatadrüse bezeichnet. Jede Drüse besitzt einen Spinnkanal, der zu einer Spinnwarze führt, in der die Seidenfäden durch mehrere, manchmal bis zu mehreren hundert Spindeln geführt werden.[32]

Major-Ampullate-Seide

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Die Major-Ampullate-Seide wird beim Spinnennetzbau für die Konstruktion des Rahmens und der Speichen verwendet. Darüber hinaus wird sie als Abseilfaden, zur Absicherung und für den Spinnenflug genutzt. Nach ihrer Verwendung wird sie daher als Rahmen-, Abseilfaden- oder Schleppseilseide bezeichnet, wobei der entsprechende englische Begriff „Dragline-Seide" ebenfalls gebräuchlich ist.[33]

Sie wird in der Großen Ampullendrüse gebildet und besteht zum Beispiel bei Nephila clavipes hauptsächlich aus zwei Strukturproteinen, die als die Major-Ampullate-Spidroine, einem Kofferwort aus Spider und Fibroin, Spidroin 1 (MaSp1) und Spidroin 2 (MaSp2) bezeichnet werden.[34] Mit einem Durchmesser von etwa 3 bis 5 Mikrometern ist sie die breiteste Faser der Nephila-Spinne. Die Fibroine des Abseilsfadens aus der Großen Ampullendrüse der Gartenkreuzspinne werden als Araneus-Diadematus-Fibroin-3 (ADF-3) und Araneus-Diadematus-Fibroin-4 (ADF-4) bezeichnet.[35] Da Spinnen bei der Fortbewegung permanent einen Schleppseilfaden aus Major-Ampullate-Seide zur Absicherung spinnen, kann durch gleichmäßiges Abziehen dieses Fadens eine größere Menge dieser Seide gewonnen werden.

Flagelliform- und Aggregatseide

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Die Flagelliform- und die Aggregatseiden bilden die Fäden der Fangspirale des Netzes. Die Flagelliformseide selbst ist nicht klebrig. Ecribellate Spinnen bringen daher eine Schicht aus klebriger, wasserlöslicher Aggregatseide auf die Flagelliformseide der Fangspirale auf, um die Beute im Netz zu halten. Die Spinnwarze der Flagelliformdrüse ist dazu zwischen zwei Spinnwarzen der Aggregatdrüse angebracht. Beim Ausstoß der Spiralfaser wird gleichzeitig die klebrige Beschichtung aufgebracht. Die Aggregatseide bedeckt die Faser zunächst gleichmäßig, bildet jedoch aufgrund der Rayleigh-Instabilität spontan eine Reihe von relativ gleichmäßig verteilten Tröpfchen.[36]

Durch die Kombination aus der Stärke und Steifigkeit der Rahmenseide und der Dehnbarkeit der Fäden der Fangspirale kann die kinetische Energie von fliegenden Insekten, die auf das Netz treffen, absorbiert werden. Die klebrige Aggregatseide hält die Insekten lange genug fest, um von den Spinnen gefunden und gefangen zu werden. Die verschiedenen mechanischen und chemischen Eigenschaften der Netzseiden haben einen synergetischen Effekt, der die cribellaren Fäden beim Fangen von Beutetieren übertrifft. Die Klebetröpfchen der Bolaspinnen sind eine Sonderform der Aggregatseide. Sie durchdringt die Schuppen der Nachtfalter und haftet an der darunter liegenden Kutikula, so dass die Falter nicht durch den Abrieb der Schuppen entkommen können.[36]

Fangseide einer cribellaten Spinne

Im Gegensatz zu der mit Aggregatseide beschichteten Flagelliformseide der ecribellaten Spinnen ist die Fangseide der cribellaten Spinnen ohne klebrige Beschichtung aufgebaut. Cribellate Spinnen besitzen ein Cribellum (lateinisch kleines Sieb), eine Spinnplatte mit etwa 40.000 bis 50.000 Spinnspulen. Das sind kleine Röhrchen oder Öffnungen, die sich unmittelbar vor den Spinnwarzen befinden. Die Seide wird in gewöhnlichen Spinndrüsen produziert und in 10 bis 15 Nanometern dünnen Fäden über die Spinnspulen des Cribellums ausgeschieden. Mittels des Calamistrums, Kamm-ähnlichen Borsten am Fersenglied (Metatarsus) des vierten Beinpaares, wird die Fangwolle aus dem Cribellum gekämmt. Durch das Kämmen laden sich die Fasern auf, wodurch sie sich gegenseitig abstoßen und zu einem wollartigen Geflecht ausdehnen. Das so entstandene Geflecht wird auf die dickeren, mikrometerbreiten Achsfäden des Netzes aufgebracht. Die Fäden haben ein schnurartiges Erscheinungsbild und sind bläulich gefärbt. Insekten verfangen sich in den Fäden wie in einem Klettverschluss.[36]

Minor-Ampullate-Seide

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Minor Ampullate Seide für die Hilfsspirale und die die Netzverstärkung. Zahlreiche Radnetzspinnen entfernen die temporären Spiralen beim Bau der Fangspiralen und fressen die Minor-Ampullate-Seide. Einige Spinnen, wie die Seidenspinnen, entfernen die temporären Spiralen jedoch nicht und verwenden sie in ihren fertigen Netzen. Die Minor-Ampullate-Seide besteht aus den beiden Minor-Ampullate-Spidroinen MiSp1 und MiSp2, die in der Kleinen Ampullendrüse von Trichonephila clavipes nachgewiesen wurden.[37]

Aciniformseide

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Umhüllung der Beute mit Aciniform­seide, die über Hunderte von Spinn­spulen aus­gestoßen wird

Aciniformseide wird zum Einwickeln von Beutetieren verwendet, ihre antibakteriellen Eigenschaften verzögern zudem die bakterielle Zersetzung der Beute und minimieren dessen mikrobielle Belastung.[38] Sie wird für Spermiennetze, Stabilimente und für die Auskleidung der Kokons verwendet. Die Arten der Gattung der Echten Krabbenspinnen nutzen ein Gemisch aus Aciniformseide und Seide der Kleinen Ampullendrüse für den Spinnenflug.[30] Aciniformseide besteht aus einem einzigen Protein, dem aciniformen Spidroin 1 (AcSp1). Es weist im Vergleich zu den Major-Ampullate-Spidroinen einen deutlich geringeren Glycin- und Alaningehalt auf.

Piriformseide dient dazu, als Klebepunkte die Fangspirale mit dem Rahmen zu verbinden, das Netz an den Befestigungsstellen der Umgebung zu fixieren und die für die Fortbewegung der Spinne wichtigen Schleppfäden zu sichern. Die Piriformseide wird in der Piriformdrüse produziert und tritt aus einem kurzen Spinnkanal aus, der in einer düsenartigen Spinnwarze mündet.[39]

In der Spinnwarze der Piriformisdrüse befinden sich zahlreiche Spinnspulen, die zum Ausstoßen der Fasern dienen, die dabei eine netzartige Struktur bilden. Die Piriformseide wird in flüssiger Form ausgeschieden, die unter Umgebungsbedingungen in weniger als einer Sekunde polymerisiert. Dabei bildet sie eine Struktur, die als Haftscheibe bezeichnet wird. Eine Haftscheibe der Goldenen Seidenspinne Nephila senegalensis, die an einer Glasscheibe befestigt wird, kann bis zum Sechsfachen ihres eigenen Körpergewichts halten.[40]

Die Hauptbestandteile des Piriformseidenproteins sind Piriformspidroin 1 (PiSp1) und Piriformspidroin 2 (PiSp2). Diese weisen im Vergleich zu anderen Spidroinen einen hohen Gehalt an hydrophilen Resten auf, die zu starken Wechselwirkungen zwischen dem Sekretionsfilm und dem Substrat führen.[40]

Tubiliformseide

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Die Tubiliformseide wird zum Bau des Eikokons verwendet und ist die einzige Seide, die nur während der Fortpflanzungszeit produziert wird. Aufgrund ihres hohen Serin- und sehr niedrigen Glycingehalts ist sie unter den Spinnenseiden einzigartig. Sie besteht aus dem tubuliformen Spinnenseidenprotein (TuSp1) und den Kokonproteinen (Egg Case Protein) ECP 1 und 2. Möglicherweise ist die Tubuliformseide die Urform der Spinnenseide, aus der sich die anderen Seidenarten entwickelt haben.[41]

Der Bau eines Radnetzes der Gartenkreuzspinne mit 18 Zentimetern Durchmesser benötigt insgesamt etwa 18 Meter Spinnenseide, wobei der Hinterleib mit den Spinndrüsen lediglich etwa 10 Millimeter lang und 7 Millimeter breit ist, die entsprechenden Spinndrüsen sind nochmals kleiner. Die Spinne ist in der Lage, das Netz ohne Nahrungsaufnahme vier bis sechsmal zu erneuern.[43]

Die Bildung einer festen Faser aus einem löslichen Spinnenseidenprotein erfolgt in der Natur durch komplexe biochemische und physikalische Prozesse. Zunächst wird ein lösliches prepolymeres Vorprodukt in spezialisierten Spinndrüsen produziert und gespeichert. Der äußere Teil der Drüsen wird als Spinnwarze bezeichnet.[44] Kreuzspinnen besitzen etwa 850 Spinnspulen. Diese sitzen auf den paarweise angeordneten Spinnwarzen am Hinterleibsende. Die Seide der Piriformdrüse wird über 500 Spinnspulen der vorderen Spinnwarzen, die Aciniformseide über 14 Spinnspulen der mittleren Spinnwarze und 300 Spinnspulen der hinteren Spinnwarze ausgestoßen. Die Seide der Großen Ampullendrüse wird über 2 Spinnspulen der vorderen Spinnwarze, die der Kleinen Ampullendrüse über 2 Spinnspulen der mittleren Spinnwarze ausgestoßen. Die Tubuliformseide wird über 6 Spinnspulen ausgestoßen, davon 2 an der mittleren Spinnwarze und 4 an der hinteren Spinnwarze. Die Aggregatseide wird über 4 Spinnspulen an der hinteren Spinnwarze, die Flagelliformseide über 2 Spinnspulen ebenfalls an der hinteren Spinnwarze ausgestoßen.[44]

MA-Drüse
MA-Drüse

Die Bildung der Major-Ampullate-Seide in der Großen Ampullendrüse wurde eingehend untersucht. Die Drüse lässt sich in vier Zonen unterteilen: einem Drüsenfortsatz, dem Drüsenkörper und einem S-förmigen Spinnkanal, der in einer Spinnspule endet. Im Drüsenfortsatz befinden sich Epithelzellen, die Spidroin-Proteine produzieren und diese über sekretorische Vesikel unter Proteinakkumulation in den Drüsenkörper abgeben. In den Spinndrüsenzellen produziert das endoplasmatische Retikulum die Seidenproteine, der Golgi-Apparat spielt keine Rolle.[45]

Nach der Mizellentheorie dimerisieren diese Spidroin-Proteine unter Bildung eines amphiphilen Moleküls. Die Dimerisierung erfolgt über eine Disulfidbrücke im C-Terminus. Die dimerisierten Proteine liegen im Drüsenkörper in hochkonzentrierter Form vor und bilden bei neutralem bis leicht basischen pH-Wert Mizellen.[46] Wird die Flüssigkeit in den Spinnkanal gedrückt, findet in einem pH-Gradienten unter Dehydratisierung und Ionenaustausch ein Phasenübergang von einer flüssigkristallinen Phase zum Feststoff statt.[40]

Der S-förmige Spinnkanal der großen Ampullendrüse, der für die Ausrichtung der Seidenfaser verantwortlich ist, lässt sich wiederum in drei Abschnitte einteilen, wobei die Kurven die Abschnitte unterteilen. Der Spinnkanal verengt sich von einem Durchmesser von etwa 100 Mikrometer auf kleiner 10 Mikrometer an der Spule. In jedem Abschnitt haben die Spidroinmoleküle eine andere Orientierung. Beim Durchlaufen des Spinnkanals richten sich die Spinnenseidenproteine zunächst parallel aus und bilden im ersten Abschnitt eine nematische Phase. Im zweiten Abschnitt des Spinnkanals ordnen sie sich zu Doppelschichten an.

Im dritten Abschnitt des Spinnkanals findet eine Konformationsänderung von einer Random-Coil-Konformation zu β-Faltblattstrukturen statt, die durch das Absinken des pH-Werts der Spinnlösung unterstützt wird. Dadurch wird die Glutaminsäure der Spinnenseidenproteine neutralisiert, die unter physiologischen Bedingungen deprotoniert als Glutamat vorliegt. Durch die Neutralisation werden die abstoßenden Wechselwirkungen der negativ geladenen Carboxylatgruppen aufgehoben, was die Ausrichtung der Seidenmoleküle zu β-Faltblättern begünstigt.[47]

Im hinteren Teil des Spinnkanals geliert die Spinnlösung unter Erhöhung der Viskosität. In Verbindung mit einer dort schnelleren Strömung unterstützt dies den Verstreckungsprozess der Faser. Die den Drüsenkanal umgebende Schicht hat die Struktur einer Dialysemembran und ermöglicht den Epithelzellen mit Mikrovilli am Drüsenkanalausgang eine rasche Wasseraufnahme und Änderung der Ionenzusammensetzung während des Spinnprozesses.[46]

Die Spinndrüsen besitzen keine Auspressmuskulatur. Die Seide kann durch eine Erhöhung des hydrostatischen Drucks der Hämolymphe, durch aktives Ziehen der Hinterbeine, durch Fallenlassen oder Laufen aus den Spinnspulen austreten.[45] Die als Ventil bezeichnete Struktur dient wahrscheinlich dazu, die Faser vorzuschieben, um die Faserbildung nach einem inneren Fadenbruch wieder aufzunehmen, wobei der Ventildurchmesser die Fadendicke beeinflusst.[48] [45]

Biotechnologische Herstellung

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Umhang aus der Seide der Seidenspinne aus Madagaskar

Der Textilkünstler Simon Peer und der Unternehmer Nicholas Godley begannen 2004 mit der Gewinnung von Spinnenseide aus lebenden Seidenspinnen. In Madagaskar ließen sie mehr als eine Million Seidenspinnen sammeln und gewannen daraus Spinnenseide. Es dauerte acht Jahre, um genug Seide für einen 1,5 Kilogramm schweren goldenen Umhang zu gewinnen, der in verschiedenen Museen ausgestellt wurde.[49] Die Anzahl der benötigten Spinnen entsprach damit der Größenordnung, die Réaumur bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts berechnet hatte. Nach seiner Rechnung waren 663.552 Spinnen nötig, um ein Pfund Spinnenseide zu gewinnen.[24] Für das Sammeln der Spinnenseide ist es zudem erforderlich, die Spinne durch Abkühlung zu betäuben. Anschließend werden die Spinnwarzen mit einer kleinen Bürste stimuliert, um die Faserproduktion anzuregen. Dieser Prozess muss für jede Spinne individuell durchgeführt werden.[50]

Auch wenn im Vergleich zu anderen Seidenarten größere Mengen von Major-Ampullate-Seide aus lebenden Spinnen gewonnen werden konnten, zeigt das Beispiel, dass diese Art der Gewinnung im großen Maßstab zeitaufwändig und schwierig ist. Spinnen benötigen lebende Insekten für ihre Ernährung, sind territorial und neigen bei hoher Populationsdichte zum Kannibalismus, so dass es schwierig ist, sie in großen Mengen zu halten.[51]

Angesichts der Probleme wurde nach anderen Wegen zur Herstellung von Spinnenseide gesucht. Eine mögliche Alternative für die Synthese von Spinnenseidenproteinen ist der Einsatz gentechnischer Methoden. Die Proteinbiosynthese von Spinnenseidenproteinen in Fremdorganismen oder Zellen sollte die industrielle Produktion erleichtern. Ein bedeutender Durchbruch in der wissenschaftlichen Erforschung von Spinnenseide wurde 1990 erzielt, als erstmals die repetitive Sequenz eines Spidroins der Major-Ampullate-Seide der Spinne Nephila clavipes anhand eines partiellen cDNA-Klons bestimmt wurde.[12]

Die ersten Versuche zur gentechnischen Herstellung von Spinnenseidenproteinen führte die 1993 gegründete Firma Nexia Biotechnologies durch. Das Unternehmen extrahierte rekombinante Versionen zweier Spidroine der Goldenen Seidenspinne, MaSp1 und MaSp2, aus der Milch transgener Ziegen. Die Seidenproteine wurden in Lösungsmitteln gelöst und mittels Nassspinnverfahren zu Mikrofasern verarbeitet. Die Firma wurde 2005 an PharmAthene verkauft und ging 2009 in Konkurs. Die Forschung wurde an der Utah State University weitergeführt, 2012 gab es etwa 30 dieser Ziegen auf einer von der Universität betriebenen Farm.[52]

Im Jahr 2008 wurde in München die Firma AMSilk gegründet, die sich auf die Produktion von Biopolymeren aus synthetischer Spinnenseide spezialisiert hat. Die Spinnenseidenfaser wurde von Adidas zur Herstellung eines Prototyps eines biologisch abbaubaren Laufschuhs verwendet. Das Unternehmen bietet weiterhin medizintechnische und kosmetische Produkte an. Im Jahr 2019 wurde die Kosmetiksparte von AMSilk durch den Schweizer Kosmetikhersteller Givaudan übernommen. Ziel der Übernahme ist die Erweiterung der Verwendung der Spinnenseidentechnologie in Kosmetikprodukten.[53]

Aufbau einer Spinnenseidenfaser[54]

Die Faser des Abseilfadens hat je nach Spinnenart und dem Alter der Spinne einen Durchmesser von 1 bis 20 Mikrometern und weist eine Kern-Schalen-Struktur auf. Der Kern der Faser besteht aus zwei Spidroinen, MaSp 1 und 2, die überwiegend aus Glycin, Alanin und Prolin aufgebaut sind. Der Kern ist von einer Haut aus einem weiteren spidroinähnlichen Protein umgeben. Unmittelbar darauf folgend eine Glykoproteinschicht, die aus Proteinen mit kovalent an die Aminosäureseitenketten gebundenen Kohlenhydratresten besteht. Den äußeren Abschluss der Faser bildet eine Lipidschicht.[54]

Die mechanischen Eigenschaften des Abseilfadens werden hauptsächlich durch die Seidenproteine im Kern bestimmt. Die äußeren Schichten schützen den Faserkern vor bakteriellen und Pilzinfektionen.[34]

Chemische Eigenschaften

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Spinennseidenproteine lösen sich in Hexafluorisopropanol, gegebenenfalls unter Zusatz von Ameisensäure und Hexadecyltrimethylammoniumbromid oder unter Zusatz eines Tris/HCl-Puffers bei pH 7,5 und PEG-400. Die gelösten Proteine können für kosmetische Zwecke oder zum Elektrospinnen verwendet werden. Die verwendeten Lösungsmittel müssen von der Faser mit Wasser oder Ethanol abgewaschen werden.[35]

Primärstruktur

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Innerhalb eines Proteins sind die Aminogruppen der Aminosäuren mit den Carboxylgruppen anderer Aminosäuren über Peptidbindungen zu einer Kette verbunden. Die Peptidbindung entsteht durch eine Kondensationsreaktion zwischen der Amino- und der Carboxylgruppe der beteiligten Aminosäuren unter Wasserabspaltung. Das freie Elektronenpaar der Aminogruppe wirkt bei der Reaktion als Nukleophil und ersetzt die Hydroxygruppe unter Bildung der Peptidbindung.

Beispiel einer Peptidbindung
Kondensationsreaktion von zwei Molekülen Alanin zum Dipeptid

Dadurch bleibt an einem Ende, dem so genannten C-Terminus, eine freie Carboxylgruppe und am anderen Ende, dem so genannten N-Terminus, eine freie Aminogruppe zurück. Konventionell werden Proteinsequenzen vom N-Terminus zum C-Terminus, zum Beispiel im Einbuchstabencode, von links nach rechts, geschrieben, was die Übersetzungsrichtung mit der Textrichtung korreliert, denn wenn ein Protein von der Boten-RNA übersetzt wird, entsteht es vom N-Terminus zum C-Terminus, da Aminosäuren immer an das Carboxylende des Proteins angehängt werden.

Spidroinstrukturen
Spidroinstrukturen

Die verschiedenen Spinnenseidenarten enthalten unterschiedliche Fibroine, die zur Gruppe der Strukturproteine gehören. Die am intensivsten studierten Spinnenseidenproteine sind die Fibroine der Abseilseide, die so genannten Major-Ampullate-Spidroine. Die Faser der Abseilseide besteht hauptsächlich aus zwei Spidroinen, Spidroin 1 (MaSp1) und Spidroin 2 (MaSp2), wobei es bei den verschiedenen Spinnenarten Unterschiede in deren Struktur gibt. Diese Spinnenseidenproteine zeigen eine hochrepetitive Kernsequenz aus bestimmten Strukturmotiven. Dazu zählen Polyalaninblöcke (An oder (GA)n; mit A für Alanin, G für Glycin), GPGXX (P für Prolin, X oft Glutamin) und GGX sind die Konsensusmotive der Kernregion der Spidroine der großen Ampullendrüse, die unter den Radnetzspinnen seit etwa 125 Millionen Jahren hochkonserviert sind.

Mechanische Eigenschaften

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Spannungs-Dehnungs-Diagramm eines Abseilfadens im Vergleich mit Kevlar

Spinnenseidenfasern gehören zu den stärksten, dehnbarsten und zähesten bekannten biologischen Materialien und übertreffen in ihren Eigenschaften viele technische Werkstoffe. Grundlegende Materialeigenschaften sind neben der Dichte die Zugfestigkeit, der Elastizitätsmodul, die Bruchdehnung und die Zähigkeit, die üblicherweise im Zugversuch bestimmt werden.[55] Aufgrund ihrer mechanischen Eigenschaften kann Spinnenseide den Aufprall von fliegenden Insekten unbeschadet überstehen und nach einer Dehnung wieder in den Ausgangszustand zurückkehren.[15]

Mechanische Eigenschaften von Fasern[56]
Material Dichte
[g/cm3]
E-Modul
[GPa]
Zugfestigkeit
[GPa]
Bruchdehnung
[%]
Zähigkeit
[MJm−3]
Abseilfaden1 1,3 11,5 1,65 68 354
Fangspirale2 1,3 0,003 0,5 270 150
Seide 1,3 7 0,6 18 70
Nylon 6.6 1,1 5 0,85 18 80
Kevlar 1,4 130 3,6 2,7 50
Stahl 7,8 200 1,5 0,8 6
1: Abseilfaden von Caerostris darwini; 2: Fangspirale von Araneus diadematus

Neben der chemischen Zusammensetzung beeinflusst die Spinngeschwindigkeit die mechanischen Eigenschaften beispielsweise der Major-Ampullate-Seide, je nachdem, ob sie zum Netzbau oder zur Flucht vor Fressfeinden verwendet oder beim erzwungenen Melken gewonnen wird. Schleppseidenfasern werden beim Netzbau mit einer Geschwindigkeit von etwa einem Zentimeter pro Sekunde produziert, beim schnellen Absinken auf der Flucht kann sich die Spinngeschwindigkeit auf das Zehnfache erhöhen.[57]

Sie können weiterhin durch Faktoren wie Umgebungstemperatur, Ernährungszustand, Körpergewicht und Feuchtigkeit beeinflusst werden. Trotz der ähnlichen chemischen Proteinstruktur einer bestimmten Seidenart variieren die mechanischen Eigenschaften von Spinnenart zu Spinnenart, zwischen Individuen derselben Art und auch in der Seidenproduktion desselben Individuums.[58]

Die Dichte, das Verhältnis von Masse zu Volumen, ist für den Vergleich mechanischer Eigenschaften verschiedener Fasern bei gleicher Masse relevant. Spinnenseide weist als Proteinfaser nur etwa ein Sechstel der Dichte von Stahl auf.[59] Der Abseilfaden der Darwinschen Rindenspinne hat etwa die Zugfestigkeit von Stahl, kann jedoch aufgrund der geringeren Dichte bei gleicher Masse einer sechsmal höheren mechanischen Spannung widerstehen.

Elastizitätsmodul

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Der Elastizitätsmodul ist eine materialspezifische Kennzahl, die vom englischen Naturforscher Thomas Young eingeführt wurde und auch als Young-Modul bezeichnet wird. Er ist ein Maß für die Kraft, die ein Werkstoff einer elastischen Verformung entgegensetzt und ist das Verhältnis zwischen der mechanischen Spannung und der axialen Dehnung im linear-elastischen Bereich einer Faser. Der Elastizitätsmodul wird in Pascal gemessen, wobei typische Werte im Bereich von Gigapascal (GPa) liegen. Im Spannungs-Dehnungs-Diagramm entspricht er der Steigung im linear-elastischen Bereich.[60]

Der Elastizitätsmodul steigt mit dem Widerstand, den ein Werkstoff seiner elastischen Verformung entgegensetzt. Gummi, das sich bei zunehmender mechanischer Spannung schnell dehnt, hat einen niedrigen Elastizitätsmodul. Dagegen hat Stahl, der sich bei zunehmender Spannung nur langsam dehnt, einen hohen Elastizitätsmodul von etwa 200 Gigapascal.[61] Der Elastizitätsmodul von Kevlar liegt bei 130, der von Nylon bei 5 und der Rahmenfaden eines Spinnennetzes bei etwa 10 Gigapascal. Der Elastizitätsmodul der Fangspirale beträgt dagegen nur 0,003 Gigapascal.[56]

Die Zugfestigkeit ist definiert als die maximale mechanische Spannung, die auf einen Werkstoff ausgeübt werden kann, bevor er reißt oder bricht. Für Fasern ist dies ein wichtiger Kennwert, da er die Festigkeit der Faser unter Zugbeanspruchung angibt. Fasern mit hoher Zugfestigkeit eignen sich besonders für Anwendungen, bei denen hohe mechanische Belastungen auftreten. Die Dimension der Zugfestigkeit ist die Kraft pro Fläche und wird ebenfalls in der Einheit Pascal (Pa) gemessen. Typische Werte liegen auch hier im Gigapascal-Bereich (1 GPa = 1 Milliarde Pa). Der Schleppseilfaden von Nephila clavipes hat eine Zugfestigkeit von 4 Gigapascal, der Schleppseilfaden der Gartenkreuzspinne Araneus diadematus 1,1 Gigapascal und ihre Fangspirale 0,5 Gigapascal.[62] [56]

Die Bruchdehnung ist die maximale Verlängerung einer Faser verglichen mit der ursprünglichen Länge beim Riss, angegeben in Prozent. Sie ist ein Maß für die Verformbarkeit einer Faser im plastischen Bereich bis zum Bruch. Als spezifischer Werkstoffkennwert dient sie zur Charakterisierung und zum Vergleich verschiedener Werkstoffe.[55]

Netz der Darwinschen Rindenspinne

Unter Zähigkeit bezeichnet die Fähigkeit der Faser, einer Verformung zu widerstehen, bevor es zu einem Riss der Faser kommt. Der Abseilfaden der Darwinschen Rindenspinne ist um ein Vielfaches zäher als die meisten bekannten Fasern. Sie gilt als eines der höchstentwickelten Strukturproteine der Natur und als eines der zähesten bekannten biologischen Materialien. Einzelne Proben erreichen eine Zähigkeit von bis zu 520 Megajoule pro Kubikmeter, während die durchschnittliche Zähigkeit bei etwa 350 Megajoule pro Kubikmeter liegt. Damit ist sie mehr als doppelt so zäh wie jede andere Spinnenseide. Die Spinne baut flussüberspannende Netze mit bis zu 25 Meter langen Ankerfäden und einer Fläche von bis zu 2,8 Quadratmetern und nutzt so einen Lebensraum, den keine andere Spinne nutzen kann.[63]

Superkontraktion

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Durch den Kontakt mit Wasser, etwa bei hoher Luftfeuchtigkeit oder Morgentau, kann sich ein Abseilseilfaden um bis zu 60 % verkürzen, wobei sich sein Umfang entsprechend vergrößert. Dieser Vorgang wird als Superkontraktion bezeichnet und ist das Ergebnis eines Übergangs von einer hochorientierten glasartigen Phase zu einer gummiartigen Phase durch Umorientierung der Wasserstoffbrückenbindungen.[64]

Der Superkontraktionsindex SC ist definiert als

S C = L 0 L c L 0 {\displaystyle SC={\frac {L_{0}-L_{c}}{L_{0}}}} {\displaystyle SC={\frac {L_{0}-L_{c}}{L_{0}}}}

wobei L0 die ursprüngliche Faserlänge und Lc die Länge der superkontrahierten Faser ist. Die Werte des Superkontraktionsindex variieren je nach Fasertyp und je nachdem, ob die Faser natürlich gesponnen oder durch erzwungenes Melken gewonnen wurde. Für den natürlich gesponnenen Abseilfaden von Nephila sp. beträgt der Wert etwa 0,2, für den durch erzwungenes Melken gewonnenen Abseilfaden von Argiope trifasciata etwa 0,52.[65] Es wird vermutet, dass die Superkontraktion der Mechanismus ist, der die Spannung in befeuchteten Spinnnetzen aufrechterhält.[66]

Die Verwendungsmöglichkeiten von Spinnenseide sind äußerst vielfältig. Dazu gehören die Verwendung im medizinischen Bereich, etwa zur Beschichtung von Brustimplantaten, im militärischen Bereich, etwa für die Herstellung von beschusshemmenden Westen, in der Kosmetik, in der Automobilfertigung, als Verbundwerkstoff und vieles mehr.

Medizinische Verwendung

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Spinnenseide ruft keine Reaktion des Immunsystems hervor, ist biologisch abbaubar und könnte helfen, durchtrennte Nervenfasern beim Menschen wieder zusammenwachsen zu lassen. In In-vitro-Versuchen wurde Spinnenseide in Zellkulturen gesponnen und mit menschlichen Modellneuronen versetzt. Dadurch erhielten die Nervenzellen eine Wachstumsrichtung. Bis zu sechs Zentimeter konnten so überbrückt werden. Bei Schafen konnten die Nervenenden mit dieser Methode wieder gut zusammenwachsen.[58] [67] [68]

Militärische Anwendungen

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Die Utah State University arbeitet mit der US Navy an der Entwicklung einer auf Spinnenseide basierenden Faser, die sich um eine Schiffsschraube wickeln und das Schiff so stoppen soll.[69] Kraig Biocraft Laboratories entwickelte im Auftrag der US Army ballistische Protektoren aus „Dragon Silk", einer Spinnenseide, die mit Hilfe gentechnisch veränderter Seidenspinner hergestellt wird.[70]

Commons: Spinnenseide  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Spinnenseide  – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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