U25 Schweiz

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[U25]Schweiz ist ein Präventionsprogramm für suizidgefährdete Kinder und Jugendliche. Die Zielgruppe von [U25] sind Kinder ab sechs Jahren, Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 Jahren. Diese Altersgruppe umfasst die meisten Suizidversuche.[1] In einem neuen Ansatz sollen professionell ausgebildete, ehrenamtlichen Peer-Beraterinnen im gleichen Alter wie die Jugendlichen Hilfe und Unterstützung bieten[2] . Die Berater haben oft selbst schon eine schwere Lebenskrise durchstanden und erfolgreich bewältigt. Sie sprechen die jungen Menschen deshalb alters- und empfindungsmässig «auf Augenhöhe» an, was bei den Betroffenen rasch eine Vertrauensbasis aufbauen soll.[3] Erwiesenermassen öffnen sich junge Menschen gegenüber Gleichaltrigen eher und vertrauen ihnen Probleme, Gedanken und Geheimnisse an, über die sie mit Erwachsenen Beraterinnen und Beratern nie sprechen würden.[4] [U25] ist in dieser Art in der Schweiz ein Pionierangebot.[5] Ein offener Kommunikationsstil, ähnlich wie im gewohnten Umfeld, ermöglicht es den Betroffenen durch Anregungen und vor allem selbstgesteuert Lösungsstrategien zu finden und Ressourcen aufzubauen. Hinter den PeerberaterInnen stehen professionelle SozialarbeiterInnen und Psychologen, die die jugendlichen Peers in ihrer Arbeit stützen und coachen. Das Angebot von [U25]Schweiz, das grösstenteils durch private Spenden finanziert wird[6] , ist für jugendliche Nutzer anonym und online jederzeit verfügbar.

Beim interregionalen Jugendprojektwettbewerb im Jahr 2014 gewann [U25]Ostschweiz den zweiten Platz und qualifizierte sich dabei für das interregionale Finale.[7] Beim interregionalen Finale wo die Jury auch aus Jugendlichen und jungen Personen bestand, gewann [U25] Gold.[8] Der Kanton St. Gallen lehnt grundsätzlich das Projekt [U25] ab, da es sich nicht den bestehenden Strukturen anpasst, sondern ausschliesslich für Kinder und Jugendliche in Krisen gemacht wurde. Beim Wettbewerb hat aber auch ein Regierungsvertreter gratuliert.[9]

Peer-to-Peer-Ansatz

Psychologisch ist nachgewiesen, dass junge Menschen in Krisen und bei Suizidgefahr ein klassisches Beratungsangebot kaum in Anspruch nehmen[10] , womit eine Peer-Beratung Vorteile aufweist. Die Betroffenen lösen sich vom Elternhaus ab oder haben die Erfahrung gemacht, dass sie von Erwachsenen nicht ernst genommen werden.[11] So entsteht eine hohe Hemmschwelle, sich bei Problemen an professionelle Hilfssysteme zu wenden, und sie versuchen ihre Probleme selbst zu lösen.[12] Durch die niedrige Hemmschwelle in den Gesprächen mit den Peer-BeraterInnen von [U25] fällt es Jugendlichen leichter sich zu öffnen und Vertrauen zu fassen.[13] In einer Umfrage vom Magazin 20 Minuten, teilten 67 % der Leserschaft mit, dass sie [U25] eine tolle Idee finden und dass sie denken, Jugendliche öffnen sich Gleichaltrigen öfters.[14]

Gemäss aktueller Studien der Universität Basel und der Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) verlieren Familie und Schule bei Jugendlichen an Relevanz.[15] Der Austausch verlagert sich hin zu sogenannten Peer-Groups. Auch der Bund will darum den Ansatz der Peer-Beratung vermehrt fördern.[16]

Jugendliche leben heute in einer Gesellschaft mit einer Zunahme der Nutzung sozialer Medien anstelle von direkter Kommunikation vor allem durch Heranwachsende. Somit verläuft die Sozialisation mehr denn je im Rahmen jugendlicher (Freundes-)Cliquen und der Austausch unter Gleichaltrigen.

In der Schweiz wurde das Potenzial der Selbstsozialisation in Peer-Groups erstmals näher untersucht mit dem Ziel, fundiertes Wissen zu Anwendungs- und Einsatzmöglichkeiten von Peer-Education zu erarbeiten. Ein Bericht liefert wissenschaftlich abgestützte Erkenntnisse in einem bisher unbearbeiteten Feld. Parallel dazu evaluierte die Hochschule für Soziale Arbeit der FHNW Erfolgsfaktoren und Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Umsetzung der Peer-to-Peer-Methode.[17] Sowohl der Bund als auch die Universität Basel schätzen den Ansatz der Peerberatung als gewinnbringend ein.

Die Idee einer Peer-Beratung kam ursprünglich aus Deutschland, wo der Arbeitskreis Leben Freiburg[18] in Freiburg im Breisgau bereits seit über zehn Jahren die sehr erfolgreiche Suizidprävention [U25]Freiburg[19] anbietet, die ebenfalls auf dem Peer-to-Peer-Konzept beruht. In diesem beraten Jugendliche andere Jugendliche, die sich in (suizidalen) Lebenskrisen befinden. Auch die deutsche Peer-Beratung wird von professionellen SozialarbeiterInnen begleitet und geführt. [U25]Schweiz steht in engem Austausch mit [U25]Freiburg, wird aber nach gemeinsamer Absprache unabhängig geführt und weiterentwickelt.

In einem Artikel im Beobachter Magazin wurden Peerberater von [U25]Schweiz interviewt.[20] Am Schluss dieses Artikels äussert sich die Ärztin Susanne Erb kritisch gegenüber dem Peer-to-peer-Ansatz in der Suizidprävention.

Statistik

In der Schweiz begehen jährlich ca. 1300 Personen Suizid. Ca. 200 sind unter 25 Jahre jung. Davon sind ca. 70 % Männer.[21]

Der Suizid war im Jahr 2011 bei den 15- bis 44-jährigen Frauen folgend auf bösartige Tumore die zweithäufigste Todesursache, bei 15- bis 44-jährigen Männern gar die häufigste. In einer Studie über Schülerinnen und Schüler äusserten sich 6.5 Prozent dazu, bereits einen Suizidversuch hinter sich zu haben. Weitere 36,4 Prozent der Schülerinnen und Schüler berichteten von Suizidgedanken.

In der Schweiz ist die Anzahl der Suizidtoten konstant.[22] Jugendliche zwischen 12 und 25 Jahren sind die Altersgruppe mit den meisten Suizidversuchen. Für ein Pilotprojekt in Wil im Jahr 2013 wurden vorerst Peer-BeraterInnen im Alter bis 24 Jahre gesucht. Etwas später kam der Standort Rapperswil dazu, dann folgte St. Gallen und Bern.[23]

Einzelnachweise

  1. Jugendsuizidprävention Dossier. In: www.sozialinfo.ch. 5. Januar 2016, abgerufen am 18. September 2016. 
  2. Jugendsuizidprävention U25 (1/16). In: www.sozialinfo.ch. 5. Januar 2016, abgerufen am 18. September 2016. 
  3. Jugendsuizidberatung in der Schweiz: Stiftung MyHandicap. In: www.myhandicap.ch. Abgerufen am 18. September 2016. 
  4. Der Kinderarzt Remo Largo plädiert für mehr Freiräume für Jugendliche und für echte Vorbilder: «Eltern haben nicht zu viel, sondern zu wenig Zeit für ihre Kinder». In: Neue Zürcher Zeitung. 14. März 2010, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 18. September 2016]). 
  5. Yannick Wiget: Prävention gegen Suizid: Jugendliche helfen Jugendlichen. In: Neue Zürcher Zeitung. 31. Januar 2014, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 18. September 2016]). 
  6. Wiler Nachrichten: U25-Ostschweiz ist in finanzieller Not. In: Wiler Nachrichten. Abgerufen am 18. September 2016. 
  7. Jugendwettbewerb. Abgerufen am 18. September 2016. 
  8. Interregionales Finale. Abgerufen am 18. September 2016. 
  9. Interregionales Gold. Abgerufen am 18. September 2016. 
  10. In grosser Not kann das persönliche E-Mail helfen. Abgerufen am 18. September 2016. 
  11. Oltner Tagblatt. Abgerufen am 9. August 2016. 
  12. Maturaarbeit von Cedric Anthon, Peer von [U25]Schweiz. Linktext ungültig Abgerufen am 18. September 2016. 
  13. Methodik der E-Mail-Beratung am Beispiel der Krisenintervention suizidaler Jugendlicher. Abgerufen am 18. September 2016. 
  14. 20 Minuten Online – Depressionen nehmen nach dem Winter zu – Ostschweiz. In: www.20min.ch. Abgerufen am 18. September 2016. 
  15. Das pädagogische Konzept der Peer Education im Rahmen von Medienkompetenzförderung und Jugendmedienschutz. Abgerufen am 18. September 2016. 
  16. Evaluation BSV. Abgerufen am 18. September 2016. 
  17. Herausforderungen von Peer – Beratenden in der Online – Suizidprävention. Abgerufen am 18. September 2016. 
  18. Arbeitskreis Leben Freiburg e.V. | Hilfe in Lebenskrisen | Suizidprävention. In: www.akl-freiburg.de. Abgerufen am 18. September 2016. 
  19. Online-Beratung für Kinder und Jugendliche mit Suizidgedanken, in Suizidgefahr. In: www.u25-freiburg.de. Abgerufen am 18. September 2016. 
  20. Jessica King: Suizid: Wenn Junge Junge retten. In: Beobachter. Band 2016, 5. Februar 2016, Beobachter 3, ISSN 1661-7444 (beobachter.ch [abgerufen am 18. September 2016]). 
  21. Wenn verzweifelte Jugendliche bei Gleichaltrigen Unterstützung finden. Abgerufen am 18. September 2016. 
  22. Bundesamt für Statistik Schweiz. In: Todesursachen Statistik Schweiz. Abgerufen am 18. September 2016. 
  23. Peer-Beratung in der Suizidprävention: "Jugendliche kommunizieren lieber mit Jugendlichen", Sozialinfo.ch, 6. Januar 2015
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