Wilhelm Tell

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Wilhelm Tell ist ein sagenhafter schweizerischer Freiheitskämpfer und Tyrannenmörder, der an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert in der Innerschweiz gelebt haben soll. Der Dichter Friedrich Schiller verfasste in seiner späten Schaffensphase das berühmte gleichnamige Bühnenwerk. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ist Tell der Nationalheld der Schweiz.

Gessler und Tell, Illustration von 1880

Entstehung einer Legende

Der Chronist Aegidius Tschudi verdichtete um 1570 verschiedene mündlich und schriftlich überlieferte Versionen der Tell-Erzählung zu einer Sage, die vor allem durch die Dramatisierung Friedrich Schillers, aber auch durch den Historiker Johannes Müller zunächst in Europa und später auch weltweit sehr bekannt wurde.

Wilhelm-Tell-Denkmal in Altdorf von 1895; auf dem Sockel das Datum des Rütlischwurs nach Tschudi,1307.

In Tschudis Tell-Legende lässt der habsburgische Landvogt Gessler zu Altdorf einen Hut auf eine Stange stecken und befiehlt den schweizerischen Untertanen, diesen jedes Mal zu grüssen, wenn sie an ihm vorüber gehen. Wilhelm Tell, ein weithin bekannter Armbrustschütze, verweigert den Gruss, und der Vogt befiehlt ihm daraufhin, einen Apfel vom Kopf seines Sohnes Walter zu schiessen. Sein Kind müsse andernfalls mit ihm sterben. Tell tut widerstrebend, wie ihm geheissen und trifft den Apfel. Als er aber auf die Frage nach dem Zweck des zweiten Pfeils, den er zu sich gesteckt hatte, antwortet, dass derselbe für den Vogt bestimmt gewesen sei, wenn er sein Kind getroffen hätte, befiehlt dieser, ihn gefesselt auf seine Burg nach Küssnacht zu überführen. Auf dem Vierwaldstättersee aber bringt ein Sturm das Schiff in Gefahr, und Tell wird seiner Fesseln entledigt, um das Boot zu lenken. Geschickt steuert er es gegen das Ufer, wo der Axen sich erhebt und springt dort von Bord auf eine hervorragende Felsplatte, welche noch heute Tellsplatte heisst. Er eilt über das Gebirge nach Küssnacht, erwartet den Vogt in einem Hohlweg, der Hohlen Gasse, und erschiesst ihn aus sicherem Versteck mit der Armbrust.

Von Tells weiterem Leben wird nur berichtet, dass er 1315 in der Schlacht bei Morgarten mitgefochten und 1354[1] im Schächenbach beim Versuch der Rettung eines Kindes den Tod gefunden habe.

Nachdem schon der Freiburger Franz Guillimann 1607, dann die Basler Christian und Isaak Iselin, der Berner Pfarrer Uriel Freudenberger 1760, sowie Voltaire («Annales de l'Empire») die Geschichte Tells als Sage bezeichnet hatten, kam im 19. Jahrhundert der Historiker Kopps u. a. zum Ergebnis, dass die Tell-Gestalt in keinem zeitgenössischen Schriftdokument erwähnt wird. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts taucht die Tellsage auf, und zwar in mindestens zwei Versionen. Die erste Quelle, in der die Erzählung belegt ist, ist ein um 1499 entstandenes Volkslied; sodann wird sie in der Luzerner Stadtchronik erwähnt, die 1482 bis 1488 von Melchior Russ geschrieben wurde. Russ erblickt in Tell den Haupturheber der Befreiung und Stifter des gegen die habsburgische Herrschaft gerichteten Bundes der Eidgenossen.

Im Weissen Buch von Sarnen, anonym verfasst um 1470 und basierend auf einem Urtext von 1420, wird Tells Tat mit dem Bund von 1291 in Verbindung gebracht; die Initiative im Freiheitskampf wird aber vornehmlich der Gestalt des Werner Stauffacher zugeschrieben. Diese Version erscheint auch in der 1507 gedruckten Chronik des Luzerners Etterlin. Erst Tschudi verwob die beiden Traditionsstränge zu einer Gesamtsage, die im Lauf der Jahrhunderte noch mancherlei Zusätze bekam.

Tellskapelle, Reproduktion eines Stiches in einer Tell-Ausgabe von 1914

Die so genannten Tellskapellen auf der Tellsplatte, in Bürglen und in der Hohlen Gasse stammen erst aus dem 16. Jahrhundert und sind zum Teil nachweislich zu Ehren von Kirchenheiligen gestiftet worden. In Uri liess sich keine Familie Tell ermitteln; die Erkenntnisse der Urner Landsgemeinden von 1387 und 1388, welche Tells Existenz bezeugen sollten, sowie die den Namen «Tello» und «Täll» enthaltenden Totenregister und Jahrzeitbücher von Schattdorf und Attinghausen sind als Erdichtungen und Fälschungen nachgewiesen.

Der Schriftsteller Max Frisch schrieb eine eigene «Version», nämlich «Wilhelm Tell für die Schule», in der er u.a. auch auf die dänische Sage Bezug nimmt und den Mythos um Tell demontiert.

Herkunft der Apfelschuss-Sage

Die Sage vom Apfelschuss ist eine uralte germanische Volkssage mythischen Ursprungs und kommt in anderem Gewand auch in der persischen, dänischen, norwegischen, der altnordischen Thidrekssaga und der isländischen Heldensage, der Edda, vor. In Letzterer wird der Held Egil genannt, von dessen Sohn, König Orentel, Tell vielleicht den Namen erhalten hat. In der dänischen Variante heisst der Held Toko. In der Schweiz ist die offenbar schon vor 1400 im Volk verwurzelte Variante dieses Mythos von den Chronisten des 15. Jahrhunderts zur Ausschmückung der Befreiungssage übernommen worden.

Der Tellschuss. Aus: Illustrierte Literaturgeschichte (1880)

Der Berner Pfarrer Uriel Freudenberger (1738 bis 1743), Prediger am Inselspital 1752 in Ligerz, betätigte sich als Geschichtsforscher und stellte 1760 die These auf, es handele sich beim schweizerischen Wilhelm Tell um die Nachdichtung einer Episode (ca. 1140 bis 1220). Aus Angst vor den Auswirkungen veröffentlichte er die Abhandlung anonym. Die Saga des Schützen Toko - im Dienste des dänischen Königs - erzählt, dass dieser prahlerische Schütze vom König gezwungen wurde, einen Apfel vom Kopf seines Sohnes zu schiessen und Toko den König als Rache während eines Liebesabenteuers erschoss. Gottlieb Emanuel von Haller übersetzte die Abhandlung ins Französische und veröffentlichte sie wegen der Befürchtungen Freudenbergers unter seinem eigenem Namen.

Künstlerische Adaptionen

Schillers Schauspiel Wilhelm Tell von 1804

Siehe den Hauptartikel Wilhelm Tell (Schiller)

Rossinis Oper Guillaume Tell von 1829

Siehe den Hauptartikel Guillaume Tell

Deutscher Film „Wilhelm Tell" von 1923

Regie: Rudolf Dworsky und Rudolf Walther-Fein (mit Hans Marr, Conrad Veidt und Eduard von Winterstein)

Deutscher Film „Wilhelm Tell" von 1934

Regie: Heinz Paul (mit Hans Marr, Conrad Veidt und Emmy Sonnemann)

Schweizer Film „Wilhelm Tell" von 1960

Regie: Josef Richard Kaelin, Hartel und Michel Dickoff – Hauptrolle: Robert Freytag

Max Frischs Wilhelm Tell für die Schule (1970)

Die Geschichte des Wilhelm Tell wird aus der Sicht des Gesslers erzählt. Dabei wird der Geschichte das Heroische der Version Friedrich Schillers genommen. Wilhelm Tell und die Urner werden als sehr konservativ, allem Fremden und Neuen abweisend dargestellt. Der Apfelschuss und der Tod Gesslers sind dann auch nur die direkten Folgen von Missverständnissen, Dickköpfigkeit und Stolz.

Der Text wird durch viele Fussnoten mit historischen Quellenangaben angereichert.

Schweizer Film „Tell" von 2007

2007 gelangte Mike Eschmanns aufwändig verfilmter Tell in die Kinos.

Wilhelm Tell, gespielt von Mike Müller, ist Österreicher und zieht durch Schweizer Dörfer, um Frauen sein Schönheitsmittelchen anzudrehen. In Auftrag von drei Eidgenossen macht sich Tell zusammen mit dem Eskimo Val-Tah auf den Weg in die Feste der Habsburger. Dort soll er dem bösen Gessler das Handwerk legen. Als Belohnung winkt der Schweizer Pass.

Die geplante Provokation misslang, der Film floppte. Kritisiert wurden Durchhänger, flache Witze, biedere Zoten, umständliche Dialoge und kaputtgeredete Pointen.[2]

Literatur

  • Otto Holzapfel: Lexikon der abendländischen Mythologie, Freiburg, Berlin, Wien 1993 (Herder) ISBN 3-451-22487-9

Einzelnachweise

  1. Meyers Konversationslexikon, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Eintrag "Tell, Wilhelm", S. 576-77 in Band 15.
  2. http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/film/tell_ein_trauerspiel_1.561077.html
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