Manfred Depenbrock
Manfred Depenbrock (* 11. Januar 1929 in Bielefeld , † 30. Januar 2019 in Bochum) war ein deutscher Ingenieur. Er gilt als Erfinder wegweisender Verfahren der Stromrichter- und Antriebstechnik für Drehstrom-Elektromaschinen. Ferner begründete er die umfassende Darstellung der Blindleistungsdefinitionen in elektrischen Mehrleitersystemen.
Leben
Privatleben
Manfred Depenbrock wurde als ältester Sohn von August und Maria Depenbrock in Bielefeld geboren und wuchs mit seinen zwei jüngeren Geschwistern Helga und Klaus in Brackwede auf. Nach dem Abitur studierte er an der Technischen Hochschule in Hannover Elektrotechnik, wo er 1954 seine Frau Elly kennenlernte, die er nach dem Diplom 1955 heiratete. Das Paar bekam zwei Kinder, Antje und Katrin. Sein besonderer Stolz waren vier Enkel und ein Urenkel. 2015 verstarb seine Frau Elly.
Berufsleben
• Manfred Depenbrock trat 1954 als Entwicklungsingenieur in die Gleichrichter¬abteilung der Brown Boveri & Cie. (BBC) in Mannheim ein. 1962 wurde er extern in Hannover bei Prof. Brückner promoviert („Untersuchungen über die Spannungs- und Leistungsverhältnisse bei Umrichtern ohne Energiespeicher"). Er gestaltete bei BBC u. A. den Übergang vom Quecksilberdampfgleichrichter zum Halbleiterstromrichter mit und stieg zum Leiter des Zentralbereichs Elektronikentwicklung auf. 1968 folgte er einem Ruf zur neu gegründeten Ruhr Universität Bochum (RUB) und war der Gründungsprofessor des Lehrstuhls für Erzeugung und Anwendung elektrischer Energie (EAEE), den er bis zu seiner Emeritierung 1994 leitete. 1982 wurde er als ordentliches Mitglied in die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste berufen.
Aus seiner tiefen Befassung mit der Theorie der Blindleistung folgte die erste Erfindung, die die Leistungselektronik der Schienentriebfahrzeuge ganz wesentlich beeinflusst hat: Der nach seiner Schaltungskonfiguration „Vierquadrantsteller" benannte „Einphasenstromrichter mit sinusförmigem Netzstrom und gut geglätteten Gleichgrößen" [1] gilt als „enabler" der durch spannungseinprägende Umrichter gekennzeichneten Drehstromantriebstechnik, wie sie uns etwa im ICE heute selbstverständlich ist. Der Vierquadrantstellerschuf überhaupt erst die Möglichkeit, die immensen Leistungen von über 6 MW eines Triebfahrzeugs aus dem niederfrequenten Bahnnetz mit tolerabler Netzrückwirkung entnehmen zu können, und ist heute weltweit bei Wechselstrombahnen marktbeherr-schend.
1984 folgte die zweite wegweisende Erfindung von M. Depenbrock für die Bahnantriebs¬technik. Die Direkte Selbstregelung (DSR) von wechselrichtergespeisten Asynchronmotoren [2] leitet die Schaltbefehle für die Ventile des Wechselrichters direkt aus den Werten für Statorfluss und Drehmoment ab, unter Verzicht auf eine unterlagerte Stromregelung. Da diese Werte nicht unmittelbar gemessen werden können, müssen sie in einem mathematischen Modell in der Regelung nachgebildet werden. Diese Aufgabe ist sehr rechenaufwändig, da das – vorteilhaft sehr schnell zu berechnende Modell – stark nichtlinear ist. M. Depenbrock war einer der ersten, der dafür die hohe Rechenkraft Digitaler Signalprozessoren in der Antriebstechnik einsetzte [3]. Die DSR vereint hohe Robust¬heit mit hoher Dynamik, bei dem niedrigsten Anspruch an die immer begrenzte Schaltfrequenz von Hochleistungs-Wechselrichtern. Sie wurde in der Folge auch für Hochleistungs-Wechselrichter in Dreipunktschaltung weiterentwickelt und u. A. bei den schweizerischen Hochleistungslokomotiven Re 460 [4] sowie bei Industrieumrichtern im Megawatt-Bereich eingesetzt [5].
Als sich Ende der 80er Jahre eine Steigerung der möglichen Schaltfrequenz durch neue Bauelemente abzeichnete, entwickelte M. Depenbrock aus dem Grundgedanken der DSR, der Orientierung am Statorfluss, die Indirekte Statorgrößen-Reglung oder ISR [6]. Sie nutzt die neuen Möglichkeiten, um die Vorteile der Statorflussorientierung mit den Vorteilen der Pulsmodulation zu verbinden. Diese ist wegen ihrer definierten Stromspektren leichter in der Lage als die Zweipunktregelung der ursprüng-lichen DSR, die extrem hohen Anforderungen an die Stromoberschwingungswerte von Triebfahr-zeugen am Fahrdraht zu erfüllen, die die Gleissicherungstechnik der Bahnen stellt.
Da DSR wie ISR ein sogenanntes vollständiges Maschinenmodell voraussetzen, konnten sie auch als Basis für die Entwicklung einer betriebstauglichen drehzahlsensorlosen Regelung für Bahnmotoren ab 1992 dienen. Präzise Drehzahlgeber, wie man sie für die hochwertige Regelung braucht, setzen die ansonsten hohe Robustheit der Drehstromtraktionsantriebe herab [7] [8]. Die drehzahlsensorlose Regelung arbeitet ohne hochfrequente Testsignale und ist damit besonders gut für Hochleistungs-Traktionsantriebe geeignet. Sie wird heute in zahlreichen elektrischen Triebzügen eingesetzt.
Daneben hat M. Depenbrock die Blindleistungstheorie nicht aus dem Auge verlorenund hat sie –vor allem nach seiner Emeritierung – zur „Fryze-Buchholz-Depenbrock-Methode" [9] erweitert, heute – weltweit anerkannt – das Werkzeug für die mathematisch konzise, widerspruchsfreie Zerlegung der Spannungen und Ströme beliebiger Mehrleitersysteme in orthogonale Komponenten¬systeme wie für die erfolgreiche Kompen¬sation von Blindleistung in der Praxis, auch unter extremen Bedingungen. Sie fand Eingang in die DIN-Norm 40110 Tl. 2 wie in den IEEE Standard 1459. .
Professor M. Depenbrock blickte auf über 65 viel beachtete Veröffentlichungen – die oft den state-of-the-art prägten – und 57 Patenterteilungen sowie 33 „Doktorsöhne" zurück. Er war unter anderem als Leiter des ETG-Fachausschusses "Elektronik in der Energietechnik", als Berater der wissenschaftlichen Zeitschrift etz-A bzw. ETEP des VDE, im Normenkommittee DKE und nicht zuletzt in der Deutschen Forschungsgemeinschaft als Gutachter tätig.
Ehrungen und Auszeichnungen
- VDI-Ehrenring 1969
- Heinrich-Hertz-Preis der Universität Karlsruhe 1987
- Ernst-Blickle-Preis der SEW-Eurodrive-Stiftung 1991
- VDE-Ehrenring 1998
- Fellow des IEEE 1998
Literatur
• Schröder, D.: Elektrische Antriebe 2, Regelungen. Springer-Verlag, Berlin, 2001: Kapitel 15.5 – 15.7 • Steimel, A.: Elektrische Triebfahrzeuge und ihre Energieversorgung. InnoTech Medien GmbH, Augsburg, 4. Auflage 2017, 416 S
Weblinks
- https://de.wikipedia.org/wiki/Direkte_Selbstregelung
- http://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.590.4221&rep=rep1&type=pdf
- https://www.beuth.de/de/norm/din-40110-2/59395010
- https://ieeexplore.ieee.org/abstract/document/1300742
Einzelnachweise
- [1] Depenbrock, M.: Einphasen-Stromrichter mit sinusförmigem Netzstrom und gut geglätteten Gleichgrößen. ETZ-A 94 (1973), H. 8, S. 466
- [2] Depenbrock, M.: Direkte Selbstregelung (DSR) für hochdynamische Drehfeldantriebe mit Stromrichterspeisung. etz Archiv 1985, H. 7, S. 211218
- [3] Baader, U.; Hodapp, J.: Für die Hochleistungstraktion optimierte Regelung der Induktionsmascine. Elektrische Bahnen 89 (1991), H. 3, S. 7378
- [4] Gerber, M.; Drabek, E.; Müller, R. Die Lokomotiven 2000 Serie 460 der Schweizerischen Bundesbahnen. Schweizer Eisenbahn-Revue 1991, H. 10, S. 321377
- [5] Lataire, P.: White Paper on the New ABB Medium Voltage Drive System, Using IGCT Power Semiconductors and Direct Torque Control. EPE Journal 1998, H. 34, S. 4045
- [6] Hoffmann, F.; Jänecke, M.: Fast Torque Control of an IGBT-Inverter Fed Three-Phase A.C. Drive in the Whole Speed Range Experimental Results. 6th European Power Electronic Conference (EPE) 1995, Sevilla, Proc. S. 3.399404
- [7] Depenbrock, M.; Hoffmann, F.; Koch, St.: Speed Sensorless High Performance Control For Traction Drives. 7th European Power Electronic Conference (EPE) 1997, S. 1.4181.423
- [8] Depenbrock, M.; Foerth, Ch.; Hoffmann, F.; Koch, S.; Steimel, A.; Weidauer, M.: Speed-sensorless stator-flux-oriented control of induction motor drives in traction. Communications - Scientific Letters of the University of Zilina 2-3/2001, S. 6875
- [9] Depenbrock, M.: The FBD-method, A Generally Applicable Tool For Analyzing Power Relations. IEEE Transactions on Power Systems 1993, H. 2, S. 381387
Personendaten | |
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NAME | Depenbroch, Manfred |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Ingenieurwissenschaftler |
GEBURTSDATUM | 11. Januar 1929 |
GEBURTSORT | Bielefeld |
STERBEDATUM | 30. Januar 2019 |
STERBEORT | Bochum |
- Ingenieurwissenschaftler
- Elektroingenieur
- Persönlichkeit der Elektrotechnik
- Hochschullehrer (Bouchum)
- Hochschullehrer (Ruhr-Universität Bochum)
- Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste
- Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech)
- Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften
- IEEE Fellow
- Deutscher
- Geboren 1929
- Gestorben 2019
- Mann