Holm Putzke

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Holm Putzke (* 1973 in Dohna) ist ein deutscher Rechtswissenschaftler und Hochschullehrer. Seit 2010 ist er Inhaber einer Lehrprofessur für Strafrecht an der Universität Passau.

Leben

Von 1992 bis 1997 studierte Putzke Rechtswissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum. 1997 legte er die erste juristische Staatsprüfung ab. Ebenfalls an der Ruhr-Universität Bochum war er Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht von Ellen Schlüchter (1995 bis 1999) und am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Allgemeine Rechtstheorie von Rolf Dietrich Herzberg (2002 bis 2003). Zwischen 2003 bis 2010 war er wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft von Thomas Feltes.

In den Jahren 2000 bis 2002 war Putzke Rechtsreferendar an den Landgerichten Bochum und Dortmund und legte 2002 die zweite juristische Staatsprüfung ab. 2003 promovierte ihn die Juristische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. Im selben Jahr studierte er polnisches Wirtschaftsrecht an der Uniwersytet Jagielloński in Krakau, die ihm 2009 den akademischen Grad „Legum Magister" (LL.M.) verlieh. Von 2006 bis 2010 hatte er einen Lehrauftrag für Strafrecht, Strafprozessrecht und Jugendstrafrecht im Masterstudiengang „Kriminologie und Polizeiwissenschaft" an der Ruhr-Universität Bochum inne. Seit 2010 ist Putzke Inhaber einer Lehrprofessur für Strafrecht an der Universität Passau;[1] zudem ist er Mitglied des dortigen Instituts für Rechtsdidaktik.[2]

Als Sachverständiger war Putzke tätig u. a. für die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die Europäische Union sowie den Rechtsausschuss[3] des Landtags Nordrhein-Westfalens und den Innenausschuss[4] des Deutschen Bundestags. Putzke ist Beiratsmitglied der evolutionär-humanistischen Giordano-Bruno-Stiftung [5] und Vertrauensdozent der Konrad-Adenauer-Stiftung an der Universität Passau.

Während seiner Studien- und Promotionszeit war Putzke Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung und während seines Studiums an der Jagiellonen-Universität in Krakau Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes.

Von Januar 1994 bis Februar 1995 war Putzke stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbandes Liberaler Hochschulgruppen.[6] Seit März 2015 ist er stellvertretender Vorsitzender des Bundessport- und Schiedsgerichts des Bundes Deutscher Radfahrer.[7]

Putzke ist Mitherausgeber der Schriftenreihe Bochumer Schriften zur Rechtsdogmatik und Kriminalpolitik, der Zeitschrift für das Juristische Studium sowie der Schriften zur rechtswissenschaftlichen Didaktik. Außerdem ist er nationaler Redakteur der Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik.

Positionen

Putzke äußerte sich im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Rechtslehrer und Strafverteidiger wiederholt öffentlich zu rechts- bzw. tagespolitischen Fragen:

Beschneidung von Jungen

Vor Inkrafttreten von § 1631d BGB hat Putzke in mehreren wissenschaftlichen Fachartikeln (erstmals in der im Februar 2008 erschienenen Festschrift für Rolf Dietrich Herzberg) die Rechtsauffassung vertreten, dass medizinisch nicht notwendige Jungenbeschneidungen den Straftatbestand der Körperverletzung erfüllen, darunter auch die religiöse Beschneidung von Knaben[8] . Das Urteil des Landgerichts Köln, das eine Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen als rechtswidrige Körperverletzung einstufte, hat er begrüßt[9] und seine Verbreitung gefördert.[10] Der Bundestag beschloss am 12. Dezember 2012 nach kontroverser Debatte mit 434:100 Stimmen bei 46 Enthaltungen ein Gesetz, das Knabenbeschneidungen unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin erlaubt. Putzke hält das Gesetz für verfassungswidrig und warf dem Bundestag vor, etwa mit Blick auf die Zweckklausel „legislatorischen Nonsens" geschaffen zu haben. Die Einschätzung der Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, bei den parlamentarischen Beratungen habe es sich um eine „Sternstunde" gehandelt, bewertete Putzke als „puren Zynismus". Nach Putzkes Auffassung ebne das Beschneidungsgesetz der weiblichen Genitalverstümmelung den Weg.[11] Im Zusammenhang mit der Beschneidungsdebatte hat Putzke u.a. wegen einer anonymen Beleidigung auf Facebook Strafanzeige erstattet. Im Zuge der Ermittlungen kam es bei einem minderjährigen jüdischen Verdächtigen zu einer rechtswidrigen Hausdurchsuchung durch Staatsschutzbeamte.[12]

Lügendetektoren

Putzke tritt für die Zulassung von Lügendetektoren als Beweismittel in deutschen Strafverfahren ein.[13] [14] Sein Versuch, als Strafverteidiger die Unschuld eines wegen sexuellen Missbrauchs zweier zum Tatzeitpunkt drei und neun Jahre alter Mädchen angeklagten Mandanten mit einem entsprechenden Test zu beweisen, endete jedoch mit dessen Verurteilung.[15] In einem Verfahren vor dem Schöffengericht Bautzen, in dem Putzke ebenfalls als Verteidiger auftrat, wurde der Polygraf als Beweismittel hingegen zugelassen und der Angeklagte freigesprochen.[16]

Genderfragen

Im Zusammenhang mit dem Ausschluss von Frauen an der Teilnahme bei einem Fensterln-Wettbewerb des Universitätssportfests warnte Putzke öffentlich vor „Genderismus", da die Gleichstellungsbeauftragte der Universität den Ausschluss als „sexistisch" bezeichnet hatte. Auswärtigen Betrachtern erschien der Vorgang zumindest als provinzielle Kuriosität. Putzke warf der Gleichstellungsbeauftragten vor, dass sie „außerhalb ihrer Zuständigkeit gehandelt" und „den berechtigten Belangen von Gleichberechtigung und -stellung einen Bärendienst" erwiesen habe. Universitätspräsident Burkhard Freitag stellte hingegen fest, dass sie „richtig und kompetent gehandelt" habe, da sie „für die Umsetzung des Gleichstellungskonzepts verantwortlich" sei.[17]

Flüchtlinge

Zur Flüchtlingskrise 2015 wies Putzke auf den Widerspruch hin, dass Personen, die Flüchtlinge nach der Entscheidung Deutschlands, das Weiterreiseverbot von Flüchtlingen außer Kraft zu setzen, an oder über die deutsche Grenze bringen, als Schleuser verfolgt werden, während Zugführer, Bus- oder Taxifahrer Flüchtlinge ungestraft über die Grenze transportieren. Zugleich erklärte Putzke, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der Entscheidung, das Weiterreiseverbot von Flüchtlingen außer Kraft zu setzen, sich wegen Einschleusens von Ausländern nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz bzw. sogar der öffentlichen Aufforderung dazu nach § 111 Strafgesetzbuch schuldig gemacht haben könnte. Die Flüchtlinge „nicht im Stich zu lassen", sei jedoch „ohne jeden Zweifel richtig".[18] [19] [20]

Publikationen (Auswahl)

Monografien und Lehrbücher

  • Beschleunigtes Verfahren bei Heranwachsenden: Zur strafprozessualen Ausprägung des Erziehungsgedankens in der Adoleszenz (= Bochumer Schriften zur Rechtsdogmatik und Kriminalpolitik. Band 1). Felix-Verlag, Holzkirchen/Obb. 2004, ISBN 978-3-927983-71-7 (zugl. Dissertation, Bochum, 2003). Fehler in Vorlage:Literatur – *** Parameterfehler; Band= meint BandReihe=
  • Strafprozessrecht (= Jurakompakt). 6. Auflage. C.H. Beck, München 2015, ISBN 978-3406628146 (gemeinsam mit Jörg Scheinfeld)(?!). Fehler in Vorlage:Literatur – *** Ungültig: 'ISBN'
  • Juristische Arbeiten erfolgreich schreiben (= Jurakompakt). 5. Auflage. C.H. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-60701-1. 
  • Jugendstrafrecht (= Kriminologische Studienliteratur. Band 1). Felix-Verlag, Holzkirchen/Obb. 2012, ISBN 978-3862939008 (gemeinsam mit Thomas Feltes)(?!). Fehler in Vorlage:Literatur – *** Ungültig: 'ISBN'*** Parameterfehler; Band= meint BandReihe=

Andere Veröffentlichungen

  • Der Anspruch auf Übermittlung von Abschriften strafgerichtlicher Entscheidungen. In: Neue Juristische Wochenschrift. 2015, S. 1777–1783 (gemeinsam mit Jochen Zenthöfer). 
  • Einleitung, §§ 284–297 (§§ 284 bis 287 zusammen mit Christina Putzke). In: Strafgesetzbuch, Anwaltkommentar (Heidelberger Kommentar), hrsg. v. Klaus Leipold, Michael Tsambikakis und Mark Zöller. 5. Auflage. 2015. 
  • After Cologne: male Circumcision and the Law – Parental right, religious liberty, or criminal assault? In: Journal of Medical Ethics. 2013, S. 444–449 (gemeinsam mit Reinhard Merkel). 
  • Pflichtdelikte und objektive Zurechnung. Zum Verhältnis der allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen zu den Merkmalen des § 25 StGB. In: Festschrift für Claus Roxin . Berlin/New York 2011, S. 425–437. Fehler in Vorlage:Literatur – *** Ungültig: Berlin/New York 2011
  • Der strafbare Versuch. In: Juristische Schulung (JuS). 2009, S. 894–998, 985–990, 1083–1087. 
  • Polygraphische Untersuchungen im Strafprozess. Neues zur faktischen Validität und normativen Zulässigkeit des vom Beschuldigten eingeführten Sachverständigenbeweises. In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 121 (2009). 2009, 607–644 (gemeinsam mit Jörg Scheinfeld, Gisela Klein und Udo Undeutsch). Fehler in Vorlage:Literatur – *** Ungültig: Seitenzahl unerklärlich lang
  • Die strafrechtliche Relevanz der Beschneidung von Knaben. Zugleich ein Beitrag über die Grenzen der Einwilligung in Fällen der Personensorge. In: Festschrift für Rolf Dietrich Herzberg . Tübingen 2008, S. 669–709 (PDF; 7,12 MB). Fehler in Vorlage:Literatur – *** Ungültig: Tübingen 2008
  • Kriminologische Betrachtungen zur Jugendkriminalität. In: Kriminalistik. 2004, S. 529–532 (gemeinsam mit Thomas Feltes). 

Einzelnachweise

  1. Experte für Kriminologie und Medizinstrafrecht. In: Passauer Neue Presse . 22. April 2010, S. 26 (online). 
  2. Universität eröffnet Institut für Rechtsdidaktik. (online). 
  3. NRW-Landtagsdrucksache: Dokumenten-Nr. (Stellungnahmen) 14/1439
  4. Experten uneins bei Informationsaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden der EU. (online). 
  5. Kurzdarstellung im Internetauftritt der Giordano-Bruno-Stiftung, abgerufen am 18. September 2012
  6. Kurzbiografie auf der Webseite der Universität Passau
  7. http://www.rad-net.de/nachrichten/radsport-gemeinsam-erleben-bdr-verabschiedet-auf-seiner-jahrestagung-neues-leitbild;n_35585.html
  8. Holm Putzke: Die strafrechtliche Relevanz der Beschneidung von Knaben (PDF-Datei; 7,12 MB); Festschrift für Herzberg, 14. Februar 2008, Website von Holm Putzke, abgerufen am 10. September 2012
  9. Matthias Ruch: Gericht stellt religiöse Beschneidung unter Strafe (Memento vom 27. Juni 2012 im Internet Archive ); Financial Times Deutschland, 25. Juni 2012, abgerufen am 2. Juli 2012.
  10. Jost Müller-Neuhof: Chronik einer beispiellosen Debatte; Tagesspiegel, 20. August 2012, abgerufen am 20. August 2012.
  11. Miriam Eckert: Ist das Beschneidungsgesetz verfassungswidrig? Passauer Strafrechtler kritisiert Geringschätzung der Kinderrechte – „Gesetz ebnet Mädchenbeschneidern den Weg", Passauer Neue Presse vom 2. Februar 2013, Seite 28.
  12. Christian Rost: Wegen Beleidigung: Staatsschutz durchsucht Kinderzimmer, Süddeutsche Zeitung vom 19. April 2013
  13. Christine Schönfeld: Taugen Lügendetektoren als Beweismittel? [www.mdr.de/fakt/polygraf100-download.pdf] (PDF), FAKT 16. Juli 2013
  14. Gabriele Boos-Niazy: Sorge um das Kindeswohl oder Widerstreit zweier Lebenskonzepte?, MiGAZIN vom 18. Juli 2012
  15. Driburger missbrauchte Töchter des Nachbarn, Neue Westfälische 11. Mai 2011
  16. Vergewaltigungs-Prozess: Lügendetektor sorgt für einen Freispruch [1], BILD, 23. März 2013
  17. Hans Kratzer: Wie kann dieser Wahnsinn passieren?, Süddeutsche Zeitung vom 22. Mai 2015
  18. Jochen Zenthöfer: Flüchtlingspolitik - Macht sich Merkel strafbar? FAZ vom 10. Oktober 2015
  19. Strafrechtler: Kanzlerin Merkel macht sich mit Flüchtlingspolitik strafbar Focus vom 10. Oktober 2015
  20. Holm Putzke Ist Angela Merkel eine Schleuserin? – Eine strafrechtliche Betrachtung, Stand 11. Oktober 2015
Personendaten
NAME Putzke, Holm
KURZBESCHREIBUNG deutscher Rechtswissenschaftler
GEBURTSDATUM 1973
GEBURTSORT Dohna
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