Marc Rich
Marc Rich (* 18. Dezember 1934 in Antwerpen als Marcell David Reich[1] ) ist heute einer der erfolgreichsten Rohstoffhändler weltweit.
Leben
Marc Richs Eltern waren deutschsprachige Juden. Die Mutter Paula stammte aus Saarbrücken, der Vater David ursprünglich aus dem Schtetl von Przemysl in Polen und ging später nach Frankfurt am Main. Dort handelte Vater David mit allem Beweglichen von Altmetall bis Schuhen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten flohen seine Eltern aus Frankfurt nach Belgien, wo Rich als Marcell David Reich im Dezember 1934 in Antwerpen zur Welt kam. Seine erste bewusste Erinnerung ist die Bombardierung Antwerpens durch die deutsche Luftwaffe im Mai 1940. Die Familie Reich floh vor der deutschen Wehrmacht noch vor der vollständigen Besetzung Belgiens mit dem Auto ins unbesetzte Vichy-Frankreich. Ein Jahr später gelang es der Familie in letzter Minute ohne Geld und ohne ein Wort Englisch zu sprechen auf einem Frachtschiff von Marseille nach Marokko zu kommen. Schliesslich kamen sie mit dem Frachter Monviso in die USA. In New York wohnte die Familie die erste Zeit bei Verwandten. Danach zog sie zuerst kurz nach Philadelphia, weiter nach Kansas City und schließlich zurück nach New York in den Stadtteil Queens, wo viele jüdische Immigranten lebten. 1945 erhielten die Reichs die amerikanische Staatsbürgerschaft und änderten ihren Namen zu Rich.
Bevor sich die Familie niederließ, ging der junge Marc auf der Primar- und Sekundarstufe fast jedes Jahr in eine andere Schule. In Queens hielt sich Marc oft im Geschäft seines Vaters auf und arbeitete dort mit. Der Vater handelte mit Schmuck, Autoersatzteilen, Tabak. Mit Jutesäcken, welche die Armee während des Koreakriegs (1950–1953) dringend für Sandsäcke brauchte, brachte er es zu einem gewissen Wohlstand.
Marc Rich ging in Manhattan zur privaten Rhodes School (High School) und studierte von 1952 an zwei Semester Marketing an der New York University.
1954 begann er beim Rohstoffunternehmen Philip Brothers, dem damals weltgrössten Rohstoffhändler, der von einer Gruppe von deutsch-jüdischen Emigranten um Ludwig Jesselson geführt wurde, als Lehrling. 1964 bis 1974 arbeitete er als Manager der Philipp Brother Büros in Spanien. Zu Beginn der 1970er Jahre schuf er den heutigen Handel für Rohöl (Spotmarkt).[2]
1974 gründete er mit einigen seiner Weggefährten, darunter auch Pincus Green, ein eigenes Rohstoffunternehmen, die „Marc Rich + Co AG" mit Hauptsitz im schweizerischen Zug. Die Marc Rich + Co AG wurde über die nächsten Jahrzehnte zu einem der bekanntesten und erfolgreichsten Unternehmen der Branche. Sie wurde 1979 in „Marc Rich + Co Holding AG" umbenannt. 1993 verkaufte Marc Rich den Trading Bereich der Marc Rich + Co Holding AG an die Manager. Daraus entstand das Unternehmen Glencore. 1996 gründete Marc Rich die „Marc Rich + Co Investment AG", eine kleine Rohwarenhandelsgruppe. 1997 wurde die „Marc Rich + Co Holding AG" in die „Marc Rich + Co Holding GmbH" umgewandelt, die dann im Jahr 2003 ihren Anteil an der "Marc Rich + Co Investment" an deren Manager verkaufte.
Im Mai 2007 erhielt Marc Rich einen Ehrendoktor der Bar-Ilan-Universität in Tel Aviv. Die grösste israelische Universität begründete die Verleihung mit Marc Richs jahrzehntelangem finanziellen Engagement für die medizinische Forschung zur Bekämpfung der Leukämie und den Projekten seiner Stiftungen zur Völkerverständigung. (Dankesrede als Videoclip). Einen Preis für soziales Engagement erhielt Rich als Gründer der Rich-Stiftungen (Sheba Humanitarian Award 2008).
Heute lebt Marc Rich in Meggen bei Luzern.
Der Skandal
1983 wurden Marc Rich und andere Händler der Steuerhinterziehung, Falschaussage, Handel mit Iran und dem umstrittenen RICO (Racketeer Influenced and Corrupt Organisations, Trading with the Enemy Act) durch Staatsanwalt Rudolph Giuliani, den späteren Bürgermeister von New York, angeklagt. Giuliani bezeichnete Rich als „den grössten Steuerbetrüger in der Geschichte der USA". Ein Prozess kam allerdings nie zustande, da Marc Rich bereits einige Monate vor der Anklageerhebung nach Zug gezogen war, wo er seit 1974 den Geschäftssitz hatte, und da er schon im September 1982 auf die amerikanische Nationalität verzichtete und sich in Spanien einbürgern liess, wo er zehn Jahre lang gelebt hatte. Die Amerikaner haben beides ignoriert. Eine gegen seine Schweizer Unternehmung gerichtete Aktenherausgabeverfügung der amerikanischen Behörden bezeichnete der Schweizer Bundesrat 1985 als völkerrechtswidrig.[3]
Rich stand jahrelang auf der Liste der „Most Wanted" des FBI, die USA verletzen die Schweizer Souveränität, als amerikanische Undercover-Agenten einmal versuchten, Rich aus der Schweiz zu entführen, flogen sie peinlicherweise auf. 2001 erhielt Marc Rich das wohl bekannteste der 140 Pardons, die Präsident Clinton an seinem letzten Amtstag aussprach. U. a. Schimon Peres und Ehud Barak hatten sich persönlich für Rich eingesetzt. Damit wurde die Anklage gegen ihn aufgehoben. Weil Richs frühere Frau und Mutter seiner drei Kinder während der Amtszeit Clintons umfangreiche Spenden an die Demokratische Partei geleistet hatte, wurde vielfach behauptet, die Amnestie sei erkauft worden. Präsident Clinton sagte jedoch, dass Marc Richs Amnestie aufgrund der Faktenlage erfolgt sei und weil ähnliche Anklagen auf zivilem Weg prozessiert worden waren (siehe u. a. Sunday New York Times, 20. Februar 2001).
Die Marc Rich Collection im Kunsthaus Zürich
Aus Anlass des 150. Geburtstags der Fotografie schenkte Marc Rich 1989 dem Kunsthaus Zürich eine eigene Fotosammlung. Es handelt sich vorwiegend um schwarz-weisse historische Abzüge, welche die Entwicklung der klassischen künstlerischen Fotografie von Ende des 19. Jahrhunderts an repräsentieren. Die Collection bildet den Grundstock für den Sammlungsbereich der klassischen, künstlerischen Fotografie des bedeutenden Zürcher Kunsthauses.
Ihr Bogen spannt sich von den Pionieren der Frühzeit (William Henry Fox Talbot, Charles Marville) über den Piktorialismus der „Photo-Secession" (Alfred Stieglitz, Edward Steichen), die „Straight Photography" (Paul Strand, Edward Weston, Ansel Adams) bis zu Surrealismus, Konstruktivismus und Bauhaus (Man Ray, László Moholy-Nagy) und dem poetisch-dokumentarischen Realismus der Mitte des 20. Jahrhunderts (Henri Cartier-Bresson, Robert Frank) [4] .
Die Schweizerische Stiftung für den Doron Preis
Die Schweizerische Stiftung für den Doron Preis wurde 1986 von der Marc Rich Gruppe gegründet und zeichnet jährlich überdurchschnittliche persönliche, uneigennützige und erfolgreiche Leistungen auf den Gebieten der Kultur, des Gemeinwohls und der Wissenschaften aus. Jährlich werden zwei Preisträger gewürdigt. Im Jahr 2007 erhielten das Schweizerische Jugendschriftenwerk (SJW) und die Spitalclowns der Stiftung Theodora den Doron Preis, der mit je 50.000 Schweizer Franken dotiert ist[5] .
Die Schweizerische Stiftung für den Doron Preis gehört zu den Rich Stiftungen. Die Stiftungen unterstützten bis heute weltweit rund 4000 Non-Profit-Projekte mit über 135 Millionen USD[6] .
Literatur
- Daniel Ammann: King of Oil. Marc Rich. Vom mächtigsten Rohstoffhändler der Welt zum Gejagten der USA. Orell Füssli Verlag, Zürich 2010, ISBN 978-3-280-05396-6. [7]
Weblinks
- Website der Marc Rich Foundations
- Vom Flüchtlingskind zum «King of Oil», Das Magazin, 14. August 2010
- Das Geheimnis Marc Rich, Die Weltwoche, 16. Mai 2007
- Der Mann, der seinen Namen verlor, Die Weltwoche, 24. Mai 2007
- Im Reich der Rich Boys, Spiegel online, 27. Februar 2008
Einzelnachweise
- ↑ Vom Flüchtlingskind zum «King of Oil», Das Magazin, 14. August 2010.
- ↑ Ammann, Daniel: The King of Oil: The Secret Lives of Marc Rich. St. Martin‘s Press, New York 2009, ISBN 0-312-57074-0.
- ↑ VPB 51.5
- ↑ [1]
- ↑ "Website der Doron-Stiftung"
- ↑ Website der Doron-Stiftung
- ↑ Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 3. Oktober 2010, Seite 53
Personendaten | |
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NAME | Rich, Marc |
ALTERNATIVNAMEN | Reich, Marcell David |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Unternehmer |
GEBURTSDATUM | 18. Dezember 1934 |
GEBURTSORT | Antwerpen, Belgien |