Grundsteuer (Deutschland)

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Dieser Artikel befasst sich mit der Situation in Deutschland, Erläuterungen für andere Länder unter Grundsteuer (international)

Die Grundsteuer ist eine Steuer auf das Eigentum an Grundstücken und deren Bebauung (Substanzsteuer). Die Grundsteuer wird als Realsteuer von den Gemeinden und Städten erhoben; sie gehört also zu den Gemeindesteuern.

In Deutschland ist die Grundsteuer in Art. 106 Abs. 6 GG und im Grundsteuergesetz (GrStG) geregelt.

Erhebung

Einheitswert

Man unterscheidet zwischen Grundsteuer A und Grundsteuer B. Die Grundsteuer A (agrarisch) wird auf Grundstücke der Landwirtschaft und die Grundsteuer B (baulich) für bebaute oder bebaubare Grundstücke und Gebäude erhoben. Berechnungsgrundlage der Grundsteuer ist der vom Finanzamt festgestellte Einheitswert. In den neuen Bundesländern sind für land- und forstwirtschaftliches Vermögen sog. Ersatzwirtschaftswerte Berechnungsgrundlage; für bestimmte Mietwohngrundstücke und Einfamilienhäuser erheben die Gemeinden selbst ohne Mitwirkung der Steuerverwaltung auf der Grundlage einer Ersatzbemessungsgrundlage die Grundsteuer.

Grundsteuermesszahl

Die Grundsteuermesszahl wird als Anteil vom Einheitswert angegeben und dient zur Berechnung des Grundsteuermessbetrages. Sie richtet sich nach der jeweiligen Grundstücksart.

Sie beträgt nach §§ 14 und 15 GrStG für die alten Bundesländer

  • 6,0 ‰ für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft,
  • 2,6 ‰ für Einfamilienhäuser für die ersten 38.346,89 Euro (75.000 DM) des Einheitswerts, 3,5 ‰ für Einfamilienhäuser für den Rest des Einheitswerts,
  • 3,1 ‰ für Zweifamilienhäuser und
  • 3,5 ‰ für alle restlichen Grundstücke.

Für die neuen Bundesländer – ausgenommen für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft – gelten die höheren Steuermesszahlen ( von 5‰ bis 10‰) auf der Grundlage der alten Einheitswerte nach den Wertverhältnissen zum 1. Januar 1935 fort.

Berechnung

Der Einheitswert wird mit der Grundsteuermesszahl und mit dem von der Gemeinde festgesetzten Hebesatz multipliziert. Die Festlegung des Hebesatzes erfolgt durch den Beschluss des Gemeinderates. Die Gemeinde ist bei der Festsetzung der Höhe des Hebesatzes relativ frei. Die Höhe der Grundsteuer kann aber, wenn auch meist in einem bescheidenen Rahmen, Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung (durch Zuzug bzw. Wegzug) haben.

Für Verwunderung bei Verkäufern von Grundstücken sorgt immer wieder die gesetzliche Regelung der Jahressteuer nach § 9 Abs. 1 GrStG. Wenn, z.B. jemand sein Grundstück zum 15. Januar verkauft, ändert das zuständige Finanzamt den Einheitswertbescheid mit Wirkung zum folgenden 1. Januar. Die steuererhebende Gemeinde darf davon nicht abweichen und wird somit die Grundsteuer für das laufende Jahr vom Alteigentümer fordern und sich erst ab dem folgenden Jahr an den neuen Eigentümer wenden. Trotz fehlender gesetzlicher Grundlage gibt es aber einige Kommunen, die aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die Steuerpflicht z.B. auf den der Grundstücksübergabe folgenden Monatsersten umschreiben.

Beispiel

Die Gemeinde Zweibrücken hat zum Beispiel für die Grundsteuer A (nur für Agrarbetriebe) einen Hebesatz von 280 %, für die Grundsteuer B einen Hebesatz von 370 % festgesetzt.

Für eine Eigentumswohnung wird dann nur mit der Grundsteuer (B) wie folgt gerechnet:

Einheitswert der Eigentumswohnung    10.000 EUR
Grundsteuermessbetrag (3,5 Promille von 10.000 EUR)    35 EUR
Hebesatz (Grundsteuer B) 370 %
Jahresgrundsteuer (Berechnung: 35 EUR x 3,70 ) 129,50 EUR
Vierteljährliche Rate 32,37 bzw. 32,38 EUR

Um die ganze bzw. zu zahlende Grundsteuer auszurechnen (Grundsteuer A oder B bezeichnet nur den Hebesatz) rechnet man demnach den:

(Einheitswert der Immobilie : 1000 * Grundsteuermesszahl) um den Grundsteuermessbetrag zu erhalten. Der Grundsteuermessbetrag wird dann mit dem Hebesatz (Grundsteuer A oder B) multipliziert.

Kirchengrundsteuer

In einigen Regionen Deutschlands wird als Annexsteuer zur Grundsteuer A zusätzlich Kirchensteuer erhoben, sofern der Grundstückseigentümer kirchensteuerpflichtig ist. Rechtsgrundlage sind die Kirchensteuergesetze der Länder. Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe Kirchengrundsteuer erhoben wird, liegt bei den jeweiligen Landeskirchen bzw. Diözesen. Üblich ist ein Satz in Höhe von 10 % des Grundsteuermessbetrages. Im Bezug auf das gesamte Kirchensteueraufkommen hat die Kirchengrundsteuer eine untergeordnete Bedeutung. So trug sie bei der EKD im Jahr 2008 nur zu 0,04 % zum gesamten Steueraufkommen bei.[1]

Aufkommen

Die Grundsteuer ist für die Kommunen nicht so bedeutsam wie die Gewerbesteuer, da das Aufkommen normalerweise deutlich niedriger ist. Bundesweit betrug das Steueraufkommen im Jahr 2008 10,807 Mrd. €.[2] Für die Finanzplanung ist sie allerdings als Substanzsteuer von Bedeutung, da die Grundsteuer eine verlässliche Größe ist. Die Einheitswerte der Grundstücke sind wenig veränderlich bzw. entwickeln sich durch weitere Bebauung eher nach oben; ähnliches gilt für die neuen Bundesländer, soweit abweichende Berechnungsgrößen zur Anwendung kommen. Zudem gibt es durch dingliche Haftung und persönliche Haftung praktisch keine Steuerausfälle zu beklagen.

Die seit Mitte 2005 beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfassungsbeschwerde gegen die Erhebung von Grundsteuer auf selbstgenutztes Grundeigentum wurde mit Beschluss vom 21. Juni 2006 nicht zur Entscheidung angenommen.[3]

Da die Einheitswerte seit 1997 von den Finanzämtern nur noch für Zwecke der Grundsteuer erhoben werden (für die Erbschaft- und Schenkungsteuer gelten seither andere Werte, sog. Bedarfswerte; ferner ist die Erhebungsmöglichkeit der Vermögensteuer ab dem gleichen Zeitpunkt entfallen), fordern Fachkreise, aber auch die Finanzministerkonferenz eine grundlegende Reform der Grundsteuer. Nicht unumstrittenes Hauptziel dieser Reformanstrengungen ist es, die Grundsteuererhebung in Gänze der kommunalen Kompetenz zu überantworten und im Bereich der Land- und Forstwirtschaft das in den neuen Bundesländern außerordentlich bewährte Prinzip der Nutzungseinheitsbesteuerung bundesweit einzuführen. Erwartet wird bei Aufkommensneutralität eine außerordentliche Rechts- und Verwaltungsvereinfachung. Diese von Länderseite ausgehenden Bemühungen scheiterten bislang aber an mangelndem politischen Interesse des Bundes, aber auch an fehlender Einigkeit der Länder.

Erlass der Grundsteuer

Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Grundsteuer auf Antrag erlassen werden. Näheres regeln §§ 32 bis 34 GrStG. Diese Regelung ist besonders interessant für Besitzer von Objekten, die dem Denkmalschutz unterliegen. Wenn hier die Kosten höher sind als die Erträge, besteht ein Rechtsanspruch auf einen Erlass.

Wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Zuordnung von Kosten und Erträgen, aber auch aus Unkenntnis, kommt es häufig zu Prozessen vor den Verwaltungsgerichten. Weitere (kostenlose) Informationen zu dieser Thematik erteilen Vereine und Institutionen, die sich mit dem Denkmalschutz befassen, wie z.B. die Interessengemeinschaft Bauernhaus (IGB).

Anträge müssen immer bis zum 31. März für das Vorjahr gestellt werden. Ein dauerhafter Erlass ist möglich.

Miete

Der Eigentümer einer Immobilie darf grundsätzlich die Grundsteuer vollständig als Betriebskosten im Rahmen der Nebenkostenabrechnung auf die Miete umlegen, wenn im Mietvertrag eine entsprechende Regelung getroffen wurde.

Eine Ausnahme besteht für diejenigen Fälle, in denen eine sogenannte typengemischte Nutzung des Gebäudes aus Wohn- und Gewerbeflächen vorliegt. Da die höher veranschlagte Grundsteuer für Gewerbeeinheiten (im Vergleich zu Wohnraum) den Gesamtgrundsteuerbetrag „ungerecht" erhöht, hat der Vermieter im Rahmen der Betriebskostenabrechnung dann einen sogenannten Vorwegabzug vorzunehmen und den Anteil der Gewerbegrundsteuer herauszurechnen. Erst hiernach darf er den verbleibenden Grundsteuerbetrag auf die Wohnraummieter im Rahmen der Betriebskostenabrechnung umlegen. BGH (Urt. vom 26. Mai 2004, VIII ZR 169/03) sowie Urt. des LG Hamburg vom 27. Juni 2000 (316 S 15/00).

Verfahren bei einem Widerspruch

Da die Grundsteuer von den Gemeinden festgesetzt wird, ist mit Ausnahme der Stadtstaaten das zulässige Rechtsmittel gegen den Grundsteuerbescheid der Widerspruch nach §§ 68 ff. VwGO und nicht der Einspruch nach § 347 ff. AO. Dementsprechend ist hiernach der Rechtsweg vor dem Verwaltungsgericht und nicht vor dem Finanzgericht zu beschreiten. Liegt die Ursache dagegen in einer fehlerhaften Festsetzung der Grundsteuermesszahl, die das Finanzamt festsetzt, ist hiergegen der Einspruch statthaft.

Einzelnachweise

  1. EKD-Statistik Kirchensteuer 2008. Evangelische Kirche in Deutschland, abgerufen am 6. Januar 2010. 
  2. Steuereinnahmen nach Steuerarten 2006-2008 vom Bundesfinanzministerium, Grundsteuer A und B zusammen
  3. 1 BvR 1644/05
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