Piraterie

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Dieser Artikel behandelt die klassische und moderne Seeräuberei; zu anderen Bedeutungen siehe Piraterie (Begriffsklärung).
Populäres Piratensymbol: Der Jolly Roger.

Bei Piraterie (nach griechisch: πειρατής peiratés, eigentlich „Angreifer" über lateinisch pirata „Seeräuber") oder Seeräuberei, auch Freibeuterei, handelt es sich um Überfälle auf Schiffe, um Raubzüge zur See oder um räuberische Angriffe auf die Küsten von See aus. Nach heutigem internationalem Völkerrecht bezieht sich der Begriff jedoch nur noch auf räuberische oder erpresserische Überfälle, die auf Hoher See stattfinden.

genauere Definition

Da die durch Kaperbriefe staatlich legitimierte Kaperei seit der Pariser Seerechtsdeklaration von 1856 von vielen seefahrenden Nationen geächtet wurde, und sie heute auch in der Praxis bedeutungslos ist, befassen sich die betreffenden Artikel der Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen nur mit Gewalttaten und Eigentumsdelikten von Privatpersonen. Dennoch kommen immer noch piratische Akte vor, die von staatlichen Institutionen stillschweigend geduldet oder sogar ermutigt werden oder die politisch motiviert sind. In diese rechtliche Grauzone gehören auch Terrorakte auf Hoher See.

Bei der Strandpiraterie handelt es sich hingegen um die Plünderung von gestrandeten Schiffen. Solche Vergehen unterliegen, zusammen mit Überfällen auf vor Anker liegende Schiffe und Angriffe von Land aus auf küstennahe Fahrzeuge, der Rechtsprechung und Verfolgung des jeweiligen Staates, in dessen Hoheitsgewässern sie begangen werden.

Piraterie stellt eine Grundkonstante der Kulturgeschichte dar, seit der Mensch zur See fährt. Sie entwickelt sich stets im Spannungsfeld zwischen Seehandel und Seekrieg, besonders wenn es in Zeiten gesellschaftlicher Instabilität leicht ist, Mannschaften aus den Massen der Unzufriedenen und Ausgestoßenen zu rekrutieren, wenn durch blühenden Handel ausreichend Beute vorhanden ist, wenn durch das Fehlen einer maritimen Ordnungsmacht ausreichend große Seegebiete als Operationsräume und sichere Häfen als Operationsbasis zur Verfügung stehen. Der Wert der Operationsbasis ist besonders groß, wenn sie gleichzeitig als Umschlagplatz und Absatzmarkt genutzt werden kann. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die Piraten durch die lokalen Autoritäten gedeckt werden, weil diese ebenfalls am Handel mit den geraubten Gütern Teil nehmen, oder den Handel ihrer militärischen oder ökonomischen Rivalen stören wollen.

Der vermeintlich anarchische und autarke Charakter der Piraterie im rechtsfreien oder rechtsarmen Raum auf hoher See und die Vorstellung von zusammengetragenen Reichtümern haben wesentlich zur bleibenden Faszination der literarisch-medialen Figur des Piraten beigetragen. Die Darstellung der Piraten schwankt hierbei zwischen Dämonisierung und romantisch verklärter Überhöhung.

Geschichte der Piraterie

Hauptartikel: Geschichte der Piraterie

Europa

In der Antike betrieben alle seefahrenden Völker Piraterie. Es herrschte Küstenpiraterie vor, bei der mit Ruderbooten und ungedeckten Galeeren Küstenorte überfallen und küstennah fahrende oder rastende Schiffe bei günstigen Gelegenheiten überfallen wurden. Erst mit der Entwicklung der Triere im 6. Jahrhundert v. Chr. wurde es technisch möglich auch andere Schiffe zu verfolgen und Piraterie auf See effektiv zu betreiben.[1] Insgesamt folgte die Entwicklung der Piraterie den technischen Möglichkeiten des jeweiligen Zeitalters.

In einer Schwächephase der römischen Republik im letzten Jahrhundert v. Chr. wurde die Bedrohung der ägyptischen Kornlieferungen durch kilikische Piraten sogar für Rom zu einer nahezu existentiellen Bedrohung. Erst die entschiedene Kampagne unter Gnaeus Pompeius, 67 v. Chr., stellte die Sicherheit der Seewege im Mittelmeer wieder her. In der weiteren Geschichte ist nie wieder in so kurzer Zeit ein so vollständiger und dauerhafter Sieg über das organisierte Piratentum errungen worden.

Vom Ende des 8. bis zum Beginn des 11. Jahrhunderts suchten skandinavische Seeräuber (Wikinger) die Küsten Nordeuropas heim. Mit ihren typischen, schnellen Wikingerschiffen drangen sie entlang der großen Flüsse bis tief ins Binnenland vor und plünderten nach verheerenden Überraschungsangriffen zahlreiche Klöster, Städte und Handelsplätze.

Bereits im Spätmittelalter begannen Landesherren und Städte im Rahmen des Fehdewesens damit, Schiffskapitäne mit Kaperbriefen auszustatten. Hiermit hatten diese Kaperfahrer theoretisch einen legalen Anspruch, von der Gegenseite als Kombattant behandelt zu werden, allerdings nur so lange, wie der kriegerische Konflikt andauerte. Setzten sie ihre Räubereien in Friedenszeiten fort, was leicht geschah, da sie im Gegensatz zu Söldnern keinen festen Sold erhielten, sondern nur einen Anteil an der Beute (Prise), wurden sie sofort zu gewöhnlichen Piraten. So kam es im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts in Nord- und Ostsee zu einem bedeutenden Anstieg des Piratenwesens. Die Likedeeler oder Vitalienbrüder bedrohten und schädigten den Handel der Hanse zeitweilig ernsthaft.[2] Wie einige spätere Seeräuber im sogenannten „Goldene Zeitalter" teilten sie ihre Beute zu gleichen Teilen. Daher die Bezeichnung als Likedeeler (Niederdeutsch für „Gleichteiler").

Im Mittelmeer wurde die halblegale Praxis der Kaperfahrt, die dem Missbrauch und der Willkür Tür und Tor öffnete, nicht nur von christlichen Fürsten und den aufstrebenden Handelsmetropolen, wie der Republik Venedig, bis weit in die Neuzeit hinein betrieben, sondern auch von den Malteser-Ordensrittern, und den moslemischen Herrschern Nordafrikas. Hierbei spielte, neben dem Raub, auch die Erbeutung von Sklaven sowie die Erpressung von Tribut- und Lösegeldzahlungen eine wichtige Rolle. Die Korsaren der moslemischen Barbareskenstaaten stellten besonders seit dem 16. Jahrhundert eine Bedrohung für den Seehandel und die Küsten des gesamten Mittelmeers und Teile des Atlantiks dar. Erst Mitte des 19. Jahrhundert wurden die Barbaresken durch die Flotten verschiedener europäischer Nationen und der US Navy endgültig besiegt.

Ostasien

Etwa zur selben Zeit nahm die Piraterie in Ostasien eine ganz andere Entwicklungsrichtung. Im 13. und 14. Jahrhundert überfielen besonders japanische Soldaten und Händler (die sogenannten Wokou) auf eigene Faust die Küsten von Korea und Nord-China. Nur in den Zeiten der versuchten Mongoleninvasionen in Japan kehrten die Soldaten kurzfristig unter das Kommando des Shogunats zurück. Im 16. Jahrhundert verlagerte sich die Piraterie vermehrt auf chinesische Gewässer. Obwohl weiterhin der Name „Wokou" benutzt wurde, handelte es sich jetzt eher um einheimische Banditen und Schmuggler, die gelegentlich, entlang der großen Flüsse, sogar Raubzüge bis weit ins Hinterland unternahmen. Die Mannschaften wurden hierbei meist in den verarmten südchinesischen Fischerdörfern rekrutiert.

Seit den Wirren der Übergangszeit von der Ming zur Qing-Dynastie im 17. Jahrhundert gelang es bestimmten chinesischen Kaufleuten bis ins 19. Jahrhundert hinein, mehrfach regelrechte „Piraten-Dynastien" zu begründen, wie die Familien Zheng, die nicht nur von konkurrierenden (auch europäischen) Händlern Schutzgelder erpressen konnten, sondern mit ihren riesigen Flotten selbst zu einem politischen Machtfaktor in China, der Mandschurei und Vietnam wurden. Die Verteilung der Beute unter die Mannschaften erfolgte ebenfalls nach einem festen Schlüssel, im Gegensatz zu den euro-amerikanischen Piraten der selben Zeit waren die chinesischen Piratenflotten hingegen streng hierarchisch organisiert.

Karibik und „Goldenes Zeitalter"

Hauptartikel: Goldenes Zeitalter (Piraterie)

Nach der Eroberung und während der Kolonisierung Amerikas durch Spanien und Portugal entwickelte sich in der Zeit vom 16. bis ins 18. Jahrhundert besonders in der Karibik und in den Küstengebieten Südamerikas eine Form der Piraterie, die noch heute das Bild der Piraten in der populären Vorstellung, im Film und in der Belletristik, maßgeblich bestimmt.

Ein Charakteristikum dieser Epoche bestand darin, dass alle seefahrenden europäischen Nationen dazu neigten, sich auf See einen permanenten, hartnäckigen Krieg zu liefern, ohne Rücksicht darauf, ob sich dieselben Nationen zu Lande gerade im Krieg befanden oder nicht. So verwischte sich die ohnehin schon verschwommene Grenze zwischen mehr oder weniger legalen Kaperfahrern und illegalen Piraten vollständig, und es entwickelte sich das Phänomen des Freibeuters im eigentlichen Sinn. Das geopolitische Ziel der zunächst französischen und englischen, später auch niederländischen Regierungen bestand vorrangig darin, an den Reichtümern der Neuen Welt Teil zu haben, und nachrangig, den Handel ihrer Konkurrenten zu stören. Zusätzlich verschärft wurden diese Auseinandersetzungen durch die konfessionellen Unterschiede zwischen katholischen und protestantischen Nationen.

Ziel der Freibeuter war zunächst vor allem die spanische Silberflotte, mit der die jährliche Ausbeute der süd- und mittelamerikanischen Bergwerke nach Spanien geschafft wurde. Die Mannschaften wurden hierbei unter den einheimischen Bukanieren rekrutiert, die einen ganz eigenen Lebensstil mit eigenen Gesetzen entwickelten, und die bei ihren Raubzügen bald auch auf solche Äußerlichkeiten wie Kaperbriefe verzichteten. Diese Ära endete um 1690, als alle damaligen Großmächte das Interesse an einem gesicherten Seehandel höher zu schätzen begannen als die Schwächung anderer Staaten. In der Folge kam es zu verstärkten Maßnahmen aller Seemächte gegen Seeräuberei. Die zahlreichen, aber nun von aller Welt geächteten, Piraten suchten sich zunächst andere Zufluchtsstätten außerhalb der Karibik, wie die Häfen Nordamerikas, die Küsten Westafrikas oder Madagaskar. Aber auch hier wurden sie nach und nach, bis etwa 1730, vertrieben.

Piraterie heute

Mit der zunehmenden Entwicklung und Durchsetzung des Internationalen Seerechts durch die Marinen der Überseehandel treibenden Nationen und der Erfindung und Verbreitung der Dampfschifffahrt wurde die klassische Piraterie im Einflussbereich der westlichen Industrienationen im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts immer mehr zurückgedrängt. Dennoch stellt die Piraterie in einigen Regionen heute wieder eine ernsthafte Gefahr dar und nimmt, bedingt durch Globalisierung und politische Umwälzungen, sogar wieder zu [3] . Andererseits muss davon ausgegangen werden, dass die Dunkelziffer recht hoch ist. Häufig geben die Reedereien Übergriffe (oder versuchte) nicht an, da sonst die Versicherungsprämien steigen würden oder auch das Ansehen Schaden nehmen könnte[4] .

Aufsehenerregende Vorfälle

Der übriggebliebene Raketenmotor einer RPG nach dem Angriff auf die Seabourn Spirit (2005)

Am 7. Oktober 1985 entführte ein vierköpfiges Kommando der „Palästinensischen Befreiungsfront" die Achille Lauro mit 450 Passagieren. Dieser Akt der Piraterie ging damals durch die Weltpresse.[5] 1991 kam es zum Zusammenstoß zwischen der Ocean Blessing und dem Tanker Nagasaki Spirit . Letzterer fuhr in Folge eines Piratenüberfalls führerlos durch die Straße von Malakka. Es gab 51 Tote, 12.000 Tonnen Öl gelangten ins Meer.[6] 2005 wurde das Passagierschiff Seabourn Spirit vor Somalia von mit Maschinengewehren und raketengetriebenen Granaten bewaffneten Booten angegriffen, wobei es zu einem Verletzten an Bord kam. Das Schiff entkam dem Angriff jedoch auf die hohe See. [7] [8] In der Amazonasmündung bei Macapá wurde der Sportsegler und Umweltaktivist Sir Peter Blake von Piraten überfallen und erschossen.[9] Am 4. April 2008 überfielen Piraten die französische Yacht Le Ponant vor der Küste Somalias und nahmen etwa 30 Seeleute als Geiseln.[10] Nach einer Woche wurden die Seeleute freigelassen, die sechs Piraten wurden von französischen Streitkräften in einem Hubschrauberangriff überwältigt.[11] Vier der Piraten gehörten dem Clan des Präsidenten Somalias Abdullahi Yusuf Ahmed an.[12]

Ebenfalls Aufsehen erregen Flugzeugentführungen, die gelegentlich als Luftpiraterie bezeichnet werden.

Rechtliche Situation

Internationaler Seegerichtshof

Der Internationale Seegerichtshof (ISGH) ist ein internationales Gericht, das auf der Grundlage des 1994 in Kraft getretenen Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen mit Sitz in Hamburg errichtet wurde. Seine 21 Richter werden von den Vertragsstaaten gewählt. Der Internationale Seegerichtshof steht den Vertragsparteien des Übereinkommens offen.

Nach dem Seerechtsübereinkommen[13] vom 10. Dezember 1982 bezeichnet man als Piraterie „alle rechtswidrigen Gewalt- oder Behinderungsakte sowie alle Beraubungsakte, die zu privaten Zwecken von der Mannschaft oder den Passagieren eines privaten Schiffs oder Luftfahrzeugs ausgeübt werden und sich richten 1) auf der hohen See gegen ein anderes Schiff oder Luftfahrzeug oder an Bord eines solchen Schiffs oder Luftfahrzeugs befindliche Personen oder Eigentumsobjekte; 2) gegen ein Schiff, Luftfahrzeug, Personen oder Eigentumsobjekte an einem Ort, der außerhalb der Gebietshoheit eines jeden Staates liegt."

Dies folgt aus den Definition der Artikel 15 der Geneva Convention on the High Seas und Artikel 101a der United Nations Convention on the Law of the Sea. Als Piraterie zu wertende Angriffe können theoretisch von jedem Land bekämpft werden, das diese Konventionen unterzeichnet hat. Allerdings wird die Bekämpfung dadurch erschwert, dass der Geschädigte nachweisen muss, dass es sich bei den Angreifern um Privatpersonen handelt. Dies kann leicht ausgehebelt werden, indem die Täter politische oder religiöse Motive geltend machen. Angriffe, die innerhalb nationaler Hoheitsgewässer stattfinden („Strandpiraterie") unterliegen ohnehin ausschließlich der Rechtsprechung des jeweiligen Staates. Wenn lokale Verwaltungen oder Sicherheitskräfte die Übergriffe dulden oder gar mit den Räubern kooperieren, dann wird die Verfolgung praktisch unmöglich. Selbst bei internationalen Einsätzen auf Hoher See können die Angreifer oft nur bis an die Grenze der 12-Meilen-Zone verfolgt werden, und die Koordination der Anrainerstaaten ist schwierig.

Ein Angriff durch Piraten ist ein Seenotfall. Alle Schiffe, die davon erfahren, sind zur Hilfeleistung verpflichtet. Zuständig ist die International Maritime Organisation. Seit 2004 gilt der neue International Ship and Port Facility Security Code (ISPS-Code) als neues Kapitel XI-2 des SOLAS-Übereinkommens. Alarmiert wird über Satellit mit einer EPIRB-Seenotbake oder mit Inmarsat, über Seefunk über einen DSC-Controller über das internationale System GMDSS oder mit UKW Kanal 16, Grenz-/Kurzwelle 2182 kHz. Der Notruf geht automatisch an das IMCC (für Deutschland RCC Bremen), von wo der Einsatz aller beteiligten Rettungskräfte koordiniert wird.

Heute von Piraterie betroffene Gebiete

1992 wurde das Piracy Reporting Centre des International Maritime Bureau in Kuala Lumpur gegründet. Es sammelt Meldungen über Piraterie und wertet sie aus. Außerdem hilft es bei der Suche nach geraubten Schiffen. Was täglich auf See und in Häfen passiert, lässt sich aktuell in den Wochenberichten der IMB nachlesen. Daneben gibt der IMB jährliche Zusammenfassungen seiner Berichte mit weltweiten Übersichtskarten heraus.[14]

Nach Mitteilung des IMB sind 2004 bei Seeräuberüberfällen mindestens 30 Menschen ums Leben gekommen – neun mehr als im Vorjahr. 2003 hatte sich die Zahl der Todesopfer durch Piratenangriffe gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Gleichzeitig registrierte das IMB 2004 einen Rückgang der registrierten Überfälle von 445 auf 329. Brennpunkt der Seeräuberei waren den Angaben zufolge die Gewässer Indonesiens, wo es 2004 zu 93 bekannt gewordenen Angriffen kam. Rang zwei belegte die Straße von Malakka zwischen der Insel Sumatra und der Malaiischen Halbinsel mit 37 Überfällen.

2005 wurden insgesamt 274 Angriffe gemeldet, 2007 waren es 263[15] . Dabei wurden 440 (2007 292) Besatzungsmitglieder gekidnappt, meist um Lösegelder zu erpressen. Obwohl das Zentrum der Piraterie weiterhin der Seeraum um Indonesien blieb, hat sich vor der Küste Somalias die Lage, unter anderem durch stark erhöhte Lösegeldforderungen, besonders verschlechtert. Im Jahre 2006 entstanden durch Piraterie weltweite Schäden in Höhe von etwa 16 Milliarden US-Dollar (das entsprach zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ca. 12,8 Milliarden Euro). Andere Schätzungen gehen jedoch von niedrigeren Summen aus.

Heute von Piraterie betroffene Gebiete.

Nach dem IMB-Bericht für 2006 liegt der Schwerpunkt der heutigen Piraterie immer noch in den Gewässern Indonesiens mit mehr als 40 gemeldeten Überfällen. Jedoch geht man davon aus, dass viele Zwischenfälle nicht berichtet werden. In der Straße von Malakka sind die Überfälle, wegen der verstärkten Patrouillen der Anrainerstaaten, auf acht gesunken. Dennoch wird allen dort durchfahrenden Schiffen weiterhin eine verschärfte Aufmerksamkeit empfohlen. Aus der Straße von Singapur, an der Südspitze der Malayischen Halbinsel, wurden neun Zwischenfälle berichtet. Der zweite Schwerpunkt liegt mit 33 Meldungen auf der Reede von Chittagong in Bangladesch. Auch hier ist die Zahl der Überfälle gesunken; dennoch stellen selbst die Zufahrtstrecken zum Hafen Risikogebiete dar.

Im afrikanischen Bereich kommt es praktisch in allen größeren Häfen zu gelegentlichen Überfällen. Zu einer überraschenden Zunahme kam es jedoch im Hafen von Daressalam in Tansania. Allein seit dem 5. Juni 2006 kam es bereits zu 16 Überfällen auf Schiffe, die dort vor Reede lagen. Den Schwerpunkt bilden ansonsten Lagos und die umliegende Küste von Nigeria, sowie das Gebiet des Roten Meeres, mit jeweils 9 Berichten. Vor Lagos wurde eine ganze Schiffsbesatzung entführt und ausgeraubt. Im Golf von Aden wurden mehrere Schiffe von Piraten beschossen. Das Horn von Afrika (Somalia) mit der Inselgruppe um die Insel Sokotra, sowie die gesamte Küste des Jemen gehört mit 8 gemeldeten Überfällen zu den am meisten gefährdeten Gebieten. Wöchentlich kommen neue Meldungen hinzu (am 28.5.2008 wurden vor Somalia erneut zwei Schiffe - darunter eines von einer Deutschen Reederei - gekapert). Die Piraten benutzen automatische Schusswaffen. Bei einer Gelegenheit wurde eine Granate abgefeuert, um ein Schiff zu stoppen. Die Ostküste von Somalia stellt ein Hoch-Risiko-Gebiet für Überfälle und Entführungen dar. Schiffen, die keine somalischen Häfen anlaufen müssen, wird empfohlen, sich mehr als 200 Seemeilen von der Küste entfernt zu halten. Das Deutsche Auswärtige Amt hat für die gesamte Region eine Reisewarnung herausgegeben.

Aus Südamerika wurden jeweils sechs Überfälle in der Bucht von Santos in Brasilien, und im Hafen von Callao in Peru gemeldet.

Etwas anders stellt sich die Situation für Sportsegler dar. Diese werden eher Opfer von Gelegenheitspiraten, aber auch von organisierten Banden. Bei Überfällen auf Yachten kommt es, anders als bei großen Handelsschiffen, öfter vor, dass diese einfach verschwinden und niemals wieder auftauchen.[16] Neben den bereits genannten Gebieten wurden 2002 Blauwassersegler auch vor verschiedenen Seegebieten in Südamerika und in der Karibik gewarnt, wie dem Delta des Amazonas, der Ostküste von Venezuela, dem Golf von Kolumbien, dem Hafen von Guayaquil in Ecuador, sowie vor mehreren mittelamerikanischen Ländern. Neben verarmten Einheimischen wurden Drogenschmuggler, aber auch korrupte Angehörige der nationalen Sicherheitskräfte, für die Überfälle verantwortlich gemacht.

Siehe auch: Aktuelle Zahlen zu Schiffsüberfällen

Vorgehen moderner Piraten

Für organisierte, kriminelle Piratenbanden, die auf ein Lösegeld abzielen, ist vorrangig die Berufsschifffahrt von Interesse. Dabei werden Schiffe samt Besatzung gekapert und nur gegen Zahlung eines Lösegelds durch die Reederei wieder freigegeben. Die Verhandlungen und Zahlungen werden meist professionell über Unterhändler in anderen Regionen abgewickelt. Die Banden sind sehr gut organisiert, die Piraten operieren in der Regel mit kleinen, hoch motorisierten Booten. In Somalia leben – begünstigt durch das Fehlen staatlicher Autorität – ganze Stammesgemeinschaften von der wirtschaftlichen Piraterie.

In den meisten Fällen sind die modernen Piraten nicht an der Ladung, sondern am Inhalt des Schiffstresors interessiert, der häufig große Bargeldsummen für die Bezahlung von Gehältern und Hafengebühren enthält. Daneben zielen derartige Überfälle auch auf sonstige schnell transportierbare und wertvolle Gegenstände, zum Beispiel Navigationsinstrumente, ab. Derartige Überfälle finden meistens zwischen 1:00 Uhr und 6:00 Uhr morgens statt. Der Wert der Beute bei solchen Überfällen beträgt im Regelfall 10.000 bis 20.000 $.[17] In einigen Fällen zwangen die Piraten die Besatzung zum Verlassen des Schiffs und fuhren mit dem gekaperten Schiff in einen Hafen, wo es falsche Papiere bekam und unter anderem Namen weitergenutzt wurde. Der bekannteste derartige Fall war der Tanker Petro Ranger, der 1998 auf der Fahrt von Singapur nach Ho-Chi-Minh-Stadt gekapert und in MV Wilby umbenannt wurde.[18]

Müssen die großen Schiffe wegen Defekten, der Wetterlage oder aus Zeitgründen in den Meerengen beziehungsweise in Küstennähe fahren, verringern sie ihre Geschwindigkeit und können dann leichter von Piraten mit Schnellbooten geentert werden. Bei voller Fahrt ist dies aufgrund der Geschwindigkeit moderner Schiffe, der hohen Bordwände sowie der Wellenbildung am und besonders hinter dem Schiff nicht möglich. Trotzdem gibt es auch Überfälle auf hoher See. Es wird vermutet, dass Mutterschiffe die Schnellboote in Position bringen. Die Piraten sind teilweise so stark bewaffnet, dass die Schiffe zum Anhalten gezwungen werden können.

Mitunter arbeiten Piraten mit Informationen offizieller Behörden. So ist zu erklären, dass teilweise Überfälle genau dann stattfinden, wenn Gelder für die Heuerauszahlung an Bord genommen wurden. Gerade Seeleute aus Entwicklungsländern, wie den Philippinen, sind hiervon betroffen. Überfälle aus materieller Notlage erfolgen meist mit kleinen offenen Fischerbooten in Küstennähe oder auf Schiffe vor Anker. Die Männer sind mit Messern oder Macheten, seltener mit Schusswaffen ausgerüstet und suchen vor allem Lebensmittel, Bargeld und Schmuck.

Am Beispiel China zeigt sich, dass selbst Gesetzeshüter zu lizenzierten Piraten werden können: In einigen Regionen erlaubte man in den 1990er Jahren der Küstenwache, die Hälfte aller aufgebrachten Schmuggelware privat unter sich zu verteilen. Im Ergebnis kam es zu wahllosen Beschlagnahmungen auch außerhalb der chinesischen Hoheitsgewässer. Auch wurden teils Kauffahrer unter Waffengewalt gezwungen, chinesische Häfen anzulaufen und dort die Schiffe samt Mannschaften und Ladung so lange interniert, bis die Schiffseigner erhebliche Strafgelder zahlten.[19]

Seit einigen Jahren werden auch Übernahmen von Schiffen unter Beteiligung wichtiger Mitglieder der Crew gemeldet. Etwa gab es Berichte, nach denen abtrünnige Mitglieder der Bewegung Freies Aceh vereinzelnte Operationen in der Straße von Malakka durchgeführt hatten. Die Beute bei derartigen Operationen kann bis zu 200.000 US-Dollar betragen, wovon an die beteiligten Crew-Mitglieder Summen von 10.000 bis 20.000 US-Dollar gezahlt werden.[20]

Maßnahmen gegen moderne Piraterie

Long Range Acoustic Device im Einsatz

Zum Schutz vor Piraten schließen Schiffsbesatzungen auf großen Schiffen, sobald die Gefahr eines Überfalls besteht, alle offenen Türen und Luken; auf den unteren Decks werden Türen teilweise verschweißt. Die eigentliche Abwehr erfolgt mit Wasserschläuchen, aus denen mit hohem Druck Wasser auf die Angreifer gespritzt wird. Es existieren auch Elektrozaun-Systeme, die das Erklettern von Bordwänden unmöglich machen sollen. Zudem weisen manche Reeder ihre Mannschaften an, leere Flaschen auf dem Wetterdeck zu zerschlagen, weil viele Piraten die Schiffe barfuß entern.

Große Schiffe mit starker Besatzung nutzen einen Hochspannungszaun um das Schiff herum und seit kurzem eine Art „akustische Kanone", mit der die Angreifer durch hochenergetische gebündelte Hochfrequenztöne vertrieben werden, das sogenannten Long Range Acoustic Device.

Operation „Enduring Freedom" am Horn von Afrika

Horn von Afrika

Die Deutsche Marine engagiert sich seit 2001 zusammen mit ihren Verbündeten an der Aktion Enduring Freedom.[21] Mit Fregatten überwacht sie die Meerenge von Bab al-Mandab, um Bandenwesen und Waffenschmuggel einzudämmen und die freien Seewege zu sichern. Aufgrund der Präsenz wird auch die Piraterie in dem Seegebiet eingedämmt. Das Lagezentrum ist in Dschibuti.

Das Operationsgebiet der OEF-Teiloperation Gebiet „Horn of Africa"(HOA) erstreckt sich von der Südspitze der Sinai-Halbinsel im Roten Meer entlang der afrikanischen Ostküste bis zur somalisch-kenianischen Grenze und im Osten entlang der arabischen Halbinsel bis zur Straße von Hormus im Golf von Oman, von dort weiter nach Osten entlang der pakistanischen Küste bis etwa Karatschi. Von den Küsten aus erstreckt sich das Operationsgebiet mehrere hundert Seemeilen in die offene See.

Die aktuelle Empfehlung (2006) für dieses Seegebiet lautet:

  • Alle Fahrten bei Enduring Freedom anzumelden, sich in der Mitte zwischen den Küstenlinien halten, Schifffahrtslinien nutzen und in Gruppen (Konvoi) fahren.
  • Bei Angriffen sich ergeben, alle Forderungen erfüllen, auf keinen Fall Gegenwehr, denn die Piraten seien schwer bewaffnet.

Durch das Operationsgebiet zum Sueskanal verlaufen einige der wichtigsten Seehandelsrouten der Welt. Dazu gehören Ölrouten vom Persischen Golf Richtung Mittelmeer und Europa und der Schifffahrtsweg aus dem asiatisch-pazifischen Raum nach Europa, an dessen östlichem Ende wichtige Handelspartner Europas wie Indien, China, Japan und Australien liegen.[22]

Die Deutsche Marine befindet sich jedoch in einer problematischen Situation. Bei einem "gegenwärtigen Angriff" auf ein Schiff darf sie zwar eingreifen, sie darf fliehende Piraten jedoch nicht verfolgen und festnehmen. Zwar wird dieses von der UN-Seerechtskonvention von 1982 vorgegeben, dieses Vorgehen ist jedoch nicht durch das Grundgesetz gedeckt. Damit könnte sich ein Soldat strafbar machen, der einen fliehenden Piraten verfolgt. Marineinspekteur Vizeadmiral Wolfgang Nölting sagte deshalb in einem Interview, dass eine Ergänzung von Artikel 87a des Grundgesetzes notwendig wäre. Hier solle etwa der Zusatz: "Außerhalb der Territorialgewässer gilt das Völkerrecht." für Klarheit sorgen. [23]

Piraterie in der Kulturgeschichte

In der Literatur

Die literarische Bearbeitung von Seefahrerabenteuern lässt sich mindestens bis zur Odyssee von Homer zurückverfolgen. Ein antiker Roman, der auch Seeräuberei thematisierte, war Heliodors Aethiopica („Die äthiopischen Abenteuer von Theagenes und Charikleia"). Auch in der späteren Weltliteratur ist Seeräuberei immer wieder Thema – so etwa in Tausendundeiner Nacht bei den Erzählungen über Sindbad der Seefahrer.

Klassischer Piratenroman

Der Piratenroman in seiner heutigen Form wurde allerdings erst im 18. Jahrhundert entwickelt. Nachdem Tatsachenberichte, wie etwa Alexandre Olivier Exquemelins 1678 unter dem Titel De Americaensche Zee-Rovers („Die Amerikanischen See-Räuber", 1681) oder das 1724 veröffentlichte Buch A General History of the Robberies and Murders of the Most Notorious Pyrates, and also their Policies, Discipline and Government eines gewissen Captain Charles Johnson erhebliche kommerzielle Erfolge erzielten, veröffentlichte Daniel Defoe 1720 mit Life, Adventures and Piracies of Captain Singleton den ersten fiktiven Roman über die Piraten der Karibik. Prägend für unser heutiges Klischee des Piraten und Vorbild für zahlreiche Hollywood-Adaptationen ist Rafael Sabatinis „Captain Blood". Er gilt als authentischster Piratenroman. Allerdings dominierten bis 1860 eher die muslimischen Korsare des Mittelmeeres die Piratenromane. Nach dem Aufkommen der Dampfschiffe und dem damit verbundenen Rückgang der Piraterie konnte die karibische Piraterie thematisiert und ohne Rücksicht auf eine allzu große Realitätsnähe auch romantisch-abenteuerlich aufbereitet werden.

Illustration von Georges Roux (1850–1929) für die 1885er-Ausgabe von Die Schatzinsel von Robert Louis Stevenson

Die Piraten in der heutigen Literatur hatten ihre Vorläufer vor allem in englischen Groschenheften, wie sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts aufkamen, den sogenannten Penny Dreadfuls. Diese in der Regel wöchentlich erscheinenden Periodika schwankten zwischen literarisch durchaus anspruchsvollen Veröffentlichungen und Schundliteratur. Um 1890 konnten sie Auflagen von bis zu 665.000 wöchentlich verkauften Exemplaren erreichen.

Zielgruppe dieser Abenteuerromane waren Jungen und junge Männer. Die Hefte behandelten die gesamte Bandbreite der maritimen Abenteuer: Schiffbruch, Robinsonaden, Kolonial- und andere Seekriege, Sklavenhandel und Piratenabenteuer. Im Zusammenhang hiermit erschien 1881/1882 der berühmteste Piratenroman Treasure Island („Die Schatzinsel") von Robert Louis Stevenson unter dem Pseudonym „Captain George North". [24]

Diese Literaturform bediente sich – wie moderne Groschenhefte noch heute – erheblicher Klischees und begründete viele der Vorstellungen, die zu unserem heutigen Piratenbild gehören. Neuestes Beispiel, das nahezu alle klassischen Elemente der Penny Dreadful aufgreift, ist der 2006 erschienene Roman Die Erben der schwarzen Flagge von Michael Peinkofer. In ihm wird der von Spaniern versklavte jugendliche Held Anführer von Piraten, deren ehemaliger Kapitän sich als sein Vater erweist, der nur Pirat wurde, um ihn, den jugendlichen Helden zu suchen; der „Sohn" des besonders brutalen gegnerischen Piratenkapitäns erweist sich als sein Bruder, und der Held rettet die schöne Tochter eines spanischen Gouverneurs aus den Händen dieses brutalen Piratenkapitäns.

Ebenfalls aufgegriffen wurde dieses Erzählmuster in der ZDF-Weihnachtsserie Jack Holborn von 1982 mit dem Piraten Captain Sharingham[25] .

Modernere Adaptionen

Bekannt ist auch das Lied „Die Seeräuber-Jenny" in der Dreigroschenoper von Bertolt Brecht. Das erzählt vom Tagtraum des Zimmermädchens Jenny, die sich aus ihrer mickrigen Existenz herausträumt, da sie sich unbeachtet fühlt. Befreiung soll ihr dabei ein Piratenschiff „mit acht Segeln" bringen, das sie mitnimmt.

Der amerikanische Schriftsteller William S. Burroughs, Vertreter der Beatnik- und Hippie-Kultur mit existenzialistischem Einschlag, hat in einer Reihe von Romanen die Geschichte der Piraten verarbeitet. Basierend auf der Cut-up Methode spinnt Burroughs ein Geflecht aus historischen und fantastischen Handlungsfäden, so zuletzt in Städte der roten Nacht (Cities of the red night). Sein Interesse gilt dabei Piraten-Gemeinschaften, die sich bereits im 18. Jahrhundert eigenen, fortschrittlichen, nach heutigem Maßstab liberal-demokratischen Prinzipien verschrieben hatten. Seine Helden zeichnen anfangs den Weg und das Leben in diesen Gruppen nach, verbinden sich dann mit anderen Untergrundbewegungen, um mit Guerilla- und PSI-Techniken die bürgerliche Gesellschaft zu überwinden.

Der Autor Fritz Graßhoff schrieb Piratenlieder-Lyrik, die (z. B. von Lotar Olias vertont) von vielen Interpreten (Heinz Reincke, Ingrid van Bergen, Günter Pfitzmann, Hannes Messemer u. a.) als Chanson oder Rezitation vorgetragen und auf Tonträgern aufgenommen wurde.[26]

Im Film

Hauptartikel: Piratenfilm

Der Piratenfilm stellt eines der ältesten Filmgenres dar und ist eine Unterform des Abenteuerfilms. In der Regel behandelt er die Piraterie des 17. bis 19. Jahrhunderts, wobei der jeweilige Film mehr oder weniger an historische Begebenheiten angelehnt sein kann. Der Piratenfilm zeichnet sich meist durch Kampfszenen, exotische Schauplätze und häufig die Rebellion eines Einzelnen gegen eine Übermacht, sowie die Reduzierung der Frauen auf ein eher dekoratives, umworbenes oder in Not befindliches Beiwerk aus.

Beispiel für die dämonisierende Darstellung eines Piraten bei Howard Pyle, die keinerlei Ähnlichkeit mit dem angeblich dargestellten William Kidd aufweist.
Der Pirat als romantischer Verführer, ebenfalls von Pyle.

Die Piraten erscheinen häufig als böse Antagonisten der Hauptfigur (beispielsweise Captain Hook bei Peter Pan), können allerdings auch selbst Hauptdarsteller und Sympathieträger sein. Oft wird der Pirat als betont männlicher Draufgänger dargestellt, wie schon von Douglas Fairbanks in dem Stummfilm Der Schwarze Pirat von 1926, der als der erste kommerziell erfolgreiche Piratenfim gilt, oder Errol Flynn als Captain Blood in dem, nach dem Roman von Rafael Sabatini, 1935 entstandenen Film Unter Piratenflagge . Weitere Klassiker, wie Der rote Korsar von 1952, mit Burt Lancaster als Captain Vallo, prägten das heutige romantisierte Bild der Piraterie maßgeblich.

Dramaturgische Beschränkungen und häufige Wiederholungen ähnlicher Handlungsabläufe in den klassischen Piratenfilmen führten ab den 1940er Jahren zur ironischen Verfremdung bis hin zur Satire oder zur Verarbeitung des Stoffes als Musical. Beispiele hierfür sind The Princess and the Pirat von 1944 mit Bob Hope, das Musical The Pirat oder aus jüngerer Zeit Roman Polańskis Piraten (1986). Auch kamen neue Rollenbilder auf, weshalb Geena Davis in dem 1995 entstandenen Film Die Piratenbraut einen weiblichen Kapitän spielen konnte.

Nachdem die Piraten-Thematik im Film schon nahezu totgesagt worden war, hat sie in Filmen, wie Fluch der Karibik (2003), Pirates of the Caribbean – Fluch der Karibik 2 (2006) und Pirates of the Caribbean – Am Ende der Welt (2007) wieder beachtliche Erfolge erzielt. Hier treten u. a. Johnny Depp als Captain Jack Sparrow und Geoffrey Rush als Captain Hector Barbossa auf.

Einige Vorlagen wurden mehrfach verfilmt, so geht die Anzahl der Verfilmungen des Romans Die Schatzinsel von Robert Louis Stevenson mit unterschiedlichsten Abwandlungen in den zweistelligen Bereich; Peter Pan mit der Figur des Piraten Captain Hook wurde mindestens neunmal verfilmt.[27]

Im Comic

Klischee eines Piraten

Dem sich seit dem 19. Jahrhundert entwickelten Erzählmuster in der klassischen Piratenliteratur folgen auch die Comics. In der seit 1936 erscheinenden Comic-Serie Das Phantom hat sich der maskierte Held u. a. dem Kampf gegen meist skurrile Piraten verschrieben. Charaktere wie Eisenhand, Schwarzbart und die Teufelsmasken werden hauptsächlich als böse Gegenspieler des Helden dargestellt.

In der zwischen 1959 und 1974 veröffentlichten Comicserie Der Rote Korsar von Charlier und Hubinon ist der Adoptivsohn Rick des namensgebenden Piraten jedoch die Hauptfigur und der Sympathieträger. Er, sein Adoptivvater und die zwei wiederkehrenden Charaktere Baba (ein schwarzer Riese) und Dreifuß (ein belesener, lateinische Klassiker zitierender Pirat mit Holzbein) erleben in dieser 17-teiligen Serie diverse Abenteuer, mit den typischen Elementen der Piratengeschichten.

Aufgenommen wurde diese Comicserie in Asterix , wo die in nahezu jedem Heft auftauchenden Piraten den Hauptfiguren des Roten Korsaren persiflierend nachgebildet sind. Hier scheitern sie jedoch regelmäßig und enden fast stets als Schiffbrüchige und stellen hierbei einen wichtigen Running Gag dar.[28]

Eine Weiterentwicklung erfuhr das Piraten-Motiv Ende der 1960er Jahre in den Comics um Corto Maltese, dem „Kapitän ohne Schiff", von Hugo Pratt. In der melancholischen Abenteuer-Erzählung Die Südseeballade wird Corto Maltese zu Beginn des Ersten Weltkrieges in die Machenschaften von Piraten verwickelt, die in der Inselwelt Melanesiens dubiose Geschäfte mit Abgesandten des Ostasiengeschwaders der deutschen Kriegsmarine machen. Der brutale und unberechenbare Rasputin und der besonnene Japaner Taki Jap unterstehen hierbei jedoch nur dem geheimnisvollen Monaco, „dem letzten Piraten", der sich unter einer Mönchskutte unkenntlich macht und von einer versteckten Insel aus die Fäden zieht. Tragischer Held ist ein deutscher Marineoffizier, der seine soldatische Ehre verliert und am Ende unter der Anklage der Piraterie standrechtlich erschossen wird.

In Computerspielen

Vorreiter war Pirates! von 1987, das Elemente des Computer-Rollenspiels, der Witschaftssimulation und des Echtzeit-Computer-Strategiespiel vereint und als Klassiker unter den Computerspielen gilt.

Während bei einigen Spielen, wie Patrizier , Port Royale, oder auch der Anno-Serie , Piraten vor allem störende und hemmende Spielelemente darstellen, schlüpft der Spieler bei anderen Spielen in die Haut der Piraten, so bei Pirates!, Monkey Island mit dem Piraten Guybrush Threepwood, oder Tropico 2 .

Soweit es sich um Spiele handelt, die auf Rollenspiel ausgerichtet sind, wie etwa Pirates of the Burning Sea , Pirates of the Caribbean um den Charakter Nathaniel Hawk, Skies of Arcadia, oder Piraten – Herrscher der Karibik, dominieren Kampfsequenzen, während bei Simulationsspielen wie Tropico 2 auf die Darstellung einzelner Kämpfe verzichtet wird.

Die Spiele sind fast durchweg in der „Goldenen Zeit" der Piraterie im 17. bis 18. Jahrhundert angesiedelt und spielen meist in der Karibik, mit der Ausnahme von Patrizier und Skies of Arcadia. Es wird meist auf bekannte Stereotype aus Piratenfilmen zurückgegriffen, etwa Totenkopffahne, Schatzinsel und Augenklappe.

Weitere bekannte fiktive Piraten

Literatur

Wissenschaftliche Literatur und Sachbücher

  • Frank Bardelle: Freibeuter in der Karibischen See. Zur Entstehung und gesellschaftlichen Transformation einer historischen Randbewegung. Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 1986, ISBN 3-924550-20-4 (wissenschaftliches Werk mit umfangreicher Bibliographie).
  • Douglas Botting u. a.: Geschichte der Seefahrt – Abenteurer der Karibik. Bechtermünz, Eltville am Rhein 1992, ISBN 3-86047-025-6
  • Arne Bialuschewski: Piratenleben. Die abenteuerlichen Fahrten des Seeräubers Richard Sievers. Campus-Verlag, Frankfurt/Main 1997, ISBN 3-593-35819-0
  • Arne Bialuschewski: Das Piratenproblem im 17. und 18. Jahrhundert, in: Stephan Conermann (Hg.): Der Indische Ozean in historischer Perspektive. EB-Verlag, Schenefeld/Hamburg 1998, S. 245–261, ISBN 3-930826-44-5 (= Asien und Afrika; 1).
  • Aleta-Amirée von Holzen: "A Pirate's Life for Me!" Von "The Black Pirate" bis "Pirates of the Caribbean" - Abenteuerkonzepte im Piratenfilm. Zürich 2007 (Populäre Literaturen und Medien, 1), ISBN 978-3-9521172-4-8.
  • Angus Konstam: Atlas der Beutezüge zur See. Weltbild Verlag, Augsburg 1999, ISBN 3-8289-0736-9. (Ausgiebig bebilderter Überblick von der Antike bis zur Gegenwart. Entgegen dem Titel nur wenige und kleine Schema-Karten.)
  • David Cordingly: Piraten: Furcht und Schrecken auf den Weltmeeren. VGS Verlagsgesellschaft, Köln 1999, ISBN 3-8025-2708-9.
  • David Cordingly: Unter schwarzer Flagge. Legende und Wirklichkeit des Piratenlebens. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2001, ISBN 3-423-30817-6 (gute, einführende Vorstellung des Freibeuterwesens).
  • Dieter Zimmermann: Störtebeker & Co., Verlag Die Hanse, Hamburg 2000, ISBN 3-434-52573-4
  • Hartmut Roder (Hrsg.): Piraten. Die Herren der sieben Meere. Edition Temmen, Bremen 2000, ISBN 3-86108-536-4 (Katalogbuch zu einer Ausstellung; darin u. a.: Detlef Quintern: Bremer Sklaven in Afrika? Zur Legende von den Piraten der Barbareskenküste. und Kay Hoffmann: Unterm Pflaster liegt der Strand. Einige Anmerkungen zum Piraten im Film).
  • Hartmut Roder (Hrsg.): Piraten. Abenteuer oder Bedrohung? Edition Temmen, Bremen 2002, ISBN 3-86108-785-5 (Begleitband zum Symposium Piraterie in Geschichte und Gegenwart. Abenteuer oder Bedrohung? des Überseemuseum Bremen am 10./11. November 2000).
  • Douglas Stewart: Piraten. Das organisierte Verbrechen auf See. Mare-Verlag, Hamburg 2002; Piper, München 2004, ISBN 3-492-23968-4 (beschäftigt sich ausschließlich mit der modernen Piraterie).
  • Marcus Rediker: Villains of All Nations, Atlantic Pirates in the Golden Age.Beacon Press, Boston 2004, ISBN 0-8070-5024-5
  • Robert Bohn: Die Piraten. 2. Auflage. Beck, München 2005, ISBN 3-406-48027-6. (eine allgemeinverständliche Einführung zur Geschichte der Piraterie in der Karibik und das „Goldene Zeitalter")
  • Peter Linebaugh, Marcus Rediker: The Many Headed Hydra, Sailors, Slaves, Commoners and the Hidden History of the Revolutionary Atlantic Beacon Press, Boston 2005, ISBN 0-8070-5007-5
  • Stephan Maninger: Piraterie, Terrorismus und der Kampf um freie Seewege. Wissenschaft und Sicherheit, Texte des Arbeitskreises Sicherheitspolitik an Hochschulen, Nr. 5, Bonn, April 2006

Belletristik

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Helke Kammerer-Grothaus, Von Argonauten und Piraten in der Antike, in: Hartmut Roder (Hrsg.), Piraten – Die Herren der Sieben Meere, Edition Temmen, Bremen 2000, ISBN 3-86108-536-4
  2. Über die mittelalterlichen Piraten in Nord- und Ostsee, den Mythos Klaus Störtebeker und Rezeption der Likedeeler in der Gegenwart vgl. Lubowski, Karin: Held oder Halunke, in: Hamburger Abendblatt, 21.10.2006. Der darin erwähnte Dokumentarfilm "Der wahre Schatz des Störtebeker" (Buch und Regie: Arne Lorenz, Erstsendung NDR, 26.12.2007) befasst sich ebenfalls mit den Verwicklungen der Vitalienbrüder in die Konflikte zwischen den damaligen Königreichen Schweden, Norwegen, Dänemark und Mecklenburg.
  3. Seemacht, Seekriegsgeschicht von der Antike bis zur Gegenwart Von Elmar B. Potter und Chester W. Nimitz Deutsche Fassung herausgegeben im Auftraf des Arbeitskreises für Wehrforschung von Jürgen Rohwer, Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft mbH, Herrsching ISBN 3-88199-082-8
  4. Planet Wissen - Piraten - Die Herren der sieben Meere
  5. vgl. hierzu tagesschau.de vom 3. März 2004, FAZ.net vom 16. April 2003
  6. Catherine Zara Raymond, Piracy in Southeast Asia: New Trends, Issues and Responses, Harvard Asia Quarterly, Volume IX, No. 4. Fall 2005
  7. Swantje Dake, Marine schützt „MS Deutschland", Spiegel-online vom 9. November 2005
  8. TerraDaily vom 7. November 2005
  9. Latitude 38 Features: Peter Blake - Murder on the Amazon
  10. Französische Marine verfolgt gekaperte Yacht Wirtschaftswoche vom 4. April 2008
  11. Franzosen fangen Piraten, FAZ vom 11. April 2008
  12. Entführer gehörten zum Clan von Somalias Präsidenten, tagesschau.de vom 5. Mai 2008
  13. UN-Dokumente zum internationalen Seerecht
  14. Wöchentlicher Piraterie-Report des ICC (Commercial Crime Services) (engl.)
  15. n-tv.de, Räuber auf hoher See – Piraterie nimmt zu, 13. Januar 2007
  16. Yachtpiracy.org
  17. Catherine Zara Raymond, Piracy in Southeast Asia: New Trends, Issues and Responses, Harvard Asia Quarterly Volume IX, No. 4. Fall 2005
  18. Catherine Zara Raymond, Piracy in Southeast Asia: New Trends, Issues and Responses, Havard Asia Quarterly, Volume IX, No. 4. Fall 2005
  19. Vgl. Hartmut Roder, Piratenabwehr heute: Heldentat oder sinnloses Unterfangen? in: Hartmut Roder (Hrsg.), Piraten – Abenteuer oder Bedrohung?, Edition Temmen, Bremen, 2002, ISBN 3-86108-785-5; Heide Gerstenberger/Ulrich Welke, Piraterie und Logistik, in: Hartmut Roder (Hrsg.), Piraten – Abenteuer oder Bedrohung?
  20. Catherine Zara Raymond, Piracy in Southeast Asia: New Trends, Issues and Responses, Havard Asia Quarterly, Volume IX, No. 4. Fall 2005
  21. einsatz.bundeswehr
  22. Vgl. Hartmut Roder, Piratenabwehr heute: Heldentat oder sinnloses Unterfangen? in: Hartmut Roder (Hrsg.), Piraten – Abenteuer oder Bedrohung?, Edition Temmen, Bremen, 2002, ISBN 3-86108-785-5
  23. Focus, Nr. 18, 28.04.2008, Seite 14; "Eingreifen auf hoher See" - Marineinspekteur Nolting will Soldaten auf Piratenjagd schicken
  24. Vgl. hierzu [Aleta-Amirée von Holzen, "A Pirate's Life for Me!" Von "The Black Pirate" bis "Pirates of the Caribbean" - Abenteuerkonzepte im Piratenfilm. Zürich 2007 (Populäre Literaturen und Medien, 1)]
  25. Vorlage:IMDb Titel
  26. Fritz Graßhoff: Seeräuber-Report. Songs, Lieder & Balladen. Erdmann. Tübingen/Basel 1972. ISBN 3-7711-0142-5; LP Seeräuber-Report. Electrola. Köln 1973
  27. Kay Hoffmann, Unterm Pflaster liegt der Strand – Einige Anmerkungen zum Piraten im Film, in: Hartmut Roder (Hrsg.), Piraten – Herren der Sieben Meere, Edition Temmen, Bremen, 2000, ISBN 3-86108-536-4; [Aleta-Amirée von Holzen, "A Pirate's Life for Me!" Von "The Black Pirate" bis "Pirates of the Caribbean" - Abenteuerkonzepte im Piratenfilm. Zürich 2007 (Populäre Literaturen und Medien, 1]
  28. Karin Kuckuk, Der Rote Korsar – ein Comic, in: Hartmut Roder (Hrsg.), Piraten – Die Herren der Sieben Meere, Edition Temmen, Bremen, 2000, ISBN 3-86108-536-4; Peter Kuckuk, Die Beschädigung eines Berufsbildes – Piraten als ständige Verlierer im Serien-Comic „Asterix und Obelix", in Hartmut Roder (Hrsg.), Piraten – Die Herren der Sieben Meere

Historische Piraterie

Moderne Piraterie

Commons

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Commons: Piratenflaggen  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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