Otto von Habsburg

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Otto von Habsburg 2004
Das Kleine Wappen von Habsburg, Österreich und Lothringen

Otto von Habsburg (* 20. November 1912 in der Villa Wartholz bei Reichenau an der Rax, Niederösterreich, als Se. Kais. und Kgl. Hoheit Franz Joseph Otto Robert Maria Anton Karl Max Heinrich Sixtus Xaver Felix Renatus Ludwig Gaetan Pius Ignatius, Kaiserlicher Prinz, Erzherzog von Österreich, Königlicher Prinz von Ungarn), in Österreich amtlich Otto Habsburg-Lothringen, ist ein Sohn von Karl I., dem letzten Kaiser von Österreich, Publizist, ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments für die CSU, Journalist und Schriftsteller. Er war von 1922 bis 2006 auch Oberhaupt des Hauses Habsburg-Lothringen. Aufgrund seiner Familiengeschichte besitzt er Staatsbürgerschaften in Österreich, Ungarn, Deutschland und Kroatien.

Leben

Geburtshaus Villa Wartholz um 1900

Als erstgeborener Sohn des österreichischen Kaisers Karl I. und seiner Ehefrau Zita und als Kronprinz (ab 1916) wurde er auf eine zukünftige Herrscherrolle vorbereitet. Nach Auflösung der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn am Ende des Ersten Weltkrieges wohnte er bis März 1919 mit seinen Eltern – vor der Ausreise der ehemaligen Kaiserfamilie angesichts der drohenden Landesverweisung seines Vaters – im Schloss Eckartsau in Niederösterreich. Von 1919 bis 1921 lebte Otto von Habsburg mit seinen Eltern im Exil in der Schweiz, später auf Madeira und in Spanien.

Seine Ausbildung stand unter strenger Aufsicht seiner Mutter, die ihn zu einem römisch-katholischen Monarchen zu erziehen versuchte. So wurde er in den Sprachen der Völker der K.u.k.-Monarchie unterrichtet und musste den alt-österreichischen und alt-ungarischen Stundenplan eines Gymnasiums nebeneinander absolvieren. Seine Matura bestand er 1930 in Lequeitio (Baskenland) mit Auszeichnung. Die Großjährigkeitserklärung und damit das Ende der Vormundschaft seiner Mutter Zita erfolgte am 20. November 1930. Damit wurde Otto Oberhaupt des Hauses Habsburg und Souverän des Ordens vom Goldenen Vlies. 1935 schloss er sein 1930 begonnenes Studium der politischen und sozialen Wissenschaften an der Katholieke Universiteit Leuven in Löwen (Belgien) mit Auszeichnung und der Promotion ab. Die Einreise in die nach dem Ersten Weltkrieg neu entstandene Republik Österreich war ihm durch das Habsburger-Gesetz von 1919 untersagt, solange er nicht auf seine Herrschaftsansprüche verzichtet und sich als Bürger der Republik bekannt hatte. Dies tat er erst 1961.

1940 bis 1944 lebte Habsburg in den USA, 1944 bis 1951 hauptsächlich in Frankreich, später wieder in Spanien und seit 1954 in Pöcking in Bayern. Nach dem zweiten Weltkrieg begann Otto von Habsburg eine Tätigkeit als Vortragsreisender bzw. wurde Schriftsteller.

Otto von Habsburg (rechts) unter anderem mit Helmut Kohl

1957 bis 1973 war er Vizepräsident, 1973 bis 2004 war er als Nachfolger des Gründers Richard Nikolaus Graf von Coudenhove-Kalergi Präsident der Internationalen Paneuropa-Union [1] ; seit 2004 ist er deren Ehrenpräsident.

Von 1979 bis 1999 war er, nachdem er neben der österreichischen Staatsbürgerschaft auch die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen hatte, für die Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU) – seit 1982 ist Habsburg Mitglied, er hat aber keine Parteiämter übernommen – Abgeordneter ins Europäische Parlament, und zweimal dessen Alterspräsident. Er war Obmann der Europäischen Volkspartei im Politischen Ausschuss von 1981 bis 1999, Vorsitzender der Delegation im Gemischten Parlamentarischen Ausschuss EU – Ungarn, Mitglied im Politischen Ausschuss für Recht und Bürgerrechte und Stellvertretendes Mitglied im Entwicklungsausschuss und im Ausschuss für Haushaltskontrolle. Otto von Habsburg schied aus gesundheitlichen Gründen am 13. Juni 1999 auf eigenen Wunsch aus dem Europa-Parlament aus.

Heute lebt Otto von Habsburg in seiner „Villa Austria" in Pöcking am Starnberger See (Deutschland) und arbeitet dort als Publizist. Zudem ist er trotz seines hohen Alters viel auf Reisen durch Europa.

Otto von Habsburg spricht neben seiner deutschen Muttersprache auch mehrere Fremdsprachen, wie Ungarisch, Kroatisch, Englisch, Spanisch, Französisch und Latein. Aufgrund dieser Sprachkenntnisse konnte er den Sitzungen zum großen Teil ohne Dolmetscher beiwohnen. Seine Bücher schreibt er auf Deutsch, Ungarisch und Französisch.

Familie

Otto von Habsburg war Oberhaupt der Familie Habsburg-Lothringen von 1922 bis 2006. 2007 übernahm sein Sohn Karl Habsburg-Lothringen diese Rolle.

1951 heiratete er in Nancy Regina Prinzessin von Sachsen-Meiningen (* 1925). Mit ihr hat er sieben Kinder und 22 Enkelkinder:

  • Andrea Maria (* 30. Mai 1953 in Würzburg)
∞ 1977 Karl Eugen Graf von Neipperg
  • Monika Maria Roberta Antonia Raphaela (* 13. September 1954 in Würzburg)
∞ 1980 Luis María Gonzaga de Casanova-Cárdenas y Barón, Herzog von Santangelo
  • Michaela Maria Madeleine Kiliana (* 13. September 1954 in Würzburg)
∞ 1984–1994 Eric Alba Teran d’Antin
∞ 1994 Hubertus Graf von Kageneck
∞ 1978–1997 Christian Meister
∞ 1992 Archibald Graf Douglas
∞ 1993 Francesca Baroness Thyssen-Bornemisza de Kászon
∞ 1997 Eilika Herzogin von Oldenburg

Vorfahren

Ahnentafel Otto von Habsburg
Ururgroßeltern

Erzherzog
Franz Karl von Österreich
(1802–1878)
∞ 1824
Prinzessin
Sophie Friederike von Bayern
(1805–1872)

König
Ferdinand II. von Neapel-Sizilien (1810–1859)
∞ 1837
Erzherzogin
Maria Theresia Isabella von Österreich (1816–1867)

König
Johann von Sachsen (1801–1873)
∞ 1822
Prinzessin
Amalie Auguste von Bayern (1801–1877)

König
Ferdinand II. von Portugal (1816–1885)
∞ 1836
Königin
Maria II. von Portugal (1819–1853)

Herzog
Karl II. von Bourbon-Parma, König von Etrurien (1799–1883)
∞ 1820
Prinzessin
Maria Theresia von Savoyen (1803–1879)

Prinz
Charles Ferdinand von Frankreich, Herzog von Berry (1778–1820)
∞ 1816
Prinzessin
Maria Karolina von Neapel-Sizilien (1798–1870)

König
Johann VI. von Portugal (1767–1826)
∞ 1785
Prinzessin
Charlotte Joachime von Spanien (1775–1830)

Erbprinz
Konstantin zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (1802–1838)
∞ 1829
Prinzessin
Maria Agnes Henriette zu Hohenlohe-Langenburg (1804–1835)

Urgroßeltern

Erzherzog Karl Ludwig von Österreich
(1833–1896)
∞ 1862
Prinzessin Maria Annunziata von Neapel-Sizilien
(1843–1871)

König Georg von Sachsen (1832–1904)
∞ 1859
Prinzessin Maria Anna von Portugal (1843–1884)

Herzog Karl III. von Bourbon-Parma (1823–1854)
∞ 1845
Prinzessin Louise von Frankreich (1819–1864)

König Michael von Portugal (1802–1866)
∞ 1851
Prinzessin Adelheid zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (1831–1909)

Großeltern

Erzherzog Otto von Österreich (1865–1906)
∞ 1886
Prinzessin Maria Josepha Luise von Sachsen (1867–1944)

Herzog Robert von Bourbon-Parma (1848–1907)
∞ 1884
Prinzessin Maria Antonia von Portugal (1862–1959)

Eltern

Kaiser Karl von Österreich, König von Ungarn (1887–1922)
∞ 1911
Herzogin Zita von Bourbon-Parma (1892–1989)

Otto von Habsburg (* 1912)

Politische Rolle

Eigenname und Titel der ehemaligen Monarchie Österreich-Ungarn

Mit dem Tod seines Vaters Karl I. im Jahr 1922 hat er auch dessen Titel geerbt. Im Einzelfall ist dazu von Titel zu Titel zu unterscheiden, ob dieser noch existiert bzw. übergehen kann. Bei der Kaiserproklamation von Kaiser Franz I. am 11. August 1804 wurde beispielsweise angeführt, dass das Oberhaupt des Hauses Österreich den Titel eines Kaisers unabhängig von der Verfassung der Erbländer führt. Auch wurde in der Republik Österreich der Adel abgeschafft. In Deutschland (1918) und Italien (1945) sind die Adelstitel Bestandteil des Namens geworden. In Ungarn ist die Monarchie erst 1945 abgeschafft worden.

Als Staatsbürger der neu gegründeten Republik Deutschösterreich (1918/19) bzw. der Republik Österreich (seit 1919), die nach der Auflösung der Donaumonarchie am Ende des Ersten Weltkrieges entstanden war, fiel er 1919 unter das von der republikanischen Regierung erlassene Adelsaufhebungsgesetz, durch das sein bisheriger Adelsname in Österreich verbürgerlicht wurde und er sich nach einer ministeriellen Entscheidung aus dem Jahr 1957 bis heute in Österreich nur noch Otto Habsburg-Lothringen nennen darf.[2]

Zwischenkriegszeit

Vor allem ab 1930 gab es in Österreich ernsthafte Bestrebungen von Seiten der Politik, so auch von den ab 1933 diktatorisch herrschenden Bundeskanzlern Engelbert Dollfuß und Kurt Schuschnigg, den Sohn des letzten Kaisers in einer neu zu konstituierenden Monarchie als Kaiser einzusetzen. Dadurch sollten die Lagerkämpfe zwischen den politischen Lagern überwunden werden. Mit dieser Rückbesinnung auf die k.u.k. Monarchie sollte das Staatsbewusstsein der Österreicher verstärkt und ein Gegengewicht zu den nationalen Anschlussbestrebungen an das Deutsche Reich geschaffen werden.

Parallel dazu waren seit etwa 1922 kleinere traditionalistische Vereinigungen entstanden, zum Beispiel in Wien „Ö. StV. Ottonia" (vormals Corps Ottonen), die eine konstitutionelle Monarchie mit dem Habsburger Prinzen an der Spitze gründen wollten. Allerdings wurde diese Restaurierungsbewegung (siehe Legitimisten) nur von wenigen Politikern gutgeheißen. Bis 1938 war dem „Emigranten" Otto von Habsburg von 1.603 österreichischen Gemeinden (die allerdings 1934-1938 nicht demokratisch verwaltet wurden) die Ehrenbürgerschaft verliehen worden, das erste Ehrenbürgerrecht hatte er in der Gemeinde Ampass in Tirol am 7. Dezember 1931 erhalten. Noch am 11. Februar 1938, wenige Wochen vor dem „Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich, gab es noch monarchistische Massenveranstaltungen mit etwa 80.000 Teilnehmern in Wien und den Landeshauptstädten. Monarchistisch ausgerichtete Parteien hatten zuvor bei allen freien Wahlen der Ersten Republik nur einen geringen Wählerzuspruch bekommen und den Einzug in die Parlamente stets verfehlt.

Von Adolf Hitler, von Ungarn und der Tschechoslowakei (von Seiten tschechischer Politiker wurde die Parole „Lieber Hitler als Habsburg!" herausgegeben) wurden die monarchistischen Restaurationsabsichten in Österreich mit Einmarschplänen (der dt. Einmarschplan lautete „Unternehmen Otto") beantwortet, da sie eine monarchische Reflexwirkung auf ihre Länder befürchteten. Die österreichische Ständestaats-Regierung unter Dollfuß und später Schuschnigg begnügte sich vorerst mit inoffiziellen Kontakten, der Rückstufung der Habsburgergesetze vom Verfassungsrang in den einfachen Gesetzesrang, der Rückgabe von enteignetem Vermögen und der zeitweisen Auszahlung einer Apanage. Im Zuge der Rückbesinnung auf das k.u.k. Erbe wurde vom Ständestaat 1934 auch der Doppeladler im Staatswappen (allerdings ohne Krone und Szepter) eingeführt und beim Bundesheer die k.u.k. Tradition betont, etwa durch die teilweise Wiedereinführung alter Armeeuniformen. Otto von Habsburg wurde allerdings von Bundeskanzler Schuschnigg mehrmals ersucht, nicht nach Österreich einzureisen, um damit anderen Staaten keinen Angriffsgrund zu geben.

Bereits 1936 wurde er Mitglied der Paneuropa-Union (PEU) und auch in späteren Jahren setzte er sich für die Einigung Europas ein.

Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg

Kurz vor dem Anschluss ersuchte Otto von Habsburg den damaligen Bundeskanzler Schuschnigg, ihm die Kanzlerschaft der Republik zu übertragen, um militärischen Widerstand zu organisieren. Dies bedeutete eine indirekte Anerkennung der Republik und verdeutlichte den starken Abwehrwillen gegenüber dem nationalsozialistischen Diktator. Während Schuschnigg gegen einen möglichen deutschen Einmarsch protestieren und kapitulieren wollte, war Habsburg wie weite Teile der damaligen österreichischen Armee und Armeeführung für militärischen Widerstand.

In seinem Schreiben vom 17. Februar 1938 an Schuschnigg forderte Habsburg neben einer aktiven Verteidigung und strikten Ablehnung des Nationalsozialismus „Vorerst muss die Befriedung nach links aktiv betrieben werden. Die Arbeiter haben in den letzten Tagen bewiesen, dass sie Patrioten sind. Diese Gruppe kann durch den Nationalsozialismus nicht vergiftet werden, wird daher stets am sichersten für Österreich eintreten, wogegen die Regierung ihr die Möglichkeit geben muss, an der Gestaltung des Vaterlandes – für welches sie sich einzusetzen bereit ist – aktiv mitzuwirken." Schuschnigg lehnte ab.

Nachdem mit dem „Anschluss" die NS-Herrschaft in Österreich begonnen hatte, wurde Habsburg wegen Hochverrats steckbrieflich zur Fahndung ausgeschrieben und sein persönliches Vermögen und das von ihm verwaltete Familienvermögen der Familie Habsburg auf persönlichen Befehl Hitlers enteignet. Die Spitzen der legitimistischen Bewegung wurden sofort verhaftet und großteils hingerichtet. Zwischen 1938 und 1942 dürften 4000 bis 4500 österreichische Monarchisten verhaftet worden sein; etwa 800 bis 1000 von ihnen wurden hingerichtet oder verloren in Konzentrationslagern ihr Leben. Otto von Habsburg, seiner Mutter und den Geschwistern wurde auf Befehl Hitlers die Reichsbürgerschaft entzogen. Das enteignete Vermögen fiel an das Großdeutsche Reich und ging nach dessen Untergang in den Besitz der Republik Österreich über.

Nach der Flucht aus Belgien nach dem Einmarsch der Wehrmacht, die über Paris (sein Name befand sich auf der „Wiesbadener Liste", einer Liste jener Personen, die Frankreich im Falle der Kapitulation sofort zu verhaften und an das Deutsche Reich auszuliefern hatte) nach Spanien führte, wirkte er bei der Flucht von ca. 15.000 Menschen nach Spanien mit und organisierte Visa nach Übersee.

In den USA und in Großbritannien gab es intensive persönliche Kontakte zu Präsident Franklin Roosevelt bzw. Winston Churchill und diverse Maßnahmen wie die erfolgreiche Initiierung des „Austrian Day", die erfolgreiche Aufnahme Österreichs in die Briefmarkenserie „Occupied Nations", den Versuch der Bildung einer Exilregierung und eines „Austrian Battalion" und vor allem die Teilnahme an der 2. Konferenz von Quebec, wo er bei Präsident Roosevelt erfolgreich eine Verkleinerung der sowjetischen Zone bzw. die Aufteilung Wiens auf die vier Alliierten anregte.

Das Habsburg zugeschriebene Verdienst, Luftangriffe auf Österreich zu verhindern bzw. zu verschieben (im Deutschen Reich wurden die „Donau- und Alpenreichsgaue" wegen des unerklärlichen Umstandes als „Reichsluftschutzkeller" bezeichnet), wird in Österreich angezweifelt: Die anfängliche Nichtbombardierung rührt laut einigen österreichischen Militärhistorikern daher, dass die Stützpunkte der englischen und der amerikanischen Luftstreitkräfte, von denen aus die Bombergeschwader starteten, vorerst zu weit von Österreich entfernt waren um die sichere Rückkehr der Flugzeuge zu garantieren. Erst als die Stützpunkte 1943/44 Österreich näherrückten, wurden Bombardierungen aufgenommen.

Durch Otto Habsburgs Bemühungen sollte die staatliche Eigenständigkeit Österreichs nach dem Krieg erreicht, die Zonenplanung der Alliierten im besetzten Nachkriegsösterreich zugunsten der Westmächte verändert und Ungarn aus der Allianz mit dem Deutschen Reich herausgebrochen werden. Hinsichtlich Ungarns wurden die westalliierten Pläne einer ungarischen Kapitulation gegenüber den Westmächten, einer Luftlandung alliierter Truppen in Ungarn bzw. Landung in Jugoslawien zur Unterstützung und einer beabsichtigten Einsetzung Otto von Habsburgs im Rahmen bzw. an der Spitze der ungarischen Regierung durch die dem zuvorkommende überraschende Besetzung Ungarns zunichte gemacht. Gerade Churchill war ein Verfechter dieser Pläne, um dem bevorstehenden Vormarsch der Sowjets nach Mitteleuropa Einhalt zu gebieten.

Eine weitere realistische Restaurationsmöglichkeit für Otto von Habsburg bestand während des Zweiten Weltkrieges, indem er Churchill für das Konzept einer Donauföderation gewann bzw. Otto von Habsburg in Plänen der britischen Diplomatie für solche Überlegungen geführt wurde: Auf dem Gebiet des früheren Österreich-Ungarn sollte nach seinen Vorstellungen ein neuer Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn nach dem Vorbild Belgiens entstehen, der zwei große Bevölkerungsgruppen vereinigte. Auch die Länder Bayern, Baden, Württemberg und Hohenzollern-Sigmaringen sollten als Monarchien wiederhergestellt und in einem so genannten „Süddeutschen Bund" vereinigt werden. Es gab von Churchill auch einen Vorschlag zur Isolierung Preußens und zur Schaffung eines erweiterten Donaubundes.

Churchill wollte als Gegengewicht zum Deutschen Reich eine modernisierte Auflage des alten Österreich-Ungarn schaffen, wobei er hinsichtlich letzterem meinte: „Wenn es nicht existierte, müsste man es erfinden" (dieses Bonmot wird ursprünglich dem tschechischen Historiker und Politiker František Palacký 1798–1876 zugeschrieben). Churchills diesbezügliche Konzepte scheiterten jedoch an der Ablehnung durch Josef Stalin auf der Konferenz von Teheran. Roosevelt schätzte die realistische Chance zur Durchsetzung dieses Projektes infolge des weiten Vordringens der Roten Armee als gering ein und vertrat daher dieses Projekt nicht in gleicher Weise wie Churchill. Amerikaner und Briten verbanden mit dieser Föderation allerdings nicht das Ziel der erneuten Inthronisierung des Hauses Habsburg.

In einer Unterredung unter vier Augen zwischen dem Erzbischof von New York Francis Spellman und Präsident Roosevelt am 3. September 1943 antwortete der Präsident auf Spellmans ausdrückliche Frage, ob Österreich, Ungarn und Kroatien unter irgendeine Art russisches Protektorat fallen würde, mit einem eindeutigen Ja. Zu Österreich meinte Roosevelt, es werde keine Opposition gegen ein kommunistisch beherrschtes österreichisches Regime geben. Die einzige Möglichkeit wäre, wenn Otto von Habsburg mit Hilfe Ungarns den Thron gewinnen könnte – aber selbst er müsste sich mit den Russen zu arrangieren haben.

Bei Präsident Truman scheint es in der Vorbereitungsphase der Potsdamer Konferenz von 1945 Überlegungen gegeben zu haben, einen Süddeutschen Bund mit Ungarn und Wien als Hauptstadt zu bilden.

Von 1945 bis zur Verzichtserklärung 1961

In einem mit „Otto von Österreich" signierten Brief vom 2. Juli 1945 an Präsident Truman empfahl er die Schaffung von österreichischen Regierungsstellen in den von den Westalliierten besetzten Bundesländern und warnte vor der Anerkennung der provisorischen Staatsregierung unter Leitung des Sozialdemokraten Karl Renner in Wien, die er als von Kommunisten beherrscht beschrieb[3] .

Das wiedergegründete Österreich wies den nach Kriegsende nach Innsbruck (französische Zone) eingereisten Otto von Habsburg 1946 aus dem Land und untersagte ihm die Wiedereinreise – trotz seines positiven Eintretens für Österreich während des Krieges. Dies geschah einerseits aus verfassungsrechtlichen Gründen, da 1945 die gesamte österreichische Verfassung aus dem Jahr 1929 wieder inkraftgesetzt worden war und damit automatisch auch das Habsburger-Gesetz von 1919. Aus realpolitischen Gründen erfolgte die für Habsburg bittere Ausweisung trotz Widerstands der Franzosen wohl zur Besänftigung der Sowjets, welche eine Habsburgerrenaissance in ihrer Einflusssphäre verhindern wollten und daher 1955 zur Zustimmung zum österreichischen Staatsvertrag auch die völkerrechtliche Verankerung der Geltung der Habsburgergesetze verlangten.

In der Zeit nach seiner Ausweisung 1946 behielt Otto von Habsburg seine österreichische Staatsbürgerschaft. Da er keinen gültigen Reisepass hatte, erhielt er über Vermittlung von Charles de Gaulle einen monegassischen Reisepass, bzw. einen Pass des Malteserordens. Später erhielt er weiters einen spanischen Diplomatenpass.

Am 21. Februar 1958 erklärte Otto von Habsburg seinen Verzicht auf Ansprüche und bekannte sich zur Beachtung der Gesetze der Republik Österreich. In der Folge kam es zu innenpolitischem Hickhack um seine mögliche Rückkehr, der sich auch nach einer offiziell protokollierten Verzichtserklärung vom 31. Mai 1961 fortsetzen sollte.[4]

1961 gab es Überlegungen des spanischen Diktators und Staatschefs Francisco Franco, nach seinem Tod die Monarchie wieder aufleben zu lassen und testamentarisch Otto von Habsburg als König von Spanien zu bestimmen, da die Habsburger das Land fast 200 Jahre lang regiert hatten (von 1504 bis 1700). Otto von Habsburg lehnte dies nach langen Gesprächen mit Franco wegen der langen Abwesenheit der Habsburger Dynastie aus Spanien ab und empfahl Franco die Einsetzung des nunmehrigen Königs Juan Carlos I., des Enkels von Alfons XIII. aus der Dynastie der Bourbonen.

Von der Loyalitätserklärung 1961 zum „historischen Handschlag" 1972

Ab 1961 geriet die Koalition von ÖVP und SPÖ über das Thema Habsburg in eine schwere Krise, mit der grundsätzliche verfassungsrechtliche Fragen verbunden waren. Mit einem zeitlichen Abstand von mehr als vierzig Jahren veröffentlichte die Parlamentskorrespondenz (PK) als Medienstelle des Parlaments 2006 eine ausführliche Darstellung dazu[5] , die Grundlage der folgenden Zusammenfassung ist:

  • Otto Habsburg-Lothringen gab am 31. Mai 1961 in einer am 5. Juni 1961 Bundeskanzler Alfons Gorbach übergebenen Erklärung bekannt, dass er auf seine „Mitgliedschaft zum Hause Habsburg-Lothringen und auf alle aus ihr gefolgerten Herrschaftsansprüche ausdrücklich verzichte" und sich „als getreuer Staatsbürger der Republik bekenne". (Die Formulierungen entsprachen wörtlich dem Habsburgergesetz.) Gleichzeitig ersuchte er die Regierung, im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats festzustellen, dass diese Erklärung als ausreichend anzusehen sei.
  • Im Ministerrat am 13. und 21. Juni 1961 konnte darüber keine Einigung erzielt werden. Das Protokoll der Sitzung wurde einige Tage später durch den Zusatz ergänzt, dass damit der Antrag als abgelehnt gilt. Der Antrag wurde deshalb nicht an den Hauptausschuss des Nationalrates weitergeleitet. Auch der Antragsteller wurde nicht verständigt.
  • Otto Habsburg-Lothringen rief daraufhin den Verfassungsgerichtshof an, der sich am 16. Dezember 1961 jedoch für unzuständig erklärte. Das Höchstgericht begründete seine Haltung damit, dass kein Bescheid vorliege und dass die Regierung Einvernehmen mit dem Hauptausschuss suchen müsse, der wiederum kein Verwaltungsorgan sei und dessen Mitglieder über das verfassungsrechtlich garantierte freie Mandat verfügten. Der VfGH habe daher keine Entscheidungskompetenz.
  • Otto Habsburg-Lothringen wandte sich am 6. Februar 1962 mit einer Säumnisbeschwerde (das heißt einer Beschwerde darüber, dass über seinen Antrag nicht entschieden worden sei) an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser forderte die Regierung auf, entweder eine Stellungnahme zu verfassen oder eine Entscheidung zu fällen. Nachdem die Regierung auch diesen Termin verstreichen ließ, stellte der Verwaltungsgerichtshof (der im Fall von Säumnisbeschwerden bis heute berechtigt ist, an Stelle der zuständigen Organe zu entscheiden) am 24. Mai 1963 fest, die Loyalitätserklärung sei ausreichend (womit die Landesverweisung Otto Habsburg-Lothringens dem Gesetz entsprechend beendet war).
  • Dies entfachte eine überaus kontroversielle öffentliche Debatte. Es kam, auch unter Beteiligung des Gewerkschaftsbundes, zu Streiks und Demonstrationen gegen Habsburg. In der parlamentarischen Auseinandersetzung wiederum wurde vor allem auch der verfassungsrechtliche und rechtsstaatliche Aspekt heftig diskutiert. Insbesondere erregte die unterschiedliche Spruchpraxis der beiden Höchstgerichte schwere verfassungsrechtliche Bedenken.
  • Am 5. Juni 1963 wurde im Nationalrat eine Dringliche Anfrage der SPÖ an den Bundeskanzler „betreffend die Wahrung der Rechtseinheit in Österreich" debattiert. Die SPÖ wandte sich unter anderem dagegen, dass der Verwaltungsgerichtshof durch sein Erkenntnis die Mitwirkungsbefugnis des Parlaments bei dieser Entscheidung ignoriert habe. (SPÖ-Politiker sprachen von einem „Juristenputsch".) Die ÖVP vertrat die Ansicht, die von Otto Habsburg-Lothringen abgegebene Erklärung entspreche voll den gesetzlichen Vorgaben und sei zu akzeptieren. Die FPÖ unterstützte die Auffassung der SPÖ, der Nationalrat sei vom VwGH rechtswidrig übergangen worden. Auf ihren Antrag nahm der Nationalrat mit den Stimmen von SPÖ und FPÖ einen Entschließungsantrag an, die Bundesregierung möge dem Parlament einen Gesetzentwurf vorlegen, um einander widersprechende Entscheidungen der Höchstgerichte künftig zu vermeiden. Darüber hinaus wird eine authentische Auslegung des Habsburgergesetzes verlangt, damit der Hauptausschuss in Hinkunft in seinen Rechten nicht geschmälert wird.
  • Auf Grund der Entschließung betreffend die authentische Auslegung des Habsburgergesetzes legte die Bundesregierung ein diesbezügliches Bundesverfassungsgesetz vor. Das Gesetz[6] wurde am 4. Juli 1963 in einer sehr turbulenten Sitzung mit erregten Diskussionen mit den Stimmen von SPÖ und FPÖ beschlossen. Es bekräftigt, dass die Festsetzung, ob eine Erklärung nach dem Habsburgergesetz als ausreichend zu erkennen sei, der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates zusteht. (Dies änderte allerdings nichts an der vom VwGH zu Gunsten Habsburg-Lothringens getroffenen Entscheidung.)
  • Habsburg-Lothringen durfte jedoch vorerst weiterhin nicht einreisen. Grund dafür war die von zwei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ eingebrachte Entschließung des Nationalrates betreffend die „Willenskundgebung der Volksvertretung zu einer Rückkehr von Dr. Otto Habsburg-Lothringen". Neben der in selber Sitzung vorher abgestimmten authentischen Interpretation wurde am 4. Juli 1963, mit Mehrheit von SPÖ und FPÖ und gegen den Willen der ÖVP, die Entschließung beschlossen. Darin wird die Bundesregierung „beauftragt", „in Würdigung der Tatsache, daß ... eine Rückkehr von Dr. Otto Habsburg-Lothringen nach Österreich nicht erwünscht ist, weil sie ohne Zweifel mit schwerwiegenden Konsequenzen für die Republik Österreich verbunden wäre und wegen der Gefahr daraus entstehender politischer Auseinandersetzungen auch zu wirtschaftlichen Rückschlägen führen würde", dieser Feststellung als Willenskundgebung der österreichischen Volksvertretung in geeigneter Weise zu entsprechen. (PK). Die ÖVP hatte dagegen geltend gemacht, die Entschließung sei nichts anderes als ein Auftrag an die Regierung, die Rechtskraft eines höchstgerichtlichen Erkenntnisses zu ignorieren. Dem wurde entgegengehalten, die Bundesregierung werde aufgefordert, der Willenskundgebung in „geeigneter Weise" zu entsprechen, sodass verfassungs- und gesetzwidrige Maßnahmen von vornherein ausscheiden.
  • Auf Grund dieser Entschließung gaben Innenminister Franz Olah und Außenminister (und späterer Bundeskanzler) Bruno Kreisky die Weisung, Otto Habsburg-Lothringen, der keinen österreichischen Reisepass, sondern einen spanischen Diplomatenpass besaß, keinen Pass auszustellen und somit seine Einreise zu verhindern. Falscher Alarm an Grenzstationen soll zu mehreren Einsätzen der Exekutive geführt haben.
  • 1964 einigten sich ÖVP und SPÖ darauf, die Habsburgerfrage „in Wahrung der Verfassung und jedes Rechtsstaates gemeinsam in friedlicher Weise und auf Dauer zu lösen", wie es in der Regierungserklärung vom 2. April 1964 heißt. Man kam auch überein, von übereilten Schritten Abstand zu nehmen, womit eine Einreise Otto Habsburg-Lothringens bis zum Ende der Legislaturperiode nicht mehr zur Debatte stand.
  • Die Nationalratswahl des Jahres 1966, aus der die ÖVP mit absoluter Mehrheit hervorging, brachte eine Wende in der Habsburgerfrage. Unter der ÖVP-Alleinregierung stellte das Innenministerium Otto Habsburg-Lothringen am 1. Juni 1966 einen Reisepass aus. Zwei daraufhin im Rahmen einer dringlichen Anfrage vom Abgeordneten Leopold Gratz (später Bundesminister, Bürgermeister von Wien, Nationalratspräsident) am 8. Juni 1966 eingebrachte SPÖ-Entschließungsanträge, die einerseits darauf abzielten die Entschließung von 1963 abermals zu bekräftigen und andererseits darauf, das Habsburger-Vermögen, [...] auch „weiterhin ungeschmälert dem österreichischen Volk" zu erhalten (PK), wurden mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ abgelehnt. Eine Mehrheit von ÖVP und FPÖ fand jedoch der FPÖ-Entschließungsantrag, in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, bei „allfällig anhängig gemachten oder noch geltend zu machenden Ansprüchen von Dr. Otto Habsburg-Lothringen oder von anderen Mitgliedern des Hauses Habsburg-Lothringen dafür Sorge zu tragen, dass diese ausschließlich von den zuständigen Gerichten der Republik Österreich auf dem Boden der Gesetze entschieden werden". Damit war die parlamentarische Behandlung der Loyalitätserklärung beendet.
  • Otto Habsburg-Lothringen reiste am 31. Oktober 1966 erstmals nach Österreich ein, was am 2. November Proteste und einen Streik von rund 250.000 Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zur Folge hatte.
  • Am 4. Mai 1972 kam es anlässlich des 50-Jahre-Jubiläums der Paneuropa-Union in Wien zum „historischen Handschlag" zwischen Otto Habsburg-Lothringen und Bundeskanzler Bruno Kreisky. Von da an wurden Aufenthalte Otto Habsburg-Lothringens in Österreich nicht mehr diskutiert, das Verhältnis zwischen der österreichischen Sozialdemokratie und der Familie Habsburg entspannte sich.

Von den siebziger Jahren bis heute

Otto Habsburg 1998 vor Schloss Belvedere in Wien

1979 initiierte Otto von Habsburg gegen große Widerstände jene Resolution, welche durch einen leeren Stuhl im Europäischen Parlament medienwirksam auf die Völker hinter dem Eisernen Vorhang aufmerksam machte. Am 13. Juli 1988 reiste Otto von Habsburg erstmalig seit 1918 nach Budapest im noch kommunistischen Ungarn. Er war Mitinitiator und Schirmherr des „Paneuropäischen Picknicks" am 19. August 1989 an der ungarisch-österreichischen Grenze, an der Ungarn im Mai 1989 mit dem Abbau des Eisernen Vorhangs begonnen hatte. Ein noch vorhandenes Gittertor wurde beim Picknick für drei Stunden symbolisch geöffnet. 661 in Ungarn urlaubende oder wartende DDR-Bürger (die von den Veranstaltern per Mundpropaganda auf den Anlass aufmerksam gemacht worden waren), nutzten diesen historischen Moment zu ihrer, von den ungarischen Grenzsoldaten nicht verhinderten unkontrollierten Ausreise Richtung Österreich.

Sein erster Besuch in Sarajevo erfolgte am 5. April 1997.

Otto von Habsburg gehört neben anderen Christen zu den Unterzeichnern der Erklärung „Für Freiheit und Selbstbestimmung – gegen totalitäre Bestrebungen der Lesben- und Schwulenverbände", die im Frühjahr 2009 zur Unterstützung des 6. Internationalen Kongresses für Psychiatrie und Seelsorge gestartet wurde. Er begründete seine Unterschrift mit den Worten: „Für mich ist dies eine Frage des Prinzips und des Mutes, sich zu Werten zu bekennen und für sie einzutreten. Es fehlt zu oft am Mut zum Bekenntnis. Wenn man den Mut aufbringt, sich einem Despoten wie Hitler entgegenzustellen, braucht man keinen Mut, um sich auch heute dem Zeitgeist zu widersetzen."[7]

Würdigungen und Kritik

Neben zahlreichen inner- und außereuropäischen Auszeichnungen, Ehrenbürgerschaften und Ehrendoktoraten ehrten ihn 2002 zahlreiche europäische Staatsoberhäupter bzw. Regierungschefs in einem großen Festakt in der Wiener Hofburg auf Einladung von Bundespräsident Thomas Klestil zu seinem 90. Geburtstag für sein Lebenswerk für Europa und sein Eintreten gegen den Nationalsozialismus und den Kommunismus. Bei dieser Veranstaltung erwähnte der ehemalige französische Staatspräsident und spätere Präsident des Europäischen Konvents, Valéry Giscard d’Estaing, die heute in Österreich weitgehend in Vergessenheit geratene bzw. infolge des historisch belasteten Verhältnisses der Republik Österreich zur Familie Habsburg unbeachtete Tatsache, dass Otto von Habsburg durch verschiedene Interventionen der heimischen Bevölkerung die Qualen des Bombardements im Zweiten Weltkrieg zu ersparen versuchte. 2007 wurde Otto Habsburg-Lothringen anlässlich seines 95. Geburtstages von Bundespräsident Heinz Fischer in der Hofburg in Wien zu einem Gespräch empfangen.

Von Habsburg ist Mitglied der Mont Pelerin Society, und von 1930 bis zur Übergabe an seinen Sohn Karl im Jahr 2000 Souverän des Ordens vom Goldenen Vlies.

Als Oberhaupt der Familie Habsburg-Lothringen war er von 1922 bis 2002 auch Oberster Bandinhaber des Akademischen Bundes der Katholisch-Österreichischen Landsmannschaften. Dieses Amt übergab er zu seinem 90. Geburtstag in einem feierlichen Akt in der Wiener Augustinerkirche an seinen Sohn und präsumtiven Erben Karl. Er sprach sich schon immer dafür aus, den Gottesbezug in die Europäische Verfassung einfließen zu lassen[8] .

Auf Kritik stieß Habsburg für sein öffentliches Eintreten für die umstrittene rechtsnationale Wochenzeitung Junge Freiheit , der er sich auch wiederholt als Interviewpartner zur Verfügung stellte. Als Erstunterzeichner zweier von der Redaktion initiierter Petitionen setzte er sich 2002 vor dem Hintergrund eines Rechtsstreits gegen die Verfassungsschutz-Kategorisierung der Zeitung als „rechtsextremistisch" bzw. 2006 gegen deren Ausladung bei der Leipziger Buchmesse ein.

2002 gab Habsburg ein vielkritisiertes Interview mit der FPÖ-nahen deutschnationalen Wochenzeitung Zur Zeit . Dort äußerte sich Habsburg unter anderem folgendermaßen:

„Wenn man die US-Innenpolitik betrachtet, dann ist sie in zwei Hälften gespalten. Auf der einen Seite das Verteidigungsministerium, in dem die Schlüsselpositionen mit Juden besetzt sind, das Pentagon ist heute eine jüdische Institution. Auf der anderen Seite, im State Department, sind die Schwarzen – zum Beispiel Colin Powell oder besonders Condoleezza Rice. Im Moment spielen dabei die Angelsachsen, also die weißen Amerikaner, eine relativ geringe Rolle."

Schon Ende 1998 war Habsburg ins Visier der Kritik sowie der Staatsanwaltschaft München geraten, weil er die Vorwürfe und Rücktrittsaufforderungen gegen seinen Sohn Karl Habsburg im Zusammenhang mit der World-Vision-Spendenaffäre mit der nationalsozialistischen Judenverfolgung verglich. Der EU-Wahlkampf Karl Habsburgs für die ÖVP war 1996 – laut Habsburg ohne sein Wissen – zum Teil mit unterschlagenen und an die Paneuropa-Union umgeleiteten Spendengeldern der Hilfsorganisation World Vision finanziert worden.[9]

Im November 2007 erschien ein Interview mit Habsburg in Die Presse , in der er den Staatsstreich Engelbert Dollfuss’ verteidigte:

„Ich habe Dollfuss unendlich respektiert. Der Mann war tapfer, bereit, sich bis zur letzten Konsequenz für Österreich einzusetzen. Damals habe ich ja alles aus dieser Perspektive gesehen: Wir müssen Österreich erhalten. Die Presse: Und hatten Sie kein Problem damit, dass Dollfuss das Parlament auflöste, Parteien und Gewerkschaften verbot? Habsburg: Überhaupt keines. Wenn es ums Land geht, bin ich zu jeglicher Sache bereit.[10] "

Bemerkungen zur Rolle Österreichs im Nationalsozialismus

Im Laufe einer Gedenkveranstaltung der ÖVP anlässlich des 70. Jahrestags des Anschlusses am 10. März 2008 sorgte Habsburg in Österreich für Aufsehen und Entrüstung. In seiner Rede vertrat er die in Österreich Opferthese genannte (und im offiziellen Österreich weithin umstrittene[11] ) Ansicht, Österreich sei das erste Opfer Nazi-Deutschlands gewesen:

Was eigentlich ein Skandal war, nämlich die Diskussion hier in Österreich über die Frage, ob Österreich ein Mitschuldiger war oder ob es ein Opfer war. Meine Damen und Herren, ich glaube es gibt keinen Staat in Europa, der mehr Recht hat, sich als Opfer zu bezeichnen, als es Österreich gewesen ist.[12]

Über die Moskauer Deklaration, die auf die Mitschuld Österreichs am Krieg verweist, sagte Habsburg:

Das ist doch eine der größten Akten der Heuchelei und der Lüge, die gewesen ist. In der man von Österreichs Schuld gesprochen hat, zu einer Zeit, wo Österreich schon längst von der Karte verschwunden war und es außerdem die Mächte noch anerkannt haben.[12]

Den Einmarsch Hitlers am Wiener Heldenplatz kommentierte er:

Wir müssen einfach verstehen, dass da ja in allen Ländern wenn so ein großer Rummel ist, kommen die Leute zusammen, hören zu oder applaudieren und so weiter. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Man zeigt noch immer die Filme des Heldenplatzes auf dem es 60.000 Leute gegeben hat – das ist wahr. Aber, schauen Sie, bei jedem Fußballereignis kann man 60.000 Leute zusammentrommeln.[12]

Zu Habsburgs Äußerungen wurde angemerkt, er sei selbst Opfer des NS-Regimes gewesen. Dem wurde entgegnet, dies mache seine Äußerungen zwar erklärlich, rechtfertige aber nicht, die Opferrolle im Widerspruch zur historischen Evidenz für ganz Österreich in Anspruch zu nehmen.

Auszeichnungen

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Schriften

  • Coutumes et droits successoraux de la classe paysanne et l’indivision des propriétés rurales en Autriche (1935; Dissertation)
  • Entscheidung für Europa (1953)
  • Probleme des Atomzeitalters (1955)
  • Soziale Ordnung von morgen (1957)
  • Bernhard von Baden (1958)
  • Im Frühling der Geschichte (1961)
  • Der Ferne Osten ist nicht verloren (1963)
  • Européens et Africains – L’entente nécessaire (1963)
  • Europa, Großmacht oder Schlachtfeld? (1963)
  • Afrika ist nicht verloren (1964)
  • Gottes Hand in der Geschichte (1966)
  • Karl V. (1967), ISBN 3-85002-286-2
  • Politik für das Jahr 2000 (1968)
  • Les Transports et l’Europe (1969)
  • Bis hierher und weiter (1974)
  • Die Heilige Hedwig von Schlesien und unsere Zeit (1974), ISBN 3-7008-0126-2
  • La Naissance d’un continent (1975)
  • Idee Europa, Angebot der Freiheit (1976)
  • Karl IV. Ein Europäischer Friedensfürst (1978), ISBN 3-87332-003-7
  • Jalta és ami utána következett (1979)
  • Europa – Garant der Freiheit (1980)
  • Die Reichsidee – Geschichte und Zukunft einer übernationalen Ordnung (1986), ISBN 3-85002-228-5
  • Macht jenseits des Marktes. Europa 1992 (1988), ISBN 3-85002-267-6
  • Igy láttam ... (1992)
  • Európáért (1992)
  • Nicht geschossen ist auch verfehlt (1992)
  • Úvahy o Evrope (1993)
  • Friedensmacht Europa – Sternstunden und Finsternis (1995), ISBN 3-85002-368-0
  • Die Paneuropäische Idee – Eine Vision wird Wirklichkeit (1999), ISBN 3-85002-424-5
  • Ein Kampf um Österreich 1938–1945 (2001), ISBN 3-85002-460-1
  • Unsere Welt ist klein geworden – Die Globalisierung der Politik (2006), ISBN 3-85002-539-X
  • Der Habsburg-Faktor (2007) (Interviewsammlung)

Literatur

  • Stephan Baier, Eva Demmerle: Otto von Habsburg, Die Biografie. (2002) ISBN 3-85002-486-5
  • Gordon Brook-Shepherd: Uncrowned Emperor: The Life and Times of Otto von Habsburg. (2002) ISBN 1-852-85-4391
  • Peter Broucek: Der österreichische Widerstand in Beispielen und Dokumenten in: Tyrannenmord. Der 20. Juli 1944 und Österreich (2004), Hg. Manfred Rauchensteiner, Publikation des Heeresgeschichtlichen Museums/Militärhistorischen Instituts Wien, ISBN 3-85028-383-6
  • Winston S. Churchill: Der Zweite Weltkrieg (2003), S. 860 ff ISBN 3-596-16113-4
  • Flavia Foradini: Otto d’Asburgo. L’ultimo atto di una dinastia (mgs press, Trieste, 2004), S. 230, ISBN 88-89219-04-1
Commons: Otto von Habsburg  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Otto von Habsburg: „Christ, Kaiser, Europäer" abgerufen am 30. Dezember 2009
  2. Karl-Franzens-Universität Graz: Österreichische Soziologinnen und Soziologen im Exil 1933 bis 1945 , zuletzt zugegriffen am 25. Jänner 2007
  3. APA: Der Habsburgerstreit (1958–1966), Pressemeldung vom 5. Juli 1963
  4. http://www.kaiser-politiker-visionaer-europaeer.de/html/lebenslauf.html
  5. „Die Habsburg-Krise – mehr als parteipolitische Auseinandersetzungen", Parlamentskorrespondenz vom 15. September 2006, Nr. 743
  6. BGBl. Nr. 172 / 1963
  7. Otto von Habsburg: „Ich stehe voll und ganz hinter dieser Erklärung!", vom 18. Mai 2009, gesehen 18. Mai 2009.
  8. Kath.net: Otto von Habsburg: Für den Glauben kämpfen 17. März 2007
  9. Siehe zum Beispiel: Die Presse, 7. Dezember 1998; und 9. Dezember 1998
  10. Otto Habsburg: „Ich habe sie alle gekannt" Die Presse vom 9. November 2007
  11. Opferthese, In: erinnerungsort wien, Kreisky Archiv
  12. a b c Habsburg plädiert für Opferrolle Österreichs Ö1 Abendjournal, 10. März 2008
VorgängerAmtNachfolger
Karl I. Oberhaupt des Hauses Habsburg
19222006
Karl
Personendaten
NAME Habsburg, Otto von
ALTERNATIVNAMEN Franz Josef Otto Robert Maria Anton Karl Max Heinrich Sixtus Xavier Felix René Ludwig Gaetano Pius Ignazius von Habsburg; Habsburg-Lothringen, Otto
KURZBESCHREIBUNG deutsch-österreichischer Politiker (CSU), MdEP, Autor
GEBURTSDATUM 20. November 1912
GEBURTSORT Villa Wartholz bei Reichenau an der Rax

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