Nationalsymbol
Ein nationales Symbol ist ein konstitutives Element nationaler Identifikation, Sprache und Handlung. Oft sind nationale Symbole mit der als groß empfundenen Vergangenheit oder der Kultur einer Nation, eines Volkes, verbunden. In einem konstitutionellen Akt werden manche dieser Staatssymbole zu Hoheitszeichen erhoben.
Entstehung und Verwendung
Nationale Symbole dienen der Veranschaulichung der Ideen, die einen Staat und insbesondere Gemeinwesen tragen. Sie ermöglichen ein „persönliches Bekenntnis des Bürgers zu seinem Volk"[2] und machen den Staat „sinnlich wahrnehmbar".[3] Nationale Symbole entstehen seltener zielgerichtet von oben, häufiger jedoch spontan. Im Gegenteil misslingt der zielgerichtete bewusste Versuch, nationale Symbole zu schaffen, häufig. Viele nationale Symbole waren zunächst ein Protestsymbol gegen die herrschende Ordnung, die nach dem Erfolg des Protestes zum „Siegeszeichen der erneuerten politischen Kultur"[4] wurden. Beispiele hierfür sind die blau-weiß-rote Tricolore als Zeichen gegen die absolute Macht des französischen Königs, die nach der erfolgreichen Französischen Revolution zur neuen Staatsflagge Frankreichs wurde, oder das Deutschlandlied als Ausdruck der Hoffnung auf einen einheitlichen Nationalstaat, Deutschland, welches später zur deutschen Nationalhymne gewählt wurde. Gerade angesichts dieser oft spontanen Entstehungsgeschichte gilt für die Frage der konkreten Definition:
„Einen fest umrissenen Begriff des Nationalsymbols gibt es nicht."
Die genauere Bedeutung eines jeweiligen nationalen Symbols ist ebenfalls dem Wandel unterlegen:[5]
„So wie die Nation nicht auf objektiven Kriterien der „ethnischen", kulturellen oder politischen Zugehörigkeit beruht, sondern erst durch einen sinnhaften Bezug der sie konstituierenden Mitglieder über einen »Akt der sozialen Magie« (Bourdieu) hervorgebracht wird [...] wird auch der Sinn der nationalen Symbolik immer von neuem von der Gemeinschaft zugewiesen."
Daher haben weder nationale Symbole selbst noch die jeweilige Bedeutung eines nationalen Symbols Ewigkeitswert. So hat beispielsweise das vormalige Deutsche Reich nicht nur Flaggen und Hymnen mehrfach gewechselt, sondern auch nationale Feier- und Gedenktage „in der Konfrontation der politischen Lager gegeneinander ausgespielt und im Wechsel der politischen Systeme verbraucht."[6]
Der Bedeutungssinn eines nationalen Symbols kann deshalb nur durch die jeweiligen Handlungen einer Gemeinschaft, die diese in Bezug auf das Symbol unternimmt, verstanden werden.[7] Das nationale Symbole repräsentiert damit eine Nation sowohl als vorgestellte Gemeinschaft wie auch „als sozial differenzierte Gesellschaft".[8]
Zu den nationalen Symbolen im engeren Sinn werden die Flagge beziehungsweise die Farben, das Wappen und die Nationalhymne gerechnet. Hinzu kommen auch noch nationale Feiertage, Denkmäler und staatliche Ehrungen[9] sowie Staatsbauten[10] . Zu nationalen Symbolen können aber auch Nationalhelden und Gründerväter, Nationalepen, Nationaldichter, Nationalallegorien, Tiere, Pflanzen oder Speisen werden.
Nationale Symbole für Deutschland
Im Folgenden seien einige Symbole aufgelistet, welche für gewöhnlich mit deutscher Nation oder Nationalität assoziiert werden:
- die deutsche Autobahn als nationaler Topos für die deutsche Automobilindustrie mit den Exponenten BMW, Mercedes, Porsche und Volkswagen
- das Brandenburger Tor als Denkmal der überwundenen Teilung Deutschlands
- der Bundesadler als nationales Wappentier
- die Eiche und Eichenlaub als Symbol z.B. auf deutschen Euro- und DM-Münzen
- das Exportsiegel Made in Germany als Nationalbranding
- Johann Wolfgang Goethe als deutscher Nationaldichter vor allem des Faust
- die Kuckucksuhr und der Gartenzwerg als Symbole deutscher Spießbürgerlichkeit
- die Deutsche Mark
- das Schloss Neuschwanstein und das Heidelberger Schloss
- die Nibelungensage als national vereinnahmter Legendenstoff
- das Oktoberfest und das deutsche Bier
- die Gruppe Rammstein als Exponenten deutscher U-Musik
- Richard Wagner, seine Werke und der Grüne Hügel in Bayreuth als Attribute deutscher E-Musik
- der Deutsche Schäferhund
- die Wartburg und Martin Luther
- Weimar als Heimatstätte der deutschen Literatur
- die Wurst, vor allem die Bratwurst als Nationalgericht
Nationale Symbole für Österreich
- Wolfgang Amadeus Mozart als Nationalkomponist und in diesem Zusammenhang auch die Mozartkugel als Nationalsymbol
- Alpen und Donau als nationale Topoi
- das Haus Habsburg, die k.u.k. Monarchie und ihre Symbole, etwa das Schloss Schönbrunn
- das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker und der Wiener Opernball als wiederkehrende Ereignisse, die als von nationalem Rang erachtet werden
- die Farbreihenfolge Rot-Weiß-Rot der österreichischen Flagge
- das Wiener Schnitzel und der Strudel als Nationalspeisen
- zahlreiche Sehenswürdigkeiten der Stadt Wien, etwa der Stephansdom und das Burgtheater, in gewissem Sinne die Stadt Wien als Ganzes
Nationale Symbole der Schweiz
- das Matterhorn
- die Legendenfigur Wilhelm Tell als Nationalheld
- Toblerone, Schweizer Käse und Käsefondue als Nationalgericht
- das Schweizer Taschenmesser und die Schweizer Uhrenindustrie als Symbole nationalen Handwerks
- Neutralität und Viersprachigkeit als nationale Konzeptionen
Nationale Symbole weiterer Länder und Völker
- Ägypten: die Pyramiden von Giseh
- Albanien: die Festung Kruja
- Australien: das Känguru, die Oper von Sydney, der Ayers Rock
- Bayern: die Lederhose, der Löwe, Ludwig II.
- Bosnien: die Brücke von Mostar
- China: die Chinesische Mauer, der Große Panda
- Dänemark: die Kleine Meerjungfrau
- England: die Rose, Shakespeare
- Europa: der Stier
- Frankreich: Marianne, der Gallische Hahn, die Lilie, französischer Wein, Napoleon Bonaparte, der Eiffelturm
- Griechenland: die Akropolis
- Großbritannien: das Haus Windsor, Buckingham Palace
- Irland: die Harfe, das Kleeblatt
- Island: der Papageientaucher
- Italien: Dante Alighieri
- Japan: der Tenno
- Kanada: das Ahornblatt, der Biber
- Katalonien: der Esel
- Kroatien: das Wasser (Meer, Seen, Flüsse), die Seeschwalbe, der Bär
- Malta: der Apostel Paulus
- Niederlande: die Farbe Orange
- Portugal: der Fado und die Saudade
- Russland: die Birke, der Kreml, Puschkin als Nationaldichter
- Schottland: Dudelsack und Kilt als Nationaltracht
- Schweden: der Elch, der Nobelpreis, die Neutralität
- Slowenien: der höchste Berg Triglav
- Spanien: Don Quijote, der Osborne-Stier und der Stierkampf
- Türkei: Atatürk, rote Tulpe
- Ungarn: das Parlamentsgebäude zu Budapest, die Kathedrale zu Esztergom
Literatur
- Jürgen Link und Wulf Wülfing (Hrsg.): Nationale Mythen und Symbole in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Strukturen und Funktionen von Konzepten nationaler Identität. (Sprache und Geschichte, Bd. 16). Klett-Cotta, Stuttgart 1991, ISBN 3-608-91062-X.
- Klaudia Knabel (Hrsg.): Nationale Mythen – Kollektive Symbole. Funktionen, Konstruktionen und Medien der Erinnerung. (Formen der Erinnerung, Bd. 23). Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 3-525-35581-5.
- Peter Reichel: Schwarz-Rot-Gold. Kleine Geschichte deutscher Nationalsymbole. Bundeszentrale für Politische Bildung, Bonn 2005, ISBN 3-89331-613-2.
Einzelnachweise
- ↑ Peter Diem: Die Symbole Österreichs, K&S Verlag, Wien 1995, S. 127 f.
- ↑ Hans Hattenhauer: Nationalsymoble, in: Werner Weidenfeld/Karl-Rudolf Korte (Hrsg.): Handbuch zur deutschen Einheit. 1949–1989–1999, Bonn 1999, ISBN 3-89331-370-2, hier S. 579.
- ↑ Peter Reichel: Schwarz-Rot-Gold. Kleine Geschichte deutscher Nationalsymbole Bonn, München 2005. ISBN 3-89331-613-2, hier: S. 7.
- ↑ Hattenhauer 1999, S. 579.
- ↑ Charlotte Tacke: Denkmal im sozialen Raum: nationale Symbole in Deutschland und Frankreich im 19. Jahrhundert, Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1995, ISBN 3-525-35771-0, hier: S. 18.
- ↑ Reichel 2005, S. 8
- ↑ Charlotte Tacke 1995, S. 18
- ↑ Charlotte Tacke 1995, S. 23
- ↑ Hans Hattenhauer 1999, S. 579
- ↑ Reichel 2005, S. 99 ff.