Europäische Genossenschaft
Die Europäische Genossenschaft, auch Societas Cooperativa Europaea, kurz SCE, ist eine rechtsfähige Gesellschaft. Die Möglichkeit zur Gründung der SCE besteht seit dem 18. August 2006.
Rechtsgrundlage
Die SCE beruht auf dem Recht der Europäischen Gemeinschaft. Einschlägig ist die Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE).[1] Diese ist ein Rechtsakt des europäischen Sekundärrechts gem. Art. 249 Abs. 2 EGV, der in allen Teilen verbindlich ist und unmittelbare Geltung im gesamten Gebiet der Europäischen Gemeinschaft entfaltet. Sie bedarf damit nicht der Umsetzung in den Mitgliedstaaten.
Zur Regelung mitbestimmungsrechtlicher Verhältnisse hat der Rat die Richtlinie 2003/72/EG des Rates vom 22. Juli 2003 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer erlassen.[2] Hier ist die Notwendigkeit der Umsetzung in den Mitgliedstaaten gegeben, wobei lediglich die Zielsetzungen des Rechtsakts - nicht aber die Maßnahmen zur Zielerreichung - verbindlich sind (Art. 249 Abs. 3 EGV).
Das Europäische Parlament reichte am 15. Oktober 2003 gegen die Verordnung formal eine Klage ein, da es nicht gehört wurde. [3] Am 2. Mai 2006 wurde die Sache entschieden und Klage abgewiesen.[4]
Zu Umsetzung in Deutschland wurde das Gesetz zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts (EGSCE) vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1911) erlassen.[5]
Wesen und Zweck
Die SCE ist ausgestaltet als eine Rechtsform des Genossenschaftsrechts. Sie besitzt Rechtspersönlichkeit und das Grundkapital ist in Geschäftsanteile zerlegt. Der in der Satzung festgelegte Sitz einer SCE muss in einem Mitgliedstaat der EG oder EWR liegen. Die SCE bildet das Gegenstück auf europäischer Ebene zu den nationalen genossenschaftlichen Rechtsformen in den Mitgliedstaaten.
Der Zweck der SCE entspricht also dem jeder anderen Genossenschaft: Er besteht hauptsächlich in der Förderung von Tätigkeiten der Mitglieder und in der Befriedigung von Mitgliederbedürfnissen.
Gründung
Eine SCE kann von mindestens fünf juristischen oder natürlichen Personen gegründet werden, die ihren (Wohn-)sitz in zwei verschiedenen Mitgliedsstaaten des EWR haben. Ebenso kann eine bestehende Genossenschaft in eine SCE umgewandelt werden, wenn sie bereits mindestens zwei Jahre lang eine Zweigstelle in einem Mitgliedsland des EWR hatte. Als dritte Möglichkeit gibt es die Gründung durch Verschmelzung mehrerer Genossenschaften aus verschiedenen Mitgliedsländern.
Der Firma ist der Zusatz „SCE" voran- oder nachzustellen. Sie trägt gegebenenfalls den Zusatz „mit beschränkter Haftung". Sie benötigt Gründungskapital von mindestens 30.000 Euro. Investierende Mitglieder sind zugelassen, Geschäftsanteile sind übertragbar bzw. verkäuflich.
Kritik
Kritiker befürchten die Abkehr der Genossenschaft von ihrer klassischen Form als „Selbsthilfeorganisation und Solidargemeinschaft von Arbeitern, Angestellten und Beamten". [6] [7]
Einzelnachweise
- ↑ Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (online)
- ↑ Richtlinie 2003/72/EG des Rates vom 22. Juli 2003 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer (online)
- ↑ Amtsblatt der Europäischen Union vom 29. November 2003 (online)
- ↑ Urteil des Gerichtshofes (Große Kammer) vom 2. Mai 2006, Rechtssache C-436/03 (online)
- ↑ Gesetz zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts (EGSCE) vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1911) (online)
- ↑ Sigurd Schulze: Endlich ist ein „Genosse" kein Genosse mehr. Klammheimlich soll die Europäische Genossenschaft durchgezogen werden. In: MieterEcho, Nr. 314, Februar 2006 (online)
- ↑ Sigurd Schulze: Ein glatter Durchläufer? Die Genossenschaftsreform scheint keine Verlierer zu kennen, sondern nur Gewinner. In: MieterEcho, Nr. 317, August 2006 (online)
Literatur
- Thomas Fischer: Das Statut der Europäischen Gemeinschaft. In: Münstersche Schriften zur Kooperation, Oktober 2001 (online (ab Seite 167)