Erntedankfest

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Feldfrüchte und Erntekrone in der Pfarrkirche zu Altenkirchen (Rügen)

Das Erntedankfest ist in westlichen Kulturen eine traditionelle Feier nach der Ernte im Herbst, bei dem Gott für die Gaben der Ernte gedankt wird.

Allgemeines

Bei der Feier, die oft in einer Kirche veranstaltet wird, werden Feldfrüchte, Getreide und andere, als Gaben bezeichnete Produkte, denen man eine besondere Naturnähe unterstellt (Mehl, Honig, Wein etc.) dekorativ aufgestellt. Eine aus Getreide oder Weinreben geflochtene „Erntekrone" wird oft in einer Prozession durch das Gemeindegebiet getragen. In ländlichen volkskirchlichen Gemeinden kommen zu den Gottesdiensten zahlreiche Gemeindemitglieder zusammen. Mit dem Erntedankfest soll an die Arbeit in Landwirtschaft und Gärten erinnert werden und daran, dass es nicht allein in der Hand des Menschen liegt, über ausreichend Nahrung zu verfügen. Die Erntegaben werden nach dem Fest häufig an Bedürftige in Obdachlosen- oder Asylbewerberheimen oder andere karitative Einrichtungen verteilt.

Geschichte

Erntedankteppich St Johann (Baptist), Treherz

Erntedankfeste gab es schon in vorchristlicher Zeit. Vergleichbare Riten sind aus Nordeuropa, Israel, Griechenland oder aus dem Römischen Reich bekannt. Im Judentum gab und gibt es das Schawuot, das Wochenfest, nach Beginn der Ernte, und das Sukkot, das Laubhüttenfest, im Herbst am Ende der Lese (2 Mos 23,16 EU).

In der katholischen Kirche ist ein Erntedankfest seit dem 3. Jahrhundert belegt. Da die Ernte je nach Klimazone zu verschiedenen Zeiten eingebracht wird, gab es nie einen einheitlichen Termin.

Nach der Reformation bürgerte sich in manchen evangelischen Gemeinden der Michaelistag (29. September) oder ein dem Michaelistag benachbarter Sonntag ein. Die Gemeinden können diesen Termin nach Ortstradition selbst bestimmen. Im Bereich der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck und der Evangelischen Kirche im Rheinland wird das Erntedankfest beispielsweise traditionell am ersten Sonntag im Oktober gefeiert.

Deutschland

Geschmückter Altar (Bergkirchen)
Auftakt für das Zentrale Erntefest in Redefin, 1985

Die katholische deutsche Bischofskonferenz legte 1972 den ersten Sonntag im Oktober als Festtermin fest, ohne diese Festlegung für alle Gemeinden verbindlich auszusprechen. Offizieller Bestandteil des Kirchenjahres ist das Erntedankfest aber bis heute nicht, d. h. die Gemeinden sind nicht verpflichtet, das Fest zu feiern. „Das heilsgeschichtlich orientierte Jahr der Kirche kennt kein Ernte-Dankfest".[1] Dennoch ist der Brauch des Dankes für eine gute Ernte seit langem auch in vielen katholischen Gemeinden üblich geworden, so dass neben Kräuterweihen am 15. August, Quatember, Erstlingsfrüchtesegnung in der katholischen Kirche die Eucharistie am ersten Oktobersonntag vielfach als „Dank für die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit" auf dem von Erntedank-Gaben umgebenen Altar gefeiert wird.

In den evangelischen Gemeinden wird das Erntedankfest gewöhnlich am Sonntag nach dem Michaelistag (29. September) gefeiert. Diese Regelung geht u. a. auf einen Erlass des preußischen Königs aus dem Jahre 1773 zurück.

Die evangelischen Freikirchen feiern das Fest ebenfalls in der Regel am ersten Sonntag nach Michaelis. Dasselbe gilt auch für die Neuapostolische Kirche in Deutschland.

Mancherorts sind andere Termine üblich. So begehen die Moselgemeinden das Fest nach der Weinlese am zweiten November-Sonntag.

1933 verfügte Adolf Hitler, dass das Erntedankfest zentral am 1. Sonntag im Oktober gefeiert werden sollte. Der Erntedanktag, der 1. Sonntag nach dem 29. September (Michaelis), galt seit der Bekanntgabe im Reichsgesetzblatt vom 28. Februar 1934 als einer der nationalen Feiertage des NS-Regimes. Hier sollte besonders auf der Grundlage der Blut-und-Boden-Ideologie die Bedeutung der Bauernschaft für das Reich hervorgehoben werden. Mit der Durchführung der Reichserntedankfeste war das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda beauftragt.

Ein in Deutschland weit verbreitetes Lied zu Erntedank ist Wir pflügen und wir streuen von Matthias Claudius.

Nordamerika

Hauptartikel: Thanksgiving
Erstes Erntedankfest in Neuengland mit den Wampanoag, romantisierendes Historiengemälde von Jean Leon Jerome Ferris.

In den USA wird der „Thanksgiving Day" am vierten Donnerstag im November gefeiert und ist ein staatlicher Feiertag. Das Fest erinnert an das erste Erntedankfest der Pilgerväter. Traditionell wird dazu im Familienkreis ein Truthahn verspeist. Anders als dies meist in deutschen Medien dargestellt wird, ist Thanksgiving aber nicht einfach die amerikanische Version des Erntedankfestes, da Thanksgiving zumindest in den USA ein Dankfest nicht nur für die Ernte, sondern für alles Gute und allen Erfolg ist. Der Tag wird von Atheisten sowie Gläubigern gefeiert auch wenn die religiösen Hintergründe klar sind. Die Pilgerväter sowie Präsidenten von Washington bis Obama haben Dank an Gott proklamiert[2] . Obama: "We lift up our hearts in gratitude to God for our many blessings, for one another, and for our Nation[3] " (Zu Gott richten wir unsere Herzen empor aus Dankbarkeit für unsere vielen Segnungen, für einander und für unsere Nation).

In Kanada wird „Thanksgiving" am zweiten Montag im Oktober gefeiert (was dem Columbus Day-Feiertag in den USA entspricht). Wie in den Vereinigten Staaten ist das kanadische Thanksgiving ein staatlicher Feiertag auf Bundesebene und in allen Provinzen und Territorien außer Prince Edward Island, Newfoundland and Labrador, New Brunswick und Nova Scotia (in welchen Provinzen das Fest dennoch gefeiert wird).[4] Das kanadische Thanksgiving ist eng mit seinem christlichen Hintergrund verknüpft, insofern dass es auch als liturgisches Fest in den christlichen Kirchen Kanadas gilt. In dem Sinne entspricht es stärker als das US-amerikanische Fest europäischen Erntedankfest-Bräuchen. Dennoch geht das kanadische Thanksgiving auch breiter hinaus als bloßes Dankfest für die Ernte.

Literatur

Commons: Erntedankfest  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Rupert Berger: Ernte, Erntedankfest. II. Liturgisch. In: Lexikon für Theologie und Kirche.3 Bd 3. Freiburg 1993ff., Sp. 821. ISBN 3-451-22100-4
  2. God and Thanksgiving - Editorial of The New York Sun - November 25, 2010
  3. Presidential Proclamation--Thanksgiving Day 2010
  4. [1]
Liturgische Zeiten und Festtage im Kirchenjahr

Weihnachtsfestkreis:
Advent: Adventssonntage

Weihnachtszeit: Heiliger Abend Weihnachten Weihnachtsoktav (mit Stephanustag , Unschuldige Kinder , Heilige Familie und Beschneidung des Herrn bzw. Hochfest der Gottesmutter ) Erscheinung des Herrn Taufe des Herrn

ev: Epiphaniaszeit und Vorpassionszeit / rk: Zeit im Jahreskreis:
Sonntage (nach Epiphaniasvor der Passionszeit / im Jahreskreis) Darstellung des Herrn Verkündigung des Herrn

Osterfestkreis:
Fastenzeit/Passionszeit: Aschermittwoch Fastensonntage Palmsonntag Karwoche

Triduum Sacrum: Gründonnerstag Karfreitag Karsamstag Osternacht

Osterzeit: Ostern Osteroktav (mit Ostermontag und Weißem Sonntag ) Sonntage Christi Himmelfahrt Pfingsten

ev: Trinitatiszeit / rk: Zeit im Jahreskreis:
Pfingstoktav (mit Pfingstmontag und Trinitatis ) Sonntage (nach Trinitatis / im Jahreskreis) Fronleichnam Herz-Jesu-Fest Verklärung des Herrn Kreuzerhöhung Erntedankfest Kirchweihfest Reformationstag Allerheiligen Allerseelen Buß- und Bettag Totensonntag Christkönigsfest

Weitere Feste:
Marienfeste Apostelfeste Markustag Lukastag Josefstag Johannistag Michaelistag

Die farbigen Kästchen kennzeichnen die bevorzugte liturgische Farbe für das entsprechende Fest. Zum Ablauf des Kirchenjahres siehe beispielsweise die Perikopenordnung der evangelischen Kirche in Deutschland bzw. das Calendarium Romanum Generale für die römisch-katholische Kirche.

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Aktuelle Formen des Erntedankfestes, Bilder von Umzügen
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