Horst Mahler
Horst Mahler (* 23. Januar 1936 in Chojnów, Deutschland, heute Polen) ist ein deutscher Jurist, der wegen Volksverhetzung und Holocaustleugnung mehrfach verurteilt wurde und derzeit mit Berufsverbot belegt ist. Bekannt geworden ist er in den 1970er Jahren als Gründungsmitglied der Rote Armee Fraktion. Später war er Mitglied der NPD, die er auch anwaltlich vertrat. Mahler lebt in Kleinmachnow.
Ausbildung und Beruf
Mahler studierte als Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes Jura an der FU Berlin und war dort 1953/54 Mitglied der schlagenden Studentenverbindung Landsmannschaft Thuringia. Er hat sechs Partien gefochten, hat die erste Charge bis zum Semesterende geführt und ist wegen seiner geänderten politschen Einstellung auf dem Schlußconvent ausgetreten.[1] 1964 gründete er eine Anwaltskanzlei in Berlin und spezialisierte sich auf die mittelständische Wirtschaft. Im selben Jahr trat er im Thyssen-Bank-Prozess als Verteidiger auf. 1966 war er als erster deutscher Anwalt mit einer Beschwerde bei der Europäischen Menschenrechtskommission in Straßburg erfolgreich.
Er verteidigte bis 1970 unter anderem Beate Klarsfeld, die Kommunarden Fritz Teufel und Rainer Langhans, den Studentenführer Rudi Dutschke sowie Peter Brandt, den Sohn des damaligen Vizekanzlers, sowie die späteren Terroristen Andreas Baader und Gudrun Ensslin. Am 1. Mai 1969 gründete er mit Hans-Christian Ströbele und Klaus Eschen das Sozialistische Anwaltskollektiv in Berlin. Es wurde 1979 aufgelöst.
Vom SDS zur RAF
Mahler war Mitglied in der SPD, wurde aber 1960 ausgeschlossen, da die Partei eine Unvereinbarkeit der Mitgliedschaften in SDS und SPD erklärte. Ab 1964 schloss Mahler sich mit dem SDS der Außerparlamentarischen Opposition (APO) an. In dieser Zeit war er als Anwalt für strafverfolgte Studenten tätig.
Mahler war 1970 eine der Gründerfiguren der RAF ein. Er war an der Planung zur Befreiung von Andreas Baader und an drei Banküberfällen im September 1970 beteiligt. Nach der Befreiung Baaders flüchtete er mit ihm, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und etwa 20 weiteren Mitgliedern der RAF nach Jordanien, um sich dort für den bewaffneten Kampf ausbilden zu lassen.
Am 8. Oktober 1970 wurde er in Berlin verhaftet und später wegen Bankraubs und Gefangenenbefreiung zu 14 Jahren Haft verurteilt. Seine Verteidigung hatte der spätere Innenminister Otto Schily übernommen.
1974 wurde Mahler noch während der Haft wegen seiner Mitgliedschaft in der maoistischen KPD und anderer ideologischer Differenzen mit Andreas Baader aus der RAF ausgeschlossen. Im Februar 1975 entführte die Bewegung 2. Juni den Politiker Peter Lorenz, um die Entlassung Mahlers und sechs seiner Mithäftlinge zu erpressen. Mahler blieb als Einziger freiwillig im Gefängnis, die sechs Mithäftlinge wurden freigelassen.
Mit Hilfe seines damaligen Rechtsanwalts, dem späteren Bundeskanzler Gerhard Schröder, wurde Horst Mahler 1980 nach Verbüßung von zwei Dritteln der verhängten Strafe vorzeitig aus der Haft entlassen. Sein Bewährungshelfer wurde Helmut Gollwitzer. 1987 wurde er nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs wieder als Anwalt zugelassen. In diesem Verfahren zur Wiederzulassung wurde Mahler wiederum von Gerhard Schröder anwaltlich vertreten.
Das Buch Der Minister und der Terrorist dokumentiert Mahlers Gespräche mit dem ehemaligen Innenminister Gerhart Baum (FDP).
Von der Haft in die NPD
Während der Haft erhielt Mahler unter anderem Besuch vom Politikwissenschaftler Iring Fetscher und Günter Rohrmoser, einem national-konservativen Sozialphilosophen und Mitglied der von der sozial-liberalen Bundesregierung eingesetzten Kommission zur Erforschung der geistigen Ursachen des Terrorismus. Nachdem Mahler gemeinsam mit seinem Anwalt und späteren Bundeskanzler Gerhard Schröder nach seiner Haftentlassung Rohrmoser in Stuttgart besuchten, hielt er am 1. Dezember 1997 zum 70. Geburtstag von Rohrmoser in Stuttgart vor Gästen, darunter Hans Filbinger, eine Laudatio auf Rohrmoser. Darin forderte er u.a., das „besetzte" Deutschland müsse sich von seiner „Schuldknechtschaft" zum aufrechten Gang seiner „nationalen Identität" befreien.[2] Dies sahen ehemalige Weggefährten im SDS wie Günter Langer[3] oder der Politikwissenschaftler Alfred Schobert[4] als Coming out einer rechtsradikalen Gesinnung. Rohrmoser dagegen erklärte 1998, seine und Mahlers Positionen seien identisch, und lobte Mahlers Haltung als „national-christlichen Konservativismus".[5]
Mit Franz Schönhuber schrieb Mahler das Buch Schluß mit dem deutschen Selbsthaß. Er sah mittlerweile das Germanentum als „Mittel der Gesundung des deutschen Volkes".
Im Jahr 2000 trat Mahler in die NPD ein. In seiner Presseerklärung zu diesem Parteieintritt vom 12. August 2000 hieß es, dass er das Grundgesetz für ein „Provisorium für die Übergangszeit bis zur Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches" halte. Von 2001 bis 2003 übernahm Mahler die anwaltliche Vertretung im gescheiterten NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Seine Schriftsätze an das Gericht bestanden in weiten Teilen aus ideologischen Textpassagen unterschiedlichster Herkunft[6] . Er gehörte zwischenzeitlich zu den Führungsfiguren der NPD, trat aber nach der Einstellung des Verbotsverfahrens 2003 wieder aus der Partei aus.
Im November 2003 gründete er einen „Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten" (VRBHV), dem neben Mahler selbst eine Reihe bekannter Holocaustleugner angehören.
Mahler vertritt seit seiner Haftentlassung auch antisemitische Positionen. Ab Februar 2004 stand er als Mitgründer des rechtsextremen Deutschen Kollegs zusammen mit Reinhold Oberlercher und Uwe Meenen wegen Volksverhetzung vor dem Berliner Landgericht. Grund war ein im Oktober 2000 von ihnen publiziertes Pamphlet mit dem Titel „Ausrufung des Aufstandes der Anständigen", in dem unter anderem das Verbot der jüdischen Gemeinden in Deutschland, die Ausweisung aller Asylbewerber, „aller arbeitslos gewordenen Ausländer" sowie eine Reihe von weitergehenden drakonischen Maßnahmen gefordert wurden. Mahler wurde zudem vorgeworfen, dass im September 2002 mit seiner Billigung in der Parteizentrale der NPD in Berlin-Köpenick ein Schriftstück an Journalisten verteilt worden war, in dem der Hass gegen Juden als „etwas Normales" bezeichnet wurde.
Nachdem er während des Prozesses den Richtern, den Schöffen und dem Staatsanwalt die Todesstrafe nach dem Reichsstrafgesetzbuch angedroht und im Gericht antisemitische Äußerungen gemacht hatte, erteilte das Amtsgericht Tiergarten Mahler am 8. April 2004 ein vorläufiges Berufsverbot. Ähnliche Todesdrohungen gingen an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und zwei Anwälte der Partei Die Grünen. Wegen der antisemitischen Kommentare erhob die Staatsanwaltschaft eine neue Anklage. Während des Prozesses ordnete das Landgericht an, Mahler von einem psychiatrischen Sachverständigen begutachten zu lassen. Er wurde schließlich zu einer Haftstrafe von neun Monaten verurteilt.
Um Mahlers Teilnahme an einer geplanten Teheraner Holocaustkonferenz zu verhindern, wurde ihm im Januar 2006 für einen Zeitraum von sechs Monaten der Reisepass entzogen. Es wurde befürchtet, dass Mahler auf dieser Konferenz zum Schaden des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland erneut antisemitische Äußerungen tätigen würde.
Als die Konferenz am 11. und 12. Dezember 2006 stattfand, verbüßte Mahler in Deutschland eine neunmonatige Haftstrafe wegen Volksverhetzung. Grund waren seine Äußerungen als Anwalt im Verbotsverfahren gegen die NPD, darunter: Hass auf die Juden sei etwas „ganz Normales" und „das untrügliche Zeichen eines intakten spirituellen Immunsystems, also von geistiger Gesundheit – eine Gesundheit, die Juden – zu recht – fürchten."
So hat Mahler seinen Antisemitismus seit dem Gerichtsurteil von 2002 fortlaufend bekräftigt und versucht ihn u.a. über Sylvia Stolz auch im Internet weiterzuverbreiten. In seiner Programmschrift „Ehre! Wahrheit! Heimat!" heißt es etwa:[7]
- Das Deutsche Volk ist zur Freiheit geboren. Nach dem Willen seiner Feinde soll es aus der Geschichte gehen – verderben. Es widersteht aber dem fremden Willen – dem Willen der Judenheit.
Mahler hatte gegen das Urteil vom 12. Januar 2005 Revision eingelegt, die der Bundesgerichtshof (BGH) am 8. August 2006 als unbegründet verwarf. Damit wurde das Urteil rechtskräftig. Dagegen legte Mahler Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein; dieses nahm am 10. November 2006 die Beschwerde des ehemaligen NPD-Anwalts nicht zur Entscheidung an. Damit waren Mahlers Rechtsmittel erschöpft und er musste die Strafhaft antreten. [8]
Bei seinem Haftantritt am 15. November 2006 im geschlossenen Vollzug in der Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen zeigte Mahler nach Polizeiangaben den Hitlergruß. Er wurde von etwa 35 Rechtsextremisten aus ganz Deutschland vor der JVA verabschiedet; dabei habe er sich umgedreht, «Heil» gerufen und den gestreckten rechten Arm emporgereckt, bevor er durch das Anstaltstor ging. Dabei sei er, so die Polizei, beobachtet worden. Es wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. [9] Beim Landgericht Potsdam liegen zudem bereits mehrere weitere Anklagen wegen Volksverhetzung gegen Mahler vor.
Literatur
- Rainer Erb, Andreas Klärner: Antisemitismus zur weltgeschichtlichen Sinnstiftung – Horst Mahler vor Gericht. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Jahrbuch für Antisemitismusforschung. Band 14, Berlin 2005, S. 111-134
- Friedrich Paul Heller, Anton Maegerle: Die Sprache des Hasses: Rechtsextremismus und völkische Esoterik: Jan van Helsing, Horst Mahler … Schmetterling-Verlag, Stuttgart 2001
- Eckhard Jesse: Biographisches Porträt: Horst Mahler. In: Uwe Backes/ders. (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie. Band 13, Baden-Baden 2001, S. 183-199.
- Martin Jander: Horst Mahler. In: Wolfgang Kraushaar (Hrsg.): Die RAF und der linke Terrorismus. Hamburg 2006, Bd.1, S. 372-397.
- Gerhart Baum / Horst Mahler: Der Minister und der Terrorist - Gespräche. Reinbek bei Hamburg 1980. ISBN 3-499-33001-6
Weblinks
- Vorlage:PND
- Kurzbiografie beim Deutschen Historischen Museum Berlin
Quellen
- ↑ Berühmte (und berüchtigte) Korporierte
- ↑ Rede Horst Mahlers zum 70. Geburtstag Günter Rohrmosers
- ↑ Günter Langer: Offener Brief an Horst Mahler
- ↑ Alfred Schobert zu Horst Mahlers Rede
- ↑ Junge Freiheit: Interview mit Rohrmoser über Mahler, 24. April 1998
- ↑ Rechtsanwalt Horst Mahler: Stellungnahme der Antragsgegnerin im Verfahren Deutsche Bundesregierung und andere gegen NPD. 30. August 2002, siehe z.B. S. 46 ff
- ↑ Blick nach Rechts 2. November 2006
- ↑ Mahlers Haftantritt
- ↑ Ermittlungsverfahren zum Hitlergruß Mahlers
Personendaten | |
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NAME | Mahler, Horst |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Rechtsanwalt und Gründungsmitglied der Roten Armee Fraktion |
GEBURTSDATUM | 23. Januar 1936 |
GEBURTSORT | Haynau, Schlesien |