Hospiz

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Hospiz (Begriffsklärung) aufgeführt.

Hospiz (lat. hospitium „Herberge") ist eine Einrichtung der Sterbebegleitung. Ein Hospiz verfügt meist über wenige Betten und ist ähnlich wie ein kleines Pflegeheim organisiert. In Deutschland gab es im Jahr 2007 151 stationäre Hospize, 139 Palliativstationen in Krankenhäusern und 1.450 ambulante Hospizdienste. Das erste Kinderhospiz in Deutschland entstand 1998.

Grundlagen

Im deutschen Sprachraum der Gegenwart wird mit Hospiz meist eine spezielle Pflegeeinrichtung bezeichnet, die Sterbende im Sinne der Palliativpflege umfassend versorgt. Es gibt ambulante, teilstationäre und stationär tätige Hospizvereinigungen.

Unter Hospiz versteht man heute aber nicht nur eine konkrete Institution, sondern es kann auch ein Konzept der ganzheitlichen Sterbe- und Trauerbegleitung damit beschrieben werden. Hospize wollen (nach Christoph Student, 2004) fünf Qualitätskriterien verwirklichen:

  • Der Kranke und seine Angehörigen stehen im Zentrum des Dienstes
  • Unterstützung erfolgt durch ein interdisziplinäres Team
  • Einbeziehung freiwilliger Begleiterinnen und Begleiter
  • Palliative care (Palliativmedizin - Sorge für Schmerzfreiheit und Lebensqualität) statt medical care (auf Heilung gerichtete Behandlung), kurz heißt das: Lebensqualität statt Lebensquantität
  • Trauerbegleitung

Im Hospiz bekommen unheilbar Kranke in ihrer letzten Lebensphase eine respektvolle, umfassende und kompetente Betreuung. Dabei spielt die Kontrolle der verschiedenen Symptome eine große Rolle, u.a. die Schmerztherapie. Bei allen pflegerischen und medizinischen Handlungen steht aber der (geäusserte oder mutmaßliche) Wille des Kranken an erster Stelle. Trauerbegleitung für die Angehörigen wird angeboten. Träger dieser Häuser der Sterbebegleitung sind zumeist gemeinnützige Vereine, aber auch Kirchen und gemeinnützige Organisationen und Stiftungen.

Geschichte

1967 wurde das St. Christopher's Hospice in Sydenham (bei London) gegründet. Von dort nahm die heutige Hospizbewegung ihren Anfang. Die Geschichte der Hospize reicht allerdings weiter zurück.

Ein Hospital oder Hospitium war im Mittelalter Name von kirchlichen oder klösterlichen Herbergen für Pilger (Pilgerherberge), Bedürftige (Armenhaus), Fremde (Asyl, vergl. Hotel) oder Kranke, und geht so dann später auf den Begriff über, der sich zum heutigen Krankenhaus wandelt.

Der ursprüngliche Gedanke der „Beherbergung" wurde im 19. Jahrhundert wiederaufgegriffen. Schon 1842 gründete Madame Jeanne Garnier in Lyon (Frankreich) ein Hospiz, das sich speziell der Pflege Sterbender widmete. 1879 öffneten die irischen Schwestern der Nächstenliebe das Our Lady's Hospice for the Care of the Dying in Dublin. Es gab weitere Hospize, die als Vorläufer zu der Gründung in Sydenham gelten können.

Die moderne Hospizbewegung und die Palliativmedizin entstanden dagegen in den 1960er Jahren in England und gehen wesentlich auf Dr. Cicely Saunders zurück. Im von ihr gegründeten St.Christopher's werden etwa 2.000 Patienten und ihre Angehörigen pro Jahr betreut. Die internationale Hospizarbeit wurde nachhaltig durch die Arbeit von Elisabeth Kübler-Ross beeinflusst. In Deutschland hat u. a. Christoph Student viel zur Entwicklung der Hospizbewegung beigetragen.

Das erste stationäre Hospiz in Deutschland wurde 1986 in Aachen gegründet (Haus Hörn) .[1] In der Folge entstanden weitere stationäre Hospize, zumeist gegründet von Bürgerinitiativen, Vereinen und kirchlichen Einrichtungen; anfangs fast ausschließlich durch Spendengelder finanziert und durch ehrenamtliche Mitarbeit unterstützt.

Unter dem Namen Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz (BAG Hospiz) wurde der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband (DHPV) 1992 vom Krankenhausseelsorger Heinrich Pera in Halle (Saale) gegründet. Ziel ist die Verbreitung der Hospizbewegung und die Zusammenführung der daran Interessierten sowie gemeinsame Entwicklung von Leitlinien und Empfehlungen für die ambulante und stationäre Hospizarbeit. Verbandsmitglieder des DHPV führten mehrfach Gespräche mit Vertretern der Krankenkassen und Ministerien sowie Bundestagsabgeordneten, um eine gesetzliche Grundlage zur Finanzierung der Hospizarbeit zu schaffen. Das gelang im Dezember 1996 mit der Zustimmung des Deutschen Bundestages zum § 39a des SGB V, dessen praktische Umsetzung in der Rahmenvereinbarung zwischen BAG und Krankenkassen festgeschrieben wurde. 2007 kam es zur Namensänderung von BAG Hospiz zu DHPV. Aktuell erarbeitet der Verband zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin und der Bundesärztekammer eine Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen.

1995 wurde die Deutsche Hospiz Stiftung gegründet. Sie ist dem weltweiten Hospiz-Gedanken – „Hospiz ist weniger ein Ort, vielmehr eine Lebenshaltung" – verpflichtet und hat sich zu einer umfassenden Patientenschutzorganisation für Schwerstkranke und Sterbende entwickelt. Seit 2009 trägt sie den Hinweis auf dieses Tätigkeitsfeld auch in ihrem Namen und heißt Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung. Sie setzt sich für Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende ein und vertritt bundesweit die Interessen der Schwerstkranken gegenüber Politik, Krankenkassen und Leistungserbringern. Konkrete Hilfe für jeden Einzelnen, der sich in einer Notsituation befindet, leistet sie an ihrem Patientenschutztelefon. Für die Dienste an diesem Telefon erhebt sie keine Gebühren. Seit 2009 betreibt sie außerdem die Schiedsstelle Patientenverfügung. Im Falle von Konflikten rund um Vorsorgedokumente können sich hier sowohl Ärzte als auch Angehörige im Vorfeld gerichtlicher Auseinandersetzung gebührenfrei beraten und strittige Dokumente prüfen lassen.

Über diese Dienstleistungen hinaus arbeitet die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung auch auf politischer und gesellschaftlicher Ebene an der Verbesserung der Situation für Schwerstkranke. Hospiz als Lebenshaltung soll für jeden der jährlich rund 800.000 Sterbenden in Deutschland Realität werden, lautet ihre Kernforderung. Dazu sei es notwendig, den Hospizgedanken überall dort zu verwirklichen, wo Menschen sterben - sei es in Pflegeheimen, in Krankenhäusern oder zu Hause. Um ihre Unabhängigkeit zu wahren, betreibt die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung selbst keine Hospizeinrichtungen.

Hospize sind heute in der Regel Leistungserbringer des Gesundheitswesens und werden - auch aufgrund der stetigen politischen Arbeit der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung und des DHPV - größtenteils über die Krankenkassen finanziert. Bislang zahlten Hospizpatienten einen Eigenanteil von durchschnittlich sieben Prozent zu, was durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 18. Juni 2009 entfällt. Seit dem 1. August 2009 tragen die Krankenkassen 90 Prozent der zuschussfähigen Kosten (Tagespflegesatz).[2] Zehn Prozent des Pflegesatzes müssen stationäre Hospize weiterhin selbst aufbringen, wozu größtenteils Spendengelder verwendet werden. Auch dann werden Spendenmittel eingesetzt, wenn Patienten aufgenommen werden, die aus verschiedensten Gründen nicht krankenversichert sind (z.B. Personen ohne festen Wohnsitz).[3] [4]

Die ersten österreichischen Initiativen starteten Ende der 70er Jahre unter der Schirmherrschaft der Caritas Socialis, die für ihre Initiativen für das erste stationäre Hospiz in Österreich (CS Hospiz Rennweg) 1998 mit dem Fürst Liechtenstein-Preis ausgezeichnet wurde.

Bedeutung für das Leben

Hospize wollen das Sterben wieder in das Leben integrieren. Den Kranken und ihren Angehörigen soll ein Stück Normalität vermittelt werden, was im Krankenhaus oder zu Hause (durch Überforderung der pflegenden Angehörigen) oft nicht mehr gegeben ist. Laut Umfragen möchten etwa 90 Prozent aller Menschen zu Hause sterben. Tatsächlich sterben nach Schätzungen jedoch etwa 50 Prozent der Menschen im Krankenhaus und weitere 20 Prozent im Pflegeheim. (Für Berlin wurde für 2007 die Zahl 70% genannt.) Hospize wollen dabei eine menschenwürdige Alternative sein, wenn eine Krankenhausbehandlung nicht mehr gewollt wird oder aus medizinischer Sicht nicht erforderlich ist (und deshalb von den Krankenkassen auch nicht mehr bezahlt wird); ein Pflegeheim aber aufgrund unzureichender medizinischer und pflegerischer Versorgungsmöglichkeiten bei schwerer Erkrankung nicht in Frage kommt.

Siehe auch

Literatur

  • Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz e.V. (Hg.): Palliativstationen und Hospize in Deutschland. Belastungserleben, Bewältigungspotenzial und Religiosität der Pflegenden. Der Hospiz Verlag, Wuppertal 2004, ISBN 3-9808351-2-X
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz e.V. (Hg.): Stationäre Hospizarbeit. Grundlagentexte und Forschungsergebnisse zur Hospiz- und Palliativarbeit, Teil 2. Der Hospiz Verlag, Wuppertal 2004, ISBN 3-9808351-8-9
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz e.V. (Hg.): Ambulante Hospizarbeit. Grundlagentexte und Forschungsergebnisse zur Hospiz- und Palliativarbeit, Teil 1. Der Hospiz Verlag, Wuppertal 2004, ISBN 3-9808351-9-7
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz e.V. (Hg.): Hospiz schafft Wissen. Der Hospiz Verlag, Wuppertal 2004, ISBN 3-9808351-6-2
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz e.V. (Hg.): Helfen am Ende des Lebens. Hospizarbeit und Palliativ Care in Europa = Schriftenreihe der Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz, Bd. VII. Der Hospiz Verlag, Wuppertal 2004, ISBN 3-9810020-0-8
  • Wolfram Höfling, Eugen Brysch (Hg.): Recht und Ethik der Palliativmedizin. Lit Verlag Berlin 2007. ISBN 978-3-8258-0182-3
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz e.V./ Deutscher Caritasverband e.V./ Diakonisches Werk der EKD e.V. (Hg.): SORGSAM. Qualitätshandbuch für stationäre Hospize. Der Hospiz Verlag, Wuppertal 2004, ISBN 3-9808351-5-4
  • Rest, Franco: Sterbebeistand - Sterbebegleitung - Sterbegeleit. Kohlhammer-Verlag: Stuttgart 1989, 5. überarbeitete Auflage 2006 ISBN 978-3-17-018917-1
  • Rest, Franco: Den Sterbenden beistehen. Ein Wegweiser für die Lebenden. Quelle & Meyer Verlag: Heidelberg-Wiesbaden 1981, 4. Auflage 1998 ISBN 978-3-494-01263-6
  • Allert, Rochus/ u.a.: Erfolgsfaktoren für Hospize. Forschungsergebnisse zu Qualität und Kosten. (Hg. von: Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz e.V.) = Schriftenreihe der Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz e.V., Bd. VIII. Der Hospiz Verlag, Wuppertal 2005, ISBN 3-9810020-2-4
  • Student, J.-C. (Hg.): Das Hospiz-Buch. 4. erweiterte Auflage, Lambertus Verlag, Freiburg 1999
  • Student, J.-C., Mühlum, A., Student, U.: Soziale Arbeit in Hospiz und Palliative Care. Ernst Reinhardt UTB, München 2004
  • Student, J.-C. & Napiwotzky, A.: Palliative Care. Thieme, Stuttgart 2007, ISBN 9783131429414
  • Hospice & Palliative Care Facts & Figures 2005 (pdf-Datei; englisch)
Ratgeberliteratur
  • Napiwotzky, A., Student, J.-C.(Hrsg.): Was braucht der Mensch am Lebensende? Ethisches Handeln und medizinische Machbarkeit. Kreuz Verlag, Stuttgart 2007
  • Monika Specht-Tomann, Doris Tropper: Bis zuletzt an deiner Seite. Begleitung und Pflege schwerkranker und sterbender Menschen. Kreuz-Verlag, 2003. 80 Seiten. ISBN 3783122139
  • J.-C. Student (Hrsg.): Sterben, Tod und Trauer – Handbuch für Begleitende. Herder, Freiburg, 2. Auflage, 2004. ISBN 3451283433

Einzelnachweise

  1. http://www.wdr.de/themen/gesundheit/gesundheitswesen/hospiz/061023.jhtml
  2. http://hospiz.net/presse/archiv/presse 20090731.pdf
  3. http://www.hospiz.net/stamhole/pdf/stellung_neu_39a-sgb5.pdf. Abs. 3b
  4. Student, J.C.(Hg), Das Hospiz-Buch, Freiburg 1999, S. 204 ff.
Wiktionary: Hospiz  – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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