Tinz (Gera)
Tinz Stadt Gera
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Koordinaten: | 50° 54′ N, 12° 4′ O 50.902512.073055555556202Koordinaten: 50° 54′ 9′′ N, 12° 4′ 23′′ O |
Höhe: | 202 m ü. NN |
Einwohner: | 1364 (31. Dez. 2013) |
Eingemeindung: | 1. Januar 1919 |
Postleitzahl: | 07546 |
Vorwahl: | 0365 |
Tinz ist ein Stadtteil von Gera in Thüringen.
Lage
Tinz gehört zum statistischen Bezirk Bieblach/Tinz im Norden der Stadt Gera. Die nördliche Grenze bildet die Bundesautobahn 4. Nach Westen erstreckt sich Tinz bis in die Flussniederung der Weißen Elster.
Geschichte
Tinz geht auf eine Gründung des westslawischen Stammes der Sorben zurück, die im 7. und 8. Jahrhundert die Gebiete östlich der Saale besiedelten. In den Jahren 1885 und 1963 fanden Ausgrabungen im Areal des Gewerbegebiets Siemensstraße nördlich der Brahme statt. Die hierbei freigelegten Eisenschmelzöfen aus germanischer und Keramikfunde aus slawischer Zeit belegten, dass sich die Slawen in die von den Germanen verlassene Elsteraue niederließen und an der Einmündung des Brahmetals in das Elstertal eine Palisadenfeste mit Wallgraben errichteten. Hiervon leitet sich wahrscheinlich auch der Name Tinz ab: Das slawische Wort "tynec" kann mit Umzäunung oder Pfahlzaun übersetzt werden.
Eine Urkunde des Naumburger Bischofs Udo II. von Veldenz, datiert auf den 25. Mai 1168, ist das älteste Schriftstück, das "Thinz" im Zusammenhang mit den als Zeugen genannten Herren "Luf" und "Heinrich von Thinz" erstmals erwähnt. Zu dieser Zeit unterstand die Ortsflur der Äbtissin der Quedlinburger Reichsabtei. Im Dezember 1290 verpfändete Markgraf Friedrich von Meißen das "allodium Tyncz" an den Plauener Vogt Heinrich I. dem Älteren (1238-1303).
Bis zur Einführung der Reformation im Jahr 1533 war der Pfarrer der Tinzer Kirche St. Margareten zugleich Schlosskaplan auf dem Schloss Osterstein. In einer Visitation der lutherischen Superintentur von 1534 ging man mit dem Pfarrer hart ins Gericht, da er mal lutherisch, mal päpstlich predigte und er wurde „als nichtsnutziger Bube" abgeschafft, die Kirchgemeinde Tinz fortan von der Hauptkirche in Gera betreut.[1]
1748 ließ Heinrich XXV. Reuß-Gera an der Stelle eines alten Herrenhauses das Wasserschloss Tinz errichten. Schloss und Gut Tinz waren Schlossgüter und unterstanden unmittelbar dem Haus Reuß. 1810 vernichtete ein verheerender Brand acht Häuser und die Schule, im Jahr darauf wurden zwei weitere Anwesen ein Raub der Flammen.
1885 stieß man unterhalb von Tinz rechts der Elster bei der Zusammenlegung von versumpften Teichen in einem Quellgebiet auf einen wichtigen archäologischen Fundplatz. Bei den Erdarbeiten wurde eine Vielzahl von Knochen und überwiegend slawische Keramik geborgen. Die älteste Keramik scheint aus der Jungsteinzeit zu sein.[2]
Zum 1. Januar 1919 wurde Tinz in die Stadt Gera eingemeindet. Es war bis Mitte des 20. Jahrhunderts ein beliebter Ausflugsort.
Sehenswürdigkeiten
- Schloss Tinz, erbaut von 1745 bis 1748 unter Heinrich XXV. Reuß-Gera. Das ehemalige Wasserschloss und dessen Außenanlagen werden derzeit umfassend saniert und sollen ab 2017 durch die Duale Hochschule Gera-Eisenach (DHGE) genutzt werden. Von 1920 bis zu ihrer Schließung 1933 durch die Nationalsozialisten war im Tinzer Schloss die sozialdemokratisch orientierte Heimvolkshochschule Tinz untergebracht.
- Kirche St. Margareten, eine ehemalige Wallfahrtskirche mit spätgotischem Flügelaltar.
Politik
Tinz hat keinen Ortsteilrat und keinen Ortsteilbürgermeister.
Entwicklung der Einwohnerzahl
Verkehr und Infrastruktur
Am 22. Februar 1892 wurde die Straßenbahnlinie Debschwitz - Tinz mit 16 Haltestellen auf einer Gesamtlänge von 5,2 km eröffnet. Tinz zählte somit zu den ersten Ortschaften Deutschlands mit einem eigenen Anschluss an die elektrische Straßenbahn und war bis 1986 der nördliche Endpunkt des Netzes der Geraer Straßenbahn. 1986 wurde die Linie ins Neubaugebiet Bieblach-Ost verlängert. Im Zuge des Geraer Stadtbahnprogramms wurde die Wendeschleife Tinz – nachdem sie seit 1996 nur noch zu den Hauptverkehrszeiten im Fahrplanbetrieb genutzt wurde – 2007/2008 abgerissen. Zeitgleich wurde die Haltestelle Berufsakademie zur neuen Umsteigestelle ausgebaut, die Ausgangspunkt der Zubringer-Buslinien 22, 27, 28 und 29 in die nördlichen Stadtteile von Gera ist. Desweiteren besteht über die Buslinie 24 eine Verbindung nach Langenberg und zum Bieblacher Hang über Untermhaus. In Planung ist der Neubau der Straßenbahnlinie 4 nach Langenberg, die an der Berufsakademie abzweigen soll.
Im Sommer 1926 wurde auf einem 36 Hektar großen Tinzer Flurstück der erste Geraer Flugplatz eingeweiht. Es bestanden unter anderem Flugverbindungen nach Halle, Leipzig/Schkeuditz, Chemnitz und Plauen. Der Flugplatz musste jedoch dem Bau der Reichsautobahn weichen, die am 4. Dezember 1937 für den Verkehr freigegeben wurde.
Anfang der 1990er Jahre wurde die Panzerkaserne Tinz abgerissen und der Grundstein für das Gewerbegebiet Tinzer Straße gelegt, in dem die Deutsche Post AG eines ihrer 82 Briefzentren in Deutschland betreibt.
Öffentliche Einrichtungen
Bis 1968 existierte in Tinz eine Schule. Nach deren Schließung wurde das Schulgebäude Anfang der 1970er Jahre in einen Kindergarten umgebaut und beherbergt bis heute die Kindertagesstätte "Tinzer Spatzen". In Tinz befand sich bis März 2008 das Geraer Kreiswehrersatzamt. Seit 1998 existiert in unmittelbarer Nachbarschaft die Berufsakademie Gera, die seit dem 1. September 2016 zur Dualen Hochschule Gera-Eisenach (DHGE) erhoben wurde. Im ehemaligen Schloss waren bis Anfang 2010 Teile des Landgerichtes Gera untergebracht, das mit Fertigstellung des neuen Justizzentrums in die Innenstadt zog. Künftig soll das Schloss von der Hochschule genutzt werden, da ihre Kapazitäten bereits jetzt stark überlastet sind. Bis zum Abschluss der Sanierung des Tinzer Schlosses wird ein Teil der freien Räumlichkeiten im ehemaligen Kreiswehrersatzamt für die Berufsakademie genutzt.
Einzelnachweise
- ↑ Ferdinand Hahn: Geschichte von Gera und dessen nächster Umgebung. Gera 1855; S. 420.
- ↑ Michael Köhler: Heidnische Heiligtümer. Jenzig-Verlag, 2007, ISBN 978-3-910141-85-8, S. 75 u. 254.
- ↑ Stadtarchiv Gera
- ↑ Alexander Jörk (Hrsg.): Bausteine der Ortsgeschichte Gera-Tinz. 5. Auflage. Gera 2015. Fehler in Vorlage:Literatur – *** Werte ungültig; Autor= mit Klammer (Hrsg.); dafür Hrsg= verwenden