Juniorprofessur

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Die Juniorprofessur wurde mit der Fünften Novelle des deutschen Hochschulrahmengesetzes im Februar 2002 eingeführt, um jungen Wissenschaftlern mit herausragender Promotion (d. h. in der Regel summa cum laude) ohne die bisher übliche Habilitation direkt unabhängige Forschung und Lehre an Hochschulen zu ermöglichen und sie für die Berufung auf eine Lebenszeitprofessur zu qualifizieren.

Allgemeines

Juniorprofessoren werden zunächst für drei oder vier Jahre nach der Besoldungsgruppe W 1 verbeamtet oder angestellt. In der Regel sollen Promotion und Postdoc zusammen nicht mehr als sechs, in der Medizin nicht mehr als neun Jahre gedauert haben. Während die Entscheidung für die Besetzung von Habilitationsstellen bei den jeweiligen Lehrstühlen liegt und keiner Ausschreibung bedarf, wird die Besetzung von Juniorprofessuren wie die von W2- und W3-Professuren von einer Berufungskommission entschieden; das erhöht die Transparenz und die Eindeutigkeit der Kriterien bei der Entscheidungsfindung. Nach drei Jahren findet eine Zwischenevaluation statt. Mit positiver Evaluation wird die Berufungsfähigkeit auf eine unbefristete Professur festgestellt und das Arbeitsverhältnis auf insgesamt sechs Jahre verlängert. Die Lehrverpflichtung wird von 4 auf 6 Semesterwochenstunden erhöht, das Gehalt um eine nicht ruhegehaltsfähige Zulage von ca. 8% aufgestockt. Mit negativer Evaluation wird der Juniorprofessor als nicht für die wissenschaftliche Karriere geeignet beurteilt. Das Arbeitsverhältnis kann dennoch um ein weiteres Jahr verlängert werden, um den Übergang in den außerhochschulischen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Das Landeshochschulrecht kann vorsehen, daß nach einer zweiten Evaluation am Ende der vollen sechs Jahre der Juniorprofessor ohne weitere Ausschreibung auf eine Lebenszeitprofessur an derselben Hochschule übernommen werden kann, wenn vor Antritt der Juniorprofessur die Hochschule gewechselt wurde. Dieses als Tenure Track aus den USA bekannte Verfahren soll dazu beitragen, dass auch in Deutschland die wissenschaftliche Karriere planbarer wird.

Neben Juniorprofessuren existieren Positionen als Leiter einer wissenschaftlichen Nachwuchsgruppe im Rahmen des Emmy-Noether-Programms der Deutschen Forschungsgemeinschaft, in Form von Helmholtz-Nachwuchsgruppen (Helmholtz-Gemeinschaft) und innerhalb der Max-Planck-Gesellschaft. Juniorprofessuren und sonstige Nachwuchsgruppenleiterstellen unterscheiden sich hinsichtlich Auswahlverfahren, Rahmenbedingungen, Mittelausstattung und Lehre. Insbesondere ist keine dieser Stellen im Emmy-Noether-Programm und in der Max-Plack-Gesellschaft mit Tenure Track ausgestattet, dagegen jede in der Helmholtz-Gemeinschaft.

In der Schweiz wurde etwa zeitgleich die Assistenzprofessur eingeführt. In Deutschland wählte man letztendlich einen anderen Namen, wohl um sich bewußt von einer Personalkategorie abzugrenzen, die manche Bundesländer zwischen 1969 und 1974 eingeführt hatten und vom ersten Hoschulrahmengesetz 1976 wieder abgeschafft wurde. In der Vorbereitungsphase der Juniorprofessur (die Wortschöpfung stammt vom BMBF) wurde jedoch auch der Ausdruck Assistenzprofessur benutzt (von der Max-Planck-Gesellschaft), ebenso wie Qualifikationsprofessur (von der Deutschen Forschungsgemeinschaft) und Nachwuchsprofessur (vom Wissenschaftsrat).

Ursprung und Ziele

Nach Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz vom 2. November 1998 und dem „Berliner Manifest für eine neue Hochschulpolitik" vom 11. Dezember 1998 setzte das Bundesministerium für Bildung und Forschung 1999 eine Expertenkommission „Reform des Hochschuldienstrechts" ein, die am 10. April 2000 ihren Bericht Hochschuldienstrecht für das 21. Jahrhundert vorlegte. Dort wurde u.A. die Neugestaltung des Qualifikationsweges der Hochschullehrer durch die Einführung der Juniorprofessur und das Entfallen der Habilitation vorgeschlagen. Neben der früheren Unabhängigkeit des Hochschullehrernachwuchses in Forschung und Lehre waren die Verbesserung der internationalen Anschlussfähigkeit, die Senkung des Erstberufungsalters, die Erhöhung der Anteile weiblicher und ausländischer Wissenschaftler sowie die bessere Planbarkeit wissenschaftlicher Karrierewege weitere zentrale Ziele der Dienstrechtsreform. Ähnliche Ziele formulierte der Wissenschaftsrat 2001 in seinen Empfehlungen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die auch einen geschichtlichen Überblick zur Entwicklung der Qualifikationswege zum Hochschullehrer geben.

Die Beobachtung, dass das Erstberufungsalter deutscher Professoren mit durchschnittlich über 40 Jahren deutlich höher liegt als in den meisten vergleichbaren Nationen, während die Besoldung übrigens nicht zur Weltspitze gehört, veranlasste das BMBF rahmengesetzlich etwas dagegen zu unternehmen. Als Ursache wurde die in der Regel sechs Jahre beanspruchende traditionelle Habilitationsprozedur mit abschließender Prüfung angesehen, die im Ausland zumeist unüblich ist. Zusätzlicher Druck entstand durch die Thematisierung der Abwanderung hervorragender junger Wissenschaftler aus Deutschland u. A. an US-amerikanische Universitäten unter dem Stichwort Brain Drain . Diese Emigration hängt nicht zuletzt mit der Umgehung der mehrjährigen Hürde der Habilitation sowie den insgesamt unbürokratischeren Forschungsbedingungen dort zusammen. Auch letzteres Problem meinte man mit der Juniorprofessur lösen zu können.

Entwicklung

In den ersten vier Jahren, seit das Rahmengesetz gilt, sind in Deutschland rund 1000 Juniorprofessuren an mehr als 65 Universitäten ausgeschrieben worden, die meisten gleich zu Beginn der Anschubförderung durch Bund und Länder: 190 im ersten Quartal 2002 und jeweils etwa 90 im zweiten und dritten Quartal 2002. Danach oszillierte die Zahl zwischen 40 und 60 pro Quartal bis zum Ende der Anschubförderung am 31. Dezember 2004. Anfang 2005 fielen die Ausschreibungen nochmal deutlich auf 30 pro Quartal; dieses Niveau ist seitdem konstant geblieben. Das ursprüngliche BMBF-Ziel von 6000 Juniorprofessuren bis 2010 scheint also derzeit (Mitte 2006) fast unmöglich zu erreichen. Trotzdem sind bereits mehr Juniorprofessuren besetzt worden als sonstige Nachwuchsgruppenleiterstellen (Emmy-Noether-Programm, Helmholtz-Gemeinschaft und Max-Planck-Gesellschaft) insgesamt seit deren Einführung etliche Jahre früher.

27 % der Juniorprofessuren sind von Frauen besetzt (bei den Habilitationen sind es etwa 5 % weniger). Das Berufungsalter liegt bisher im Schnitt bei 34 Jahren; es ist jedoch mit einem Sinken dieses Alters zu rechnen, da vermutlich bei der ersten Welle von Berufungen ein aufgestauter Bestand von Postdoktoranden abgebaut wurde. Dem Centrum für Hochschulentwicklung war Anfang Juni 2006 das Ergebnis von 203 Zwischenevaluationen bekannt (das ist ca. die Hälfte); davon verliefen nur 5 negativ.

Im Dezember 2003 gründeten sechs Juniorprofessor(inn)en in Clausthal-Zellerfeld den „Förderverein Juniorprofessur", der am 1. Juli 2004 zum bundesweiten „1. Symposium zur Juniorprofessur" [1] sechzig Mitstreiter zum Gedankenaustausch versammelte. Kritisiert wurde dort, dass

  • die Grundausstattung von je 76.000 Euro aus Bundesmitteln für Naturwissenschaftler und Ingenieure häufig zu dürftig sei;
  • die Zwischenevaluation der Juniorprofessoren bereits nach drei Jahren zu früh geschehe.

Ein „2. Symposium zur Juniorprofessur" fand am 13. Oktober 2004 an der Humboldt-Universität in Berlin statt, ein 3. Symposium am 13. September 2005 in Hannover. Beide Male war die damalige Bundesministerin für Bildung und Forschung Frau Edelgard Bulmahn anwesend, und beide Male wurde kritisiert, dass

  • weniger als 10% der Stellen mit Tenure Track ausgeschrieben wurden;
  • man am Ende einer Juniorprofessur häufig ins berufliche Nichts fallen wird.

Verfassungsrechtliche Strittigkeit

Das Hochschulrahmengesetz vom 16. Februar 2002 wurde mit einer 5:3 Mehrheitsentscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts am 27. Juli 2004 für verfassungswidrig und damit nichtig erklärt. Dies bedeutete aber nicht die Verfassungswidrigkeit der Juniorprofessur, sondern stellte lediglich den Gesetzgebungsspielraum des Bundes in Bildungsangelegenheiten klar. Am 31. Dezember 2004 trat die sogenannte Reparaturnovelle (HdaVÄndG) in Kraft, die die Juniorprofessur als Personalkategorie bestätigt, aber den Ländern weitergehenderen Spielraum bei der Ausgestaltung der Juniorprofessur und bei der von vielen gewünschten Beibehaltung der Habilitation lässt, als es das Hochschulrahmengesetz von 2002 tat.

Die Verfassungsklage beruhte auf der verfassungsrechtlich bedingten Zuständigkeitsverteilung in Deutschland, nach der den Bundesländern die Kulturhoheit und dem Bund im Bildungsbereich lediglich die Gesetzgebungszuständigkeit für ein Hochschulrechtsrahmengesetz zukommt. Die mit absoluter CDU- bzw. CSU-Mehrheit geführten Freistaaten Thüringen, Bayern und Sachsen hatten in einem Verfahren der abstrakten Normenkontrolle beantragt, das HRG als verfassungswidrig zu verwerfen. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichtes erklärte das Gesetz wegen Überschreitung der Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes mit Artikel 70, Artikel 75 in Verbindung mit Artikel 72 Absatz 2 des Grundgesetzes für unvereinbar und nichtig.

Mit dieser Entscheidung wurde die Juniorprofessur nicht abgeschafft. Das Bundesverfassungsgericht hat die Grundgesetzwidrigkeit eines bundesgesetzlichen Zwangs zur Einführung der Juniorprofessur und zur Abschaffung der Habilitation festgestellt und für nichtig erklärt. Da die meisten Bundesländer bereits landesgesetzliche Grundlagen für die Juniorprofessur geschaffen hatten und diese nach der Reparaturnovelle nicht widerrufen haben, steht der Weiterführung der Juniorprofessur nichts entgegen; vielmehr wurde die Juniorprofessur auch in das Landesrecht der restlichen Bundesländer übernommen, mit der Ausnahme von Bayern (aber auch an bayrischen Universitäten werden Juniorprofessuren ausgeschrieben, sogar mit Tenure Track). Der damalige Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Peter Gaehtgens, forderte am Tag des Urteils auf, ein „reduziertes Rahmengesetz" nicht durch eine „übermäßige Regelungsdichte" auf Länderebene auszufüllen; man habe bereits einen „Flickenteppich von unterschiedlichen Regelungen" und spräche „im europäischen Wettbewerb sozusagen mit 16 + 1 Stimmen, was doch eine sehr ungewöhnliche Situation ist". Auch der Generalsekretär des Wissenschaftsrates, Wedig von Heyden, forderte bundesweite Bestimmungen. Die Landeshochschulgesetze unterscheiden sich jedoch weiterhin in vielen Punkten.

Kritik an der Umsetzung

Mit der Juniorprofessur wurde zwar tatsächlich eine frühere wissenschaftliche Unabhängigkeit eingeführt, aber nicht das meist schwer wiegendere Ziel einer besseren Karriereplanung oder gar einer früheren Berufssicherheit. Zudem bringt die Stellung als Assistent oder Mitarbeiter eines Professors jungen Wissenschaftlern nicht nur Nachteile, sondern oft auch wichtige Unterstützung, auf die Juniorprofessoren verzichten müssen.

Als größte Einschränkung gilt aber, dass Juniorprofessuren wie zuvor Hochschulassistentenstellen auf zunächst drei und - nach positiver Zwischenevaluation - insgesamt sechs Jahre befristet sind. Baden-Württemberg, Bremen, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern haben die vom Hoschulrahmengesetz eröffnete Möglichkeit eines Tenure Track nur abgeschwächt in ihr Landesrecht übernommen, da dort jede Professur ausgeschrieben werden muss und somit nicht bevorzugt einem Juniorprofessor durch eine positive Endevaluation seiner sechsjährigen Leistung übertragen werden kann. Ohnehin werden nur die allerwenigsten Juniorprofessuren mit Tenure Track ausgeschrieben, so dass eine unbefristete Weiterbeschäftigung selbst bei Bewährung weder vorgesehen noch möglich ist, es sei denn, es wird im Nachhinein zufälligerweise zum gleichen Zeitpunkt eine W2- oder W3-Stelle frei, und der Juniorprofessor behauptet sich gegen die erfahrungsgemäss zahlreichen Konkurrenten. Eine befristete Weiterbeschäftigung ist nur in Ausnahmen möglich, da mit der Einführung der Besoldungsordnung W die Personalkategorie der Hochschuldozenten (C 2) abgeschafft wurde. Eine Heisenberg-Professur der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder eine Stelle als akademischer Oberrat auf Zeit in Baden-Württemberg stellen solche Ausnahmen dar.

Der mit dem Juniorprofessor vergleichbare Assistant Professor in den USA ist dagegen in der Regel mit Tenure Track ausgestattet, d.h. mit der Garantie einer Anschlußstelle auf der nächsthöheren Ebene (Associate Professor), auf die er sich bevorzugt bewerben kann; als Lecturer in Großbritannien, Maître de Conférences in Frankreich und Ricercatore in Italien, aber auch als Richter oder Staatsanwalt in Deutschland, wird man sogar bereits nach einer zwei- bis dreijährigen Probezeit, die fast immer bestanden wird, auf Lebenszeit angestellt bzw. verbeamtet. Die lange berufliche Unsicherheit bis nach dem 40. Lebensjahr wird als ein Grund dafür angesehen, dass Frauen an Hochschulen weiterhin deutlich unterrepräsentiert sind, und macht nicht nur für Frauen mit Kinderwunsch eine Hochschulkarriere schwierig. In jedem Fall hat die Einführung der Juniorprofessur das entscheidende Problem der enormen Unsicherheiten, die mit einer akademischen Laufbahn in Deutschland verbunden sind, nicht behoben. Außerdem ist schwer nachzuvollziehen, warum der deutsche Staat privaten Unternehmen schärfere Arbeitsbefristungsregeln als sich selbst gibt; im Vereinigten Königreich ist die entsprechende EU-Richtlinie gleichermaßen auf private und öffentliche Dienstverhältnisse angewendet worden.

Der W1-Tarif, nach dem Juniorprofessoren bezahlt werden, ist häufig niedriger als Einstiegsgehälter in der Privatwirtschaft und vergleichbar mit dem A13-Tarif eines Gymnasiallehrers, obwohl für Lehrer eine geringere und kürzere Qualifikation ausreicht; außerdem steigt A 13 mit dem Alter und überholt spätestens nach einigen Jahren W 1, das altersunabhängig ist. Ein Juniorprofessor muss sich also nicht nur mit einer befristeten Stelle ohne jede Garantie für später begnügen, während man in der privaten Wirtschaft in der Regel nach sechs Monaten Probezeit unbefristet eingestellt und als Lehrer nach einer dreijährigen Probezeit auf Lebenszeit verbeamtet wird (derzeit noch in den meisten Fällen); ein Juniorprofessor bekommt auch ein verhältnismäßig bescheidenes Einkommen. Die Verbeamtung auf Zeit kann sich zudem nachteilig auf die Kranken- und Rentenversicherung auswirken, wenn sie nicht in eine Verbeamtung auf Lebenszeit mündet. Selbstverständlich ist jedoch bei gleichem Bruttogehalt eine Verbeamtung attraktiver als eine Anstellung, weil die Sozialversicherungsbeiträge entfallen.

Nach § 42 des Hochschulrahmengesetzes gehören Juniorprofessoren im Gegensatz zu Habilitanden hochschulrechtlich zur Gruppe der Hochschullehrer, also der Professoren. Sie sind uneingeschränkt promotionsberechtigt und haben alle Rechte und Pflichten eines Lebenszeitprofessors. Vielleicht wegen des „Junior"-Zusatzes und der nicht einheitlich geregelten Bezeichnung (s.u.) sind ältere Kollegen trotzdem manchmal der Meinung, dass es sich rechtlich nicht um vollwertige Professuren handele, und stufen so Juniorprofessoren z.B. bei der Besetzung von Entscheidungsgremien entgegen gesetzlicher Regelungen ebenso wie die (fachlich tatsächlich allerdings auch gleich qualifizierten) Habilitanden als Vertreter des Mittelbaus ein. Um die volle Zugehörigkeit zur Professorengruppe zu unterstreichen, wurde vorgeschlagen, die Juniorprofessur schlicht in W1-Professur umzubenennen. Trotzdem bleiben Ungereimtheiten: Z.B. ist ein (habilitierter) Privatdozent oder ein außerplanmäßiger Professor zwar fachlich höher qualifiziert als ein Juniorprofessor, hat aber ggf. geringere Befugnisse als dieser, weil er nicht laut jedem Landeshochschulgesetz unbedingt zur Professorengruppe gehört. Das Fortbestehen dieser Konstellation ist eine Folge des ursprünglich nicht geplanten Überlebens der Habilitation neben der Juniorprofessur und führt mitunter zu Konflikten.

Auch wenn die Befürworter die Einführung der Juniorprofessur als einen Schritt in die richtige Richtung bezeichnen, ist eine deutsche Hochschulkarriere dadurch im internationalen Vergleich kaum attraktiver geworden. Diejenigen, die dennoch in Deutschland bleiben, tun es häufig aus persönlichen Gründen. Bei einer Beurteilung der Juniorprofessur muss allerdings berücksichtigt werden, dass sich die Merkmale von Bundesland zu Bundesland, von Hochschule zu Hochschule, sogar von Fachbereich zu Fachbereich unterscheiden: Es gibt Juniorprofessuren mit Verbeamtung nach W 1 West, 100 000 Euro Anfangsausstattung, zwei Mitarbeiterstellen, Tenure Track, Professor-Titel auf Lebenszeit (s.u.) und tatsächlicher Unabhängigkeit, und Juniorprofessuren mit Anstellung nach W 1 Ost, ohne Anfangsausstattung, ohne Mitarbeiterstellen (solche sogenannte „nackte" Juniorprofessuren - bis auf das eigene Gehalt muss alles über Drittmittel eingeworben werden - kommen seit dem Ende der Anschubförderung am 31. Dezember 2004 vor), ohne Tenure-Track und ohne Professor-Titel. Während das letzte Extrembeispiel eigentlich unzumutbar ist, bietet das erste Wunschszenario durchaus vernünftige Arbeitsbedingungen.

Amtsbezeichnung bzw. Titel

Die verliehene Amtsbezeichnung lautet „Professor" in Berlin, Brandenburg, Bremen und Thüringen (in Thüringen mit der Maßgabe eines geeigneten Hinweises auf den Status als Juniorprofessor). Sie lautet „Juniorprofessor" in Baden-Württemberg und Niedersachsen wenn angestellt, in Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. In den anderen Fällen sehen die Landeshochschulgesetze keine einheitliche Regelung vor: Dort ist die Situation also je nach Universität verschieden. In den Ernennungsurkunden steht häufig „Professor als Juniorprofessor". Beim abgekürzten Titel wird ein breites Spektrum beobachtet: Prof., jr.-Prof., jun.-Prof., Jun.-Prof., Junior-Prof., Juniorprof., JP, „nur" Dr.

Die Uneinheitlichkeit verschärft sich, wenn man nach dem Ende des maximal sechsjährigen Dienstverhältnisses keine Lebenszeitprofessur erhält und wegen der Befristungsregelung aus dem Hochschuldienst entlassen wird. Der Titel „Professor" kann zwar laut den meisten Landeshochschulgesetzen nach Beendigung des Dienstverhältnisses als akademische Bezeichnung weitergeführt werden, teilweise unter der Bedingung einer bestimmten Minimaldienstzeit von z.B. fünf Jahren. Es ist jedoch unklar, ob das auch für einen „Professor als Juniorprofessor" gilt, außer in Berlin, wo der Titel bereits nach erfolgreicher Zwischenevaluation auf Lebenszeit geführt werden darf (BerlHG § 103 in der Fassung vom 13. Februar 2003). Im Zweifel empfiehlt sich eine Anfrage beim Kultusministerium. Sofern die Lehrtätigkeit fortgesetzt wird, erhalten in Niedersachsen bestätigte Juniorprofessoren die Bezeichnung „außerplanmäßiger Professor", während in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz Juniorprofessoren zur Verleihung dieser Bezeichnung vorgeschlagen werden können. Positiv evaluierte Juniorprofessoren können am Ende ihrer Dienstzeit in Brandenburg die Lehrbefugnis beantragen und in Sachsen-Anhalt die Bezeichnung „Privatdozent" führen. In Schleswig-Holstein ist die Bezeichnung „Juniorprofessor" nach dem Ausscheiden aus dem Dienst ausdrücklich untersagt.

Als die damalige Bundesministerin für Bildung und Forschung Frau Edelgard Bulmahn auf dem 3. Symposium zur Juniorprofessur am 13. September 2005 in Hannover abermals auf das Thema der Bezeichnung nach Dienstende angesprochen wurde (weil Habilitierte den Titel „Privatdozent" behalten), schlug sie „Juniorprofessor a.D." vor. Diese Lösung war wahrscheinlich scherzhaft gemeint, da das Kürzel a.D. eigentlich nur Beamten im Ruhestand zusteht und über diese Gruppe hinaus nur in Ausnahmefällen Verwendung findet.

Juniorprofessur und Habilitation

In vielen Fachbereichen wird die Habilitation auf absehbare Zeit die Regelqualifikation bleiben, da dort die Haltung gegenüber der Juniorprofessur von abwartender Skepsis bis zu völliger Ablehnung reicht. Selbst in Fachbereichen, die Juniorprofessuren ausschreiben, kommt es häufig vor, dass Juniorprofessoren sicherheitshalber zusätzlich eine Habilitation anstreben, obwohl nach der Absicht des Gesetzgebers die Wahrnehmung einer Juniorprofessur die Anfertigung einer Habilitationsschrift eigentlich erübrigen sollte. Normalerweise wird die Habilitation allerdings im Rahmen eines Dienstverhältnisses als Akademischer Rat auf Zeit (A 13) oder eines Angestelltenverhältnisses als Wissenschaftlicher Mitarbeiter (BAT II a bzw. TVöD 13) angefertigt. Es kommt auch vor, dass zügig habilitierte Privatdozenten zu Juniorprofessoren ernannt werden.

In den Bundesländern, in denen wegen der mit der Einführung der Juniorprofessur einhergegangenen Abschaffung der Besoldungsordnung C 1 für Wissenschaftliche Assistenten keine Verbeamtung auf Zeit für Habilitanden mehr möglich ist, hat sich seit der Reform die Wettbewerbsfähigkeit um besonders qualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchs sogar merklich verschlechtert, da die Netto-Bezahlung von Habilitanden nunmehr (trotz i.d.R. höherer Qualifikation) deutlich unter der eines Gymnasiallehres liegt, so z.B. in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Manche Fachbereiche behelfen sich mit als Juniorprofessuren getarnten Habilitionsstellen, was dem Reformzweck völlig zuwiderläuft (s.o.). Mit einer Anpassung hochschulbeamtenrechtlicher Vorschriften (Einführung Akademischer Räte auf Zeit) haben dagegen inzwischen Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen reagiert.

Das derzeit gültige Hochschulgesetz des Landes Niedersachsen sieht als einziges die Habilitation nur noch für eine Übergangszeit bis Ende 2009 vor. Laut Pressemitteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vom 29. Oktober 2004 plant die Landesregierung jedoch aufgrund des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 27. Juli 2004 eine NHG-Novelle, die die Habilitation als anerkannten Qualifikationsweg neben der Juniorprofessur auch für die Zeit nach 2009 vorsehen soll.

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