Genua
Genua (ital. Genova) ist mit rund 590.000 Einwohnern im Stadtgebiet (2004) und ca. 800.000 Einwohnern als Agglomeration (2004) die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und der Region Ligurien im nordwestlichen Italien an der Küste des Mittelmeeres. In der Bucht von Genua steigt das Gebirge des Apennin steil an.
Der Hafen von Genua ist einer der größten am Mittelmeer: im Containerumschlag der drittgrößte nach Algeciras und Gioia Tauro. Seine Bedeutung erhält er vor allem durch sein Hinterland, das Industriegebiet von Mailand und Turin. Bis 1996 war der Ölhafen Ausgangspunkt der Central European Line, die bis nach Ingolstadt (Bayern) führt.
Genua besitzt eine der größten Altstädte in Europa, vielleicht sogar die größte. Einen kontrastreichen Gegensatz zur Altstadt bilden Patrizierhäuser und prunkvolle Paläste an der Via Garibaldi , allen voran der Palazzo Ducale aus dem 13. Jahrhundert. Wehrhafte Befestigungsanlagen zeugen von der wechselvollen Geschichte der früheren Seerepublik. Wahrzeichen der Stadt ist die Lanterna. Der 117 m hohe Leuchtturm steht im Westen des Hafens und ist seit Jahrhunderten Orientierungspunkt für Seefahrer.
Der Platzmangel in Genua hat zur Folge, dass für den Bau des Flugplatzes und des neuen Containerhafens eine besondere Lösung getroffen werden musste: Abtragung eines Hügels und Aufschüttung des Meeres.
Die Stadt ist Sitz eines Erzbischofs und hat eine Universität.
Genua war – zusammen mit Lille – Kulturhauptstadt Europas 2004.
Geschichte
Da Genua einen natürlichen Hafen ersten Ranges hat, muss es als Seehafen benutzt worden sein, sobald man begann, in der Tyrrhenischen See Schifffahrt zu betreiben. Aus alten Quellen ist nichts über einen Aufenthalt oder eine Besetzung durch Griechen bekannt, aber die Entdeckung eines griechischen Friedhofs aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. deutet darauf hin. Beim Bau der Via Venti Settembre wurde eine Reihe von Gräbern, insgesamt 85, gefunden, von denen der Großteil auf das Ende des 5. und das 4. Jahrhundert v. Chr. datiert. Die Leichen waren in allen Fällen verbrannt und in kleinen Schachtgräbern beerdigt worden, wobei das Grab selbst durch eine Platte aus Kalkstein bedeckt wurde. Die Urnen entsprechen dem letzten rotfigurigen Stils und wurden hauptsächlich aus Griechenland oder Magna Graecia importiert, während die Bronzeobjekte aus Etrurien und die Broschen und Gallien kamen. Dies veranschaulicht die frühe Bedeutung Genuas als Handelshafen und das Eindringen griechischer Sitten, denn die übliche Praxis der Ligurier war die Inhumation??. Mann nimmt an, dass der Name Genua aus der Form seiner Küstenlinie ableitet ist, die an ein Knie (genu) erinnert.
Vom Auftauchen der Römer wird erstmals 216 v. Chr. berichtet, von der Zerstörung durch die Karthager und dem unmittelbaren Wiederaufbau durch die Römer 209 v. Chr. Die Römer machten Genua und Placentia zu ihrem Hauptquartier gegen die Ligurer. Von Rom aus kam man dorthin über die Via Aurelia entlang der Nordwestküste, und ihrer Verlängerung, die später den Namen Via Aemilia (Scauri) bekam; letztere wurde erst 109 v. Chr. gebaut, und es muss schon lange vorher eine Küstenstraße gegeben haben, mindestens ab 148 v. Chr., als die Via Postumia von Genua durch Libarna (heute Serravalle, wo Überreste eines Amphitheathers und Inschriften gefunden worden sind), Dertona, Iria, Placentia, Cremona und von da ostwärts gebaut wurde. Es gibt eine Inschrift von 117 v. Chr. (im Palazzo Municipale in Genau erhalten) mit der Entscheidung der patroni Q. und M. Minucius aus Genua, in Übereinstimmung mit einem Erlaß des römischen Senats in einer Kontroverse zwischen dem Volk Genuas und den Langenses (auch Viturii genannt), den Einwohnern einer benachbarten Hügelstadt, die in das Genueser Territorium aufgenommen wurde. Aber keine der anderen in Genua gefundenen Inschriften, die praktisch allesamt Grabesinschriften sind, kann definitiv der antiken Stadt zugeordnet werden; man kann gleichermaßen annehmen, dass sie von anderen Orten über See dorthin gebracht wurden. Nur aus Inschriften an anderen Orten wissen wir, dass Genua Stadtrechte hatte, aber es ist unbekannt, ab welchem Zeitpunkt. Klassische Autoren berichten wenig von der Stadt.
Die Geschichte Genuas während des dunklen Zeitalters, während der langobardischen und karolingischen Perioden, ist lediglich die Wiederholung der allgemeinen Geschichte der italienischen Kommunen, denen es gelang, von wettstreitenden Fürsten und Baronen die ersten Urkunden ihrer Freiheit zu erlangen. Der patriotische Geist und die Tüchtigkeit der Genuesen auf See, die sie in ihren Verteidigungskriegen gegen die Sarazenen entwickelten, führte zur Gründung einer bürgerlichen Verfassung und zum raschen Wachstum einer wirksamen Marine. Aus der Notwendigkeit eines Bündnisses gegen den gemeinsamen sarazenischen Feind schloss sich Genua Anfang des 11. Jahrhunderts mit Pisa zusammen, um die Moslems von der Insel Sardinien zu vertreiben. Das so erworbene sardinische Gebiet lieferte bald Gelegenheit für Eifersüchtigkeiten zwischen den Verbündeten. Es begannen zwischen den beiden Republiken die langen Seekriege, die schließlich katastrophal für Pisa ausgingen. Mit nicht weniger Gewandtheit als Venedig nahm Genua all die Gelegenheiten des umfangreichen Speditionsverkehrs zwischen Westeuropa und dem Nahen Osten wahr, die sich durch die Kreuzzüge ergaben. Die den Sarazenen in der gleichen Periode entrissenen Seehäfen entlang der spanischen Küste wurden Genueser Kolonien, während in der Levante, an den Küsten des Schwarzen Meeres und entlang den Ufern des Euphrat starke Genueser Festungen errichtet wurden. Es ist nicht verwunderlich, dass diese Eroberungen in den Köpfen der Venezier und der Pisaner erneuten Neid gegen Genua erweckten und neue Kriege provozierten. Aber der Kampf zwischen Genua und Pisa wurde in der Schlacht von Meloria 1284 zu einem für Pisa verheerenden Abschluss gebracht.
Der Erfolg Genuas in Handel und Seefahrt während des Mittelalters ist umso bemerkenswerter, als es im Gegensatz zu den rivalisierenden Venezianern ständig von inneren Uneinigkeiten geplagt wurde. Das einfache Volk und der Adel kämpften gegeneinander, rivalisierende Parteien unter den Adligen strebten danach, die Übermacht im Staat zu erlangten, Adlige und Volk gleichermaßen wandten sich zur Schlichtung und Herrschaft an ausländischen capitani del popolo, als einziges Mittel, einen vorübergehenden Waffenstillstand zu erreichen. Aus diesen Kämpfen zwischen rivalisierenden Adligen, in denen die Namen Spinola und Doria herausragen, wurde Genua bald in den Strudel der guelfischen und ghibellinischen Parteien hineingezogen; aber seine Anerkennung ausländischer Autoritäten – nacheinander deutscher, neapolitanischer und mailänder – machte ihnen 1339 den Weg zu einem unabhängigeren Staat frei. Die Regierung nahm nun eine bleibendere Form an, mit der Ernennung des ersten Dogen (eines Amts auf Lebenszeit) Simone Boccanera. Abwechselnde Siege und Niederlagen der Venezier und Genuesen – davon die schlimmste die Niederlage gegen Venedig bei Chioggia 1380 – endeten in der Feststellung der signifikanten Unterlegenheit der Genueser Herrscher, die mal unter die Macht Fankreichs, mal der Visconti aus Mailand fielen.
Die Banca di San Giorgio mit ihren großen Besitzungen hauptsächlich auf Korsika bildete während dieser Phase das stabilste Element im Staat, bis 1528 der Nationalgeist seine alte Kraft wiedergewann, als Andrea Doria die französische Vorherrschaft abschütteln und die alte Form der Regierung wiederherstellen konnte. In diesem Zeitraum – dem Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhundert –, in dem das Genie und der Wagemut eines Genueser Seefahrers, Christoph Kolumbus, Spanien die Neue Welt gab, die vielleicht der Besitz seines Heimatstaates hätte werden können, wenn Genua in der Lage gewesen wäre, ihn mit den Schiffen und Seeleuten zu versorgen, deren Lieferung er so dringlich erbat. Die Regierung, wie sie von Andrea Doria wiedereingesetzt worden war, mit bestimmten Änderungen, die ihr einen konservativeren Charakter verliehen, blieb bis zum Ausbruch der Französischen Revolution und der Bildung der Ligurischen Republik unverändert. Während dieses langen Zeitraums von fast drei Jahrhunderten, in dem der dramatischste Vorfall die Verschwörung der Fieschi war, entdeckten die Genueser den Ausgleich für den verlorenen Osthandel in den enormen Gewinnen, die sie als Bankiers der spanischen Krone und Ausrüster der spanischen Armeen und Flotten sowohl in der alten als auch in der neuen Welt machten. Anders als viele andere italienische Städte war Genua vergleichsweise immun gegen fremde Vorherrschaft.
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurde die Stadt von den Franzosen beschossen und 1746, nach der Niederlage von Piacenza an die Österreicher übergeben, die jedoch schnell verjagt wurden. Eine 1729 begonnene Revolte in Korsika wurde mit Hilfe der Franzosen unterdrückt, die 1768 selbst die Insel in Besitz nahmen (siehe Korsika).
Die kurzlebige Ligurische Republik wurde bald (1805) vom französischen Kaiserreich geschluckt. 1804 erhob sich Genua gegen die Franzosen, auf die Zusicherung von Lord William Bentinck hin, dass die Alliierten der Republik wieder ihre Unabhängigkeit zurückgeben würden. Durch eine Geheimklausel im Vertrag von Paris war jedoch festgelegt worden, dass Genua mit dem Herrschaftsgebiet des Königs von Sardinien vereinigt werden sollte; diese Vorkehrung wurde vom Wiener Kongress bestätigt. Zweifellos hat die durch diese Klausel hervorgerufene Unzufriedenheit dazu beigetragen, dass in Genua der republikanische Geist am Leben blieb und durch den Einfluss des jungen Genuesen Giuseppe Mazzini nicht nur für die sardinische Monarchie, sondern für alle Regierungen der Halbinsel eine ständige Bedrohung blieb. Selbst der materielle Nutzen aus der Vereinigung mit Sardinien und die konstitutionelle Freiheit, die König Karl Albert all seinen Untertanen gewährte, konnten nicht die republikanischen Unruhen von 1848 verhindern. Nach einem kurzen und scharfen Kampf wurde die vorübergehend von den Republikanern besetzte Stadt von General Alfonso La Marmora wieder zurückgewonnen.
Bedeutende Genueser
- Seefahrer
- Künstler
- Musiker
- Politiker