Auge zeigen

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Ein Border Collie hält Blickkontakt mit der Herde

Auge zeigen oder Eying (von englisch eye = Auge und to eye = glotzen, anstarren) ist eine besondere Technik einiger Hütehundrassen die vom Border Collies abstammen. Sie nutzen dies um Tiere beim Hüten exakt zu dirigieren.

Herkunft

Eying nutzt ein bei Raubtieren wie z.b. Katzen und Hunde weit verbreitetes Anstarren des Beutetiers kurz vor dem eigentlichem Angriff. Der Angreifer (also das Raubtier) fokussiert sich dabei auf das Opfer um die exakte Sprungweite zu ermitteln oder zu drohen. Um 1850 wurde die erste Erwähnung eying dokumentiert. Experten rätseln jedoch ob dieses Verhalten zuerst bei einem Welsh Collie oder ein Lowland Collie auftrat. Auf jeden Fall zeigen der Border Collie die extremste Form des "Eying", aber auch Australian Kelpies und Australian Shepherds sind dafür bekannt.

Biologischer Hintergrund

Die Ursache liegt im Aufbau des Auges das zwei Arten von Rezeptoren nutzt. Die meisten Tiere, auch Katzen und Hunde verfügen über mehr Stäbchen und weniger Zapfen im Auge als der Mensch. Zapfen sind die Rezeptoren für das Farbsehen, wobei alle Hunde gewissermaßen Rot-Grün-Blind sind. Sie können also die Farben Blau, Gelb und Grau gut sehen, aber nur schlecht zwischen Rot und Grün unterscheiden. In der Medizin wird das als Deuteranopie bezeichnet. Dieses Farbsehen funktioniert nur auf kurze Distanz bis zu max. 10m, sie sind also kurzsichtig. In den Zapfen sind Farbpigmente eingelagert, die das Licht brechen und so das Farbsehen erst ermöglichen. Ist diese Farbe verdünnt z.b. durch ein Merle Gen, so wird auch weniger Pigment eingelagert und die Farbwahrnehmung sinkt. Auch die Abstände der Zäpfchen spielen eine wichtige Rolle. Der Hund starrt also seine Beute an, um sie genauer zu sehen. Dabei kann er jede einzelne Muskelveränderung wahrnehmen. Das zu hütende Vieh reagiert darauf instinktiv und erstarrt förmlich angesichts dieser Bedrohung oder versucht nun ebenfalls die Bedrohung genauer zu lokalisieren. Dieses Anstarren reicht daher aus, um gehütete Tiere zum stehen zu bringen.

Stäbchen sind die zweite Art von Rezeptoren die besonders auf helle und dunkle Kontraste reagieren und somit schwarz-weiss Unterschiede auf eine Distanz von bis zu 900m wahrnehmen können. Dies ist besonders bei Bewegung und Dämmerlicht oder Mondlicht aber auch bei weit entfernten Herden von Vorteil. Schnelle Bewegungen werden besonders gut wahrgenommen und sind daher geeignet um Herden zu finden und in bestimmte Richtungen zu lenken. Der Wolf lenkt z.B. beim Angriff die Herde in eine Richtung um das schwächste Tier zu isolieren. Hat er dieses in die Enge getrieben, nutzt er das bedrohliche Starren um das erschöpfte Tier am Ort zu halten, während er auf Verstärkung durch sein Rudel wartet. Der Puma nutzt das Starren in offener Landschaft um sich geduckt an einzelne Vikunja (wilde Lamas) heran zu schleichen, bis er in Sprungweite kommt. [1]

Hier wurde also ein natürliches Verhalten verstärkt, während das Zugreifen züchterisch blockiert wurde. Das spricht für ein vererbtes Verhalten.

Formen des Eying

In der englischen Hütehundekultur wird zwischen unterschiedlichen Arten des Eying unterschieden. Dies sagt jedoch grundsätzlich nichts über die Hütequalitäten des betreffenden Hundes aus, sondern nur über seine individuelle Arbeitsweise. Keine Art des Eying ist also prinzipiell „besser" als eine andere. Individuelle Hunde sind auch nicht auf einen einzigen Stil festgelegt. Insbesondere „loose-eyed" Hunde können nach Bedarf etwa zwischen „Medium Eye" und „Anti Eye" wechseln.

Strong Eye

Hunde, die als „strong-eyed" („starkäugig") bezeichnet werden, halten intensiven Blickkontakt mit der Herde, das Eyeing ist also stark ausgeprägt. Dabei wird nicht zwingend das Auge der Herdentiere angeschaut, sondern das gesamte Tier beobachtet und jedes Muskelzucken wahrgenommen, etwa wenn das Tier sein Sprunggelenk bewegt um einen Schritt zu machen. Typisch ist bei solchen Hunden auch ein geduckter Gang oder sogar ein Erstarren inmitten der Bewegung. Dadurch gewinnen sie zwar großen Respekt, können aber bei den gehüteten Tieren auch starken Stress auslösen. Der Extremfall dieser Form ist das „Sticky Eye", wo die Situation gleichsam einfriert und das Vieh kaum noch bewegt werden kann.

Die Arbeitsweise „Strong Eye" ist für Border Collies charakteristisch, aber auch bei Australian Kelpies und Australian Shepherds häufig.


Loose Eye

„Loose-eyed" („lockeräugige") Hunde halten keinen permanenten Blickkontakt, und zeigen auch nicht den geduckten Gang der strong-eyed-Hunde. „Loose Eye" ist der Oberbegriff für ein weites Spektrum von Arbeitsweisen, vom „Medium Eye" (Hund sucht dann bewusst Blickkontakt, wenn er ihn benötigt, und unterbricht ihn anschließend wieder) über „Roving Eye" (Hund starrt keine einzelnen Tiere an, sondern sucht die gesamte Herde ständig nach Körpersignalen für das bevorstehende Ausbrechen einzelner Tiere ab) bis zum „No Eye", wo überhaupt kein klarer Eying-Stil mehr erkennbar ist. Viele „loose-eyed" Hunde wenden den Blick auch häufig bewusst von der Herde ab, um ihr Gelegenheit zur Entspannung zu geben („Anti Eye").

Loose-Eye-Techniken finden sich zum Beispiel bei Deutschen Schäferhunden aber auch beim Langhaar Collie.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Wie Hunde sehen, [1]
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