Kunstreiten

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Eine Frau scheint lächelnd im Spagat neben einem Pferd in vollem Galopp zu schweben. Bei genauem Hinsehen sieht man, dass sie sich mit einem Arm am Sattel festhält und die ausgestreckten Beine (eines nach hinten, eines nach vorne) in speziellen Steigbügeln stecken.
Eine Kunstreiterin bei einer Cavalluna Show, München, 2023

Kunstreiten umfasst akrobatische Übungen auf dem Pferderücken. Während das Pferd beim Voltigieren longiert wird, läuft es beim Kunstreiten in allen Gangarten frei.

Übungen und Ausrüstung

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Zu den typischen Kunststücken gehören das Aufspringen, Stehen, Ungarische Post, Schulterhang oder der Kosakenhang im schnellen Galopp. Dazu werden speziellen Sättel mit einem verstärkten Stahlhorn sowie Schlaufen für Hände und Füße verwendet.

Der Ursprung des Voltigierens und des Kunstreitens liegt in der Kavallerie. Ziel der Übungen war es dabei Gleichgewicht, Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer der Soldaten zu schulen.[1] Johann Georg Pasch schrieb 1661 eine Kurtze iedoch gründliche Beschreibung Des Voltesirens So wohl auf dem Pferde als über den Tisch.[2]

Der Kunstreiter Thomas Hammond aus dem 18. Jahrhundert beschreibt Auftritte in mehreren europäischen Ländern.[3] Einige Kunststücke des berühmten Kunstreiters Mr. Price, sind auf dem unten gezeigten alten Stich abgebildet. Die Bildunterschriften der abgebildeten Kunststücke lauten im Uhrzeigersinn von links oben:

  • In vollem Tempo zwischen 2 Pferden, nur auf seinen Armen reitend.
  • Auf 2 Pferden stehend, mit einem Fuß auf jedem Sattel, in voller Geschwindigkeit über ein Hindernis springen.
  • In voller Geschwindigkeit auf 2 Pferden hochspringen.
  • Auf dem Kopf stehend eine Pistole in vollem Tempo abfeuern.
  • Rückwärts auf dem Sattel stehend, bei voller Geschwindigkeit.
  • Bei vollem Tempo quer über 3 Pferde liegen.
  • Mit einem Bein auf dem Sattel stehend in vollem Tempo.
  • Eine Peitsche in vollem Tempo vom Boden aufheben.[4]

Das Kunstreiten entwickelte sich zum Ende des 18. Jahrhunderts aus dem Voltigieren. Ein Jahrhundert später war es nicht mehr nur Bestandteil der militärischen Ausbildung.[1] Die Kunst- und Schulreiterinnen im Zirkus des 19. Jahrhunderts waren Berühmtheiten, die mit heutigen zu vergleichen sind. Artistinnen wie Caroline Loyo, Adah Menken, Therese Renz oder Annie Oakley begeisterten ihr Publikum, verdienten hohe Gagen, reisten um die Welt. Der amerikanische Kunstreiter Omar Kingsley trat um 1850 jahrelang als Miss Ella auf, um vom Ruhm der großen Kunstreiterinnen zu profitieren.[5]

1920 war Kunstreiten, auch Figurenreiten, bei den Olympischen Spielen in Antwerpen vertreten. Es traten Kavalleristen aus verschiedenen Ländern gegeneinander an. In Einzel- und Mannschaftswettkämpfen wurden Sprünge auf gesattelten und ungesattelten Pferden sowie in allen Gangarten ausgeführt. Jeweils drei Mann waren in einer Gruppe vertreten. Im Einzel gewann der Belgier Jos Bouckaert die Goldmedaille vor zwei Franzosen. Auch den Mannschaftswettbewerb gewann Belgien vor Frankreich und Schweden.[6] [7]

Die Darbietungen von Hippodramen bei Philip Astley in London oder die Reiterkunststücke im Circus gymnasticus in Wien gehörten zum festen Bestandteil der europäischen Unterhaltungskultur.

Pferdeshows und Stuntreiten

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Pferdstunts wurden in vielen Filmen gezeigt, beispielsweise im Hollywood-Stummfilm The Calgary Stampede von 1925 mit Hoot Gibson und im Kultfilm Ben Hur. Florence LaDue (1883–1951) war eine bekannte Rodeoreiterin, Earl Bascom, Ken Maynard und Gattlin Griffith erfolgreiche Stuntreiter.

Pferdeshows werden bei zahlreichen Pferdesportveranstaltungen wie der Equitana, Hengstparaden, Rodeos, Mittelalterfesten oder der Académie du spectacle équestre aufgeführt.

Einzelnachweise

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  1. a b Ulrike Rieder: Ein Blick in die Geschichte des Voltigiersports. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 9. August 2011; abgerufen am 14. Oktober 2010. 
  2. Johann Georg Pasch: Kurtze iedoch gründliche Beschreibung Des Voltesirens. Halle (Saale), 1660. (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)
  3. Thomas Hammond: Memoirs on the Life and Travels of Thomas Hammond, 1748-1775. Hrsg.: George E. Boulukos. University of Virginia Press, Charlottesville 2017, ISBN 978-0-8139-3968-1 (englisch). 
  4. English School: The surprising performance of Mr Price. In: Meisterdrucke. Abgerufen am 20. Mai 2024 (englisch). 
  5. Stephanie Haerdle, Keine Angst haben, das ist unser Beruf! Kunstreiterinnen, Dompteusen und andere Zirkusartistinnen, Berlin 2007, ISBN 978-3-932338-29-8, S. 50–56
  6. EQUESTRIAN VAULTING RESULTS, ANTWERP 1920, auf www.olympics.com (englisch). Abgerufen am 9. August 2023.
  7. Ulrike Rieder, B. Dommnich: Einmal und nie wieder – Voltigieren war 1920 bei Olympia dabei! Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 14. Oktober 2010.@1 @2 Vorlage:Toter Link/www.voltigierseiten.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) 
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