Onkologie
Als Onkologie (altgriechisch ὄγκος onkos ‚Anschwellung‘ und -logie - Lehre), veraltet auch Cancerologie, bezeichnet man die Wissenschaft, die sich mit allen gut- und bösartigen Tumoren, insbesondere jedoch mit der seit dem Altertum bekannten und in der Antike erstmals erforschten[1] Erkrankung Krebs befasst.
Im engeren Sinne widmet sich die Onkologie der Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge von malignen (bösartigen) Tumorerkrankungen.
Die dabei involvierten medizinischen Disziplinen sind die Tumoren operierenden chirurgischen Fächer (z. B. Chirurgie, Gynäkologie, HNO, Neurochirurgie, Dermatologie, Urologie,..), die Radioonkologie und Innere Medizin mit Zusatzausbildung in internistischer Onkologie / Hämatoonkologie.
Die moderne Onkologie ist von der interdisziplinären Zusammenarbeit der je nach Tumorerkrankung involvierten medizinischen Fachrichtungen geprägt. So sollten in jedem Tumorboard immer Vertreter folgender Fachrichtungen verpflichtend anwesend sein: Radioonkologie, internistische Onkologie, diagnostische Radiologie (zur Beurteilung der Tumorausbreitung), Pathologie (zur Beurteilung der Art der Tumorerkrankung) und das jeweilig involvierte chirurgische Fach.
Prävention
Viele Bemühungen in der Onkologie richten sich darauf, Krebs zu verhindern (Krebsprävention) oder seine Ausbreitung im Körper des Patienten zu unterdrücken. Von zentraler Bedeutung ist es dabei, Risikofaktoren zu erkennen. Dabei arbeiten Onkologen mit Epidemiologen zusammen und werten zum Beispiel Krankengeschichten statistisch aus. Die Kenntnis um Risikofaktoren wird in zweierlei Weise genutzt:
- Wird ein Risikofaktor durch weitere Untersuchungen als ursächlich erkannt, versucht man, diesen Faktor zu reduzieren, zum Beispiel durch Expositionsverhinderung (zum Beispiel Erlass von TRK-Werten für krebsauslösende Substanzen) oder Verhaltensinterventionen (zum Beispiel Gesundheitsaufklärung, Raucherentwöhnung).
- Anhand von Risikofaktoren können besonders gefährdete Personengruppen identifiziert und Screening-Untersuchungen zugeführt werden. Ziel ist hier, malignes Zellwachstum zu erkennen und zu behandeln, möglichst bevor eine Krebserkrankung ausbricht oder sich ausbreitet (Früherkennung).
Wesentlicher Teil jeglicher Prävention ist die Forschung über die Krebsentstehung. Daraus können sich neue Wege in der Krebsprävention, Diagnostik und Therapie ergeben. Das internationale Netzwerk baut in Deutschland auf das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg.
Diagnostik
Am Anfang der Krebsdiagnostik steht die Anamnese. Dabei erfragt der Arzt Symptome und Risikofaktoren. Auf dieser Basis werden dann Screeningtests oder spezifischere Untersuchungen empfohlen, und zwar hauptsächlich:
- Laboruntersuchungen von Körperflüssigkeiten (klinische Chemie)
- Zytologie von Abstrichen
- Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren
Ergibt oder erhärtet sich der Krebsverdacht, versucht man meist, eine definitive Diagnose anhand der histologischen oder zytologischen Untersuchung einer Gewebeprobe aus dem verdächtigen Bereich zu erzielen. Gleichzeitig wird mittels weiterer Diagnosemethoden das Stadium der Erkrankung bestimmt. Wegen der oft schlechten Prognose bösartiger Erkrankungen einerseits und der Risiken und Nebenwirkungen der Behandlung andererseits ist dieser Schritt besonders wichtig und rechtfertigt viel Aufwand, bis hin zu explorativen Operationen einschließlich Probeexzision.[2]
Therapie
Die wichtigsten Behandlungsmethoden der Onkologie sind:
- Chirurgische Tumorentfernung
- Strahlentherapie, in der das Tumorgewebe mit ionisierender Strahlung behandelt wird
- Chemotherapie mit Zytostatika
- Medikamentöse Therapie mit relativ neuen Wirkstoffen wie monoklonalen Antikörpern (Krebsimmuntherapie) oder Tyrosinkinase-Inhibitoren.
Die Therapien der Onkologie zielen entweder auf die Entfernung oder Zerstörung des gesamten Tumorgewebes (kurative Therapie) oder, wenn dies nicht mehr möglich ist, auf die Verkleinerung des Tumorgewebes mit dem Ziel, die Lebenszeit zu verlängern und tumorbedingte Beschwerden zu reduzieren (Palliation).
Für verschiedene Tumoren haben sich spezielle Therapieschemata etabliert, die in großen internationalen Untersuchungen laufend optimiert werden (Therapieoptimierungsstudien). Ausgehend vom festgestellten Stadium werden mit dem Patienten mögliche Therapieoptionen erörtert. Hierbei spielen der körperliche Allgemeinzustand und die Begleiterkrankungen eine wesentliche Rolle. Die nach aktuellem Stand der Wissenschaft erfolgversprechende Therapieform wird dem Patienten vorgeschlagen. Möglichkeiten sind die einmalige oder mehrmalige Chemotherapie oder Bestrahlung oder eine Operation zur Entfernung des Tumorgewebes. Verschiedene Chemotherapeutika können kombiniert werden. Die Kombination aller drei Methoden ist ebenfalls möglich.
Bösartige Tumoren stellen insbesondere bei fortgeschrittenen Erkrankungen die heutige Medizin immer noch vor erhebliche Probleme.
Zunehmend sanftere Methoden wurden und werden entwickelt, um den Patienten zu schonen. Dazu gehören unter anderem:
- HITT, hochfrequenzinduzierte Thermotherapie
- Psychoonkologie zur Mitbehandlung psychischer Komplikationen onkologischer Erkrankungen
- Patientenkompetenz zur Stärkung der mentalen und emotionalen Verfassung von Krebspatienten
- Chronoonkologie zur Verbesserung der Effizienz der Tumorbehandlung bei gleichzeitiger Verringerung unerwünschter Nebenwirkungen
Langzeiteffekte
Während man sich in der Onkologie lange Zeit mit der Verbesserung der Überlebensraten beschäftigte, konnten hier nun so große Fortschritte gemacht werden, dass nun vor allem auch die Langzeitfolgen der onkologischen Therapien untersucht werden. Sowohl die Chemotherapie als auch die Strahlentherapie hinterlassen Spuren im Körper, die noch nach vielen Jahren oder Jahrzehnten zu Folgeerkrankungen führen können.
Eine Studie beschäftigte sich zum Beispiel mit Erkrankungen von Erwachsenen, die sich in ihrer Kindheit einer onkologischen Therapie unterzogen.[3] Hier zeigte sich, dass fast alle Betroffenen an mindestens einer chronischen Krankheit leiden. Im Alter von 50 Jahren standen Kardiomyopathie, Herzklappenfehler, Lungenprobleme, Funktionsstörungen der Hypophyse und Schwerhörigkeit bzw. Taubheit im Vordergrund. Bei einem Drittel besteht Unfruchtbarkeit. Trotz verbesserter Therapien sollte auch heute noch auf eine Langzeitbetreuung ehemaliger onkologischer Patienten geachtet werden um Erkrankungen früh erkennen und therapieren zu können.
Kinderonkologie
Die Kinderonkologie befasst sich mit Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter von 0 bis 18 Jahren.[4] Bei rechtzeitiger Behandlung können drei Viertel der jährlich rund 2.000 erkrankten Kinder und Jugendlichen ein Leben ohne weitgehende Einschränkungen führen.[4]
Onkologische Forschung
Die Fortschritte in der Krebsforschung haben dazu beigetragen, neue wirkungsvollere Therapien gegen Krebs zu entwickeln und Behandlungsansätze zu optimieren.[5] So konnten Überlebenschancen und Lebensqualität Krebskranker in den vergangenen Jahren stetig verbessert werden. Die Forschungsförderung durch private Organisationen hat dabei wachsende Bedeutung. So fördert die Deutsche Krebshilfe seit über 40 Jahren ihres Bestehens onkologische Forschungsprojekte aus Spendengeldern der Bürger.
Organisationen (Auswahl)
- Deutsche Krebshilfe
- Deutsche Krebsgesellschaft (DKG)
- Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO)
- Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e. V. (DEGRO)[6]
- Gesellschaft für pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH)
- Union internationale contre le cancer
- European Society of Gynaecological Oncology
- European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC)
- European Society for Radiotherapy and Oncology
- American Society of Clinical Oncology (ASCO)
- American Cancer Society
- American Society for Radiation Oncology (ASTRO)
- Berufsverband Niedergelassener Gynäkologischer Onkologen in Deutschland e. V. (BNGO)
- Interessenvereinigung zur Qualitätssicherung der Arbeit niedergelassener Uro-Onkologen in Deutschland e. V. (IQUO)
Ältere Literatur
- Paul Obrecht: Klinische Cancerologie. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 352–375.
Weblinks
- Onkologie: ICD-O-3: Internationale Klassifikation der Krankheiten für die Onkologie, 3. Revision
- www.krebsinformationsdienst.de: Der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), Heidelberg.
- Krebs: Patienteninformationen der Deutschen Krebsgesellschaft zu Diagnose und Therapie von Krebs allgemein
- Krebsarten: Patienteninformationen der Deutschen Krebsgesellschaft zu verschiedenen Krebsarten
- Krebsarten: Informationen für Ärzte: Kongressberichte der Deutschen Krebsgesellschaft zu verschiedenen Krebsarten
Einzelnachweise
- ↑ Paul Obrecht: Klinische Cancerologie. 1961, S. 352.
- ↑ Operation, explorative. (Memento vom 2. August 2012 im Webarchiv archive.today ) In: Medizinlexikon imedo.de
- ↑ Melissa M. Hudson: Clinical Ascertainment of Health Outcomes Among Adults Treated for Childhood Cancer. In: JAMA. 309, 2013, S. 2371, doi:10.1001/jama.2013.6296.
- ↑ a b Pädiatrische Onkologie und Hämatologie. Abgerufen am 17. Juni 2019.
- ↑ A. Letsch, U. Keilholz, M. Fluck, D. Nagorsen, A. M. Asemissen, E. Thiel, C. Scheibenbogen: Peptide vaccination after repeated resection of metastases can induce prolonged relapse–free interval in melanoma patients. In: Int J Cancer. 114, 2005, S. 936–941.
- ↑ degro.org (Memento des Originals vom 25. Dezember 2013 im Internet Archive ) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.degro.org