McKeen-Triebwagen
Die Triebwagen der McKeen Motor Car Company gehörten zu den ersten kommerziell erfolgreichen Eisenbahntriebfahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Die Verbrennungstriebwagen wurden in den Vereinigten Staaten von 1905 bis 1917 in verschiedenen Varianten in insgesamt 152 Exemplaren gebaut, zuzüglich einiger Beiwagen.
Geschichte
Um die Wirtschaftlichkeit des Personenverkehrs auf den Nebenstrecken der Union Pacific Railroad zu verbessern, beauftragte der Vorsitzende und Eigner der Gesellschaft Edward Henry Harriman 1904 den „Superintentent of Motive Power and Machinery" William Riley McKeen mit der Entwicklung eines Triebwagens mit Verbrennungsmotor. Zu diesem Zeitpunkt waren keinerlei Erfahrungen mit dem Bau eines solchen Fahrzeuges bei der Union Pacific vorhanden.
Das erste Fahrzeug UP M-1 war noch zweiachsig. Es startete am 7. März 1905 zu seiner ersten Testfahrt von Omaha nach Valley (Nebraska). Danach folgten weitere Fahrten. Am 21. August 1905 wurde der erste regelmäßige Personenverkehr mit dem Fahrzeug zwischen Kearney (Nebraska) und dem 100 Kilometer entfernten Callaway (Nebraska) aufgenommen.
Diesem ersten Fahrzeug folgten bis 1908 weitere sieben Triebwagen. Diese liefen auf zwei Drehgestellen und waren wesentlich länger. Auf Grund des Erfolges bei den durchgeführten Testfahrten mit den Fahrzeugen bestellten die Union Pacific Railroad und die Southern Pacific Railroad eine größere Anzahl der Triebwagen. Infolgedessen wurde mit einem Stammkapital von 1 Million Dollar am 1. Juli 1908 die McKeen Motor Car Company gegründet. Präsident der Gesellschaft wurde William McKeen. Die Gesellschaft mietete von der Union Pacific Werkshallen in Omaha.
Triebwagen wurden an über 41 Bahngesellschaften in den Vereinigten Staaten geliefert.
1910 begann der Export von Triebwagen. In diesem Jahr wurden zwei Fahrzeuge an die Victorian Railways in Australien versandt. Zwei Jahre später folgten sechs Triebwagen für die australische Queensland Government Railways. Weitere Exporte erfolgten nach Kanada, Kuba, Mexiko und Spanien.
Es zeigte sich jedoch, dass die mechanische Kraftübertragung konstruktiv nicht ausgereift und gegenüber den benzolelektrischen Triebwagen von General Electric im Nachteil war.
So wegweisend die McKeen-Wagen in mancherlei Hinsicht waren, bereiteten sie im Betrieb einige Probleme. Die wenigen Weiterentwicklungen behoben die Kinderkrankheiten nicht.
Mangels Kompressoren und wegen der nur einen Treibachse – Achsfolge (A1)2’ – fuhren die Wagen sehr schlecht an. Die fehlenden Rückwärtsgänge erschwerten jegliches Rangieren. Die Schiffsmotoren und die auf Schiffsmotoren basierenden Eigenentwicklungen hielten den bei Landfahrzeugen unvermeidlichen harten Erschütterungen nicht stand. So wurden die meisten Triebwagen nach wenigen Jahren betriebsunfähig. Manche Betreiber rüsteten sie mit neuen Motoren und Getrieben oder dieselelektrischen Antrieben aus, andere verwendeten sie später als antriebslose Reisezugwagen.
Die Aufträge gingen immer weiter zurück, 1917 wurden die letzten Fahrzeuge hergestellt. Die Union Pacific Railroad entschloss sich daher, die McKeen Motor Car Company zu liquidieren.
Aus vorhandenen Teilen sowie den Motoren von verschrotteten Fahrzeugen fertigten die Werkstätten der Union Pacific 1923 zwei Triebwagen (M-26 und M-27) und 1927 abermals zwei (M-29 und M-30).
Fahrzeugliste
Konstruktive Merkmale
Der Sechszylindermotor lag auf dem vorderen Drehgestell (Maschinendrehgestell) auf und trieb nur dessen vorauslaufenden Radsatz an, dessen Räder etwas größer waren als die übrigen. Der Anlasser wurde mit Druckluft betrieben. Die Motoren der ersten sieben Wagen waren Schiffsmotoren von den Standard Motor Works in Jersey City und hatten eine Leistung von 75 Kilowatt.
Ab dem achten Triebwagen baute McKeen selbst entwickelte Motoren mit 225 kW ein. Wie damals auch im Schiffbau üblich, gab es kein Wendegetriebe. Stattdessen hatte der Motor eine verschiebbare Nockenwelle mit zwei Sätzen von Nocken. Zum Wechsel der Fahrtrichtung musste der Motor ausgestellt werden, worauf der Maschinist die Nockenwelle so verschob, dass der andere Nockensatz griff. Daraufhin wurde der Motor mit umgekehrter Drehrichtung wieder angelassen.
Die Wagen selbst waren (ohne Kupplung und Bahnräumer in Form des typisch amerikanischen »Kuhfängers«) in der Standardausführung mit 54 Sitzplätzen 16,76 Meter (55 Fuß) lang, einige mit 75 Sitzplätzen 21,36 Meter (70 Fuß). Zusätzliche Post- und andere Beiwagen wurden mit einer Länge von nur 9,45 Metern geliefert.
Der Bodenrahmen war aus Stahl hergestellt und trug einen ebenfalls aus Stahlteilen gefertigten Aufbau.
Die meisten Fahrzeuge hatten eine Stromlinienform mit spitz zulaufender Frontpartie und gerundetem Heck mit Halbkreisbank. Passend zu dieser bootsähnlichen Form waren die Fenster des Fahrgastraums in der Regel rund wie Bullaugen. Manche Wagen hatten zwischen Motorraum und Fahrgastraum ein Postabteil. Bei den meisten Wagen ermöglichten Türen an der seitlich abgesenkten Mittelplattform den Reisenden einen bequemen Ein- und Ausstieg. Der Fahrgastraum war mit Holztäfelung und eleganten Sitzen ausgestattet.
Die Beleuchtung erfolgte in der Standardausstattung zunächst mit Karbidlampen. Wenige Wagen hatten von Anfang an elektrische Beleuchtung, eine große Zahl wurde mit der Zeit umgerüstet.
Erhaltene Fahrzeuge
Von den über 150 hergestellten Fahrzeugen blieben drei erhalten:
- Ein in Alaska aufgefundenes, 1910 an die Yuma Valley Railroad geliefertes Fahrzeug befindet sich in einem stark beschädigten, unrestaurierten Zustand.
- Der 1909 an die Virginia and Truckee Railroad gelieferte Triebwagen Nr. 22 wurde in den Jahren 2006 bis 2010 betriebsfähig aufgearbeitet.[1] Der McKeen-Triebwagen ist heute im Besitz des Nevada State Railroad Museums. Im Oktober 2012 wurde er ins National Historical Register aufgenommen.[2]
- Das Nevada State Railroad Museum besitzt auch noch die Reste eines weiteren Triebwagens.
Literatur
- Edmund Kielty: Interurbans Without Wires. Interurban Press, Glendale, California 1979, ISBN 0-916374-38-6.
- Hilton, George W.; Due, John F. (1960, 2000). The Electric Interurban Railways in America. Stanford, California: Stanford University Press. ISBN 0-8047-4014-3.
- William W. Kratville: Knife-noses and portholes. In: Trains. Kalmbach Publishing Co., Juli 1960, ISSN 0041-0934 , S. 30–39.
Weblinks
- Bibliografie zur Mc Keen Motor Car Company
- Informationen zu den Fahrzeugen bei utahrails.net (engl.)
- ausführliche Darstellung der McKeen-Wagen auf einer lokalen Geschichtsseite
- McKeen-Wagen auf einer Seite über Alaska Railroad
- Fotos des V&T Nr. 22
- Fotos und Links zu Patentzeichnungen
Einzelnachweise
- ↑ Virginia and Truckee Railroad McKeen Motor Car No. 22. Restoration Program. In: Carson City RR Museum. Nevada Division of Museums and History, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 3. Februar 2013; abgerufen am 31. Dezember 2012. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/museums.nevadaculture.org
- ↑ Interior Designates 27 New National Landmarks. U.S. Department of the Interior, 17. Oktober 2012, abgerufen am 31. Dezember 2012 (englisch): „This is the best surviving example of the first commercially viable application of internal combustion power in a self-propelled railroad car."