Prospektion (Archäologie)
Unter Prospektion (von lat. prospicere, prospectio - erkunden, Erkundung) versteht man in der Archäologie die Erkundung und Erfassung von archäologischen Stätten in einem bestimmten Gebiet. Neben weiteren Methoden bedient man sich der Bioprospektion und der geophysikalischen Prospektion, um Unbekanntes unter der Erdoberfläche zu registrieren bzw. Bekanntes näher in Betracht zu nehmen. Geophysikalische Prospektion wird manchmal auch, entgegen dem allgemeinen Verständnis in der Archäologie, als zerstörungsfreier Vorgang definiert, Sondierungen gehören damit streng genommen nicht zu dieser Methode [1] . Diesen Denkansatz vertritt vor allen die sogenannte Wiener Gruppe.
Traditionelle Verfahren
Eine simple aber sehr wirkungsvolle Art sich über die Existenz von Objekten unter einem Stück Erde in Kenntnis zu setzen, stellt die Oberflächenbegehung, auch Survey oder Bodenbegehung genannt, dar. Sie gilt bei einer klassischen Untersuchung sogar als zwingend. Durch diverse Störzonen und Disparitäten der Erdoberfläche aber auch durch schlichte Bodenfunde kann dem geschulten Auge über eventuelle Fundstätten Aufschluss gegeben werden.
Daneben erweist sich das Studium schriftlicher Aufzeichnungen als häufig erfolgreiche Unterstützung der Archäologen bei der Suche nach Artefakten und Bauten.
Archäologisch-Topografische Kartierung
Mittels archäologisch-topografischer Kartierung wird eine detaillierte Karte eines Geländedenkmals erstellt. Dabei findet eine intensive Auseinandersetzung mit dem Terrain statt, die meistens zur Entdeckung bislang unbekannter Geländebefunde, etwa in dichtem Unterholz oder am Rand überhängender Felspartien führt.
Methoden
Je nach finanziellen Möglichkeiten sowie den durch Objekt und Fragestellung vorgegebenen Erfordernissen gelangen unterschiedliche Methoden zur Anwendung. Aus ökonomischen und arbeitstechnischen Gründen hat sich der Einsatz der Bussolentachymetrie bewährt[2] .
LIDAR-Aufnahmen geben einen guten ersten Eindruck einer Fundstelle und sehen sehr ansprechend aus[3] . Eine Interpretation der Befunde im Gelände bleibt aber unumgänglich. Topografische Merkmale wie Felsen oder Mauerzüge sowie kartografische Signaturen (Wege, Böschungen etc.) müssen separat erfasst, grafisch am PC umgezeichnet und in die LIDAR-Aufnahme integriert werden.
Signaturen
Welche Kartierungs-Technik auch gewählt wird, aus Sicht des Archäologen bleibt eine umfassende Geländeinterpretation die Hauptforderung an eine topografische Aufnahme einer Fundstelle. Die einheitliche Verwendung eines einheitlichen Signaturenschlüssels zur Darstellung der Befunde müsste dabei selbstverständlich sein[4] .
Luftbildarchäologie
Im Speziellen kann man durch Anwendung der Luftbildarchäologie zu zahlreichen neuen Erkenntnissen gelangen. Die aus der Luft erfolgende Untersuchung des Bodens bedient sich verschiedener Aspekte, wie:
- Schattenmerkmale, (engl. shadow marks), werden unter bestimmten optischen Verhältnissen, z.B. bei Schräglicht in den Morgen- und Abendstunden, sichtbar.
- Bewuchsmerkmale, (engl. crop marks), spiegeln sich in Differenzen von Kümmerwachstum und Üppigkeit des Bewuchses wider.
- Bodenmerkmale, (engl. soil marks), umfassen die Unterschiede in der Bodenfärbung.
Durch die Entwicklung von der Schwarz-Weiß- zur Farbfotografie gewann diese Methode erheblich an Genauigkeit und führte zu einer Qualitätssteigerung. Mit Falschfarben- und Infrarottechnik kann man den hohen Anforderungen der Archäologie in Sachen Präzision heute gerecht werden. Terrestrische und Aerofotogrammetrie gewannen zunehmende an Bedeutung und die Stereofotogrammetrie vermittelt sogar dreidimensionale Geodäsie (Erdvermessung) durch Fotografie in zwei Ebenen.
Naturwissenschaftliche Verfahren
Die Effizienz der archäometrischen Methodik hat Archäologie in jüngster Zeit enorm voran gebracht. Die Möglichkeiten naturwissenschaftlicher Prospektion nach physikalischen und chemischen Standards eröffnen bedeutende Zukunftsperspektiven. Hierbei bedient sich die Archäologe verschiedenster Lösungswege der Archäobotanik, Archäozoologie, Stratigraphie (Schichtenkunde) und weiterer Disziplinen. Dazu gehören:
Bodenwiderstandsmessung
Die Bodenwiderstandsmessung bzw. geoelektrische Prospektion berücksichtigt die Varianz der elektrischen Leitfähigkeit des Erdbodens aufgrund von Einschlüssen. Zur Umsetzung sind lediglich zwei Metallsonden vonnöten, zwischen welchen der elektrische Strom fließt. Zur Neutralisation natürlicher geomagnetischer Ströme werden heute oft zwei zusätzliche äußere Sonden mit Niederfrequenz-Wechselstromspannung verwendet. Dieses Verfahren wurden von den Geophysikern aus montanistischen Motiven entwickelt, also zur Ortung diverser Bodenschätze und Rohstoffe.
Geomagnetische Messungen
Zur geomagnetischen Prospektion, Magnetprospektion oder kurz Geomagnetik genannt, eignet sich besonders ein Protonenmagnetometer, das Unregelmäßigkeiten im geomagnetischen Feld registriert. Hochsensibel sind Nuklear-Magnetometer, die als Rubidium-, Cäsium- oder Alkalidampf-Magnetometers gebräuchlich sind. Die Interpretation der Messungen erlaubt es beispielsweise, bis zu sechs Meter tief in der Erde gelegene Tonscherben zu erfassen. Eine Differenz von etwa 10-8 Oe (= Oersted, Einheit der magnetischen Feldstärke) kann von solchen Magnetometern oft noch erfasst werden.
Bodenprobe-Verfahren
Mit Hilfe der geochemischen Bodenuntersuchung, dem so genannten Bodenprobe-Verfahren, konnten neue Informationen besonders über die Prähistorie gewonnen werden. Bei dieser Methode wird der Phosphatanteil des Bodens festgestellt. Phosphat überdauert lange Zeiträume ohne bedeutende Zerfälle. Die Entstehung erfolgt während organischer Zersetzungsprozesse, also auch bei Leichen und Abfällen. Übersteigt der Phosphatgehalt die für den normalen Humus übliche Prozentmarke von 0,3% deutlich, kann auf eine frühere Besiedlung des Stück Landes geschlossen werden. Mit Hilfe der Phosphatanalytik kann also der "chemische Schatten" einer möglicherweise schon völlig zerfallenen Leiche aufgezeigt werden.
Weitere geochemische Kriterien sind Textur, also "Inhaltsstoffe" (Steine, Funde, Konkretionen, Bauschutt, Wurzeln), Konsistenz, also "Dichtheit" (locker, fest), die geologische Matrix, also das "Bindemittel" des Bodens (Beschaffenheit hinsichtlich Art der Erde: Humus bzw. humos, Sand/sandig, Schotter/schottrig, Lehm/lehmig, Löss/lössig) und die Farbe der Erde. Der Begriff der Bioprospektion ist hierbei ebenfalls gebräuchlich.
Aktuelle Verfahren werden andauernd verbessert, ihre Störanfälligkeit minimiert, ihre Verlässlichkeit erhöht und die Genauigkeit maximiert. Eine Optimierung garantiert hier eine kostengünstige und rasche Grabung.
Literatur
- Erhard Gorys: Kleines Handbuch der Archäologie. Ausgräber und Ausgrabungen, Methoden und Begriffe. DTV, München 1981. ISBN 3-423-03244-8
- Erhard Gorys: Handbuch der Archäologie. Weltbild, Augsburg 1989. ISBN 3-89350-120-7
- Christian Bader, Werner Wild: Die topographische Vermessung von Bodendenkmälern. In: MILLE FIORI, Festschrift für Ludwig Berger. Forschungen in Augst 25, Basel 1998, S. 227–233.
- Dieter Vieweger: Archäologie der Biblischen Welt. UTB-Taschenbuch 2394, 2. Aufl. Göttingen 2006. ISBN 3-8252-2394-9, S. 116–147.
- Wolfgang Neubauer: Magnetische Prospektion in der Archäologie. Mitteilungen der Prähistorischen Kommission, Hg. von H. Friesinger, Band 44, Verlag der Österreichsichen Akademie der Wissenschaften, Wien 2001. ISBN 3-7001-3009-0, ISSN 0065-5376, S. 19, 160-161.
Weblinks
- Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege
- Fédération Nationale des Utilisateurs de Détecteurs de Métaux (FNUDEM) / Ecole de la Prospection
- Archaeological Prospection Resources / Department of Archaeological Sciences
- Helmut Becker, BLfD, München über "Magnetische Prospektion in der Archäologie" (PDF-Datei; 247 kB)
- Archäologisch-Topografische Kartierung Informationen unter Dokumentation
Einzelnachweise
- ↑ Wolfgang Neubauer: Magnetische Prospektion in der Archäologie, Wien 2001. S. 19, 160-161.
- ↑ Rudolf Glutz: Burgenforschung mit dem Theodolith, Archäologische Prospektion auf vier Zuger Burgstellen mit Hilfe der Bussolentachymetrie. In: Tugium 14, 1998, S. 85–94.
- ↑ Michael Doneus, Christian Briese, Thomas Kühtreiber: Flugzeuggetragenes Laserscanning als Werkzeug der archäologischen Kulturlandsforschung – Das Fallbeispiel „Wüste" bei Mannersdorf am Leithagebirge, Niederösterreich. In: Archäologisches Korrespondenzblatt 28, 2008, S. 137–156.
- ↑ Rudolf Glutz, Klaus Grewe, Dieter Müller: Zeichenrichtlinien für topographische Pläne der archäologischen Denkmalpflege. Köln 1984.