Gymnasium Casimirianum Coburg
Casimirianum Coburg | |
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Schulform | Gymnasium |
Gründung | 1605 |
Adresse | Gymnasiumsgasse 2-4 |
Ort | Coburg |
Land | Bayern |
Staat | Deutschland |
Koordinaten | 50° 15′ 25′′ N, 10° 57′ 56′′ O 50.25694444444410.965555555556Koordinaten: 50° 15′ 25′′ N, 10° 57′ 56′′ O |
Schüler | 522 (Stand: 2011)[1] |
Leitung | Burkhard Spachmann |
Website | www.casimirianum.de |
Das Casimirianum ist ein Gymnasium in Coburg, Bayern. Es wurde im Jahre 1605 gegründet und nach dem Schulstifter Herzog Johann Casimir von Sachsen-Coburg (1564–1633) benannt. Heute ist das Casimirianum ein sprachliches und humanistisches Gymnasium mit der Sprachenfolge Latein ab fünfter, Englisch ab sechster Klasse und Altgriechisch, Französisch oder Spanisch als dritte Wahlpflichtfremdsprache. Mit dem Schuljahr 2009/10 wurde das Profil um einen naturwissenschaftlich-technologischen Zweig mit Latein als erster Fremdsprache erweitert. Die Schule nahm am Schulversuch Europäisches Gymnasium teil und ist (vorläufig bis 2015) eine von 44 MODUS21 -Modellschulen. Seit dem 19. Oktober 2015 ist das Casimirianum offizielles Mitglied im Aktionsbündnis „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage".
Geschichte
Am 2. September 1601 fand die Grundsteinlegung durch Herzog Johann Casimir statt, am 3. Juli 1605 wurde das von Peter Sengelaub erbaute Renaissance-Gebäude eingeweiht. Nach der Stiftungsurkunde des Herzogs sollte diese Landesschule „ein medium oder Mittel" zwischen einer Trivialschule und einer Hohen Schule oder Akademie sein. Die Vorlesungen waren „publice et gratis". Ein Convictorium (Internat) wurde eingerichtet „mit zweyen Tischen, uff vier und zwantzig Knaben, Einen Tisch gratis, und von den anderen wochentlichen von jeder Person Siebengroschenn Zuschus". Der Herzog wusste, „wie bisweilen armer Leuthe kindere, die von natur guter Vehiger geschicklichkeitt, und dieselbigen zu zucht und Lähr, auch gerne erziehen lassen woltten, offtmahls übergangen, negligiert und verseumet werden, das wir dann nicht gernne ahn dem geringsten erfahren oder vernehmen woltten ...".
Aus dem Bewiddungsbrief des Herzogs Johann Casimir, der Stiftungsurkunde des Casimirianums, vom 3. Juli 1605: „Unzweiflicher Zuvorsicht, wann über dieser unserer Verordnunge und fundation steiff und vest gehaltten, die Praeceptores trewlich und vleisig, und die offentlichen lec-turen vermehret, Auch das beneficim Communis mensae richtig geführet, Es werde solch christlich werck, Gott zu ehren, der Christenheit erbawunge, und unsern Landen zu wohlfahrth, mit der Zeit von guthertzigen leuthen und zuvorderst unsern nachkommen, dermassen vermehret und befordert werden, das es eingangs gemeintes intententlichen erreiche".
Am 11. November 1677 erteilte Kaiser Leopold I. das kaiserliche Privileg zur Errichtung einer neuen Universität in Coburg. 1705 wurde anlässlich der Hundertjahrfeier der Schule die Coburger Universität proklamiert. Allerdings wurden 1723 aufgrund von Streitigkeiten unter den sieben beteiligten ernestinischen Fürsten sowie wegen fehlender finanzieller Mittel die Bemühungen eines gemeinsamen Ausschusses um eine zweite Universität neben Jena aufgegeben. Das Gymnasium Casimirianum behielt auch weiterhin die Struktur von 1607.
Architektur
Gegenüber der Morizkirche, auf dem Eckgrundstück zur Neugasse, stand bis 1601 das 1496 als Getreidespeicher erbaute Ratskornhaus. Herzog Johann Casimir ließ es abreißen und bis 1605 von Nikolaus Bergner und Peter Sengelaub, der im Haus gegenüber wohnte, eine „Hohe Schule mit Convictorium" (Internat) erbauen. Für Bergner war es der zweite seiner insgesamt drei Coburger Prachtbauten. Der Bau der Regierungskanzlei war gerade abgeschlossen, der des Zeughauses sollte noch folgen. Der zweigeschossige Satteldachbau im Stil der Renaissance wird bestimmt durch eine Sechserreihe Zwerchhäuser mit reich gegliederten Schweifgiebeln und jeweils einer Pyramide als spitzer Abschluss. Beide dreigeschossigen Giebelseiten sind sehr schmuckvoll mit Volutenspangen und jeweils fünf Pyramiden auf den Enden der Geschossteilungen ausgeführt. Die acht zu drei Fensterachsen sind in den Obergeschossen als große Fenster mit Mittelpfosten ausgeführt, nur an den Giebelseiten sind die mittleren Fenster einfach. Das Erdgeschoss wird von einem etwa mittig angelegten Rundbogenportal zweigeteilt, das aus überschnittenen Rundstäben besteht und dessen Gebälk mit Architrav, Wulst und Gesims auf Konsolen ruht. Links von dieser Pforte befindet sich ein Einfahrtsportal mit niedrigem, von geschnürten Blattvolutenkonsolen getragenem Rundbogen, der von einem Gesims mit Eierstab und Zahnschnitt abgeschlossen wird. An der Nordostecke, der Kirche zugewandt, steht in Höhe des Obergeschosses die Steinfigur des Gymnasiumstifters Herzog Johann Casimir, 1638 von Veit Dümpel erneuert. Ursprünglich war die Giebelseite rechts der Figur mit den Bildern berühmter Wissenschaftler bemalt. Rückseitig befindet sich der den Dachfirst um anderthalb Stockwerke überragende polygonale Treppenturm mit steinerner Wendeltreppe, Zwiebelhaube und Laterne, in der das Gymnasiumsglöckle hängt. In der Aula des Gymnasiums befinden sich Holztafelbilder mit den Allegorien der sieben Tugenden, die im Münzmeisterhaus 1957 entdeckt wurden. Durch zahlreiche, im Lauf von 400 Jahren vorgenommene Um- und Anbauten sowie Abrisse umliegender Bürgerhäuser entstand der heutige Gymnasiumskomplex. Die letzten Erweiterungen waren 1961 eine Turnhalle mit Pausenhalle an der Neugasse und 1986–1988 ein weiteres Schulgebäude mit Musikzimmer in Richtung Ketschengasse.
Tradition
Am Ende jeden Schuljahres wird im Rahmen des jährlichen Stiftungsfestes die steinerne Figur des Schulgründers Herzog Johann Casimir am Eck des Renaissancegebäudes der Schule „bekränzt". Ein Schüler oder eine Schülerin der 11. Klasse, beziehungsweise vor dem Jahr 2011 der 12. Klasse aus dem oberen Notendrittel hält eine Rede, anschließend steigt er oder sie zusammen mit den Jahrgangsbesten auf einer Leiter zur Figur des Schulgründers empor und setzt dieser einen Kranz auf das steinerne Haupt. Ein weiterer Kranz wird am Arm des ehemaligen Herrschers angebracht. Danach werden den Schülern nacheinander drei Glas Bier (gelegentlich Apfelschorle als Ersatz) hinaufgereicht, die er oder sie mit den Worten „Gymnasium Casimirianum vivat", „crescat" und „floreat in aeternum" leert (Übersetzung: „Das Gymnasium Casimirianum möge hochleben, wachsen und in Ewigkeit blühen") und zu Boden wirft. Die Splitter der Gläser werden von den Schülern rege aufgesammelt, da sie Glück und gute Noten im nächsten Schuljahr bringen sollen. Zur Feier wird auch das dreistrophige Schullied (Melodie: Vom hoh’n Olymp) gesungen, die ersten beiden Strophen vor dem Bekränzungsakt, die letzte als Abschluss.
Mit der Casimiriana besteht seit 1861 eine Schülerverbindung am Gymnasium.
Kontroverse um Benotung
Im Juli 2013 wurde gegen den Schuldirektor Burkhard Spachmann eine anonyme Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs gestellt, nachdem der Schulleiter sich im Deutschabitur 2013 in allen 86 Fällen über die Zweitkorrektoren hinweggesetzt und die Bewertungen um einen Punkt angehoben hatte, ohne das Lehrerkollegium davon zu unterrichten. Laut den Lehrern seien die Klausuren „eher schülerfreundlich korrigiert" worden. Als Vorsitzender des Prüfungsausschusses bestätigte er außerdem per Unterschrift, dass das Prüfungsergebnis ordnungsgemäß zustande kam. Nach außergewöhnlich langer Prüfung wurde gegen den Direktor des Casimirianums vom Amtsgericht Coburg ein Strafbefehl wegen Falschbeurkundung im Amt erlassen.[2] Da er den Strafbefehl über 90 Tagessätze zurückwies, wurde ein Gerichtsverfahren angesetzt.[3] [4] Das Coburger Amtsgericht verurteilte den Schuldirektor am 23. Juni 2014 wegen Falschbeurkundung im Amt zu einer reduzierten Geldstrafe von 60 Tagessätzen von je 90 Euro.[5] Staatsanwaltschaft und Verteidigung legten Rechtsmittel gegen das Urteil ein. Das zuständige Landgericht Coburg verurteilte Spachmann am 7. November 2014 zu 90 Tagessätzen á 100 Euro wegen Falschbeurkundung.[6] In der Revision vor dem Oberlandesgericht Bamberg wurde Spachmann am 8. Juni 2015 freigesprochen, da nach Auffassung des Gerichts die Anhebung der Abiturnoten keine Falschbeurkundung war. Aufgrund von Verstößen gegen die Amtspflicht und die gymnasiale Schulordnung wird das Kultusministerium das ruhende Disziplinarverfahren wieder aufnehmen.[7]
Bekannte Schüler
- Michael Erich Franck, Romanautor der Rokokozeit, war Schüler von 1709 bis 1713
- Johann Caspar Goethe, Vater von Johann Wolfgang Goethe, war Schüler von 1725 bis 1728
- Johann Ludwig von Eckardt, Rechtswissenschaftler, war Schüler von 1749 bis 1752
- Johann Georg Meusel, Historiker, Lexiko- und Bibliograf, Schüler von 1758 bis 1764
- Johann Christoph Greiling, Theologe, Pädagoge, Vertreter der Volksaufklärung, war um 1780 Schüler
- Johann Kaspar Gensler, Rechtswissenschaftler, Schüler von 1784 bis 1788
- Heinrich Emil Deyßing, Landtagsabgeordneter
- Ludwig Hofmann, Staatsminister in Sachsen-Coburg-Saalfeld
- Gottlieb Anton Gruner, Schüler bis 1797, Pädagoge und Leiter des Lehrerseminars in Idstein
- Leopold Oberländer, war Schüler 1827 bis 1832, Jurist und Politiker, Bürgermeister von Coburg, Landtagsabgeordneter (Sachsen Coburg)
- Friedrich Hofmann (Schriftsteller), war Schüler von 1828 bis 1834
- August Schleicher, Linguist und Wegbereiter der Indogermanistik, war Schüler von 1835 bis 1839
- Bernhard Fischer, war Schüler von 1862 bis 1871
- Richard Leutheußer, Jurist und Politiker, Abitur 1887
- Hans Berger, Neurologe und Psychiater, Abitur 1892
- Constant Griebel, Nahrungsmittelchemiker, war Schüler von 1886 bis 1893
- Wilhelm Sollmann, SPD-Politiker, Schüler von 1891 bis 1897
- Helmuth Johnsen, evangelischer Bischof, völkischer Aktivist, Abitur 1911
- Georg Alexander Hansen, Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944, war Schüler von 1914 bis 1923
- Hans Morgenthau, Jurist und Politikwissenschaftler, war Schüler von 1914? bis 1923
- Peter von Butler, General a. D. der Bundeswehr, Abitur 1931
- Michael Stoschek, Gesellschafter der Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. KG, war Schüler von 1957 bis 1967
- Thomas Keyßner, Jurist und Kommunalpolitiker, war Schüler von 1966 bis 1975
- Norbert Kastner, Jurist und von 1990 bis 2014 Oberbürgermeister der Stadt Coburg, war Schüler von 1970 bis 1979
- Heinrich Bedford-Strohm, bayerischer evangelischer Landesbischof, Abitur 1979
- Carl-Christian Dressel, Politiker und Hochschullehrer, war Schüler von 1980 bis 1989
Bekannte Lehrer
- Andreas Libavius (1555–1616), Mitbegründer der modernen Chemie
- Zacharias Scheffter (1568–1626), Altphilologe, Pädagoge und Rektor der Schule
- Johann Gerhard (1582–1637), lutherischer Theologe
- Johann Matthäus Meyfart (1590–1642), ab 1617 Professor, ab 1623 Direktor, kämpfte als protestantischer Theologe gegen die Hexenverfolgung
- Johann Christoph Kohlhans (1604–1677), Verfasser von Schriften zur griechischen und hebräischen Sprache sowie zur Mathematik und Physik
- Wilhelm Verpoorten (1631–1686), 1676–1686 als Generalsuperintendent zugleich Professor Primarius
- Johann Daniel Gihnlein (1663-1735), ab 1695 Lehrer für Ethik, Geschichte und Beredsamkeit sowie Professor iuris
- Erdmann Rudolf Fischer (1687–1776), lutherischer Theologe
- Ernst Salomon Cyprian (1673–1745), Direktor 1700–1713, lutherischer Theologe, Gegner des Pietismus
- Johann Friedrich Gruner (1723–1778), lutherischer Theologe, Historiker, Rhetoriker und Pädagoge
- Johann Christoph Matthias Reinecke (1768–1818), Geologe, Geograph und Kartograph
- Rudolf Däbritz (1880–1945), Klassischer Philologe, Direktor 1919–1934
- Karl Keyßner (1906–1978), Klassischer Philologe, Direktor 1956–1972
Zitate
- Er hatte seine Jugend auf dem Coburger Gymnasium zugebracht, welches unter den deutschen Lehranstalten eine der ersten Stellen einnahm. Er hatte daselbst einen guten Grund in den Sprachen, und was man sonst zu einer gelehrten Erziehung rechnete, gelegt. (Johann Wolfgang Goethe über seinen Vater Johannes Caspar Goethe, zit. nach Aus meinem Leben, Dichtung und Wahrheit, Erstes Buch)
Literatur
- Einladungsschrift des Gymnasium Casimirianum zu Coburg zur Schlußfeier. Coburg, 1856–1914 (Digitalisat)
- Norbert Enser, Rudolf Brückner (Hrsg.): 125 Jahr Casimiriana: die Geschichte der Casimiriana und das Leben der Aktivitas einst und jetzt. Altherren-Verband der Casimiriana Coburg e. V., Coburg, 1986.
- Joachim Goslar, Wolfgang Tasler (Hrsg.): Musarum Sedes 1605–2005, Festschrift zum 400-jährigen Bestehen des Gymnasiums Casimirianum Coburg. Gymnasium Casimiranium, Coburg, 2005
- Gymnasium Casimirianum, Schülerverbindung Casimiriana (Hrsg.): Casimirianum - Casimiriana : Festgabe der Schülerverbindung Casimiriana zu Coburg zum 400. Schulstiftungsfest des Gymnasiums Casimirianum zu Coburg. Altherren-Verband der Casimiriana Coburg e. V., Coburg, 2005; Studentengeschichtliche Vereinigung des Coburger Convents, Würzburg, 2005
- Peter Morsbach, Otto Titz: Stadt Coburg. Ensembles-Baudenkmäler-Archäologische Denkmäler. Denkmäler in Bayern. Band IV, S. 48. Karl M. Lipp Verlag, München, 2006, ISBN 3-87490 590-X
- Die Matrikel des Gymnasium Casimirianum Academicum zu Coburg 1606–1803. In Listenform bearbeitet, ergänzt und mit biographischen Angaben versehen von Curt Hoefner. Schöningh, Würzburg 1958 (Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte, Reihe 4: Matrikeln fränkischer Schulen, Bd. 6)
- Die Matrikel des Gymnasium Casimirianum Academicum zu Coburg 1606–1803. Ergänzungsheft bearbeitet von Curt Hoefner. Degener, Neustadt/Aisch 1976 (Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte, Reihe 4: Matrikeln fränkischer Schulen, Bd. 6A) ISBN 3-7686-4029-9
Weblinks
- Website des Casimirianums
- Silvia Pfister: Bedeutende Gelehrte aus dem Casimirianum
- Schülerverbindung Casimiriana zu Coburg
Einzelnachweise
- ↑ Beiblatt zum Amtsblatt der Bayerischen Staatsministerien für Unterricht und Kultus und Wissenschaft, Forschung und Kunst, Nummer 5, Ausgegeben in München am 15. März 2011, Jahrgang 2011
- ↑ infranken.de: 24. Februar 2014
- ↑ Prozess in Coburg – Schuldirektor schönt Abi-Noten. In: sueddeutsche.de. 4. Juni 2014, abgerufen am 31. Dezember 2016.
- ↑ Christian Füller: Vorzeige-Gymnasium in Bayern: Rektor soll Abitur-Noten geschönt haben. In: Spiegel Online. 16. Juli 2013, abgerufen am 31. Dezember 2016.
- ↑ Geschönte Abi-Noten – Rektor muss 5400 Euro Strafe zahlen. In: sueddeutsche.de. 23. Juni 2014, abgerufen am 31. Dezember 2016.
- ↑ Erneut Geldstrafe für Spachmann. In: np-coburg.de. 7. November 2014, abgerufen am 31. Dezember 2016.
- ↑ Noten im Abitur geschönt: Schulleiter muss doch keine Strafe zahlen. In: Spiegel Online. 8. Juni 2015, abgerufen am 31. Dezember 2016.