Thomas Mayer (Volkswirt)
Thomas Mayer (* 3. Januar 1954 in Backnang) ist ein deutscher Volkswirt. Er wurde im Januar 2010 Chefvolkswirt der Deutschen Bank.[1] Mayer beendete diese Tätigkeit zum 31. Mai 2012[2] und leitet seitdem für die Vermögensverwaltung Flossbach von Storch AG in Köln die Denkfabrik Flossbach von Storch Research Institute.[3]
Lebenslauf
Mayer forschte für seine Promotion von 1978 bis 1982 am Institut für Weltwirtschaft in Kiel. 1982 promovierte er an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Von 1983 bis 1990 war er in verschiedenen Funktionen beim Internationalen Währungsfonds in Washington tätig. Danach wechselte er in die Privatwirtschaft. Von 1990 bis 1991 war er für Salomon Brothers tätig, zwischen 1991 und 2002 für die Investmentbank Goldman Sachs in London. 2002 bestand er die Prüfung zum Chartered Financial Analyst. Von 2002 bis 2009 war er „Chief European Economist und Co-Head of Global Economics" der Deutschen Bank in London.
Als Nachfolger des in den Ruhestand getretenen Norbert Walter wurde Mayer 2010 „Chefvolkswirt" der Deutsche-Bank-Gruppe und Leiter von Deutsche Bank Research.[4] Im Zuge der Machtübergabe von Josef Ackermann an Anshu Jain und Jürgen Fitschen kündigte Mayer seinen Rücktritt an. Sein Nachfolger zum 1. Juni 2012 wurde David Folkerts-Landau, der bis dahin den Bereich „Markets Research" der Deutschen Bank leitete.[5] [6]
Thomas Mayer veröffentlichte zahlreiche Artikel zu internationalen und europäischen Wirtschaftsthemen und nahm in Medien dazu Stellung. Er ist Jurymitglied des Ludwig-Erhard-Preises für Wirtschaftspublizistik der Ludwig-Erhard-Stiftung.[7]
Mayer ist Kuratoriumsvorsitzender der Denkfabrik Prometheus – Das Freiheitsinstitut des FDP-Politikers Frank Schäffler.
2015 ernannte die Universität Witten/Herdecke Mayer zum Honorarprofessor.[8]
Positionen
2014 veröffentlichte er das Buch Die neue Ordnung des Geldes – Warum wir eine Geldreform brauchen, in dem er die seiner Ansicht nach zu leichtfertige Kreditvergabe durch Banken und die Unterstützung dieser Praxis durch die Notenbanken kritisierte. Der dadurch induzierte Cantillon-Effekt nutze nur den Kreditnehmern und führe zu einer zunehmenden Ungleichverteilung der Geldvermögen. Dieser Faktor sei wichtiger als die von Thomas Piketty hervorgehobenen Ursachen.[9]
Wie Vertreter der Österreichischen Schule fordert Mayer eine Begrenzung der Geldmenge, dies jedoch nicht durch Kopplung an die Goldvorräte der Staaten, sondern indem Banken und Staaten jeder Zugriff auf die Schöpfung neuen Geldes entzogen werde.[3]
Mayer kritisiert die europäische Einheitswährung: „Der Euro zerstört alle Prinzipien der EU. Freiheit und Demokratie werden durch Fremdherrschaft der Bürokratie ersetzt. Die Rechtsstaatlichkeit ist durch permanenten Regelbruch längst zur Farce verkommen." (Mein Jahr 2016)
Im Mai 2018 initiierte er mit Dirk Meyer, Gunther Schnabl und Roland Vaubel den Aufruf Der Euro darf nicht in die Haftungsunion führen!. Dieser wurde von über hundert Ökonomen unterstützt.[10]
Im April 2019 veröffentlichte er eine Kolumne, in der er vor einer „Japanisierung Europas" warnte: die EU würde ähnlich wie Japan seit vielen Jahren in einem Teufelskreis aus niedrigem Wachstum, noch niedrigeren Zinsen und niedriger Inflation gefangen sein. Die westlichen Industrieländer hätten durch einen Immobilienboom zwischen 2003 und 2007 und die Finanzkrise 2007/2008 die japanische Entwicklung nachgeholt.[11]
Bücher
- Europas unvollendete Währung: Wie geht es weiter mit dem Euro? Wiley, Weinheim 2013, ISBN 978-3-527-50723-8.
- Die neue Ordnung des Geldes – Warum wir eine Geldreform brauchen. FinanzBuch Verlag, München 2014, ISBN 978-3-89879-840-2.
- Die neue Kunst, Geld anzulegen: Mit Austrian Finance zu einem besseren Portfoliomanagement. FinanzBuch Verlag, München 2016, ISBN 978-3-89879-986-7.
- Die Ordnung der Freiheit und ihre Feinde: Vom Aufstand der Verlassenen gegen die Herrschaft der Eliten. FinanzBuch Verlag, München 2018, ISBN 978-3959721271.
- Die Vermessung des Unbekannten: Ein Essay über Geld und Gesellschaft in Zeiten radikaler Unsicherheit. FinanzBuch Verlag, München 2021, ISBN 978-3959724838.
- Das Inflationsgespenst. Ecowin Verlag, Elsbethen 2022, ISBN 978-3-711-00305-8
Aufsätze, Artikel (Auswahl)
- Ach, Amerika! – Deutschlands Ökonomen sollten sich nicht so leicht beeindrucken lassen. In: faz.net. 8. November 2014; abgerufen am 3. Juni 2019.
- Schach mit Draghi: Ein fiktives Duell mit dem EZB-Präsidenten Mario Draghi über die Geldpolitik. In: faz.net. 15. November 2014; abgerufen am 3. Juni 2019. [12]
- Eine Parallelwährung für Griechenland. In: faz.net. 24. Januar 2015; abgerufen am 3. Juni 2019.
- Der Zerfall – Das Ende der Papierwährung ist nur noch eine Finanzkrise entfernt. In: faz.net. 7. März 2015; abgerufen am 3. Juni 2019.
Interviews mit Mayer (Auswahl, chronologisch)
- Eric Heymann, Jochen Möbert: Nachgefragt... Chefvolkswirt Thomas Mayer zur aktuellen Konjunktur. In: DB Research. 13. Juli 2010, archiviert vom Original am 6. Juni 2015; abgerufen am 3. Juni 2019.
- Stefan Ruhkamp: Im Gespräch: Thomas Mayer: „Ein bisschen pleite geht nicht". In: faz.net. 26. November 2010; abgerufen am 3. Juni 2019 (Interview).
- Dyrk Scherff, Christian Siedenbiedel: Deutsche-Bank-Chefvolkswirt: „Die Euro-Krise wird 2011 weitergehen". In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. 26. Dezember 2010, S. 39; abgerufen am 3. Juni 2019.
- Nicolaus Heinen, Eric Heymann: Nachgefragt... Chefvolkswirt Thomas Mayer zur Zukunft des Euro. In: DB Research. 6. Dezember 2011, archiviert vom Original am 6. Juni 2015; abgerufen am 3. Juni 2019.
- Nicolaus Heinen: Nachgefragt... Chefvolkswirt Thomas Mayer zur Schuldenkrise. In: DB Research. 6. Dezember 2011, archiviert vom Original am 6. Juni 2015; abgerufen am 3. Juni 2019.
- Madeleine Nissen, Hans Bentzien: „Deutschland muss sich fragen, ob es den Euro will". In: wallstreetjournal.de. 2. Mai 2012, archiviert vom Original am 14. Juni 2012; abgerufen am 3. Juni 2019 (Interview).
- Matthias Garscha, Arne Pfeilsticker: Geldsystempiraten – Podiumsdiskussion mit Dr. Thomas Mayer. 14. August 2012; abgerufen am 3. Juni 2019 (auch als Video auf YouTube, 2:18 Stunden).
- Sons of Libertas: Thomas Mayer: Die neue Ordnung des Geldes „Warum wir eine Geldreform brauchen" auf YouTube, 12. November 2014. (Interview, wiedergegeben auf Youtube, 49:21 Minuten)
- Martin Burckhardt: Im Gespräch mit ... Thomas Mayer – Über politische Chamäleons und die Entwertung der Werte. In: ex nihilo – Martin Burckhardt. 9. Juni 2023; abgerufen am 13. Juni 2023.
Weblinks
- Literatur von und über Thomas Mayer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Annette Sell: Dr. Thomas Mayer. In: DB Research. 10. Juli 2012, archiviert vom Original am 25. Juli 2014; abgerufen am 3. Juni 2019 (Lebenslauf, pdf, 33 kB).
- Thomas Mayer im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
- Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Thomas Mayer bei Perlentaucher
Einzelnachweise
- ↑ Deutsche Bank: Thomas Mayer wird Chefvolkswirt. In: Manager Magazin, 29. November 2009
- ↑ „Deutschland muss sich fragen, ob es den Euro will". Interview auf wallstreetjournal.de.
- ↑ a b Stefan Kaiser: Deutsche-Bank-Aussteiger Thomas Mayer: Top-Banker kämpft gegen das Geldsystem, Spiegel Online, 13. Oktober 2014.
- ↑ dbresearch.de
- ↑ Deutsche Bank-Chefvolkswirt Mayer wird Berater der Bank. In: financial.de, 13. April 2012
- ↑ Rücktritt: Chefvolkswirt der Deutschen Bank Thomas Mayer geht - FOCUS Online
- ↑ ludwig-erhard-stiftung.de: Mitglieder der Jury (abgerufen am 26. August 2014)
- ↑ www.uni-wh.de
- ↑ Thomas Mayer: Die wahre Ursache der Ungleichheit. In: FAZ.net, 27. September 2014.
- ↑ Ökonomen-Aufruf: Europa darf nicht in Haftungsunion führen auf faz.net (abgerufen am 23. Mai 2018)
- ↑ Die Japanisierung Europas : Nullzins und schwaches Wachstum: Was Japan schon lange kennt, erlebt jetzt auch Europa. Das verheißt nichts Gutes, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 21. April 2019 online
- ↑ Printversion: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 16. November 2014, Seite 36.
Personendaten | |
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NAME | Mayer, Thomas |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Volkswirt |
GEBURTSDATUM | 3. Januar 1954 |
GEBURTSORT | Backnang |