Hydroborierung
Die Hydroborierung ist eine Reaktion der organischen Chemie und wurde von Herbert C. Brown entdeckt und 1956 erstmals publiziert.[1] Sie dient der Funktionalisierung von Alkenen und Alkinen.[2] [3] Die dabei entstehenden Alkyl- und Vinylborane können durch Oxidation zum Alkohol, durch Halogenierung oder durch eine Kupplungsreaktion weiter derivatisiert werden. Der unterschied zur gewöhnlichen Hydratisierung bzw. Hydrohalogenierung von Olefinen ist, dass die durch die Hydroborierung und anschließende Derivatisierung eine Anti-Markownikow Selektivität erreicht wird. Oft wird zur Hydroborierung auch die anschließende Oxidation zum Alkohol dazugezählt. Diese beiden Reaktionsschritte sind jedoch klar voneinander zu trennen. Als Hydroborierung ist nur die Reaktion bis zum Alkyl- bzw. Vinylboran zu bezeichnen.
Die verwendeten Borhydride sind gute Reduktionsmittel und eignen sich unter anderem mit Alkoxidkatalyse auch zur Reduktion von Aldehyden und Ketonen.[4] Ein beliebtes Borhydrid ist das Pinacolboran. Für Kupplungsreaktionen wird die Pinacol Gruppe gerne mit MIDA oder TIDA Gruppen ausgetauscht.[5] [6]
Übersicht
Durch die Umsetzung eines terminalen Alkens mit Boran wird durch Addition das Alkylboran 1 gebildet. Durch Addition eines weiteren Moleküls des Alkens entsteht das Dialkylboran 2:[7]
Durch Addition eines dritten Moleküls des Alkens entsteht das Trialkylboran 3:[7]
Die Alkylborane 1,2,3 können anschließend mit Wasserstoffperoxid und Natronlauge zu primären Alkoholen umgesetzt werden:[8]
Wie viele Moleküle des primären Alkohols aus einem Molekül des Borans synthetisiert werden können, richtet sich nach der Anzahl der Alkylreste des Borans.
Reaktionsmechanismus
Ein Vorschlag für den Reaktionsmechanismus:[8]
Das Alken 1 wird durch Addition des Borans 2 zu dem höher substituierten Boran 3 umgesetzt. Durch dreifache Umsetzung mit Hydroperoxidanionen und anschließender Eliminierung jeweils eines Hydroxidions werden die Alkylgruppen des Borans 3 in Alkoholatgruppen überführt. Steht R1 für ein Wasserstoffatom, werden stattdessen die Hydridgruppen analog in Hydroxigruppen überführt. Somit entsteht der Borsäureester 4. Der entstandene Borsäureester 4 wird anschließend durch Zugabe von Hydroxidionen alkalisch zum Borsäuredialkylester 5 hydrolysiert. Das dabei entstandene Alkoholat-Anion wird durch den Borsäuredialkylester 5 protoniert und so entsteht der primäre Alkohol 7. Außerdem entsteht das Ion 6. Handelt es sich bei den OR1-Gruppen des Ions 6 um Alkoholatgruppen, können diese ebenfalls durch Zugabe von Hydroxidionen abgespalten werden und durch Protonierung in Alkohole überführt werden.[8]
Literatur
- Reinhard Brückner: Reaktionsmechanismen. 3. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, München 2004, ISBN 3-8274-1579-9.
- F.A. Carey, R.J. Sundberg: Organische Chemie, VCH, Weinheim 1995, ISBN 3-527-29217-9.
- H.C. Brown, Tetrahedron 1961, 12, 117
- G. Zweifel und H.C. Brown: Hydration of Olefins, Dienes, and Acetylenes via Hydroboration in Organic Reactions Vol. 13, Wiley 1963, doi:10.1002/0471264180.or013.01
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Herbert C. Brown, B. C. Subba Rao: A NEW TECHNIQUE FOR THE CONVERSION OF OLEFINS INTO ORGANOBORANES AND RELATED ALCOHOLS. In: Journal of the American Chemical Society. Band 78, Nr. 21, November 1956, ISSN 0002-7863 , S. 5694–5695, doi:10.1021/ja01602a063 (acs.org [abgerufen am 1. Juli 2024]).
- ↑ Charles E. Tucker, Jessica Davidson, Paul Knochel: Mild and stereoselective hydroborations of functionalized alkynes and alkenes using pinacolborane. In: The Journal of Organic Chemistry. Band 57, Nr. 12, Juni 1992, ISSN 0022-3263 , S. 3482–3485, doi:10.1021/jo00038a044 (acs.org [abgerufen am 1. Juli 2024]).
- ↑ Nate Ang, Cornelia Buettner, Scott Docherty, Alessandro Bismuto, Jonathan Carney, Jamie Docherty, Michael Cowley, Stephen Thomas: Borane-Catalysed Hydroboration of Alkynes and Alkenes. In: Synthesis. Band 50, Nr. 04, Februar 2018, ISSN 0039-7881 , S. 803–808, doi:10.1055/s-0036-1591719 (thieme-connect.de [abgerufen am 1. Juli 2024]).
- ↑ Ian P. Query, Phillip A. Squier, Emily M. Larson, Nicholas A. Isley, Timothy B. Clark: Alkoxide-Catalyzed Reduction of Ketones with Pinacolborane. In: The Journal of Organic Chemistry. Band 76, Nr. 15, 5. August 2011, ISSN 0022-3263 , S. 6452–6456, doi:10.1021/jo201142g (acs.org [abgerufen am 1. Juli 2024]).
- ↑ Brice E. Uno, Eric P. Gillis, Martin D. Burke: Vinyl MIDA boronate: a readily accessible and highly versatile building block for small molecule synthesis. In: Tetrahedron. Band 65, Nr. 16, April 2009, S. 3130–3138, doi:10.1016/j.tet.2008年11月01日0 (elsevier.com [abgerufen am 1. Juli 2024]).
- ↑ David M. Knapp, Eric P. Gillis, Martin D. Burke: A General Solution for Unstable Boronic Acids: Slow-Release Cross-Coupling from Air-Stable MIDA Boronates. In: Journal of the American Chemical Society. Band 131, Nr. 20, 27. Mai 2009, ISSN 0002-7863 , S. 6961–6963, doi:10.1021/ja901416p , PMID 19405470, PMC 7309699 (freier Volltext) – (acs.org [abgerufen am 1. Juli 2024]).
- ↑ a b H. C. Brown, B. C. S. Rao: A new technique for the conversion of olefins into organoboranes and related alcohols., Journal of the American Chemical Society, 1956, Vol. 78, S. 5694–5695.
- ↑ a b c d T. Laue, A. Plagens: Named Organic Reaktions, John Wiley and Sons, New York, 1998, S. 157–160.