Joachim Meisner

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Joachim Kardinal Meisner (* 25. Dezember 1933 in Breslau, Niederschlesien) ist seit 1989 Erzbischof von Köln.

Leben

Joachim Meisner wurde im Breslauer Stadtteil Lissa (poln. Leśnica) geboren. Er wuchs mit drei Brüdern in einem stark katholisch geprägten Umfeld auf. Die Volksfrömmigkeit in Teilen Schlesiens betrachtet er auch heute als das Idealbild einer katholisch geprägten Gesellschaft. Nach der Vertreibung 1945 aus Schlesien und dem Tod seines Vaters im selben Jahr lebte Meisner im thüringischen Körner. Nach einer Lehre als Bankkaufmann trat Meisner 1951 ins Spätberufenenseminar Norbertinum in Magdeburg ein und holte hier das Abitur nach. Von 1959 bis 1962 studierte er Philosophie und Theologie in Erfurt und wurde im Dezember 1962 dort zum Priester geweiht. Er war Kaplan in Heiligenstadt und Erfurt, danach Rektor des Erfurter Caritasverbandes. 1969 promovierte er zum Dr. theol. an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Am 17. März 1975 wurde er zum Titularbischof von Vina und Weihbischof in Erfurt-Meiningen ernannt und am 17. Mai desselben Jahres durch den Apostolischen Administrator von Erfurt Hugo Aufderbeck zum Bischof geweiht. Zum Bistum Erfurt gehört unter anderem das Eichsfeld, welches eine katholische Enklave in der protestantisch bis atheistisch geprägten DDR war. Dort fand Meisner ein ähnliches katholisches Gemeindeleben wie in seiner schlesischen Heimat vor.

Am 25. April 1980 ernannte ihn Papst Johannes Paul II., den er seit Jahren persönlich kannte, zum Bischof von Berlin. In dieses Amt wurde er am 17. Mai 1980 eingeführt. Das Bistum Berlin galt in der Zeit der Deutschen Teilung als das schwierigste europäische Bistum. Es kann daher als besonderer Vertrauensbeweis des Papstes gewertet werden, dass Meisner Bischof von Berlin wurde.

Von 1982 bis 1989 saß Meisner der Berliner Bischofskonferenz vor.

Am 2. Februar 1983 nahm ihn Johannes Paul II. als Kardinalpriester mit der Titelkirche Santa Pudenziana in das Kardinalskollegium auf.

Nach dem Tod Joseph Kardinal Höffners 1987 schickten die Domkapitulare des Erzbistum Köln gemäß dem Staatskirchenvertrag mit dem Heiligen Stuhl einen Zehnervorschlag an die Bischofskongregation. Auf dem üblichen Dreiervorschlag (Terna), der dem Domkapitel zur Bischofswahl zurückgesendet wurde, befand sich der Name Meisners, obwohl dieser nicht auf der Liste des Domkapitels gestanden hatte. Dies musste von den Domkapitularen als Aufforderung Papst Johannes Pauls II. verstanden werden, Meisner zum neuen Erzbischof zu wählen. Das Domkapitel weigerte sich jedoch zunächst. Theologen aus ganz Deutschland und Politiker protestierten gegen dieses Vorgehen des Papstes und argumentierten, dass sie nicht dem Konkordat entspreche. Dies entsprach jedoch nicht den Tatsachen, da nach dem preußischen Konkordat, das für Köln Gültigkeit hat, nicht nur das Domkapitel, sondern auch alle Bischöfe Preußens Listen einzureichen haben. Der Heilige Stuhl erstellte schließlich den Dreiervorschlag „unter Würdigung dieser Listen".[1] Das Kölner Domkapitel akzeptierte aber schließlich das Ansinnen des Papstes, Meisner zum Erzbischof zu wählen, und tat dies, indem es zunächst seine Wahlordnung änderte und damit auch eine Wahl mit relativer Mehrheit ermöglichte, mit 6 Ja-Stimmen bei 10 Enthaltungen. Damit war dem Konkordat Genüge getan. Am 20. Dezember 1988 wurde Meisner nach seiner Wahl zum Erzbischof von Köln ernannt und am 12. Februar 1989 in dieses Amt eingeführt.

Kardinal Meisner ist derzeit Vorsitzender der Liturgiekommission der deutschen Bischofskonferenz und der Solidaritätsaktion Renovabis. Weiterhin ist er Mitglied mehrerer kurialer Kongregationen, darunter der Kongregation für den Klerus.

Theologische und politische Positionen Meisners und Kritik daran

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Meisner (Bildmitte) zieht 1997 nach der Eucharistiefeier im Dom durch die Innenstadt, entlang mehrerer Stationen mit Altären.

Meisner kritisierte seit seiner Amtseinführung als Erzbischof besonders in oft drastischer Sprache den Zeitgeist. Dafür sowie für sein Kulturverständnis wurde er vielfach kritisiert, ebenso wie für seine Einforderung kirchlichen Gehorsams und die Maßregelung von Priestern in Fragen der Disziplin und Theologie.

Verhältnis zu anderen Religionen

Kardinal Meisner ist der Meinung, dass interreligiöse Gebete mit Juden oder den Gläubigen an den Koran nicht möglich sind. Christen glauben an einen trinitarischen Gott, mit Jesus Christus als dem Sohn des Allmächtigen Gottes. Das biblische und das koranische Verständnis von Gott ließen sich nicht harmonisieren. Deshalb könnten Christen und Muslime nicht gemeinsam Gottesdienst feiern. Man müsse alles vermeiden, was nach einer Religionsvermischung aussehe.[2] Dieser Meinung hat sich inzwischen auch die Bischöfin der Evangelischen Landeskirche Hannover, Margot Käßmann und ein Vertreter des Islams in Deutschland, der Vorsitzende des Islamrats, Ali Kizilkaya[3] angeschlossen und Verständnis für Meisner geäußert.[4] Auch prominente Vertreter der Juden in Deutschland haben sich zu dem Thema mit unterschiedlichen Auffassungen zu Wort gemeldet. Der ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin Andreas Nachama, selbst Rabbiner, hob hervor, christliches und jüdische Gottesverständnis trennten sich etwa an dem jüdischen Konzept „Er ist unser Gott, keiner sonst". Christen und Juden sollten laut Nachama getrennte Gottesdienste feiern, aber gemeinsam für eine bessere Welt handeln.[5] Demgegenüber sprach sich der Rabbiner Henry Brandt für gemeinsame Gottesdienste aus, die allerdings nicht „unter allen Umständen stattfinden sollen"[5] .

Im Streit um den Bau einer Großmoschee in Köln hat Kardinal Meisner Verständnis für die Pläne der Muslime geäußert. Auch müsse man ganz schlicht und ehrlich sagen, dass aus traditioneller islamischer Sicht Versuche, der Scharia graduell immer mehr Raum in unseren Breiten zu verschaffen, legitim und verständlich seien. Er hält es jedoch für unmöglich, dass Muslime gemeinsame Veranstaltungen mit Christen in deren Kirchen abhalten, da die Kirche danach islamisiert wäre. Der Test für die Glaubwürdigkeit der DİTİB, welche die Großmoschee in Köln baut, sei die Reaktion in der Türkei: Ob dort nun kleinere Kirchenbauten genehmigt werden und ob Türken in der Türkei die Religionsfreiheit von Christen dort verteidigen.[6]

Kirchenverständnis und Opus Dei

Scharf kritisierte Meisner den ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin.[7]

Die Kritik gegenüber Meisner ist auch auf ein unterschiedliches Kirchenverständnis zwischen Meisner und seinen Kritikern zurückzuführen. Während seine Kritiker häufig Dialogbereitschaft und eine Reformation der katholischen Kirche verlangen, beharrt Meisner auf den Maßstäben der Heiligen Schrift, der katholischen Lehre und den überlieferten Traditionen der katholischen Kirche, und damit auch auf deren Amtsverständnis und ihrer unverbrüchlichen Verbundenheit mit dem Papst. Gleichwohl werden diese Ansprüche ebenso von seinen Kritikern herangezogen und für sich vereinnahmt, um die Haltung Meisners zu widerlegen. Dem Kardinal werden Sympathien für die konservativ-katholische Organisation Opus Dei nachgesagt.[8]

Position zu Ehe und eingetragener Partnerschaft

Meisner kritisierte mehrfach in drastischer Sprache die Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften gegenüber der tradierten Ehe, als einem grundrechtlich geschützten und im natürlichen Sittengesetz verankerten Guten, das nicht gefährdet werden dürfe.[9] Dafür wurde er vielfach kritisiert.

Position zur Familienpolitik und Abtreibung

Kardinal Meisner kritisierte im März 2007 wie zuvor sein Amtskollege Walter Mixa die Familienpolitik der Bundesregierung unter Familienministerin Ursula von der Leyen als „Scheckbuchpolitik".[10] und forderte einen Mentalitätswandel. Er erwähnte hierbei die im Vergleich zu den westlichen Bundesländern niedrigere Geburtenrate in den östlichen Bundesländern Deutschlands, wo deutlich mehr Krippenplätze zur Verfügung stünden.

Zur Dreikönigspredigt am 6. Januar 2005 deutete Meisner eine Parallele zwischen der Abtreibung ungeborener Kinder und dem Holocaust am jüdischen Volk an:

„Es ist bezeichnend: Wo der Mensch sich nicht relativieren und eingrenzen lässt, dort verfehlt er sich immer am Leben: zuerst Herodes, der die Kinder von Bethlehem umbringen lässt, dann unter anderem Hitler und Stalin, die Millionen Menschen vernichten ließen, und heute, in unserer Zeit, werden ungeborene Kinder millionenfach umgebracht. Abtreibung und Euthanasie heißen die Folgen dieses anmaßenden Aufbegehrens gegenüber Gott. Das sind nicht soziale Probleme, sondern theologische. Hier kommt das erste Gebot ins Spiel: „Du sollst keine fremden Götter neben mir haben", d.h. du sollst dich nicht selbst zum Gott machen, der sich Verfügungsrecht über seinen eigenen Leib und über das Leben anderer anmaßt. „Das Licht leuchtet in die Finsternis" (Joh 1,5), das ist kein harmloses Geschehen. Entweder nehme ich es auf, dann gehe ich erleuchteter durch die Welt oder ich verschließe mich ihm und werde noch dunkler als bisher."

Während das Forum Deutscher Katholiken erklärte, der Kardinal verharmlose oder mindere in keiner Weise die Verbrechen der Nationalsozialisten an den Juden, sondern bringe vielmehr das millionenfache Unrecht der Ermordung von Menschen nachdrücklich ins Bewusstsein, erregte die Ansprache den Unmut der breiten Öffentlichkeit und brachte Meisner den Vorwurf der Verharmlosung des Holocaust ein. Er nahm seine Äußerung daraufhin teilweise öffentlich zurück.

Von der CDU fordert der Kardinal wegen deren Haltung zur Abtreibungsgesetzgebung, auf das „C" in ihrem Parteikürzel zu verzichten, da sie keine christliche Partei mehr sei.

Umstrittene Position Meisners zu Kult und Kultur

Im September 2007 erklärte Meisner bei einer Ansprache zur Eröffnung des Neubaus des Erzbischöflichen Diözesanmuseums, dass er die Kultur an die Gottesverehrung gebunden sehe. Des Weiteren sehe er den Kult erstarrt im Ritualismus und die Kultur entartet, wo die Kultur vom Kult abgehängt wird. Dieser Satz wurde wegen der begrifflichen Nähe zu der Formel „Entartete Kunst" aus dem Nationalsozialismus, aber auch wegen des Inhaltes[11] durch Parteien, Medien und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken scharf kritisiert.

Dieser Kritik schlossen sich weitere namhafte Politiker wie Guido Westerwelle und Claudia Roth an. Der Künstler und Präsident der Berliner Akademie der Künste, Klaus Staeck, äußerte in einem Radiointerview mit dem Deutschlandradio, dass Meisner - anders als Politiker - zu jener Kategorie Vorgesetzte gehöre, die nur deswegen vor Rücktritt geschützt seien, weil sie zur Kirche gehörten. Mit seiner Wortwahl habe sich Meisner als Zündler erwiesen[12] . Die Äußerungen Meisners würden in jeder anderen Berufsgruppe mit Rücktritt sanktioniert werden. Staeck verwahrte sich gegen die Einvernahme des Künstlers Joseph Beuys durch Meisner bei seiner Ablehnung der geplanten Kirchenfenster für den Kölner Dom von Gerhard Richter, die sowohl von Experten gelobt, als auch vom Metropolitankapitels in Auftrag gegeben worden waren. Beuys sei als gläubiger Mensch aus der Kirche ausgetreten und hätte mit Sicherheit nicht für eine Kirche unter Meisner gearbeitet. Ein Kommentar in der FAZ warf Meisner vor, sich auf einen einen altbackenen Standpunkt des 19ten Jahrhunderts zurückzuziehen, der von Experten belächelt würde. Meisners Standpunkt werde nicht ernst genommen, weil er der ungegenständlichen langen Tradition der Bilder in Bischofskirchen - am Beispiel des Domumgangs und fortgesetzt im Obergaden widerspreche - und auch nicht im Einklang mit dem Bilderverbot der Zisterzienser stehe. Meisners Kritik - die er auf dem Ausflugsschiff RheinEnergie einer Boulevardzeitung gesteckt hatte - werde auch nicht dem Rang des Künstlers gerecht[13] .

Das Erzbistum Köln wiederum wies die Kritiken als „ethisch äußerst fragwürdig" und „völlig unangemessen" zurück.[14]

Ehrungen

Ehrendoktorwürden

Ehrenbürgerschaften

Orden

Veröffentlichungen

  • Er war mein Freund. Ein Zeugnis aus der Nähe. Pattloch-Verlag, 2007, ISBN 978-3629021564
  • Edith Stein – Teresia Benedicta a Cruce. Jüdische Christin und christliche Jüdin. Butzon U. Bercker, 2006, ISBN 3766608770 (als Herausgeber)
  • Froh in der Gnade Gottes. Bachem, 2005, ISBN 3761619464
  • Geborgen in Gott. Tag- und Nachtgebete. 6. Aufl., Adamas-Verlag, Köln 2005, ISBN 3937626026
  • Mit dem Herzen sehen. Chancen und Auftrag der Kirche zu Beginn des dritten Jahrtausends. MM-Verlag, Aachen 2000, ISBN 3928272128
  • Von nun an preisen mich selig alle Geschlechter. Butzon & Bercker, 1999, ISBN 3766602020
  • Die heilige Messe. Pattloch-Verlag, Augsburg 1997, ISBN 3629001114 (zus. mit Hans-Günther Kaufmann)
  • Spuren Gottes auf unseren Wegen. Der Alltag als Begegnungsfeld des Menschen mit Gott. Morus-Verlag, Hildesheim/Berlin 1998, ISBN 3875542630
  • Wider die Entsinnlichung des Glaubens. Gedanken zur Re-Evangelisierung Europas. 2. Aufl., Styria, Graz 1991, ISBN 3222119651
  • Unsere Hoffnung stärke euch. Styria Pichler, Graz 1989, ISBN 3799055509
  • Sein, wie Gott uns gemeint hat! Betrachtungen zu Maria. Bernward-Verlag, Berlin/Hildesheim 1988, ISBN 387065452X
  • Nachreformatorische katholische Frömmigkeitsformen in Erfurt (= Erfurter theologische Studien, Bd. 26), Leipzig 1971.
  • Das Auditorium Coelicum am Dom zu Erfurt. Ein Beitrag zur Universitätsgeschichte Erfurts (= Erfurter theologische Schriften, Bd. 6). St. Benno-Verlag, Leipzig 1962, ISBN B0000BLGJZ

Einzelnachweise

  1. Společnost pro církevní právo (Praha): Vertrag des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhle, 14. Juni 1929
  2. Kath.net: Unterstützung für Kardinal Meisner, 9. Dezember 2006
  3. Radio Vatikan: Deutschland: Islamrat unterstützt Kardinal Meisner, 23. Dezember 2006
  4. Radio Vatikan: Radio Vatikan Deutschland: Käßmann für klare christliche Werte, 24. Dezember 2006
  5. a b Jüdische Allgemeine Nr.1/07, S. 11 (pdf)
  6. Deutschlandradio: Ich habe ein ungutes Gefühl 20. Juni 2006]
  7. Gernot Facius: Es kann doch nicht jeder glauben, was er will, Die Welt, 14. Juli 2003
  8. Kölner Stadt-Anzeiger: Noch nicht einmal menschlich, 27. Oktober 2006
  9. Spiegel Online: Ich bete jeden Abend für die Terroristen, 9. August 2005
  10. Meisner-Kritk an Familienpolitik
  11. Deutschlandfunk: Interview mit PEN-Präsident Strasser
  12. Kölner Stadt-Anzeiger: Akademie-Präsident Staeck kritisiert Meisner
  13. Richters Domfenster. Altbackene Vorurteile eines Kardinals
  14. WDR-Kultur Online: Nach Äußerung über „entartete" Kultur Erzbistum Köln verteidigt seinen Kardinal


VorgängerAmtNachfolger
Joseph Kardinal Höffner Erzbischof von Köln
1989–...
---
Alfred Kardinal Bengsch Bischof von Berlin
19801989
Georg Kardinal Sterzinsky
Personendaten
NAME Meisner, Joachim
KURZBESCHREIBUNG Erzbischof des Erzbistums Köln
GEBURTSDATUM 25. Dezember 1933
GEBURTSORT Breslau (Stadtteil Lissa)
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