Irrtum (ABGB)
Ein Irrtum ist eine Fehlvorstellung von der Wirklichkeit. Der Irrtum ist im Recht insbesondere im Zusammenhang mit der Abgabe von Willenserklärungen von Bedeutung, also unter anderem beim Abschluss von Verträgen. Er macht eine Willenserklärung zwar grundsätzlich nicht unwirksam, berechtigt aber in bestimmten Fällen dazu, die Folgen der irrtümlich abgegebenen Willenserklärung rückwirkend zu beseitigen.
Rechtslage in Österreich
Motivirrtum
Der Motivirrtum - auch Irrtum im Beweggrund genannt - betrifft Umstände, die außerhalb des Geschäftsinhaltes liegen. Es geht um die Beweggründe, warum sich der Erklärende zur Abgabe der Willenserklärung entschlossen hat. Er ist sich über den Inhalt der Erklärung durchaus im klaren, irrt sich aber über die Gründe bzw Motive, die ihn zum Abschluss des Vertrages veranlasst haben. Fälle von Motivirrtümern sind:
- Kalkulationsirrtum
- Rechts-(folgen-)irrtum
- Wertirrtum
- Irrtum über Zukünftiges
Geschäftsirrtum im weiteren Sinn
Geschäftsirrtum im weiteren Sinn umfasst:
Erklärungsirrtum
Erklärungsirrtum liegt vor, wenn der Erklärende irrtümlich etwas anderes erklärt, als er zu erklären meint oder wenn die Erklärung ihm als solche gar nicht bewusst ist.
Es sind mehrere Fälle möglich:
- Der Erklärende weiss gar nicht, dass er eine Erklärung abgibt (Erklärung ohne Erklärungsbewusstsein).
- Fehler im Erklärungsakt (zB Versprechen, Verschreiben, fehlerhafte Bedienung des Computers)
- Übermittlungsfehler
- Irrtum über die Bedeutung der Erklärung
Kein Erklärungsirrtum liegt vor, wenn sich die Parteien lediglich in der Bezeichnung vergreifen, aber wissen, worum es ihnen geht: falsa demonstratio non nocet. Es liegt lediglich eine Fehlbezeichnung, keine Fehlvorstellung vor.
Geschäftsirrtum im engeren Sinn (Inhaltsirrtum)
Der Geschäftsirrtum im engeren Sinn umfasst drei Gruppen:
- Irrtum über die Natur des Geschäftes (Irrtum über den Vertragstyp)
- Irrtum über den Gegenstand des Geschäft (Eigenschaftsirrtum)
- Irrtum über eine für das Geschäft bedeutsame Eigenschaft der Person des Geschäftspartners
Rechtslage in Deutschland
Der Irrtum ist neben der arglistigen Täuschung einer von zwei Gründen zur Anfechtung von Willenserklärungen. Folgende Irrtümer berechtigen zur Anfechtung:[1]
- Inhaltsirrtum (BGB §119 Abs.1, 1. Fall): Der Erklärende weiß, was er sagt, irrt sich aber über die objektive Bedeutung des Inhaltes.
- Erklärungsirrtum (BGB §119 Abs. 1, 2. Fall): Der Erklärende irrt sich über den Inhalt seiner Erklärung; er weiß nicht, was er sagt.
- Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften (BGB §119 Abs. 2), also über die wertbildenden Merkmale einer Sache oder Person, die für das Rechtsgeschäft von Bedeutung sind.
- Übermittlungsirrtum (BGB §120): Die Willenserklärung wurde durch die mit der Übermittlung beauftragten Person unrichtig wiedergegeben.
Ein Kalkulationsirrtum, also ein Irrtum in der vorausgegangenen Berechnung, berechtigt dagegen nicht zur Anfechtung.
Einzelnachweise
- ↑ Anfechtung Willenserklärungen bei juraforum.de
Literatur
- Peter Bydlinski: Allgemeiner Teil. 4. Auflage. Springer, Wien 2007, ISBN 978-3-211-74074-3. In: Peter Apathy (Hrsg.): Bürgerliches Recht.