Gustav Adolph Conrad

Gustav Adolph Conrad *18. Februar 1841 in Leschkirch, Königreich Ungarn (heute rum. Nocrich, ung. Újegyház); †1903 in Hermannstadt (ung. Nagyszeben, rum. Sibiu ), war ein siebenbürgischer Forstwissenschaftler, Natur- und Heimatkundler, Begründer der siebenbürgischen Forstwissenschaft.

Er war ein Sohn des Friedrich Georg Conrad (1795-1855), Königsrichter zu Leschkirch und Bruder des siebenbürgischen Diplomaten und kaiserlichen Hofagenten in Wien, Franz Joseph Conrad (1797-1846). Nach dem Studium der Forstwirtschaft an der Universität Klausenburg (ung. Kolozsvár, rum. Cluj-Napoca) wurde G. A. Conrad zuerst kaiserlich-königlicher Bezirksoberförster und Leiter des k.u.k. Forst- und Herrschaftsamtes Topersdorf (heute rum. Câmpeni, ung. Topánfalva, Siebenbürgisches Erzgebirge, auch Apuseni-Gebirge, Teil der Siebenbürgischen Westkarpaten). Ab 1866, nach seiner Heirat mit der aus Broos (rum.Orăștie, ung. Szászváros) stammenden Landadligen Louise Juhász (1846-1893), wurde er als Leiter des k.u.k. Bezirksforstamtes nach Hermannstadt berufen. Danach trat er der Freimaurerloge „St. Andreas zu den drei Seeblättern in Hermannstadt" bei.

Als G. A. Conrad auf einer Urlaubsreise nach Friaul-Julisch Venetien (damals im österreichischen Kaiserreich, heute Regione Autonoma Friuli Venezia Giulia in Italien) kam, besuchte er an der Adria das Schloss Miramare (Castello di Miramare) bei Grignano, das Erzherzog Ferdinand Maximilian von Österreich, der spätere Kaiser von Mexiko, hatte 1856-1860 erbauen lassen. Wieder in Hermannstadt ließ er an die „Villa Conradi" einen ähnlichen Turm mit einer Aussichtsterrasse anbauen und fügte zu der englischen Parkanlage noch einen italienischen „Giardino" hinzu. Dieses Anwesen an der bereits 1622 errichteten Soldischbastei („Am Soldisch") war als alter Familienbesitz in der Erbfolge nach dem Tod des Vorbesitzers Michael Freiherr von Brukenthal (1716-1773), einem Bruder von Baron Samuel von Brukenthal (1721-1803), an G. A. Conrad gekommen.

Dieses weite Grundstück zwischen der inneren und äußeren Stadtmauer reichte damals vom Heltauertor bis zur Soldischbastei. Im 17. Jahrhundert waren dort zwei Fischteiche und Obstpflanzungen angelegt worden. Später gab es dort auch noch eine Sägemühle und zwei Militärhäuser. Der südliche Teil des Grundstückes wurde 1879, unter Anleitung von G. A. Conrad zum Stadtpark umgestaltet und auf dem nördlichen Teil 1883 das Lutherhaus (später rum. Spitalul Luther) und die ev. Johanniskirche erbaut.

G. A. Conrad war, als Mitglied des SKV auch maßgeblich am „Hohe Rinne"-Projekt (1885-1891) beteiligt. Die Anregung zum Bau eines sächsischen Kurhauses im Gebiet der Sektion Hermannstadt des Siebenbürgischen Karpatenvereins (SKV) erhielt die Sektionsleitung durch den k.u.k. Regimentsarzt Dr. Julius Pildner von Steinburg. Der hatte im März 1885 einen Vortrag über „Die Einwirkung des Höhenklimas auf die Gesundheit des Menschen" gehalten. Daraufhin wurde G. A. Conrad von der Vereinsleitung (Dr. Carl Conradt und Robert Gutt) beauftragt, einen geeigneten Bauort im Făgăraș-Gebirge oder im Zibinsgebirge zu suchen.

Nach etwa sechs Jahren mit zahlreichen Fußwanderungen hatte G. A. Conrad dann im Gebiet zwischen dem Păltiniș- und dem Oncești-Gipfel, in der Höhe von 1403 m, ein 13 Joch großes Waldstück ausfindig gemacht, das nach einer nahe gelegenen Quelle „Hohe Rinne" – heute rum. Păltiniș (Sibiu) – benannt wurde. Er unternahm nun die ersten Vermessungen und fertigte verschiedene Skizzen des zukünftigen Baugrundes an, wobei die besondere Bedeutung der Quelle zur Wasserversorgung ins Projekt mit einbezogen wurde. Nachdem das Gebiet damals als Grundbesitz der sächsischen Gemeinde Großau – ung. Kereszténysziget, heute rum. Cristian (Sibiu) – gehörte, begannen am 21. Oktober 1891 die Vorgespräche für einen Pachtvertrag. Die Gemeinde Großau wurde dabei vertreten durch Notar Georg Graef und Michael Hoprich. Seitens der SKV-Sektionsleitung Hermannstadt waren zugegen Obmann Friedrich A. Bell und Schriftführer Robert Gutt. Am 1. Januar 1891 wurde der Vertrag für 50 Jahre abgeschlossen.

Im Frühjahr 1892 begann man mit dem Bau des ersten siebenbürgischen Kurhauses, das am 10. Juni 1894 feierlich seiner Bestimmung übergeben werden konnte. Danach begann die SKV-Sektion Hermannstadt im Herbst 1894 mit dem Bau eines Touristenhauses, das im Jahr darauf fertiggestellt und eröffnet wurde. Im selben Jahr, 1897, beschloss die Medizinische Sektion des Hermannstädter Vereins für Naturwissenschaften, dessen Mitglied G. A. Conrad war, auf der „Hohen Rinne" auch ein Ärzteheim zu errichten. Gleichzeitig begann man außerdem mit dem Bau des k.u.k. Franz-Joseph-Militärkurhauses, das ebenfalls 1898 feierlich eröffnet wurde.

Als G. A. Conrad 1903 im Alter von 62 Jahren in Hermannstadt verstarb, kam das Anwesen „Am Soldisch" – mit dem englischen Park und dem italienischen „Giardino" – an seinen Sohn Gustav Conrad (1875-1923), Pädagoge, Erziehungswissenschaftler und Waisenamtsleiter in Hermannstadt.

• C. Sporner: Villa Conradi, 1889, Vorderansicht. Mit Gartenparthie, Fichtenlaube, Gartenbastei, Gartenhäuschen. Zeichnung u. Radierung. Druck bei W. Krafft: Hermannstadt.
• Georg Adolf Schuller: Die alten Kirchenmatrikeln als Quellen unserer Kulturgeschichte. In: Kirchliche Blätter (Hermannstadt/Nagyszeben), 1906/1907, S. 777–780, 791–796, 813–815.
• Wilhelm Bruckner: Stammliste der Familie Brekner von Brukenthal. Hermannstadt (Vereinsarchiv), 1910, S. 34 ff.
• Emil Sigerus: Chronik der Stadt Hermannstadt, 1100-1929. 2. Aufl. Honterus Buchdruckerei und Verlagsanstalt der evangelischen Landeskirche A. B. in Rumänien: Hermannstadt, 1930, S. 14 u. S. 96.
• Julius Bielz: Porträtkatalog der Siebenbürger Sachsen. Hermannstadt: Krafft & Drotleff, 1936; Nr. 126: Michael Brekner v. Brukenthal; Nr. 127: Michael Freiherr Brekner v. Brukenthal.
• Carl Eduard von Closius: Villa Conradi mit dem Miramar-Turm, Gartenansicht, Tempera, 1937.
• Hermann Hienz: Quellen zur Volks- und Heimatkunde der Siebenbürger Sachsen. Bd. I. Leipzig: Verlag S. Hirzel, 1940, S. 217.
• Harry Rose: Fünfzig Jahre Kurhaus „Hohe Rinne" des SKV (1891-1941). In: Jahrbuch des SKV, (Kronstadt). 54. Jg. (1942), S. 5-14.
• Otto Czekelius: Stammtafel der direkten Linie Johann Conrad (1615–1682), Pfarrer in Rosch – Gustav Conrad (1875–1923), Waisenamtsleiter in Hermannstadt. Sonderdruck, Hermannstadt, 1953.
• Erika Schneider: Von den Privatgärten zu den städtischen Parks. Zur Geschichte der Alt-Hermannstädter Grünanlagen (Michael von Brukenthals englischer Park an der Soldisch-Bastei). In: Die Woche (Sibiu / Hermannstadt), Nr. 616, 5. Oktober 1979, S. 5.
• Wilhelm Beer, Richard Gober; Helmut Beer: Wolkendorf im Burzenland. Heimatbuch einer siebenbürgischen Gemeinde. Feldhaus Verlag: Hamburg, 1990, S. 206.
• Heinz Heltmann; Helmut Roth: Der Siebenbürgische Karpatenverein, 1850-1945. Gedenkband. Thaur, 1990, 303 S.
• Veronika Berger: 100 Jahre Hohe Rinne. In: Hermannstädter Zeitung, (Sibiu / Hermannstadt) 27. Jg., Nr. 1377, 17.6.1994, S. 2.
• Manfred Wittstock: Hundert Jahre „Hohe Rinne". In: Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien (Bukarest), 2. Jg., Nr. 371, 16.6.1994, S. 8.
• Thomas Şindilariu: Die Freimaurerloge „St. Andreas zu den drei Seeblättern in Hermannstadt" (1767-1790). In: Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde (Heidelberg), 25 (2002) 218-227.
• Michael Edling: Leschkircher Erbe der Brekner von Brukenthal lokalisiert. In: Siebenbürgische Zeitung (München), Folge 3, 28. Februar 2003, Seite 3.
• Balduin Herter: Die Familien Brekner von Brukenthal. Zur Geschichte und Genealogie siebenbürgisch-sächsischer Geschlechter, Folge 6. In: Siebenbürgische Familienforschung (Heidelberg), 20. Jg. 2003, S. 45-48.
• Gustav Binder: Das Testament Samuel von Brukenthals. In: Siebenbürgische Zeitung (München), Folge 1, 15. Januar 2003, Seite 3.
• Leopold von Lehsten: Ahnenliste Brekner von Brukenthal. In: Archiv für Familiengeschichtsforschung (AfF), 9. Jg., Heft1/2005. C.A. Starke Verlag: Limburg, 2005.
• Ioan Codrea; Ștefan Botoran: Primii masoni din Transilvania. Sibiu – cel mai important centru masonic din Transilvania (Die ersten Freimaurer in Siebenbürgen. Hermannstadt – das bedeutendste Freimaurerzentrum in Siebenbürgen). In: Monitorul de Făgăraș (Fogarasch), 17.09, 2012, S. 1-8.